|17| Kapitel

Helena saß draußen im Palastgarten und genoss den warmen Nachmittag.
Sie lehnte sich entspannt zurück und spürte die brennende Sonne durch das geschwungene Dach des Pavillons in ihr Gesicht scheinen.

Sie strich sich über das lockere weiße Kleid, dessen Träger hinter ihrem Hals zu einer Schleife verknotet waren. Mit einem Seufzer erhob sie sich schließlich und goss sich ein Glas Wasser ein. Neben dem kleinen Tablett, dass ihr von einer Dienerin während ihrer Ruhepause gebracht worden war, stand ein Teller mit gezuckerten Früchten, von denen sie sich bediente, als niemand hinsah.

Generell, stellte sie dabei fest, war es ziemlich leer im Garten geworden.
Noch vor ein paar Minuten waren Dutzende der Adeligen in schicken Kleidern herumstolziert, nun war niemand mehr zu sehen, außer der Gardewachen am anderen Ende der Rasenfläche.

Helena schaute sich einen Moment unschlüssig um, doch schob ihre misstrauischen Gedanken beiseite, stattdessen genehmigte sie sich ohne die schnippischen Blicke der Hofdamen ertragen zu müssen, eine weitere Süßigkeit.

Es war so friedlich hier.
Die Prinzessin konnte sich gar nicht vorstellen, wie im Norden ein blutiger Krieg toben konnte. Ein Krieg, der ihren Vater seelisch schwer belastete. Er stand ständig unter Druck und wurde schnell wütend, doch eben so rasch war er auf einmal traurig oder ging Gedanken nach.
Diese Stimmung war inzwischen zu vielen Teilen auch auf Nath übergeschlagen, weshalb Helena sich zur Zeit am Hof sehr allein fühlte.
Ihr Cousin Arain war vor zwei Tagen mit einer Division neuer Soldaten zurück an die Front gekehrt, seine Geliebte blieb in Amerun, doch Helena fand wenig Vergnügen in ihrer Gesellschaft. Eher das Gegenteil.

"Hey."

Helena war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie nun beim plötzlichen Klang dieser Stimme erschrocken zusammen zuckte und sofort herumfuhr.

Doch da war niemand.

"Hallo?" Sie drehte sich umher, doch den Ursprung der Stimme fand sie nicht.
Hatte ihr Kopf ihr nach der vielen Sonne einen Streich gespielt?

"Helena." Die ihr bekannte Stimme klang jetzt schon amüsiert und half Helena nun herauszufinden, woher der Ruf stammte.
Die Prinzessin blickte nach oben in die Krone des Feigenbaums. Dort raschelten die Blätter.

Helena schluckte. "Zac?" Fragte sie leise nach.
"Komm hoch und find's heraus."

Das war definitiv er.

Sie schmunzelte kurz, dann sah sie sich noch rasch um, bevor sie begann, an dem Baum hochzuklettern.
Es raschelte weiter über ihr und Helena hiefte sich höher. Sie griff nach den stärksten Ästen und hangelte sich so hinauf bis zu einer Gabelung des Stammes, die zu zwei Kronen führte.
Und in diesem 'V' der Zweigung saß Zac und grinste sie an.

Helena wurde rot und schaffte es unter letzter Konzentration sich zu ihm zu setzten.
So wie er, ließ sie ihre Beine an den Seiten hinabbaumeln.
"Ganze schon hoch." Murmelte sie und sah wieder zu ihm. "Höhenangst?"
Sie zuckte mit den Schultern. "Gesunder Respekt vor der Natur."
"Verstehe." Er lehnte sich fast schon provokant zurück auf den Ast.

Helena musterte ihn.

Sein braunes Haar war etwas dunkler und seine Haut dafür heller, doch dies betonte nur seine himmelblauen Augen, die die Prinzessin für einen zu langen Moment anstarrte.
Zac trug ein lockeres weißes Hemd, doch darüber eine schwarze Jacke die sowohl aus Stoff als auch gegerbten Leder bestand. Trotz der Hitze schien er nicht zu schwitzen, er sah sie einfach ruhig an.

"Ich hab dich lange nicht mehr gesehen." Sie versuchte, nicht zu verletzt zu klingen, doch dies gelang ihr nicht wirklich.

Sie musste an den Ball denken und an den Moment in der Höhle am Hafen ...
Ihre Augen stoppten bei seinen Lippen und sie lächelte leicht.

