21. Elite-Essen am Ravenclawtisch

   




kapitel einundzwanzig ——— Elite-Essen am Ravenclawtisch


Hannah

    DER NOVEMBER ZOG wie im Flug vorbei und geändert hatte sich für Hannah in den letzten Wochen nicht gerade viel. Sie verbrachte viel Zeit mit James, weniger um über Remus zu reden, sondern hauptsächlich, weil es einfach die schönste Beschäftigung der Welt war, bei ihm zu sein.

„Ich verstehe jetzt, warum du gesagt hast, die Croissants vom Ravenclaw-Tisch wären besser!" rief James plötzlich durch die Große Halle und Hannah verzog hilflos das Gesicht, als er auf sie zukam, mit einem angebissenen Croissant in der Hand. „Ihr habt welche, die mit weißer Schokolade gefüllt sind. Weißer Schokolade! Wieso haben wir die nicht?"

„Ihr verdient sie wohl nicht." entgegnete Hannah mit einem unschuldigen Lächeln, als James sich neben sie setzte und ihr ernst in die Augen sah. „Sieben Jahre meines Lebens gehe ich nach Hogwarts und erst jetzt erfahre ich, dass es am Ravenclawtisch Elite-Essen gibt."

„Die Hufflepuffs haben die besten Waffeln und Kekse." verteidigte sie sich und warf mit einem Krümel ihres Toasts auf ihn. „Und ihr habt die besten Brötchen."

James stützte sich auf dem Tisch ab und seufzte theatralisch, während er noch einmal von dem Croissant abbiss. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das für mein Leben brauche." meinte er genüsslich und Hannah hob eine Augenbraue.

„Willst du mir nichts abgeben?" fragte sie und blinzelte lieb, während James nur grinste.

„Du hast den ganzen Tisch, Hannahlein."

„Ich will aber kein ganzes."

„Sehe ich so aus, als würde ich die Reste nicht nehmen?" fragte James zurück, was Hannah zum Grinsen brachte.

„Jetzt, wo du es sagst, du bist ganz schön dick geworden. Und dann noch mit dieser komischen Brille... was ist nur mit dir passiert?" neckte Hannah ihn und James kniff die Augen zusammen.

„Du wagst es..." setzte er gespielt drohend an, fasste sich röchelnd ans Herz und fiel schließlich in sich zusammen, bis er reglos auf dem Boden liegen blieb. „James..." Sie stieß ihm sanft mit dem Fuß in die Seite, doch er bewegte sich keinen Zentimeter. „Lily kommt gerade."

Keine Reaktion.

„Kommt sie wirklich?" fragte er leise, wobei er kaum die Lippen bewegte und Hannah schüttelte mit dem Kopf, bis ihr auffiel, dass er sie nicht sehen konnte, wenn er die Augen zu hatte.

„Nein." sagte sie und James grinste leicht.

„Dann bin ich jetzt wieder tot, weil du mich so verletzt hast."

„Okay." hauchte Hannah und biss in das Croissant, das James auf dem Tisch liegen gelassen hatte.

„Isst du gerade mein Croissant?" fragte er leise und Hannah lächelte unschuldig.

„Ja." entgegnete sie.

„Du Miststück."

Sie schwieg.

„Ich hasse dich." fuhr er fort und Hannah wurde etwas rot, als sie merkte, dass der Großteil der Gryffindors (und einige andere Schüler) bereits zu James sahen, der auf dem Boden lag.

„Du könntest aufstehen und es dir holen." meinte sie herausfordernd und James zog einen Schmollmund.

„Ich bin immer noch tot wegen dem, was du gesagt hast."

Hannah wusste nicht, wann es passiert war, dass sie bei so etwas mitmachte, aber wenn man viel Zeit mit James verbrachte, konnte man gar nicht anders — und sie liebte es. Sie liebte es bei ihm zu sein und hinterfragte diese Tatsache schon lange nicht mehr. Aber sie wusste, dass sie lange nicht mehr nur wegen Remus bei ihm war... und irgendwie hoffte sie, dass es James genauso ging.

In diesem Moment kam Jo vorbei und warf einen fragenden Blick auf James, der ihr im Weg lag, bevor sie über ihn drüber stieg und sich neben Hannah setzte. „Gehört das Croissant jemanden?" fragte Jo und als Hannah den Kopf schüttelte, war James plötzlich hinter ihr aufgetaucht, schnappte Jo das Croissant aus der Hand und steckte es sich in den Mund, bevor sie ihm zuvorkommen konnte.

