Kapitel 9 : Meister oder Gordon

Unsanft werde ich von dem nervenden Geräusch der Trompete aufgeweckt. Ich fühle mich, als wäre ich in der Vergangenheit.

Vorsichtig hebe ich meinen Kopf an und stelle erleichtert fest, dass ich mich nicht in der Vergangenheit befinde. Ich befinde mich in Gordons Bett, in Gordons Wohnung nach einem anstrengendem und aufregendem Tag.

Leichte Kopfschmerzen breiten sich in meinem Kopf aus, weshalb ich meinen Kopf wieder auf das große Kissen lege und die graue Decke über mir anstarre.

Wieso höre ich auf einmal die Trompete? Als ich schon mal hier geschlafen habe habe ich diese nicht gehört. Wahrscheinlich war ich damals einfach viel zu erschöpft.

Damals habe ich tief geschlafen. Heute Nacht war das anders. Träume von Mountry verfolgten mich im Schlaf. Von Sir Hambols, der uns auf die schliche gekommen ist und mich in einen niedrigeren Sektor gesteckt hat.

Kein Wunder, dass ich nicht sehr tief geschlafen habe. Trotzdem hätte ich gerne weiter geschlafen und wäre nicht von diesem grässlichen Geräusch aufgeweckt worden.

Ich höre das Geräusch einer Decke und schaue zum Sofa, auf dem Gordon mal wieder geschlafen hat und sich gerade streckt.

Er bestand darauf auf dem Sofa zu schlafen. Mir war es eigentlich auch lieber. Klar läuft es bei uns gerade gut, aber das auch erst seit wenigen Stunden und ich möchte nichts überstürzen.

Langsam drehe ich mich auf meine linke Seite und beobachte das Sofa, wo sich Gordon gerade aufsetzt und sich durch die Haare fährt.

Sein Kopf dreht sich nach hinten und er sieht zum Bett. Als er mich erkennt ändert sich sein Gesichtsausdruck von angespannt zu entspannt.

'Ja, ich bin noch da', würde ich jetzt sagen, doch es kommt nichts aus mir heraus. Wir starren uns nur gegenseitig an.

"Guten Morgen.", spricht Gordon schließlich rau, nach dem wir uns lange angeguckt haben.

"Morgen.", entgegne ich leise.

Gordons rechter Mundwinkel bewegt sich leicht nach oben, ehe er aufsteht und seine Bettwäsche zusammenfaltet. Er nimmt diese auf seinen Arm, macht sich auf den Weg zum Bett und legt diese auf die linke Bettseite, die davor leer war.

Wie fasziniert von ihm beobachte ich ihn, wie er seine Bettwäsche perfekt ausbreitet und die Decke erneut faltet.

"Möchtest du Porridge haben?", fragt er mich nach dem er mit seiner Bettdecke fertig ist. Sofort muss ich lächeln.

"Meinst du, du kannst das?", necke ich ihn. Meine Frage war nicht wirklich ernst gemeint, immerhin ist Porridge ziemlich leicht. Lachend schüttelt Gordon seinen Kopf.

"Können? Ja, aber bestimmt nicht so gut wie du.", erwidert er.

"Dann bin ich gespannt." Gordon wackelt mit seinen Augenbrauen provozierend, woraufhin ich kurz auflache. Kurz darauf schenkt er mir das wunderschönste Lächeln, das ich je von ihm gesehen habe. Voller Freude strahlt er mich an und ich versuche diesen Moment in meinen Gedanken festzuhalten, wie ein Foto.

Einen Moment bleibt er so stehen, bis er zu seinem großen Kleiderschrank geht und sich etwas zum anziehen herausholt. Ich schaue ihm nach bis er ins Badezimmer verschwindet.

Ich drehe mich auf den Rücken und reibe mit meinen Händen mir die Augen, wobei ich bemerke, dass ich immer noch ein Lächeln im Gesicht habe. Warum? Was macht er mit mir? Darf ich hier überhaupt ansatzweise glücklich sein? Die Welt um mich herum ist dafür doch viel zu düster...

Doch die dunklen Gedanken, die sich auf den Weg machen um mir meine Stimmung zu vermiesen, verbanne ich direkt aus meinem Kopf. Es wird noch genügend Gelegenheiten geben sich der Realität zu stellen, doch jetzt möchte ich die Realität ausblenden.

...

Genüsslich nehme ich den letzten Löffel aus der Schüssel und führe ihn zu meinem Mund. Den Geschmack von Haferflocken, Zimt und gebratenen Apfel lasse ich mir auf der Zunge zergehen und kaue so lange darauf herum, bis kaum noch etwas übrig ist und ich es herunterschlucke. Traurig schaue ich in meine leere Schüssel.

"Das hat sehr gut geschmeckt.", erwähne ich und Gordon guckt von seiner Schüssel auf. "Sehr weihnachtlich sogar."

"Ist ja auch nicht mehr so weit entfernt.", reagiert er darauf mit einem halb vollem Mund. In seiner Schüssel ist noch etwas porridge drin, aber das wundert mich auch nicht. Ich habe mein Frühstück förmlich inhaliert, obwohl ich mittlerweile an besseres Essen gewöhnt bin.

