39. Wen interessiert denn legal?








kapitel neununddreißig ——— Wen interessiert denn legal?


Remus

„WAS ZUR HÖLLE, JAMES?"

James sah nicht einmal vom Bett auf, als Remus die Tür hinter sich ins Schloss warf. Er spielte mit dem Schnatz in seiner Hand, den er auf den Tisch legte, als er Remus hineinkommen hörte. „Was?" fragte er und Remus atmete tief durch.

„Hör mal, niemand macht dir Vorwürfe. Bleib von mir aus den ganzen Tag hier, schließ dich ein, aber du verletzt deine Freunde." Als er keine Reaktion bekam, wollte er schon fortfahren, doch in diesem Moment antwortete James.

„Keine Sorge, wenn bald Vollmond ist, bin ich wieder dabei." sagte er beiläufig und als er aufstand, um ins Bad zu gehen, war es Remus genug.

„Es geht mir nicht um den scheiß Vollmond." Als er mit erhobener Stimme die Bücher von seinem Nachttisch fegte, um seinen Worten Gewicht zu verleihen, sah selbst James überrascht auf den Boden. Remus wusste nicht, woher dieser Ausbruch plötzlich gekommen war. Er sprach sonst nie so mit James. James war derjenige, dem er zu verdanken hatte, dass seine Jahre auf Hogwarts so einzigartig gewesen waren und den er immer bewundern würde. Aber es war kurz vor Vollmond, er war überempfindlich und gereizt von James' Verhalten.

Auf einmal sah James jedoch besorgt aus. „Geht es dir nicht gut?" fragte er aufmerksam. „Soll ich irgendwas machen? Dir Schokolade aus der Küche holen? Ein Buch holen? Brauchst du was?"

„James..." begann Remus und wie immer wärmte ihm James' Sorge das Herz. „Was ich brauche, ist der echte James."

James seufzte und drehte sich kurz weg. „Ich weiß." meinte er. „Ich weiß. Es ist nur alles so... viel."

„Hannah hat wegen dir geweint." merkte Remus an und versuchte sachlich dabei zu klingen.

„Hannah hat geweint?" wiederholte James und endlich schien es, als wäre er wieder komplett bei ihm. „Hast du ihr gesagt, dass ich das nicht wollte?"

„Das ist nicht meine Aufgabe." entgegnete Remus standhaft.

„Ja..." begann James und fuhr sich über die Stirn. Remus wusste, dass James sie nicht hatte verletzen wollen und er war sich immer noch nicht sicher, was genau das zwischen ihm und Hannah war. Vor ein paar Wochen war er sich ziemlich sicher gewesen, dass zumindest Hannah auf James stand, doch dann hatten James und Lily begonnen miteinander auszugehen und Hannah... Hannah war weiterhin so normal gewesen.

Hannahs Gesellschaft hatte ihn mit ihrer Art immer auf andere Gedanken gebracht. Sie sprach weitaus schneller als sie dachte und was daran so irritierend für ihn war, war die Tatsache, dass Hannah mit niemandem so über ihre Worte stolperte wie mit ihm. In den Weihnachtsferien hatte er ihr in der Eisdiele einfach ein normales Gefühl geben wollen, doch plötzlich hatte er gemerkt, dass er es mochte, wenn Hannah wegen ihm rot wurde oder sich dieser überrumpelte Ausdruck in ihren Augen abzeichnete.

„Also warst du bei ihr?" fragte James weiter.

„Ich habe sie noch zum Gemeinschaftsraum gebracht und bin noch ein bisschen geblieben." meinte Remus. „Warst du je bei den Ravenclaws? Das ist alles so... wenn man da sitzt, fühlt man sich zehnmal schlauer."

Nun lachte James leicht und als er sich abwenden wollte, um ins Bad zu gehen, drehte er sich noch einmal zu ihm um. „Remus?" fragte er und Remus zog die Augenbrauen zusammen, als seine Stimme so ernst klang. „Du solltest mit Hannah mal was unternehmen."

„Okay..." entgegnete er etwas perplex. „Zählt es nicht, dass ich gerade eine Stunde mit ihr geredet habe?"

„Ich meine etwas Offizielles." James atmete tief durch und Remus wusste immer noch nicht so ganz, was er davon halten sollte. „Es ist bald Valentinstag und das Wochenende danach..."

„Oh Merlin." Remus verdrehte die Augen.