„Du lebst ja." merkte Jo trocken an und James wuschelte ihr durch die kurzen, dunkelblonden Haare. Sie sagte nichts dazu.

„Ich war nur kurz ohnmächtig, weil Hannah mich nicht mehr verdammt heiß findet." entgegnete James und sie vergrub ihren Kopf stöhnend in ihren Händen.

„Diese Party wird mich auf ewig verfolgen..."

Jo begann zu lachen und Hannah fragte sich, wann sie begonnen hatte, James witzig zu finden.

„Wir können auch gerne wieder über die weiße Schokolade in den Croissants reden."

„Gerne." meinte Hannah verzweifelt und reichte ihm ein zweites Croissant, das er mit einem breiten Grinsen annahm, bevor er sich neben sie setzte.

„Du magst weiße Schokolade, oder?" fragte James kauend nach und Hannah unterdrückte sich anzumerken, dass er warten könnte, bis er fertig gegessen hatte — "ach, du bist viel zu versteift, Hannah. Sieh doch mal, die Welt ist schön - hurra! - wir dürfen lächeln." hatte James einen Tag vor der Party gesagt, also versuchte sie sich daran zu halten.

„Weiße Schokolade ist die beste Schokolade." antwortete sie grinsend, während Jo den Kopf schüttelte.

„Zartbitter ist viel besser." meinte sie beherzt, doch Hannah und James nahmen sie nur am Rande wahr, als James ihr nachdenklich in die Augen sah.

„Ich mag weiße Schokolade auch am liebsten..." gab er zu und unwillkürlich hatte Hannah das Gefühl, dass dieser Satz mehr Bedeutung hatte als man annehmen konnte.

Er mochte weiße Schokolade auch am liebsten... Automatisch lächelte sie und dort war er wieder: diese Momente, die manchmal zwischen ihnen entstanden. Es war ihr in den letzten Wochen immer häufiger aufgefallen. Sie sagten etwas und plötzlich wurde es still, die Luft schien unter Spannung zu stehen und auf einmal hatte Hannah nicht nur Schwierigkeiten zu atmen, sie konnte auch nicht mehr klar denken. Sie wusste, dass das das Gefühl war, das sie in Remus' Nähe haben sollte, aber es entstand nur mit James.

Jo räusperte sich und Hannah wandte sich hastig ab, um sich wieder ihrem Frühstück zu widmen.

„So, Hannah..." fuhr James fort. „Wo wir die essenziellen Fragen des Lebens geklärt haben, würde ich gerne ein wenig mehr erfahren über... Fabian Prewett."

Vor lauter Überraschung verschluckte sie sich an ihrem Toast und hustete heftig, während James ihr auf den Rücken schlug.

„Au." murrte sie, als sie sich wieder beruhigt hatte und sah zu James, der leicht grinste.

„Wollte nur nicht, dass du erstickst... Denk nicht, du könntest dadurch das Thema wechseln."

Hannah seufzte. Wenn James etwas wissen wollte, konnte ihn nichts und niemand davon abbringen, es herauszubekommen, weshalb sie wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als seine Fragen zu beantworten. „Was willst du wissen?"

„Was lief da, wann lief es, warum lief es? Warum läuft es nicht mehr?" schoss James los und Hannah klappte der Mund auf, bevor sie wieder einen klaren Kopf fasste.

„Also..." begann sie. „Ende des vierten Schuljahrs. Ich war fünfzehn, er war noch siebzehn und im siebten Schuljahr."

„Drei Jahre über dir?" fragte er nach und sie rollte mit den Augen.

„Habe ich dir doch gerade gesagt." Es kam ihr vor, als lägen Ewigkeiten zwischen heute und der Zeit, in der sie mit Fabian zusammen gewesen war. „Ich kannte ihn, weil er mit der damaligen Quidditchkapitänin der Ravenclaws gut befreundet waren, die sich wiederum super mit Jo verstanden hat, weil sie beide stundenlang über Quidditch reden konnten. Also war ich immer bei Jo und er bei Cassandra — der Kapitänin. Deswegen haben wir uns immer miteinander unterhalten. Später hat er mir in ein paar Schulfächern geholfen, auch wenn ich ihn gar nicht danach gefragt habe und er war so-"

„Ja ja, ich verstehe schon." unterbrach James sie, weshalb Hannah die Augenbrauen hob.

„Ich wollte hartnäckig sagen..."

„Also so wie ich?" fragte er nach und Hannah schnaubte, auch wenn ihr in diesem Moment bewusst wurde, dass sie sich von ihrem Humor her tatsächlich geähnelt hatten. Merlin.