"Wird Weihnachten in Mountry gefeiert?", erkundige ich mich und lege meine Arme auf den Tisch vor mir ab, wodurch ich auch meinen Oberkörper leicht nach vorne beuge. Gordon kaut noch zu Ende, bis er mir antwortet.

"Ja, jedoch nicht so groß wie Thanksgiving. Zum Mittag gibt es etwas anderes zu Essen und in der Mitte des Platzes vor dem Hauptgebäude wird ein Tannenbaum aufgestellt, unter dem ein paar Geschenke liegen, die allerdings nur Kinder bis 16 Jahren nehmen dürfen. Die Mutter manchmal auch. Ach ja, mein Vater hält auch noch eine Rede."

Von der Tonlage seiner Stimme nehme ich an, das er nicht sehr begeistert ist von seinem erzähltem.

"Im Hauptgebäude sieht das allerdings anders aus.", fährt er fort, nach dem er einen weitern Löffel aus seiner Schüssel genommen hat, "Im großen Saal, in dem mein Vater auch seinen Geburtstag gefeiert hat, gibt es ein großes Buffet und die wichtigen Offiziersmänner nehmen am Essen teil. Am 25. Dezember gibt es noch ein Buffet, an dem Menschen aus Sektor 1 teilnehmen dürfen. Dort muss ich dann auch sein, mein Vater jedoch nicht."

"Immerhin etwas.", erwidere ich und zucke leicht mit meinen Schultern.

"Wenn es nach meinem Vater ginge würde gar nichts gefeiert werden, doch er muss ja auch Motivation für die Bürger in Mountry setzen. Sonst befürchtet er, dass alle streiken..."

Jetzt zuckt Gordon mit seinen Schultern, führt seinen Löffel mit dem letzten Rest Porridge zu seinem Mund und legt ihn abschließend in die Schüssel und lehnt sich zurück in den Stuhl.

"Nennt ihr uns wirklich Bürger?", frage ich nach mit einem leicht angewidertem Gesichtsausdruck, da ich meine Nase rümpfe.

Die Atmosphäre um uns herum verändert sich leicht und ich habe das Gefühl, dass meine Frage einen Spalt zwischen uns gebracht hat. Leider hat er in dieser Gesellschaft einen höheren Rang und ich bin nur eine Gefangene oder, wie er sagt, eine Bürgerin.

"Was denn sonst?", stellt er eine Gegenfrage.

"Gefangene?" Ich ziehe eine Augenbraue nach oben.

"Das würde mein Vater nie so sagen.", erläutert er seine Aussage.

"Und du?", hake ich nach.

Nun hebt Gordon eine Augenbraue hoch. "Hm?"

"Würdest du uns so nennen? Also Gefangene, anstatt Bürger."

Gordon sieht leicht überfordert aus. Er runzelt seine Stirn und scheint an seiner linken Wange zu kauen. Dazu verschränkt er seine Hände ineinander auf seinem Schoß.

Für einen Moment starrt er auf seine Schüssel, bis er endlich antwortet.

"Meine Meinung zählt gegenüber meinem Vater nicht.", sagt er stumpf und sieht mich emotionslos an.

"Aber ich möchte es gerne wissen. Du redest ständig von deinem Vater und seiner Meinung. Ich weiß, dass du mit dem hier nicht einverstanden bist, aber trotzdem hältst du deine eigene Meinung meistens stark raus." Mitfühlend sehe ich ihm tief in die Augen.

"Ich wurde so erzogen, Madeline.", erklärt er und innerlich rolle ich meine Augen. Immer wenn er meinen Namen erwähnt ist es etwas ernstes.

Als ich darauf nichts erwidere räuspert er sich, setzt sich auf und beginnt erneut zu sprechen.

"Es fällt mir schwer etwas gegen meinen Vater oder gegen Mountry zu sagen, denn es ist schließlich mein Umfeld. Natürlich bin ich mit dem allen nicht einverstanden, aber ich kann mich an ein Leben außerhalb nicht mehr erinnern. Alles was für mich existiert ist Mountry, mein Vater und meine Rolle als Meister."

"Für mich existiert aber kein Meister mehr, sondern Gordon.", erwidere ich ruhig und gelassen.

Vorsichtig legt er seine Hand auf meinen linken Unterarm, der auf dem Tisch liegt, und streicht mit seinem Daumen darüber.

"Dann bist du weiter als ich."

Ein stechen trifft mein Herz. Nein, ich habe den Gordon schon öfter gesehen, als den Meister. Er traut sich nur nicht aus seinem Umfeld herauszutreten, doch das hat er schon so oft für mich getan.

Somit muss ich auch etwas für ihn tun. Ich muss ihm helfen den Meister abzuschütteln und komplett Gordon zu werden. Er muss Gordon sein, damit wir einen Plan ausfeilen können und Mountry auslöschen können.

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Mal ein kürzeres Kapitel. Ich dachte ihr braucht mal eine kleine Pause :D

Ob sich Gordon gegen seinen Vater aufstellen kann?

Also es stehen zwei Ship-Namen zur Auswahl. Madon oder Gordeline?

Gordy wäre natürlich auch eine Option haha

Habe mich noch nicht entschieden... Wahrscheinlich erst am Ende vom Buch, so wie ich mich kenne...

BIs dann friends!

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