„Sag ihr, es ist ein Anti-Valentinstags-Treffen und sie ist dabei. Fang am besten so an, dass du sie fragst, was sie von dem Tag hält, dann erzählt sie dir, dass es absolutes Geschnulze und Gesülze ist und es eine gemeine Erfindung ist, damit sich Singles schlecht fühlen."

Bei James' beiläufigen Worten zog Remus die Augenbrauen zusammen. „Du denkst, sie würde Ja dazu sagen?"

James sah ein wenig überrascht aus, als hätte er nicht damit gerechnet, dass Remus tatsächlich Interesse an seinem Vorschlag zeigte.

„Klar" sagte er und bevor er sich abwandte, rutschten die nächsten Worte förmlich aus ihm heraus. „Klar sagt sie Ja, sie steht seit zwei Jahren auf dich." Bevor er ihn etwas sagen ließ, schloss er die Tür zum Badezimmer und ließ einen völlig perplexen Remus zurück.

Zwei— Was? Ihm war irgendwann der Gedanke gekommen, dass Hannah ihn vielleicht mochte und natürlich, Remus mochte sie auch, aber er hatte nie gedacht, dass jemand wirklich Interesse an ihm hatte. Solange sie nicht wusste, was er war... ja, vielleicht war es dann nachvollziehbarer, aber sobald er es ihr erzählen würde, würde sie sich das sicher zweimal überlegen. Vielleicht sollte er ihr es sogar erzählen und sie von diesen zwei Jahren erlösen.

Aber er wusste nicht so ganz, ob er das überhaupt wollte. Hannah war ein guter Mensch, sie war witzig, klug und hübsch und wenn sie doch sogar mit ihm... nein, gerade deswegen hatte sie das Recht es zu erfahren und selbst zu urteilen. Er kannte diese Gedanken und er hatte ihnen dieses eine Mal nachgegeben.

Es war nur dieser eine Sommer, das hatte auch sie immer wieder gesagt, wenn sie zusammen waren, aber es half den Schuldgefühlen, die manchmal in ihm aufkamen, nicht. Sie war ein Muggel aus dem Ort gewesen, in dem er mit seinen Eltern wohnte. Sie hatte nicht gewusst, dass er ein Werwolf war, geschweige denn, dass es so etwas wie Werwölfe tatsächlich gab. Für sie war er einfach nur ein Junge vom Internat gewesen und er hatte nichts mehr geliebt als einfach nur ein Junge vom Internat zu sein.

Und diese kurzen Wochen hatte er wirklich versucht seinen Kopf abzuschalten und einfach das zu tun, was sich richtig anfühlte — ohne Zukunft, ohne irgendwelche Konsequenzen. Es war sein Recht, oder? Er durfte glücklich sein. Trotzdem fühlte er sich schuldig: Sie war zwar ein Muggel, aber sie hätte es erfahren müssen, um zu entscheiden, ob ein Werwolf tatsächlich das war, was sie sich für eine Sommerromanze wünschte. Und außerdem konnte alles Folgen haben und im Nachhinein hasste er sich meistens dafür, wenn er sich dazu entschied, nicht darüber nachzudenken und Dinge einfach zu tun. Manchmal hatte er Phasen, in denen ihm alle Grübeleien egal waren und in denen er sich dachte, dass es okay war zu machen, was er wollte — wie letzten Sommer, in dem er sich überhaupt nicht zurückhalten hatte wollen — doch dann kam das Kopfzerbrechen, in dem er widerwillig zugeben musste, dass er nicht einmal von Reue reden konnte, weil er es nicht wirklich bereute. Es war großartig gewesen, es war der beste Sommer seines Lebens.

Nein, Remus durfte Hannah nicht solange in dem Glauben lassen, dass er normal war und er durfte sie garantiert nicht an sich heranlassen, bis diese zwei Jahre zu mehr wurden. Das hatte sie nicht verdient. Aber wenn sie... wenn es für sie okay war, dann... war es dann nicht auch okay für ihn? Dann musste er nichts bereuen, richtig?

Und wieder einmal stellte er fest, dass er ganz offensichtlich gar keine Ahnung von Mädchen hatte.

