Kapitel 29 : Fragezeichen

Nach einer gefühlten Ewigkeit lässt der blonde Mann endlich die Finger von mir und zieht sich aus mir heraus. Völlig erschöpft von seiner Tätigkeit legt er sich neben mich auf das alte Bett. Begeistert von seiner Arbeit höre ich, wie er Lächelnd ausatmet. Das kann ich von mir nicht behaupten.

Erniedrigt liege ich mit angeschwollenen Augen auf dem Bett und gebe mein Bestes, um nicht loszuheulen. Mir laufen schon die ganze Zeit Tränen über mein Gesicht und ab und zu kam auch ein Schluchzen von mir, aber richtig einen ausgeheult hab ich noch nicht, da immer ein weiterer Schmerz dazu kam, der mich abgelenkt hat.

"Du kannst dich anziehen, süße.", gibt mir der Herr bescheid.

Langsam setze ich mich auf und gehe vorsichtig auf meine Klamotten zu, die vor dem Bett auf dem Boden liegen. Jeder Schritt schmerzt und mein Unterleib zieht sich dauernd zusammen, aber etwas daran ändern kann ich auch nicht.

Ich hebe meine Klamotten auf, während der Mann mich die ganze Zeit beobachtet. So schnell ich kann ziehe ich mir die grauen Klamotten über, um mich vor seinen Blicken zu schützen.

Bei meinem BH muss ich allerdings etwas langsamer und vorsichtiger vorangehen, da sich dort immer noch der Zettel vom Meister befindet. Ich hatte ganz vergessen, dass ich den noch habe. Als ich das bemerkt habe, habe ich mich mehr oder weniger freiwillig vor dem blonden Mann ausgezogen, damit er den Zettel nicht sieht.

Meine Mission war erfolgreich und endlich spüre ich wieder das Gefühl von Stoff, der meinen Körper umhüllt. Zuletzt ziehe ich noch meine Jacke über, die ich vorne zumache. So sehr schäme ich mich vor ihm. Fragend sehe ich den nackten Mann auf dem Bett an und hoffe, dass er meine Gedanken lesen kann und mich gehen lässt.

"Bis bald, süße. Das war ein Spaß heute!", sagt er schließlich mit einem Grinsen im Gesicht und zwinkert mir zu.

Ohne zu reagieren stürme ich aus dem Zimmer, ehe ich dem ganzen Container verlassen habe und wieder draußen stehe.

"Das war ein Spaß heut"

Spaß? Was für ein Spaß?

Die Sonne steht schon tief und die Scheune ist leer, weshalb es schon spät am Abend sein muss. Mit kleinen Schritten schlittere ich zu meinem Schlafplatz wo sich meine Freunde befinden, während ich meine Gedanken nicht von dem Geschehenen ablenken kann.

Spaß war das ganz und gar nicht. Wie herzlos kann man sein und es als spaß empfinden jemandem weh zu tun?

Mein Unterleib, meine Arme und mein Rücken brennen. Besonders wegen der Peitsche, die er mehr als gerne benutzt.

Ich kaue an meiner Lippe und spiele mit meinen Fingern, um mein Unbehagen abzubauen und um nicht zu weinen, weil meine Augen wieder glasig werden. An meinem rechten Daumen habe ich schon die Haut neben meinem Fingernagel abgekratzt und es fängt an ein bisschen zu bluten.

Das interessiert mich aber nicht. Es ist nur eine Wunde von vielen die heute dazu gekommen sind und meinen Körper zieren.

"Maddy?", ertönt eine männliche bekannte Stimme.

Ich richte meinen Blick nach vorne und erkenne alle meine Freunde, sogar Lucy, am Zaun sitzen, die mich besorgt angucken. Mir war gar nicht klar, das ich bereits am Schlafplatz angekommen bin.

Ohne es kontrollieren zu können fange ich an zu schluchzen und sinke auf die Knie. Das schluchzen wird immer lauter, bis ich komplett anfange zu weinen.

Erschöpft und frustriert lasse ich alle Emotionen raus. Sogar ein Schrei entkommt mir, der von irgendeiner Person abgeprallt wird, da ich plötzlich merke, dass jemand seine Arme um mich geschlungen hat.

