Kapitel 19 : Gespräche mit Wut

"Danke.", entgegne ich dem Maestro, als er mir ein Kühlpack überreicht. 

Sofort halte ich es an meine linke Wange und ich genieße die Kälte, die sich über die Hitze ausbreitet. 

Er setzt sich hinter seinen großen Schreibtisch und der Bürostühl quietscht dabei ein wenig. Bei dem normalen Holzstuhl auf dem ich vor dem Tisch sitze fühle ich mich auf einmal so klein. 

Mit seinem Oberkörper lehnt der Maestro sich nach vorne und verschrenkt seine Hände ineinander. Gespannt sehe ich ihn an und warte auf eine Reaktion von ihm. 

"Fühlst du dich ein wenig einsam ohne den Meister?", erkundigt er sich schließlich bedacht. 

Langsam lege ich das Kühlpack auf meinen Schoß, um ihm richtig antworten zu können. "Ähm... Es ist ungewohnt ohne ihn hier." 

Nickend lehnt sich der glatzköpfige Mann nach hinten und verschrenkt die Arme vor der Brust. 

"Bist du deshalb rausgegangen zu deinen Freunden, mitten in der Nacht?" 

Überrascht hebe ich die Augenbrauen an und mein Mund öffnet sich einen Spalt.

"W-Woher wissen Sie das?", frage ich verwirrt, wobei mir allerdings selber die Antwort klar wird. Die Kameras.

"Das spielt keine Rolle. Madeline, ich möchte es dir nicht verbieten deine Freunde zu sehen, aber du bist hier nicht ganz alleine. Solltest du dich einsam fühlen sind hier noch genügend Leute, unter anderem ich."

Schüchtern lächle ich ein wenig, auch wenn mir seine Äußerungen etwas Angst machen. 

"Ich wollte nur nach meinen Freunden sehen. Das ist alles.", versuche ich mich zu erklären und lege das Kühlpack erneut auf meine Wange. 

"Und das hat auch nichts damit zutun, dass du letztens alleine im Keller warst?" 

Geschockt reiße ich die Augen auf. "Ich war in dem Trainingraum und-"

"Du warst nicht nur in dem Trainingsraum, nicht wahr?"

Auffordernd sieht er mich an und ich nicke leicht. 

"Das nächste Mal wenn du hier herumschleichst solltest du besser niemandem deinen Namen sagen. So etwas verrät einen sehr schnell.", sagt der Maestro rau. 

"Es war nicht meine Absicht darein zu gehen, ich-"

"Somit bist du ausversehen in den Raum gestolpert?", unterbricht er mich. 

Seine eine Augenbraue erhebt sich und seine Augen durchlöchern mich. 

"Nein, nein ich... ich habe bloß etwas gehört und wollte nachsehen, was da los ist. Es tut mir leid, Maestro. Ich wollte nicht dort unten herumschnüffeln."

"Nun gut, so wie es aussieht wirst du sowieso noch eine ganze Weile Zeit mit uns verbringen und da würdest du früher oder später noch alles erfahren.", beginnt er rasch zu erzählen und setzt sich wieder auf. 

Fragend sehe ich den mächtigen Mann vor mir an. "Wie meinen Sie das?"

"Naja, mein Sohn macht nicht die Andeutengen dich bald wieder loszuwerden, was ich als ein gutes Zeichen wahrnehme."

Ein kleiner, aber dennoch hartnäckiger Kloß hat sich in meinem Hals gebildet, den ich versuche hinunterzuschlcuken. Hat er bei Katharina anzeichen gemacht? Wartet der Maestro nur darauf, dass ich so wie sie ende? 

"Das freut mich zu hören.", ist das einzige, was ich darauf erwidere.

Zufrieden bewegen sich seine Mudnwinkel nach oben. 