Hannah

SEI FROH, DASS DU KEINE so große Leidenschaft hast, ganz ehrlich." Jo seufzte angestrengt, als sie mit Hannah am Gang neben dem Innenhof vorbeiging. „Meine Eltern wollen, dass ich mich für eine Stelle im Ministerium bewerbe. Am liebsten in der Abteilung für Internationale Zusammenarbeit oder Strafverfolgung." Sie lehnte sich gegen den Torborgen, der in den Innenhof führte und legte den Kopf zurück. „Sie hören mir einfach nicht zu."

Hannah lächelte schwach, um Jo ihr stummes Mitgefühl zu zeigen. Sie wusste nicht ganz, was sie dazu sagen sollte. Es war ungerecht, dass Jo keine Sicherheit mit Quidditch haben konnte, solange sie keine bekannte Spielerin war und dass sie etwas tun müsste, um einen richtigen Job zu haben.

„Boah, es ist krass hell hier draußen." entfuhr es Jo plötzlich laut und sie holte sich ihre Sonnenbrille aus der Tasche.

„So geht es einem doch immer nach Zaubertränke." meinte Hannah amüsiert, lehnte sich ihr gegenüber in den Durchgang und Jo seufzte.

„Ich hätte dieses Schrottfach sowas von abgewählt, aber meine Eltern meinten, es könnte wichtig sein. Wofür bitte? Wenn ich verzweifelt bin und jemanden mit einem Liebestrank gefangen halten will?"

„Hört sich nicht so legal an." hörten sie da plötzlich eine Stimme neben sich und Hannah drehte sich belustigt zu Remus um, der im Gang bei ihnen aufgetaucht war.

„Wen interessiert denn legal?" Jo zog ihre runde, extrem schick aussehende Sonnenbrille runter, um ihn über die Gläser hinweg anzusehen.

Remus lachte leicht in sich hinein, auch wenn er immer wieder kurz zu Hannah hinübersah. „Ich glaub einfach nicht, dass du die Liebestränke brauchst."

„Stimmt, du hast recht, ich werde ja Millionärin und gründe ein Harem." meinte Jo entspannt und Hannah machte ein gespielt anerkennendes Gesicht, als wäre das der beste Plan, den sie je gehört hatte. „Sieben Männer, für jeden Tag in der Woche einen. Wobei, besser sechs, dann hat man einen Tag frei." Sie nickte abwesend, während Remus sie für ein paar Sekunden schweigend ansah, als versuchte er, das zu verarbeiten, was sie da von sich gab.

„Okay" begann er langsam. „Aber folgender Deal: Wenn du wirklich Millionärin wirst, kriege ich die Hälfte."

„Abgemacht." sagte Jo sofort und reichte ihm die Hand, während Hannah sie ungläubig ansah.

„Was ist mit mir?"

„Das ist jetzt nicht mehr meine Hälfte, da habe ich keine Kontrolle mehr drüber." verteidigte Jo sich hastig. „Teil das mit Remus, ich muss auch von irgendwas leben und meine Villa bauen. Es ist nicht einfach heutzutage."

Remus und Hannah lachten, während Jo mit ihrer Sonnenbrille herumwedelte.

„Können wir das bitte vertraglich festhalten?" fragte Remus dann. „Wir denken jetzt ‚Jo, die redet nur', aber irgendwann ist sie am Ende sogar Milliardärin und wir haben keinen Beweis mehr. Und das würde ich echt bereuen."

„Nein nein, nicht nötig." Jo hob feierlich die Hand. „Ich halte meine Deals. Du kommst einfach vorbei, wenn du in der Zeitung liest, dass ich in meiner Strandvilla interviewt wurde. Gut, du musst dich wahrscheinlich an den Bodyguards vorbeischlagen, aber ich sag denen Bescheid, dass sie den Typen vorbeilassen sollen, der ihnen sagt, dass ihm die Hälfte meines Geldes zusteht."

„Super." meinte Remus. „Wär schön, wenn du dich damit beeilst."

Jo nickte und Remus wandte sich schon zu Hannah herum.

„Ähm..." begann er und klatschte etwas unbeholfen die Hände zusammen. „Ich würde gerne ganz kurz mit dir reden."

„Oh." Hannah machte ein überraschtes Gesicht. „Klar, klar."

„Gut." Remus nickte und sah langsam zu Jo, die interessiert zusah.