„Ich wollte eigentlich nicht mit ihm ausgehen. Erstens war er im siebten Jahr und zweitens hatte ich genug mit der Schule zu tun. Außerdem war ich erst fünfzehn." fuhr Hannah fort und wurde erneut von einem grinsenden James unterbrochen.

„Wenn du wüsstest, was ich alles mit fünfzehn gemacht habe..."

„Wir wollen's gar nicht wissen." Jo grinste leicht und stützte ihren Kopf auf ihre Hand, um Hannah weiter beim Reden zuzuhören.

„Naja, und irgendwie fand ich es doch ganz toll, ein wenig umworben zu werden-"

Umworben? Hat er dir etwa auch noch den Hof ge-"

„Lass mich aussprechen!" unterbrach sie ihn gereizt und James zog den Kopf ein, während Jo kicherte.

„Jawohl, Miss." salutierte er und während Hannah die Augen verdrehte, um ihr Grinsen zu verbergen, begann sie weiter zu erzählen.

„Zumindest bin ich dann schwach geworden und wir sind nach Hogsmeade gegangen — ich habe mir natürlich vorher Sätze zurechtgelegt, die ich sagen sollte — und wir waren zweimal in Hogsmeade, bis er mich geküsst hat."

„Romantisch." merkte James an und wartete darauf, dass Hannah ihm sagen würde, er solle aufhören sie zu unterbrechen (doch das tat sie nicht).

„Ich weiß nicht, es war ziemlich süß und er war echt lieb, aber dann hat er seinen Abschluss gemacht und es hat sich eben verloren... es war besser, dass er Schluss gemacht hat und es war rein logisch betrachtet das Beste, wenn man bedenkt, dass wir uns das ganze Jahr nicht gesehen hätten und uns auch nicht so lange gekannt haben." Sie schwieg nachdenklich, als sie ihre Geschichte beendet hatte und James warf ihr einen mitfühlenden Blick zu, den sie nicht bemerkte, da sie sich auf ihr Frühstück konzentrierte.

„Und nicht logisch betrachtet?"

Hannah sah ihn fragend an.

„War es nicht rein logisch betrachtet das Beste?" fragte er weiter und Hannah biss sich auf die Lippe. Als sie Jo oder später ihren Freundinnen aus Gryffindor davon erzählt hatte, hatte nie jemand gefragt, ob sie es denn tatsächlich so empfand, dass es klug und richtig war, dass sie Schluss gemacht hatten.

Es hatte wehgetan und sie hatte geweint. Aber sie hatte nie darüber gesprochen.

„Damals hätte ich mir gewünscht, es wäre anders." gab sie nachdenklich zu und selbst Jo war still geworden, als sie den Wortwechsel zwischen den beiden verfolgte.

James schwieg und Hannah hatte ihn vermutlich noch nie so ernst erlebt wie in diesem Moment.

„Du hast nie gesagt, dass es dir schlecht danach ging... Du hast jedem erzählt, es wäre... das Klügste." setzte Jo mit sanfter Stimme an.

„Wahrscheinlich hast du es auch noch selbst geglaubt, was?" fragte James und Hannah versuchte mit ihrer Antwort das Thema zu wechseln. Es war ihr unangenehm über so etwas wie Liebeskummer zu sprechen.

„Es ist mehr als zwei Jahre her." erwiderte sie selbstbewusst und zuckte mit den Schultern. „Deswegen habe ich mich in der fünften in Remus verknallt. Fand ihn toll. Er war in meinem Jahr, lustig und doch irgendwie vernünftig. Und im Gegensatz zu Fabian war das alle viel planbarer."

Bei ihren Worten begann James plötzlich zu lachen und Hannah fragte sich verletzt, was sie so Lächerliches gesagt hatte.

„Hannah, du kannst Liebe nicht planen." sagte James ungläubig und als er sie so aufrichtig ansah, lächelte sie traurig und sah kurz zu Jo, bevor sie seinen Blick fest erwiderte.

„Ich weiß."

Und wie sie das wusste. James war das beste Beispiel.

· · ·

„Also hast du dich nur in Remus verknallt, weil du dachtest, er würde am Besten zu dir passen?" James hatte sich nach dem Frühstück mit Hannah auf den Weg zu den Quidditchtribünen gemacht und als sie endlich angekommen waren, fiel ihm überhaupt nicht ein, das Thema zu wechseln.

Jo war bereits vorgegangen, um sich umzuziehen und ihr Team zu motivieren, die Hufflepuffs in die Pfanne zu hauen. Sie würde Hannah vermutlich mit einem Klatscher von der Tribüne hauen, wenn sie wüsste, dass ihre Freundin bei den Gryffindors saß und zuschaute, auch wenn sie nicht spielten.