"Ich nehme es nicht als selbstverständlich hier sein zu dürfen, wirklich! Bitte denkne Sie nicht falsch von mir. Es ist alles noch ein wenig neu für mich.", versuche ich ihm zu verstehen zu geben.

Sein Gesicht sieht erwartungsvoll aus, doch ich weiß nicht genau warum. 

Stille breitet sich aus, bis der Mann vor mir sich schließlich räuspert und mir direkt in die Augen sieht. 

"Hoffentlich bleiben das die einzigen Vorfälle von dir und ich nehme mal an, dass du es nicht vor hast dich nochmal mit Offiziersmännern zu prügeln, oder?" Provizierend hebt er eine Augenbraue. 

"Nein, das habe ich defintiv nicht vor.", antworte ich und drücke mein Kühlpack wieder gegen meine Wange. 

"Das ist gut so. Wie ich letztens beim Essen auch schon angedeutet habe bleibt auch so bestehen, Madeline. Mountry wartet auf einen Nachfolger und die Zeit hält nicht an.", erzählt er mir aufdringlich. 

Mit größter Mühe versuche ich ihn zu überzeugen, dass ich von dem ganzen überzeugt bin, was natürlich absoluter quatsch ist. 

"Verständlich.", erwähne ich kurz. 

"Schön, dass wir das geklärt haben. Es ist spät, du solltest ein wenig Schlaf bekommen. Ich gebe dir einen Offiziersmann mit, der dich zurück bringt."

"Danke.", hauche ich, stehe auf und bewege mich zur Tür, die aus seinem großen Büro herausführt. 

"Madeline?", ertönt seine Stimme erneut und erschrocken sehe ich ihn von der Seite an. "Ich hoffe dir ist klar, dass ich es dennoch nicht gedulde, wenn hier etwas hinter meinem Rücken getrieben wird. Das war nur eine Vorwahnnung und ich hoffe mir doch sehr von dir, dass wir uns unter solchen Umständen nicht nochmal begegenen."

Kopfnickend schaue ich ihn etwas ängstlich an. "Natürlich, Maestro."

...

Etwas, was ich in den Tagen bis Gordon wieder da ist vorgenommen habe, ist, dass ich dieses Zimmer unter keinen Umständen wieder verlasse. 

Zu viel ist mir auch nur innerhalb eines Tages passiert. 

Sehnlichst zähle ich die Sekunden bis Gordon wieder auftauchen soll. Unglaublich, dass ich diesen aufregenden Tag ohne ihn überstanden habe. 

Unerwartet klopft es an der Tür und ich lasse erschrocken meinen Löffel los, der auf dem Boden landet. 

Augenrollend hebe ich diesen wieder auf, ehe ich aufstehe und die Tür öffne. 

"Guten Tag, Madeline.", grüßt mich direkt Walter, bevor ich die Tür überhaupt richtig geöffnet habe. 

"Hallo.", grüße ich ihn ebenfalls, aber mit mehr Müdigkeit in meiner Stimme. 

Seine Augen inspizieren mein Gesicht, doch ich spare mir die Erklärung wie es zu dem großen blauen Fleck auf meinem Gesicht gekommen ist. Wahrscheinlich hat er es doch sowieso schon erfahren. 

Mit hochgehobenen Augenbrauen sehe ich ihn fragend an. 

"Es ist ein Telefonat von dem Meister eingegangen.", erzählt er. 

"Was hat er gesagt?", frage ich ganz aufgeregt. "Es wurde doch nicht von gestern, also, von mir erzählt, oder?"

Unsicher beiße ich mir auf meine Unterlippe und verlagere mein Gewicht von einem Bein auf das andere. 

Als Walter seinen Kopf schüttelt atme ich beruhigt aus. 

"Nein, diese Überraschung erwartet ihn, wenn er zurück kommt. Hätte man es ihm erzählt dann hätte er nicht das gesagt, weshalb er schließlich angerufen hat."

Neugierig lege ich meinen Kopf schief. "Was hat er gesagt?"