„Bin schon weg." meinte sie bei seinem Blick und seufzte angestrengt. „Ich weiß, ich weiß, ihr müsst das mit dem Geld ausmachen. Bei der Scheidung gibt's Hälfte Hälfte, aber das wisst ihr ja — und Adiós, ich warte in der Großen Halle." Gerade als sie gehen wollte, drehte sie sich noch einmal um. „Und ich habe eine Idee." verkündete Jo. „Wenn meine Eltern wollen, dass ich im Ministerium arbeite, gehe ich einfach ins Zentauren-Verbindungsbüro. Oder ins Werwolfunterstützungsamt. Als ob da je jemand von denen hinkommt. Das heißt, ich werde bezahlt, mache aber eigentlich nichts. Oh, sie würden randalieren."

„Bis gleich, Jo." sagte Hannah nur kopfschüttelnd. Remus sah ihr ein wenig sprachlos hinterher. „Das war eigentlich ein ganz normales Gespräch zwischen uns, also..." begann sie zu erklären und machte ein kurze Geste.

„Oh, nein. Sie ist großartig." Remus lachte leicht, doch sein amüsierter Blick wich Nachdenklichkeit. „Hannah, folgendes... Jo hat eigentlich eine ganz gute Überleitung gegeben" begann er und fuhr sich mit der Hand zum Nacken, bevor er sich kurz im Gang umsah. „Ich wollte— aber erstmal, wie geht es dir? Alles in Ordnung seit Sonntag?"

„Jaja" Hannah nickte bei der Frage. Es waren zwei Tage — zwei endlose Tage ohne James, der jeden Blick gemieden hatte. Sie wusste nicht, ob es weiterhin aus Groll oder aus schlechtem Gewissen war, aber es ließ ihre Gedanken nicht so wirklich los.

Am Sonntag Abend hatte sie es Jo das erste Mal erzählt: dass sie Gefühle für James entwickelt hatte, die sie versucht zu vergessen hatte, da ihr das Herz mit ihnen nur gebrochen wurde... was nun endgültig passiert war. Jo hatte ihm auf die Nase hauen wollen, aber Hannah meinte, dass sie das aufgrund ihrer seltsamen Formulierung nicht zulassen könnte. Jo war genauso verwirrt über Lilys Verhalten wie sie und Hannah hatte versucht, ihr so gut es ging aus dem Weg zu gehen, einfach um unangenehme Gespräche zu meiden. Wenigstens waren Jo und sie sich einig, dass es James war, der sich entschuldigen müsste und sie war dankbar, dass sie für sie da gewesen war.

Und jetzt stand Remus vor ihr, der sie immer noch nervös machte. Es war ein einziges Chaos.

Das Problem war, dass jeder Gedanke an James schmerzte. Doch in Remus' Nähe fühlte sie sich wohl und sie genoss es. „Du meintest ja auch, das wird schon wieder, also..." fuhr sie fort und zuckte mit den Schultern. „Ich warte einfach ab."

Remus nickte. „Ja... Ja, genau." Er atmete tief durch. „Okay, ich musste da über etwas nachdenken, worüber wir geredet haben. An dem Tag mit Peeves und Theodora."

Hannah sah ihn fragend an.

„Als du zu uns gekommen bist und James seinen Turban da gezeigt haben wollte." erklärte er weiter.

„Ah." In ihren Augen leuchtete etwas auf und sie sah kurz auf den Boden, bevor sie ihm wieder in die Augen blickte. „Was war da?"

„Ähm..." Remus räusperte sich und er wirkte regelrecht hibbelig. „Wo James die Sache mit den Werwölfen angesprochen hat und dem Mond und dem Explodieren und alles... Ich habe länger darüber nachgedacht, was ich gesagt habe und ich habe mich bestimmt für dich angehört wie ein intoleranter..." Er suchte nach dem richtigen Wort. „Naja, wie ein intoleranter Arsch halt."

Hannah nickte. „Ja." stimmte sie ehrlich zu und Remus sah sie kurz verunsichert an.

„Ja?" fragte er.

„Ja." bestätigte sie. Sie war wirklich verwirrt, was Remus ihr zu sagen versuchte, gleichzeitig musste sie aber auch ein wenig lächeln. Hatte ihn das so sehr beschäftigt, dass er jetzt klarstellen wollte, dass sie nicht falsch über ihn denken sollte?

„Ich bin einer." brach es schließlich aus ihm heraus.

„Hä?" fragte Hannah und Remus sah ein wenig hilflos aus.