Ich weine, weine und weine, als gäbe es kein Ende. Irgendwer flüstert mir etwas ins Ohr, doch ich verstehe es nicht, denn das einzige, das ich höre, ist mein Schluchzen.

Alles, was sich in den letzten Monaten aufgebaut hat kommt aus mir heraus. Ich fühle mich so hilflos.

Als ich mich wieder beruhige und aufsehe ist die Sonne kaum noch zu sehen, stattdessen sehe ich all meine Freunde, die um mich herum stehen oder hocken.

Mit dem Ärmel meiner Jacke wische ich mir mein Gesicht trocken, ehe ich mit zittrigen Knien aufstehe.

"Tut mir l-leid.. Ich... Ich geh.. schlafen...", schluchze ich und gehe zu meiner Decke und meinem Kissen, um mich dort einzuwickeln, ohne meine Freunde weiter zu beachten, die mich zum Glück auch in Ruhe lassen.

Schnell schlafe ich ein, aber ich wache mehrere Male in der Nacht auf. Entweder wegen den Schmerzen oder wegen einem Albtraum, in dem ich jede Situation, die ich hier in Mountry gehabt habe, wiedererlebe. Ich habe meine Bettwäsche von Cole's etwas zur Seite geschoben. Einerseits, weil ich ihn nicht auch noch aufwecken möchte und weil ich so nahen Körperkontakt gerade nicht abkann.

Unruhig wälze ich mich auf dem Boden hin und her, bis die Trompete ertönt und mir meine Hoffnung wegnimmt nochmal in Ruhe schlafen zu können.

Erschöpft von dem gestrigen Tag und der unruhigen Nacht stehe ich langsam auf. Trotz aller meiner Hoffnungen sind die Schmerzen nicht weniger geworden und meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding.

Eine Hand spüre ich auf einmal auf meinem linken Oberarm. Erschrocken zucke ich kurz zusammen. Es ist Lucy. Wieso war sie gestern schneller wieder hier, als ich? Ich bin doch früher aus der Box gekommen. Warum sieht sie nicht so erschöpft aus, wie ich mich fühle?

Meine dunkelbraunhaarige Freundin setzt gerade an zu sprechen, doch dann schließt sie ihre Lippen wieder, als sie an mir vorbeischaut.

Irritiert sehe ich in dieselbe Richtung wie sie und erkenne einen Offiziersmann, der an unserem Schlafplatz steht. Ich bin so müde, dass ich nicht klar gucken kann, aber ich meine, dass das Herr Hernandez ist.

Er guckt über den Platz, bis sein Kopf in meiner Richtung stehen bleibt, weshalb ich schlucken muss. Mit bestimmenden Schritten kommt er auf mich zu und mein Herz beginnt schneller zu rasen.

Kurz vor mir bleibt er stehen und ich sehe ihn skeptisch an. Was will er von mir? Bekomme ich noch eine Strafe? Ich hatte gestern Abend schon die Erfahrung mit einer gemacht und für meinen Geschmack reicht das für eine ganze Weile. Oder hat seine Präsenz etwas mit der Situation von gestern zutun? Komme ich nun schlussendlich in einen anderen Sektor?

"Madeline, komm' bitte mit mir mit.", spricht er bedacht.

"W-Warum?"

"Das kann ich nicht sagen."

Ich schaue zu Lucy, die genauso verwirrt scheint wie ich, bis ich tief ein und aus atme, um am Ende näher an Herr Hernandez zu treten. Seine Mundwinkel bewegen sich nach oben und er beginnt sich zu bewegen, weshalb ich ihm folge. Jedoch drehe ich noch einmal meinen Kopf nach hinten und sehe nur besorgte Gesichter meiner Freunde.

Die anderen Menschen machen sich auf den Weg zu der Scheune, um zu Frühstücken. Doch als sie mich erkennen bleiben sie stehen und schauen mit offenem Mund zu, wie ich von einem Offiziersmann in die kleine Tür neben der Scheune gebracht werde.

Herr Hernandez führt mich in den dunklen alten Pferdestall, wo ich in die erste Box rechts schlendere. Langsam schließt er das Gitter und verschließt es.

Meine Hände umklammern das Gitter und ich sehe dem Offiziersmann in die Augen, die von seiner Sonnenbrille geschützt sind.