"Er wird seinen Ausflug um zwei Tage verlängern." 

Unerwartet öffnet sich mein Mund und ich sehe Walter sprachlos an. 

Zwei Tage? Wie soll ich es denn insgesamt fünf Tage ohne Gordon aushalten? Heute ist gerade erst Tag zwei. 

"Okay, er wird seine Gründe haben.", erwidere ich mit einem schwachen Lächeln. 

Langsam schließe ich die Tür und lege mich deprimiert aufs Bett. Die nächsten zwei Tage verbringe ich auch bloß da. Ab und zu klopft Walter an die Tür, um zu sehen, dass ich noch da bin, aber das war es dann auch schon wieder. 

Als es schon zum dritten Mal an dem heutigen Tag klopft bin ich allerdings etwas verwundert. Es ist gerade Mal Mittags und Walter hat erst vor kurzem wieder nach mir gesehen. 

Müde rolle ich mich vom Bett und öffne die Tür in einem Schwung.

"Ja?", äußere ich mich, was allerdings etwas genervt klingt. 

"Möchtest du raus?", fragt er höflich.

Überrascht und verwirrt von der Frage hebe ich meine Augenbrauen an. "Wie raus?"

"Aus diesem Gebäude raus und raus an die frische Luft."

"Meinst du das ernst?", hake ich skeptisch nach. 

Nickend bestätigt er seine Aussage. "Mir fällt doch auf, dass du nur in dem Zimmer hockst. Herr Hernandez kann dich draußen begleiten."

Obwohl ich mir geschworen habe dieses Zimmer nicht mehr zu verlassen, bis Gordon wieder da ist, spüre ich doch Freude in mir aufsteigen.

"Okay, ich muss mich nur kurz umziehen.", erwidere ich. 

"Kein Problem. Ich warte hier."

Energie überflutet meinen Körper auf einmal und schnell laufe ich durch die Wohnung um eine Jeans, sowie einen Pullover, Schuhe und eine Jacke zusammenzusuchen. Nicht nur Leggings und Shirt zu tragen fühlt sich überraschend gut an. 

In windes Eile bin ich wieder an der Tür und schließe sie hinter mir, als ich im Flur bin. 

"Ich bin bereit.", sage ich zu Walter, der daraufhin das Zimmer abschließt. 

"Folge mir."

Gemeinsam gehen wir den mir allzu bekannten Weg entlang, bis zu der kleinen Tür, vor der auch schon Herr Hernandez wartet. Auch im Winter und hier drin trägt er seine Sonnenbrille. 

"Guten Tag, Madeline.", grüßt er mich und verneigt sich leicht, was ich als merkwürdig empfinde, jedoch nicht weiter kommentiere. 

"Guten Tag, Herr Hernandez.", grüße ich zurück und gebe ihm ein kleines Lächeln. 

"Reichen zwei Stunden?", fragt Walter, woraufhin ich nicke. "Gut, dann treffen wir uns in zwei Stunden wieder hier."

Ich bedanke mich noch schnell bei Walter, ehe ich mit dem Offiziersmann nach draußen trete. Ein erfrischender kalter Wind kommt uns direkt entgegen und ich ziehe sofort meine Hände in die Ärmel ein. 

"Das ist aber kalt.", erwähne ich, während Herr Hernandez und ich über den Platz laufen, in Richtung der Container. 

"Das kannst du laut sagen. Tatsächlich ist hier jemand vor ein paar Tagen an der Kälte erfroren. Sie ist defintiv nicht zu unterschätzen.", spricht der Offiziersmann neben mir. 

Für einige Sekunden gehe ich mit der Information durch meinen Kopf, bis ich die Augen aufreiße. 

"Erfroren, also gestorben? Tod?" Herr Hernandez nickt. "Ach du meine Güte..."

"Wir müssen schneller den Plan ausfedeln, Madeline.", nuschelt er in meine Richtung. 