„Also..." begann er. „Ein äh—"

Während er sich mit einem unsicheren Lachen unterbrach und sich mit der Hand über die Stirn fuhr, betrachtete Hannah ihn. Kleine Grübchen bildeten sich neben seinen Mundwinkeln, als er lächelnd seine Anspannung überspielte und Hannah versuchte hilflos zu verstehen, was er ihr sagen wollte. Ihr Blick fiel auf die feine Narbe, die von seinem Kiefer über seinen Hals verlief und sie dachte daran, was genau in dem Gespräch passiert war. Dann begriff Hannah, was er mit einer wirklich meinte.

„Du...?" begann sie und ihr klappte der Mund auf, während sie nach den richtigen Worten suchte. Sie wollte nichts Falsches sagen, aber gerade das brachte sie dazu, das erste zu sagen, was ihr in den Sinn kam. „Krass."

Remus sah sie ein wenig fragend an und man konnte in seinen Augen sehen, dass er sich vor ihrer weiteren Reaktion fürchtete.

„Du siehst... also du siehst gar nicht wie einer aus." entfuhr es ihr, bevor sie weiter darüber nachdachte.

„Naja, ja..." Remus zuckte mit einem unsicheren Lachen mit den Schultern. „Wir kommen in allen unterschiedlichen Formen vor."

„Ja" sagte Hannah schnell und schüttelte mit dem Kopf. „Klar, ich meinte auch nicht— oh Gott, ich habe Angst, gerade total falsch zu reagieren."

Du hast Angst falsch zu reagieren?" wiederholte er ungläubig.

„Ich will nicht, dass du denkst, ich bin geschockt, ich bin einfach... überrascht." sagte sie ehrlich. Im Nachhinein betrachtet machte einiges Sinn — warum Remus manchmal so übermüdet aussah, die Narben und der Spitzname — aber sie wäre nie auf den Gedanken kommen. Sie lief ja nicht im Schloss herum und stellte wilde Vermutungen an. „Ich meine, der einzige Zauberer in der Familie ist mein Dad und alle Bilder von Werwölfen, die wir hier in der Schule gesehen haben, waren ziemlich unheimlich und haben sie gefährlich aussehen lassen."

„Bei Gefahrenklasse XXXXX auch nicht unangebracht." warf Remus ein.

Hannah zog bei seinen Worten die Augenbrauen zusammen. Es klang beinahe so, als wollte er ihr einreden, ihn dafür mit anderen Augen zu sehen.

„Ja, aber doch nur einmal im Monat." meinte sie. „Und wenn du's genau nimmst sind alle Mädchen einmal im Monat Gefahrenklasse XXXXX — und das nicht nur für eine Nacht, also..."

„Ist das gerade dein Vergleich?" fragte er und konnte nicht verhindern, dass ihn Hannahs Reaktion zum Lachen brachte. „Weißt du, im ersten Jahr hatte Marlene mal eine riesige Schokoladenphase und da war dieser eine Tag, an dem sie nicht mit uns geteilt hat. Ihre Erklärung war, dass sie gerade ihre Zeit im Monat hat und ich dachte damals... naja, ich dachte, sie wäre ein Werwolf."

Hannah hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen.

„Lach nicht, ich habe Professor Dumbledore deswegen gefragt, weil ich wissen wollte, ob es wahr ist und er hatte große Freude daran, mir meinen Fehler zu erklären. Meine Mum hat wohl ein paar kleine Details ausgelassen. Als James und Sirius das erfahren haben, haben sie geschworen, nie ein Mädchen anzufassen und sich gegenseitig zu heiraten."

Hannah hob die Augenbrauen.  „Aber warum stellen die Schulbücher Werwölfe so hässlich dar?" fragte sie. „Also selbst als Menschen? In allen Zeichnungen sind sie so... haarig und du bist... naja, nicht so schlimm anzusehen. Würde ich jetzt mal behaupten."

Und endlich begann Remus so sehr zu lachen, dass selbst Hannah breit grinsen musste. „Danke." sagte er plötzlich ernst. „Danke, dass du so reagierst."

„Klar." sagte Hannah sofort. „Eigentlich müsste ich Danke sagen, weil du mir davon erzählst."

Remus schüttelte mit dem Kopf, aber Hannah war gerade eben erst in den Sinn gekommen, dass er ihr so sehr zu vertrauen schien, dass er ihr so ein Geheimnis anvertraute — und das machte sie glücklich. „Eigentlich wollte ich mit was ganz anderem anfangen. Der ganze Valentinstagswahn ist wohl auf mich übergesprungen und ich vergesse alles."

