3.Kapitel
Ich stehe im Wohnzimmer und versuche über die ganzen Leute zu schauen, ob ich vielleicht Luisas blonde Haare irgendwo erkennen kann.
Leider erfolglos. Ich banne mir einen Weg durch die Menge. Immer wieder schaue ich um mich. Plötzlich passe ich nicht auf, wo ich hin trete und stolpere über irgendetwas auf dem Boden. Ich versuche noch mein Gleichgewicht zu halten, doch trotzdem falle ich nach vorne.
Kurz bevor ich auf dem Boden aufkomme, hoffe ich, dass es wie in all diesen Liebesgeschichten ist, wenn das Mädchen fast Bekanntschaft mit dem Boden macht, dass der Junge sie dann auffängt.
Naja, leider ist bei mir das nicht der Fall und ich knalle mit Schwung auf der harten Boden der bitteren Realität.
Brennender Schmerz schießt durch mein linkes Handgelenk und ich zische kurz auf. Es ist schon mal gut, dass ich da auf die Fresse fliege, wo sich im Moment nicht so viele Partygäste aufhalten. Sonst würde ich vielleicht noch jemand anderes mit mir zu Boden reißen.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht drücke ich mich etwas vom Boden ab. Eine Hand taucht plötzlich in meinem Sichtfeld auf.
"Soll ich dir helfen?", ruft mir jemand von oben entgegen zu. Dankend lege ich meine rechte, und unverletzte Hand, in die fremde Hand und werde auch schon kurz darauf nach oben gezogen.
Erst jetzt blicke ich in das Gesicht meines unbekannten Helfers. Das Erste, was mir auffällt, ist sein besorgter Blick, mit dem er mich mustert. Er hat verstrubbelte dunkelblonde Haare und schokoladenbraune Augen. Er trägt eine dunkelblaue Jeans und ein rotes Shirt.
"Gehts dir gut?", fragt er und bei seiner rauen Stimme würde mehr als die Hälfte der Mädchen hier im Raum davon schmelzen.
"Ich...ich glaub schon.", stottere ich etwas unbeholfen und merke erst jetzt, dass mein Kleid mir am Oberkörper klebt. "Verdammte Scheiße!", fluche ich angeekelt, vergesse den heißen Typen der mir geholfen hat und zupfe an meinem Kleid das jetzt ganz nach meinem Cola-Bier Getränk stinkt.
"Ich kann dir dabei vielleicht ja helfen.", meldet sich Blondie zu Wort und zeigt auf mein Kleid. "Wäre echt hilfreich."
Er greift nach meiner Hand, doch ich zucke sofort zusammen, als mich mein schmerzendes Handgelenk wieder an meinen Sturz erinnert.
"Tut mir leid, warte, ich frag' mal meinen besten Freund, er hat die Party hier geschmissen, er hat bestimmt irgendeine Schmerzsalbe oder sowas!", entschuldigt er sich sofort.
Blondie, von dem ich noch immer nicht den Namen kenne, drängt sich durch die tanzenden Menschen Richtung Küche und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Wieder in der Küche angekommen durchsucht er ein paar Schränke.
"Eyyy, Kai! Was machst du in meinen Schränken?!", ruft eine Stimme verwirrt hinter mir. Blondie heißt also Kai.
"Ich suche eine Schmerzsalbe oder sowas. Sie ist im Wohnzimmer irgendwie gestolpert und hat sich weh getan.", erklärt Kai und zeigt dabei auf mich.
Der Junge hat dunkelbraune Haare die er nach oben gestylt hat. Er trägt ebenfalls eine Jeans und einen grauen Kaputzenpulli, bei denen er die Ärmel etwas nach oben gekrempelt hat.
"Die findest du nicht hier in der Küche. Schmerzsalben, Cremes und andere Medikamente findest du oben im großen Bad. Bro, das weißt du aber!", seufzt der Typ und verdreht seine Augen.
Ich stehe schweigen daneben und lausche den beiden einfach bei ihrem Gespräch. Mein Blick schweift wieder zurück ins Wohnzimmer und gleitet über die Mensch. Vorbei am dem knutschenden Pärchen auf den Sofas, bei denen man fast glaubt sie würden hier bald ein Live Porno drehen.