"Wieso?", frage ich verzweifelt und kaue auf meiner Wange rum, da ich das Gefühl habe gleich wieder weinen zu müssen.

Er zieht seine Lippen zu einem Schlitz und verlässt langsam den Raum, ohne mir eine Antwort zu geben.

Völlig verwirrt lasse ich mich auf dem Boden nieder, ziehe meine Knie an mich ran und starre an die schmutzige Decke. Mein Magen beginnt plötzlich zu knurren und ich schwinge meine Arme um meinen Bauch. Was würde ich nicht tun um jetzt in der Scheune mit meinen Freunden zu sitzen und zu essen. Auch wenn es nur ein altes, trockenes Brot ist.

Von der Box vor mir und der daneben, sowie auch neben meiner, ertönt ein flüstern. Ich sehe zu der Box an der anderen Seite und erkenne einen Jungen und ein Mädchen in schwarzer Kleidung, die beide am Gitter sitzen, mich ansehen und tuscheln.

Ich lehne meinen Kopf an die Wand und schließe die Augen. Kann doch nicht wahr sein, dass die aller über mich reden müssen, nur weil ich mit dem Meister einmal getanzt habe. Wie mich alles hier einfach nur nervt.

Nach und nach wird die Tür immer wieder geöffnet und es werden Leute hinausgebracht. Ein paar wehren sich, doch andere haben es schon komplett aufgegeben.

Jedes Mal richte ich meinen Blick zur Tür und bin mir nicht sicher, ob ich darauf hoffen soll, dass ich mitgenommen werde oder nicht. Wenn sie mich mitnehmen würden, dann wären einige Fragezeichen in meinem Kopf gelöst und ich könnte wenigstens noch Abendbrot essen. Wenn sie mich aber nicht mitnehmen, dann hab ich noch eine Weile um mich zu schonen.

Stunden vergehen und der Pferdestall wird immer leerer. Komischerweise kommen keine neue Leute rein.

Ein Mann, mit ebenfalls grauer Kleidung, wird hinausgebracht, die Tür geht zu und plötzlich ist es still.

Kein Geraschel, kein wispern, kein Atem. Es ist einfach still.

Verwundert stehe ich langsam auf, gehe ans Gitter und sehe den dunklen Raum entlang. Soweit ich die Boxen erkennen kann befindet sich keine Person mehr darin. Bin ich hier alleine drin? Werden die etwas so schlimmes mit mir hier anstellen, weshalb sie den dunklen Raum leer von Personen haben müssen?

Alle möglichen Szenarien spielen sich in meinem Kopf ab und mein Körper beginnt zu zittern. Langsam bewege ich mich in die hinterste Ecke der Box und setze mich wieder hin. Meine Knie ziehe ich erneut an mich und lege mein Kinn darauf, wobei einzelne Tränen meine Wangen hinunterfließen.

Eine Ewigkeit verbringe ich so und versuche tief ein- und auszuatmen, doch das beruhigt mich nicht wirklich. Ich schließe meine Augenlieder und stelle mir eine Welt vor, die so viel besser ist, als diese hier.

Eine Welt, in der ich und meine Freunde glücklich sind und nicht in Angst leben müssen. In einer Welt, wo wir bei unserer Familie sein können.

Mein Tagträumen wird unterbrochen, als ich das Geräusch des Gitters wahrnehmen. Ruckartig öffne ich meine Augen und drehe meinen Kopf zum Gitter, das offen steht und in dem ein Mann steht.

Langsam bewege ich meine Augen von unten nach oben, bis ich das Gesicht des Mannes sehe, der mich betrachtet.

"Madeline.", spricht er meinen Namen wieder so melodisch aus, während ich mit wackligen Beinen aufstehe, wobei seine braunen Augen mich nicht loslassen.

Ich versuche Gerade zu stehen und ziehe meine Jacke nach unten, ehe ich meine Worte wieder gefunden habe.

"Meister."

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Da-da-damm

Was wird der Meister mit ihr machen?
Warum wurde sie wieder eingesperrt?
Wieso sind keine anderen Leute in dem alten Pferdestall?

Jetzt wird's spannend friends ; )
Bis nächste Woche!

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