"Ja ... tut mir leid," meinte er ohne den Blick abzuwenden.
Helena runzelte die Stirn und legte leicht den Kopf schief. "Was hast du so getrieben?" Sie versuchte erneut, die Frage möglichst beiläufig klingen zu lassen.

◀🔴▶

"Verschiedenes. Ich hatte einfach viel zu tun, doch ... ich musste dich wiedersehen." Er lächelte, doch dabei blitzten für einen Moment Zweifel in seinen Augen auf, bevor er jedoch blinzelte und sie erfreut ansah.
Helena seufzte und begann zu grinsen. "Ähm, also ich hab dich auf dem Ball gesucht, nachdem du mit deinem Freund hinausgegangen bist, aber ich hab dich nicht gefunden."

Zac brauchte einen Moment um sich an die Ereignisse des Abends zurück zurück zuerinnern, bevor dieser eskaliert war.
Doch dann verzog er das Gesicht.
Miguel.
Miguel hatte ihn aus dem Ballsaal gelotst, bevor Zac ihn umgebracht hatte.

"Ja, ich hab den Abend früher verlassen müssen, familiäre Angelegenheit."
Helena schien erleichtert und sie fuhr sich durch das glatte, blonde Haar. "Gut. Ich hab mir Sorgen gemacht, denn ... am Ballabend fanden die Wachen eine Leiche draußen auf dem Gang. An Hand der Schnitte wurde vermutet, dass der Mann von einem Assassinen umgebracht worden war!"

Zac hob die Augenbrauen. "Was? Wirklich? Das ist ja furchtbar ... und woher weißt du davon?" Er schaute sie verwundert an und Helena zuckte mit den Schultern. "Ich wollte wissen, warum meine ganze Familie plötzlich aus dem Ballsaal musste. Ich durfte den ganzen Abend nicht mehr aus meinem Gemach."
"Furchtbar." Wiederholte sich Zac und unterdrückte den Sarkasmus in seinen Worten.
Helena lächelte und sah ihn an, "Na ja, jedenfalls ist alles gut gegangen."
Zac erwiderte den Blick mit einem Lächeln.

"Also, warum sitzen wir in einem Baum, Zac?" Fragte sie amüsiert nach ein paar Sekunden des Schweigens. Der Assassine grinste und zuckte mit den Schultern. "Findest du es hier oben nicht gemütlicher? Schöne Aussicht." Er schaute Helena an, die rot anlief und den Blick senkte.

Zac musterte sie.

Verdammt.
Warum war sie nur so naiv und unschuldig?
Konnte die Prinzessin nicht einfach eine weitere arrogante, aufgeblasene Adelige sein?
Nun, dies würde es ihm viel leichter machten sie zu hintergehen und benutzen um ihren geliebten Bruder zu ermorden.
Aber nein, natürlich musste sie jung, leichtgläubig und süß sein ... - süß?

"Und ... was jetzt? Ich meine, wir wollen doch jetzt nicht den ganzen Tag in diesem Baum bleiben, oder?" Sie lachte und Zacs Mundwinkel hoben sich zu einem breiten Grinsen. "Warum nicht?" Er schaute ihr in die Augen und Helena begann unsicher zu Lächeln. "Ach ja?"
Zac setzte sich aufrecht hin.
Er nickte leicht und ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, berührte er mit seiner Hand vorsichtig die ihre.

Ein Kribbeln durchfuhr ihn bei der Berührung und er blinzelte überrascht, dann kniff er leicht die Augen zusammen und registrierte jeden einzelnen ihrer Gesichtszüge.

Helena war nervös, sie zitterte ein bisschen, doch das Lächeln auf ihren Lippen war aufrichtig, als sie zögernd mit ihrem Finger über seinen Handrücken strich und sich über die Lippen fuhr.

Der Assassine fuhr nun langsam mit seiner Hand ihren Arm hinauf und verharrte auf der Höhe ihrer Taille und platzierte seine Hand dort. Durch den dünnen Stoff des weißen Kleides konnte er ihre erhitzte Haut spüren und hob den Blick um ihr wieder in die Augen zu sehen.
Helenas Mund stand ein Stück offen, doch sie hielt ihn nicht auf, stattdessen legte sie ihre Hand vorsichtig auf seine Schulter und lächelte leicht.
Zac grinste ein wenig als er sich vorbeugte und sie küsste.



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