Nein warte, das kann nicht sein. Schnell wandert mein Blick wieder zu dem einen Knutschpaar. Meine Augen weiten sich schlagartig, als ich die beiden erkenne. Nein. Das darf nicht sein. ER sitzt da auf dem Sofa und auf seinem Schoß sitzt SIE. Jack und Luisa. Ein heftiger Stich durchfährt mein Herz. Mein Freund und meine beste Freundin. Naja jetzt heißt es wohl mein Ex-Freund und meine Ex-beste-Freundin. Mein Herz scheint in dem Moment einen Knacks zu bekommen.
Mein Augen fangen leicht an zu brennen. Im Inneren wird mir dann schmerzlich bewusst, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Beziehung zwischen uns beiden enden würde. Aber muss er mich denn dafür betrügen? Hätte er nicht Schluss machen können? Musste er mich bei all diesen Mädchen, die es gibt, gerade mit meiner besten Freundin betrügen?
Eine Erinnerung blitzt in meinen Gedanken auf. Luisa, Jamina und ich kichernd und lachend im Kino, wie wir uns mit Popcorn bewerfen und die anderen Zuschauer stören. Unser kleines Trio im Schwimmbad, wie wir uns gegenseitig motivieren und ermutigen das 5 Meter Springbrett runterzuspringen. Wie wir drei auf Jaminas Terrasse übernachten möchten und gegen 1 Uhr doch entscheiden drinnen zu schlafen. Lu, Jami und ich beim Eis essen und Jungs aus unserer Schule stalken. Wir waren immer zu dritt; waren seit der 7.Klasse unzertrennlich.
Doch nicht nur schöne Erinnerungen tanzen in meinen Gedanken herum. Klar und deutlich als würde ich mich wieder in meinem Zimmer vor einer Woche befinden. Jamina lag in meinem Bett, während ich gerade mit einem Tablett mit Naschzeug und Saft ins Zimmer kam. Luisa hatte sich auf meinem kleinen Sessel breit gemacht hat und meine Bilder an der Wand daneben betrachtet. An dieser Wand hängen lauter Fotos. Fotos mit meiner Familie, Luisa und Jamina und auch Bilder mit Jack. Wie läuft es mit dem einen Jungen, Jami?", habe ich gefragt. "Puhh komm mir nicht mit dem! Das war ein echter Reinfall. Dachte der möchte mit mir Kaffee trinken gehen. Stattdessen hat er mich nur eingeladen um mehr über Chloe zu erfahren." Luisa prustete los. "Die Chloe aus deinem Mathekurs?" "Genau die!", Jamina verdreht die Augen und behauptete dann grinsend jetzt Cupid zu sein. "Wie läuft es bei dir, Lu? Noch keinen Interessanten gefunden?"
Luisa zögerte. "Da ist wer, aber weiß nicht ob das mit ihm was werden soll.", sie sah wieder zu den Fotos. "Warum? Jetzt sag' nicht der hat schon 'ne Freundin?", habe ich gelacht.
Verdammt, ich hatte recht! Wieder durchzuckt mich ein scharfer Schmerz.
"Wie bist du überhaupt hingefallen?", fragt Kai mich plötzlich und reißt mich aus meinen Gedanken und Erinnerungen. Enttäuscht und frustriert löse och den Blick von meiner knutschenden besten Freundin und meinem Freund.
"Bin über irgendwas auf dem Boden gestolpert.", entgegne ich abwesend und ich muss mich echt zusammen reißen um nicht gerade hier und jetzt in Tränen auszubrechen. Meine Stimme zittert trotzdem etwas, was Kais bestem Freund wohl nicht zu entgehen scheint, denn der Typ runzelt dabei leicht die Stirn.
"Aber wisst ihr, ich glaube es ist besser, wenn ich einfach nach Hause gehe. Ich nehme dann einfach zuhause 'ne Salbe. Außerdem stinkt mein Kleid jetzt voll nach Bier, ich könnte dann sowieso nicht mehr hier bleiben. Also naja bis dann!", plappere ich mit weinerlicher Stimme drauf los. Mit schnellen Schritten verschwinde ich so schnell wie es mit hohen Schuhen und zitternden Körper möglich ist aus der Küche.
Ich höre noch, wie einer der beiden nach mir ruft, doch ich will jetzt nur noch eins.
Nach Hause, unter meine Kuscheldecke, und allein sein.
**
1173 Wörter
Lied: The Lumineers - Opehlia
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