Kapitel 29
Am nächsten Morgen wurde ich in der Früh um sieben von dem Diensthabenden Stationsarzt geweckt, welcher mir meine Entlassungspapiere gab. Schweren Herzens nahm ich zu Kenntnis, dass Manuel wohl irgendwann im Laufe der Nacht gegangen war. Die sommerliche Morgensonne blitzte zwischen den Bäumen hervor und ich genoss die Wärme für einen Augenblick auf meiner Haut. Ich wollte mich gerade auf den Weg zum Taxi stand vor dem Klinikum machen als mir ein schwarzer SUV samt Fahrer ins Auge fiel. Manuel lehnte mit der Cape tief im Gesicht an seinem Auto und beobachtete das Treiben. Ich ging auf ihn zu und ein sehnsüchtiger Ausdruck glitt über sein Gesicht. "Ich hab nicht erwartet dich hier zusehen", sagte ich als ich vor ihm stand. "Ich musste den Kopf frei bekommen und duschen", antwortete er und nahm mir meine Tasche ab bevor er die Beifahrertür öffnete. Ich stieg ein und beobachtete im Seitenspiegel wie er meine Tasche auf die Rückbank warf. Ich wartete mit meiner Frage bis er aus der Parklücke heraus gefahren war. "Und was genau machen wir jetzt?", fragte ich. Einen Moment lang schwieg er. "Ich hätte gedacht wir gehen ne Runde spazieren. Da konnten wir meistens am entspanntesten reden", sagt er. Ich nickte "Klingt gut".
Die nächsten vierzig Minuten, die wir brauchten um aus der Stadt raus zu einem abgelegenen Wald brauchten lief das Radio und jeder hing seinen eigenen Gedanken hinter her. Das kommende Gespräch bahnte sich an wie eine Gewitter Wolke.
Manuel parkt den Audi auf einem kleinen unscheinbaren Wald Parkplatz. Als er den Motor ausschaltete breitete sich ein unangenehmes schweigen im Wagen aus. Ich wand den Blick vom Horizont ab und sah ihn an. "Gehen wir?", fragte ich. Er nickte, öffnete die Tür und stieg aus. Ich folgte ihm und wir gingen schweigend über den Parkplatz und die ersten Meter des Wanderwegs. Es dauerte fast zehn Minuten bis ich das schweigen nicht mehr aushielt. "Wie geht es dir?", fragte ich und sah ihn von der Seite an. Manu sah müde und angespannt aus, vermutlich ähnlich wie ich. Er zögerte einen Moment bis er antwortete: „Gut... ganz ok... ehrlich gesagt, ich weis es nicht. In erster Line bin ich verwirrt. Einfach durch den Wind." Ich nickte. Gerne würde ich sagen, dass ich ihn verstehe. Aber ich konnte vermutlich nicht mal ansatzweise nachvollziehen wie es ihm ging. Schliesslich hatte ich etwas mehr Zeit als er um mich etwas auf die Situation vorzubereiten. „Und dir?", fragte er nach kurzem zögern. Ich stutzte, verwirrt von der Frage. Natürlich hatten mich viele gefragt wie es mir ging und trotz all dem hatte ich das Gefühl, dass Manu eine ehrliche Antwort wollte und erwartet. „Wenn ich ehrlich bin, ich weiß es nicht! Ich meine wie soll es mir schon gehen. Ich habe fast zwei Jahre meines Lebens und die Verbindung zu meinen meisten Freunden verloren. Ich habe ein Studium, welches ich komplett neu anfangen muss. Ich habe den Mann den ich liebe an eine meiner engsten Freundinnen verloren. Ich sollte mich eigentlich freuen, dass ich noch lebe, dass ich keine bleibend schaden habe und noch alles weiß. Und irgendwie tue ich das auch und ich bin mehr als dankbar dafür, dass es mir so gut geht. Aber vor allem bin ich verunsichert und verängstig. Ich habe nicht den hauch einer Idee wie es weiter geht. Aber vor allem habe ich keinen blassen Schimmer wer ich bin und wer ich werden möchte!". Abwehrend hatte ich meine Hände in meinen Jackentaschen vergruben während mein Blick alles suchte nur nicht Manus Gesicht. Nach dem er aber nicht reagierte hob ich den Blick und sah ihn an. Er hatte einen Ausdruck, denn ich so noch nie gesehen hatte. Es war eine Mischung aus Schmerz, Trauer, Mitleid und schlechten Gewissens. „Ich..." fing er an und hörte sofort wieder auf. Schweigend gingen wir weiter. „Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich hätte es mir auch anders gewünscht. Du weist garnicht wie oft ich gebetet habe, dass es anders war, dass du aufwachst, dass es nicht du gewesen wärst! Aber ich konnte und kann es weder ändern noch rückgängig machen. Aber du kannst mir glauben, ich hätte und würde alles dafür gegeben, dass dieser Unfall nicht passiert wäre", sagt er und ich sah und hörte das er es ernst meinte. Einen Moment lang, hörten wir nichts anderes als das zwitschern der Vögel und das Rauschen des Windes in den Wipfel der Bäume. „Manuel, ich gebe dir um Himmels willen nicht die Schuld an diesem Unfall! Du hättest nichts daran ändern können. Aber sei bitte ehrlich: Glaubst du wirklich, wir hätten 2014 überstanden, als Paar meine ich? Nach allem was vorgefallen oder auch nicht vorgefallen ist?" fragte ich und blieb stehen. Er schwieg und zuckte schließlich hilflos mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. ... Ich habe es mir aber so gewünscht. Ich wollte dich um keinen Preis verlieren. Dich und alles was wir hatten. ...Ich will dich um keinen Fall verlieren!", sagte er und sah mich, fast schon flehend, an. Ich seufzte und wusste nicht was ich darauf hin sagen sollte. „Wie sieht diese ganze Geschichte und um Nina und dich den aus deiner Sicht aus? Ich meine, ich kenne Ninas Sicht der Dinge mit einem komischen verkorksten OneNight Stand und die Sicht deines Bruders, mit eine falschen Hochzeit? Und ich habe meine eigenen Bruchstücke aber wenn ich ehrlich bin ergibt sich daraus bis her kein besonders logisches Bild." Ich stellte ihm die Frage, die mich seit ich aufgewacht war, nein eigentlich schon vor dem Unfall, umtrieb. „Was lief oder lief nicht mit Nina?"
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