Kapitel 14 : Zurückweisung

Mit wackeligen und zittrigen Beinen gehe ich die Treppe hinunter. Ich gehe und gehe und gehe, wobei ich versuche nicht über das Geschehen nachzudenken, sondern mich von diesem Ort fortzubewegen. 

Ich gehe langsame, kleine Schritte, da sich mein Unterleib bei jeden schnellen, großen Schritt zusammenzieht und mir einen schrecklichen Schmerz verschafft. Gleichzeitig konzentriere ich mich auf meinen Atem, um nicht in Panik auszuarten und die Kontrolle über mich selber zu verlieren. Gehen. Ein. Aus. Gehen. Ein. Aus. Gehen. Ein. Aus. Gehen. Ein... 

Irgendwann kann ich es nicht mehr halten und ich spüre erneut Tränen auf meinem Gesicht. Trotzdem versuche ich nicht über das Geschehene nachzudenken. Ich weiß, was passiert ist und der Schmerz ist eine ständige Erinnerung daran. Da brauch ich nicht noch meine Gedanken darauf zu fixieren. 

Ich lasse meinen Tränen freien Lauf, schenke ihnen aber keine Beachtung.
Ohne einen emotionalen Ausdruck auf meinem Gesicht und Tränenüberströmt komme ich an meinen Schlafplatz an, an dem meine Freunde alle friedlich schlafen. 

Die Sonne ist bereits wieder aufgegangen, aber da die Sonne hier sehr früh aufgeht kann ich mich vielleicht noch ein paar Stunden ausruhen, bis der Alltag wieder anfängt. Cole hat mein Kissen und meine Decke neben sich gelegt. Behutsam und leise lege ich mich neben ihn. Dabei muss ich mir einen schmerzerfüllten Schrei verkneifen. Bei jeder Bewegung meiner Hüfte tut es weh.

Ich wische mir noch schnell die Tränen weg, ehe ich mein Kopf auf das Kissen lege und die Decke hochziehe. 

Neben mir nehme ich eine Bewegung wahr und ich drehe meinen Kopf zur Seite. Mit weit aufgerissenen Augen schaut mich Cole an. „Maddy, was...", flüstert Cole leise, wobei er mit seiner Hand über meine Wange streicht. 

Bei seiner Berührung hab ich nicht wie gewohnt die schönen kribbeligen Gefühle, sondern ich spüre ekel. Ekel, weil mich der Meister angefasst hat. Ich schüttele meinen Kopf und nehme seine Hand von meinem Gesicht. „Nicht.", sage ich einfach nur, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich gerade lieber ein wenig allein wäre. Cole nickt, obwohl ich ihm ansehe, wie sehr er eine Antwort von mir hätte. 

Schließlich drehe ich mich mit dem Rücken weg von ihm und versuche zu schlafen.

...

Die Trompete ertönt und erschöpft stehe ich auf. Ich habe kaum ein Auge zu bekommen diese Nacht, obwohl ich so erschöpft bin. Ich hab das alles noch nicht verarbeiten können und die Geschehnisse kreisen die ganze Zeit in meinem Kopf herum. Meine Augen fühlen sich angeschwollen an von den ganzen Tränen, die Permanent meine Wange hinuntergelaufen sind. Mein Blick blieb Stur, doch die Tränen wollten nicht aufhören über mein Gesicht zu rollen heute Nacht. 

Mittlerweile konnte ich mich wieder beruhigen. 

„Maddy?", höre ich mehrere Stimmen gleichzeitig sagen. Ich wische mir meine Haare aus dem Gesicht, um die anderen besser zu erkennen. Ungewissheit, Erleichterung, Angst und Traurigkeit kann ich in deren Gesichter ablesen. Alle kommen sie mit langsamen Schritten und Bewegungen auf mich zu, als wäre ich ein scheues Reh. Aber genauso fühle ich mich. 

Angst steigt selber in mir auf, sowie Nervosität. Ich schaue von einem Gesicht ins nächste und weiß nicht, was ich sagen oder tun soll. Wie soll ich ihnen davon erzählen, wenn ich selber die Nacht noch nicht verarbeiten konnte? 

Ich bin Überfordert. Überfordert mit allem. Cole steht nun neben mir und legt seinen Arm auf meinen Rücken. So bald seine Hand meinen Körper berührt zucke ich zusammen und weiche ihm aus.

Nein. Cole hat das nicht verdient von mir so behandelt zu werden. Ich sehe, wie verletzt er von meiner Reaktion ist und das schmerzt mich noch mehr. Die anderen haben aufgehört sich zu bewegen, stehen aber sehr dicht bei mir. Das ist mir zu viel. Ich fühle mich bedrängt und die Aufforderung, etwas zu sagen, wird mir zu viel. Es ist gerade alles zu viel. 

Ich entreiße mich der Situation und laufe mit schnellen Schritten, trotz der Schmerzen, zur Scheune. Erneut merke ich eine Träne auf meiner Wange, die ich sofort weg wische. Ich sehe schon total zerstört aus, dann muss ich den anderen nicht noch mehr geben. Besonders nicht Leonie. Leonie. Die, die mir das alles angetan hat. Ohne sie hätte ich nicht solche Schmerzen und ich würde meinen Freunden nicht so aus dem Weg gehen.  

Cole ist mir dicht auf den Fersen, doch ich erreiche bereits die Scheune und tauche in die Menge der grauen Menschen ein. Ich kassiere ein paar giftige Blicken von den anderen, da ich mich durch die Menge drängle, aber das ist mir gerade egal. Ziemlich schnell gelange ich nach vorne.

