Ein Mittelding zwischen laut und sehr laut
Ein Mittelding zwischen laut und sehr laut
Es waren viele Menschen, die vom Parkplatz zum Stadion strömten. Viele kamen auch mit der Straßenbahn, die hoffnungslos überfüllt war. So hatte er sie fast verloren, als sich die Türen schon schließen wollten und er noch draußen stand. Doch jetzt betraten sie beide das Foyer des Stadions. Ein Security kontrollierte ihre Karten, ein anderer durchsuchte ihre Tasche, ein anderer scannte sie beide ab. Reine Sicherheitsmaßnahmen, wie sie versicherten. Klar, nach den letzten Ereignissen war es nicht selbstverständlich, dass zehntausende Menschen ungestört das Konzert besuchen und dabei feiern konnten.
Doch sie hatten noch genug Zeit und kauften sich etwas zu trinken. Es waren noch dreißig Minuten bis zum Konzertbeginn, gerade spielte noch die Vorband. Die wollten sie nicht unbedingt sehen. Am Merchandise-Stand sahen sie sich die T-Shirts, Tassen und CDs an. Die sie beide die Preise ziemlich happig fanden, gingen sie zu ihren Plätzen. In ihrer Reihe waren noch einige leere Plätze. Der Unterrang war dennoch fast vollständig gefüllt, doch wenn man bedachte, dass es nur noch wenige Minuten bis zum Konzertbeginn waren, dann würde das Konzert wohl vor einem halbleeren Stadion stattfinden. Nur wenige Menschen hatten Karten für den Oberrang gekauft.
Die vielen blauen Sitzschalen leuchteten ihnen entgegen. Auch der Innenraum war noch halbleer. Alles in einem könnten es dennoch fünfundzwanzigtausend Besucher sein. Sie waren zwei davon und das war ihnen wichtiger. Die Presse würde daran schon ihr Fressen finden, darüber herzuziehen, dass ein weltbekannter Star nicht das Stadion ausverkaufen konnte. Doch die Menschen, die da waren, feierten bereits und stimmten sich gegenseitig auf das Konzert ein. Für Anfang Juni war es ziemlich warm und insgeheim war sie froh, dass sie sich letztendlich für ein ordentliches T-Shirt und Jeans entschieden hatte. Wenn sie sich so umsah, dann waren viele andere auch so angezogen.
Dann wurde das Publikum langsam unruhig. Die Durchsage gab bekannt, dass das Konzert nun beginnen werde. Der Sprecher wünschte allen Anwesenden viel Spaß. Dann flammten die ersten Scheinwerfer auf, die im abendlichen Licht etwas schwächer waren. Noch bevor etwas auf der Bühne zu sehen war, spuckten die Kanonen schon einmal ein Ladung Konfetti über die Fans in den ersten Reihen aus. Dann fiel der Vorhang und das Konzert begann. Die Menge flippte aus. Wie er erwartet hatte, war der Bass ziemlich stark, aber dennoch verstand er den Gesang und alle anderen Instrumente gut. Bereits beim ersten Lied standen die Zuschauer von ihren Plätzen auf und gingen mit.
Zum Sitzen kamen sie an diesem Abend nur wenig. Er warf ihr immer wieder Blicke zu, doch sie starrte immer nur gebannt zur Bühne oder auf den großen Vergrößerungsbildschirm, der neben der Bühne hing. Immer wieder tanzte sie ein bisschen oder klatschte mit, wie es die anderen taten. Dabei bewies sie deutlich mehr Taktgefühl als einige andere. Die Zeit verflog und schon bald wurde es dunkel.
Neunundzwanzig Lieder waren bereits vergangen und unter lauten „Zugabe! Zugabe!"-Rufen gab es dann auch noch eine. Der letzte Refrain wurde von einem Feuerwerk begleitet, das im Takt auf dem Dach der Bühne abgefeuert wurde. Plötzlich stieß ihn etwas in die Rippen. Sie war es gewesen und zum ersten Mal während des Konzertes sah sie ihn an.
Der Moment war viel zu schnell vorbei, doch als sie sich wieder voneinander lösten, wussten beide, dass sie sich keine Gedanken mehr machen mussten, dem anderen irgendwie etwas zu vermitteln. Sie bekamen gerade noch mit, wie die Sänger und die Band im Bühnenboden verschwanden, begleitet von einem letzten Funkenregen.
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Soundtrack: Sia- Move Your Body
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