Als sie James' Frage hörte, warf sie ihm einen verständnislosen Blick zu. „Wieso hast du dich denn in Lily verliebt?"

Ihre Frage warf ihn nicht im Geringsten aus der Bahn und er sah aus, als würde es ihn überraschen, dass Hannah sie stellte. Als er zu einer Antwort ansetzte, merkte sie jedoch, dass er zögerte, als würde er sich erst in Erinnerung rufen müssen, was ihn an Lily so faszinierte.

„Sie ist gütig und aufrichtig..." begann er und runzelte kurz die Stirn. „Sie ist für jeden da, der sie braucht, hat aber ein riesiges Temperament, mit dem sie entweder diejenigen verteidigt, die ihr etwas bedeuten oder die verängstigt, die sie nicht leiden kann. Sie ist ehrlich und vermutlich einer der tolerantesten Menschen auf ganz Hogwarts, aber trotzdem ist sie konsequent, wie ich und auch Schniefelus — entschuldige vielmals: Snape — wissen sollten."

„Wow." entfuhr es Hannah überrascht. Dass James tatsächlich so viel in Lily sah, ohne sie wirklich zu kennen, hätte sie nicht gedacht und vor allem nicht, dass jedes Wort so gut auf ihre Freundin zutraf. Und trotzdem zwickte es in Hannahs Brust bei dem Gedanken, dass James so über Lily sprechen konnte. „Wenn sie das hören würde, wäre sie vermutlich davon überzeugt, dass du es ernst meinst... Du siehst wirklich durch einen Menschen hindurch, was?"

James schwieg kurz und sah ihr schließlich aufrichtig in die Augen. „Ich könnte genauso über dich reden."

Hannahs Herz stoppte für einen kurzen Moment.

Hastig versuchte sie ihr Herzklopfen zu überspielen. „Ich glaube, niemand hat je so über mich gesprochen." winkte sie mit einem leichten Lachen ab, doch James lächelte nur, ernster als sie ihn sonst kannte.

„Es sollte jemand — du bist einfach wundervoll. Durchgeknallt, aber wundervoll."

Sie wurde leicht rot um die Wangen und wandte den Blick ab. „Na danke auch." entgegnete sie belustigt und lehnte sich auf dem Geländer vor ihr ab, vor dem sie stand. „Apropos Snape..." wechselte sie schließlich das Thema, da es sie ehrlich interessierte. „Was war das eigentlich immer? Wieso...?"

„Mir kam es nie so schlimm vor. Ich... Sirius wollte Snape mal einen Streich spielen, der ihn fast umgebracht hätte. Ich habe ihm das Leben gerettet — ich wollte nie, dass ihm wirklich etwas zustößt. Ich weiß heute, dass alles andere, was wir gemacht haben, auch nicht gerade... nobel war, aber ich habe es damals nie so empfunden. Es war witzig für mich, weil ich ihn nicht leiden konnte. Kann."

Hannah nickte. James hatte sich wirklich geändert, seit er Snape gedemütigt hatte. „Wir machen wohl alle Fehler... Klar, wir können nichts rückgängig machen, aber die Hauptsache ist doch, dass du es erkannt hast."

Er begann leicht zu grinsen. „Ja, Miss Ravenclaw."

Sie verdrehte die Augen, erwiderte jedoch seinen Blick und bekam plötzlich das Gefühl, tief durchatmen zu müssen, um ihre Lungen wieder mit Luft zu füllen. Als sie erkannte, dass es an James lag, sah sie zum Quidditchfeld zurück, um sich abzulenken.

Mittlerweile füllten sich auch die Tribünen um sie herum immer mehr und Hannah versuchte sich lockerer zu machen und nicht zu viel darüber nachzudenken, was sie immer häufiger in James' Nähe fühlte. „Glaubst du, Jo gewinnt?" fragte sie schließlich und er lehnte sich neben sie, während er einen wissenden Blick aufgesetzt hatte.

„Ich denke schon." meinte er. „Aber wir werden sehen... so etwas lässt sich schließlich nie genau sagen. Du weißt schon, nichts ist planbar." Er stieß ihr spielerisch in die Seite und Hannah grinste, wenn auch nachdenklich.

„Ja." stimmte sie zu. „Vielleicht... aber es wäre mir lieber, wenn es so wäre."

„Ach, Hannahlein..." begann James theatralisch. „Du bist wirklich viel zu versteift."

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