Bei der Erwähnung von Valentinstag verdrehte Hannah die Augen. „Valentinstag..." wiederholte sie. „Das ist absolutes Geschnulze und Gesülze und eine unterirdisch gemeine Erfindung, um Singles eins auszuwischen."

Remus sah kurz überrascht aus und Hannah konnte nicht so recht deuten, was in seinem Kopf vorging.

„Was ist?" fragte sie neugierig geworden und er fuhr sich mit der Hand über den Nacken.

„Nichts." sagte er schließlich und sah mit einem Kopfschütteln auf den Boden. „Aber es kann schon eine ganz schöne Geste sein, das musst du zugeben."

Hannah lachte. „Natürlich ist es das — wenn man jemanden hat und Geschenke bekommt. Natürlich würde ich es dann auch mögen."

Remus machte eine zustimmende Geste und zog lachend die Schultern hoch. „Na schön." gab er zu. „Dann lass uns was machen."

Die Worte waren so schnell aus ihm rausgerutscht, dass Hannah die Augen aufriss. Sie wusste gar nicht, was sie sagen sollte.

„Am Wochenende danach sind sowieso alle weg", begann er sich zu erklären. „Und dann... naja, dann laufen wir hier ein wenig rum und..."

„Und lachen überlegen über alle anderen?" bot sie an.

„Das sowieso." Er schüttelte mit dem Kopf über sich selbst. „Ich höre mich vermutlich an wie der größte Idiot."

„Tatsächlich nicht." entgegnete sie.

„Ist das etwa so eine Überraschung?" fragte er mit einem leichten Lachen. „Also... ein Anti-Valentinstags-Da... Tag — ein Anti-Valentinstags-Tag mit mir?"

Sie schwieg mit einem überwältigten Lächeln. Was im Moment in ihr vorging, verstand sie selbst nicht mehr. Nach was fragte er sie da? Sie musste an Anfang des Schuljahres denken, als Remus ihren offensichtlichen Versuch, ihn dazu zu bringen, sie nach einem Date zu fragen, nicht erkannt hatte. Und selbst zu fragen, hätte sie sich nie getraut. Als sie antwortete, versuchte sie, alle Gedanken an James zu verdrängen. Sie war hier mit Remus. Und Hannah wusste nur, dass Remus ihr guttat. „Hört sich gut an." sagte sie schlicht.

„Ja?"

„Ja." Sie nickte mit einem leichten Lachen und sah erneut auf den Boden.

Und in diesem Moment kam James um die Ecke.

Remus und sie bemerkten ihn nicht und als James die beiden zusammen sah, hielt er überrascht inne. Ihm fiel das Lächeln auf Hannahs Gesicht auf, als sie sich eine Haarsträhne zurückstrich und mit einem einem Lachen zu ihm aufsah. Sie sah glücklich aus. Er musste daran denken, wie sie ihn in der Bibliothek angesehen — mit Tränen in den Augen und einem Ausdruck purer Verwirrung, weil er so zu ihr war. Und das Schlimmste daran war, dass es seine Schuld gewesen war. Sie hatte wegen ihm so ausgesehen.

Das, was ihn so traf, war nicht einmal Hannahs Strahlen: Es war die Tatsache, dass auch Remus lächelte. 

James trat zurück um die Ecke, damit die beiden ihn nicht sehen konnten und holte die Karte aus seiner Tasche, die immer noch die Gänge von Hogwarts zeigte. Er hatte Hannah eben mit Jo hier gesehen und hatte gedacht, dass es vielleicht die Gelegenheit war, sich zu entschuldigen. Doch Remus schien eine ähnliche Idee gehabt zu haben.

Er wollte nicht zu ihr gehen und der Grund sein, warum ihr Lächeln verschwand. Er hatte nie gewollt, dass es verschwand — und doch war es das wegen ihm. James Potter hatte nie gezögert, wenn es darum ging, mit jemandem zu reden, doch nun tat er es. Er steckte die Karte wieder in seine Tasche und ging — weg von Hannah, weg von Remus.

Hannahs Blick fuhr kurz zu der Stelle herum, an der sie glaubte, etwas gesehen zu haben. Doch sie sah nichts. Es war weit und breit niemand zu sehen.

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