Mein Magen dreht sich drei mal um, als ich das Essen sehe und ich kann ihn deutlich knurren hören. Es ist schon 24 Stunden her, seit dem ich das letzt Mal etwas gegessen habe. Ich nehme mir das übliche, sowohl auch eine Tasse Wasser, und gucke mich um. Wo soll ich sitzen?  

Viele haben sich schon auf ihre Plätze gesetzt und ich möchte auch eigentlich nicht wirlich neben fremden Leuten sitzen, also muss ich mich wohl oder übel an unseren Tisch setzen. Ich setze mich an meinen gewohnten Platz und sofort beiße ich von meinem Brot ab, welches ich versuche so schnell zu essen, wie ich nur kann, damit ich auch schnell wieder von hier weg kann.

Ich habe gerade erst ein viertel meines Brotes gegessen, da es durch die Trockenheit sehr schwer zu kauen ist, und meine Freunde setzen sich schon bereits an den Tisch. Ihre mitleidigen Blicke gehen mir jetzt schon auf die Nerven. 

„Maddy?", höre ich eine leicht schüchterne Stimme neben mir. Ich schaue nach links und sehe in Lisas Augen. Wie lange habe ich mit ihr schon nicht mehr geredet? „Ist alles in Ordnung?", fragt sie und ich gucke sie einfach nur mit trüben Augen an. Merkt man es mir so krass an, dass etwas nicht stimmt? Naja, verständlich ist es schon. 

„Mhm.", gebe ich als antworte und wende meinen Blick wieder von ihr ab. 

„Maddy, du kannst uns alles erzählen.",  mischt sich nun Cole von der anderen Seite ein. Ich kaue weiter an meinem Brot, ohne in zu beachten. „Wir wollen nur, dass es dir besser geht." 

Besser gehen? Wie denn das? Die anderen schauen mich immer noch an. Die erwarten wirklich, dass ich mich äußere, oder? 

Jennifer gegenüber von mir legt ihre Hand auf meine, die auf dem Tisch liegt. Warum bedrängen mich alle so sehr? Ich fühle mich so beklemmt. Jetzt weiß ich auch, wie es Oliver ging, als wir ihn damals ständig gefragt haben. 

„Wir sind immer für dich da!", kommt es nun von Jennifer, die mit ihrem Daumen meinen Handrücken streicht. Lisa legt ihre Hand auf meinen Rücken. Iss schneller Maddy. Dann kannst du schneller weg. Ich gehe weiter nicht darauf ein und esse weiter an meinem Brot. Plötzlich spüre ich, wie Cole seinen Arm um meine Hüften legt. Er legte seine Hände um meine Hüfte und schob mich zum Bett.

Die Szenen der letzen Nacht gelangen erneut in meine Kopf und ich halte es nicht mehr aus. Das ist mir eindeutig zu fiel. Ich stehe auf und schiebe dabei Coles Arm unsanft von mir. „Lasst mich doch einfach in Ruhe. Ich will nicht darüber reden!", schreie ich laut. Viel zu Laut. Die Menschen an den Nachbartischen drehen sich alle zu mir um und ich sehe auch, wie sich Leonies Blick zu mir wendet. Als sie mich sieht bildet sich ein zufriedenstellendes Lächeln auf ihren Lippen. Ich muss hier weg. 

Hektisch schnappe ich mir meinen Teller und meine Tasse, ehe ich mich von dem Tisch wegbewege. Die Blicke der Leute liegen immer noch auf mir und meine Sicht wird erneut verschwommen, da sich die Tränen wieder auf ihren Weg machen. Schnell trinke ich noch einen Schluck aus meiner Tasse, stopfe mir das letzte Bissen meines Brotes in den Mund, und stelle meine Sachen auf den dafür vorgesehenen Tisch. 

Schließlich beschließe ich schon zu unserer Arbeitsstelle zu gehen, da ich eh nichts anderes zu tun habe. Als Erste gelange ich an de Platz.

Ein paar Offiziersmänner sind bereits vor Ort, welche mit skeptisch angucken, jedoch nichts sagen, was mir mehr als Recht ist. Da ich die Erste bin gehe ich in aller Ruhe zu dem Schrank mit den Materialien. Die Boxen da drin sind noch prall gefüllt, weshalb ich mir die besten Sachen heraushole. 

Ich lege diese auf meinen Platz und setze mich hin. Aus der Ferne kann ich schon Menschen erkennen, die sich ebenfalls auf dem Weg hierher machen. Die Gestalten aus der Ferne kommen mir bekannt vor, bis ich bemerke, dass es meine Freunde sind. Schnell wende ich meinen Blick von ihnen ab und versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren. 

Am liebsten würde ich schon mit dem Stoff anfangen, aber ich warte lieber, bis der eine Offiziersmann mit den vielen Abzeichen die Ansage gemacht hat. 

Die Erinnerung an gestern kommen wieder hoch und die Angst steigt in mir erneut auf. Was, wenn ich einen Fehler mache und ich erneut eine Strafe bekomme? Oder was ist, wenn mir wieder jemand meinen Stoff kaputt macht? 

Immer mehr Offiziersmänner kommen dazu und ich erkenne den einen, wegen dem ich gestern mitgenommen wurde. Er sieht mich an, während er mit einem anderen redet. Ich schäme mich und siehe zu Boden, da ich mir nur allzu gut vorstellen kann, worüber sie gerade reden.

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