"Ich weiß, aber wir sind gut dran. Zumindest stehen wir nicht am Anfang."

Schweigend gehen wir durch Mountry und sind mittlerweile an den Häusern angekommen.

"Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, Herr Hernandez.", stelle ich fest. 

"Du brauchtest mich nicht mehr, da du jemand mächtigeren nun an der Seite hast und der dich schützt.", gibt er wieder.

"Kann gut sein..."

Fragend sieht er mich von der Seite an. "Gibt es Probleme?"

"Nein, alles gut.", antworte ich monoton darauf. 

Problem kann man es nicht nennen. Mich ärgert es nur, dass mir Gordon nie von diesem Keller erzählt hat. 

"Deine Freunde haben jetzt Mittagspause. Wenn du willst können wir zur Scheune und du kannst dich mit ihnen ein wenig unterhalten."

"Oh ja, sehr gerne."

Wir drehen um und gehen wieder den Weg zurück. Aus der Ferne kann man schon leichtes Genuschel aus der Scheune hören und auch das klirren des Geschirrs. 

"Ich stelle mich an die Tür und warte, bis du fertig bist.", sagt Herr Hernandez kurz vor der Scheune. 

Dankend nicke ich ihm zu und betrete die Scheune. 

Ein mulmiges Gefühl tritt in mir auf, da ich so lange nicht mehr hier war. Ich sehe nicht mehr aus wie alle anderen und ich gehöre auch nicht mehr ganz dazu. 

Mit kleinen Schritten trete ich durch den Raum, bis ich an dem Tisch angekommen bin, an dem meine fünf Freunde sitzen.

Es dauert ein wenig doch dann bewegen sich alle Augenpaare zu mir.

"Madeline?", stößt Jennifer mit vollem Mund erfreut hervor und nickend setze ich mich neben ihr hin. "Oh mein Gott, wie ich dich vermisst habe."

Etwas, was mich sehr glücklich macht, ist, dass mich meine Freunde dieses Mal nicht mit Fragen bombadieren und ich auch etwas über sie lerne. 

Jennifer erzählt mir eifrig über ihren neuen Sektor und das Haus, in dem sie mit Lucy wohnt. Alina und Dennis müssen doch in keinen tieferen Sektor, allerdings müssen sie doppelt so viel arbeit ablegen als die anderen. Auch Oliver hat tolle Nachrichten, da er zu Jennifer in Sektor 5 kommen soll. 

Es ist komsich wie sich unsere Gespräche über die Monate verändert haben und auch die Dinge, die uns glücklich machen. 

Nach einer langen Zeit mit ganz viel reden müssen sie jedoch wieder zurück zu ihrer Arbeit. Ich begleite meine Freunde allerdings noch bis nach dem sie ihr Geschirr abgestellt haben. 

"Es war echt schön wieder zusammen zu quatschen.", äußert sich Lucy und ich drücke sie einmal ganz fest an mich. 

"Na sieh' mal einer an, wer sich da auch noch zu uns traut.", ertönt eine weitere weibliche Stimme, die allerdings nicht zu meinen Freunden zählt. 

Misstrauisch sehe ich an Lucy vorbei und erkenne Leonie, die mit ihrer Gruppe vor uns steht. 

"Hallo Leonie, auch schön dich zu sehen.", erwidere ich ironisch und lasse Lucy los. 

Leonie überkreuzt die Arme und sieht mich auffordernd an. "Dass du überhaupt noch bei dem Meister bleiben darfst ist mir ja ein Rätsel. Immerhin mag er es eigentlich nicht hintergangen zu werden. Du lässt ihn schon schwach wirken, weißt du das?"

Wütend balle ich meine Hände zu Fäusten. 

"Woher willst du das wissen?", knirsche ich zwischen meinen Zehnen hervor. 

"Du hattest was mit diesem Cole und dem Meister. Das er dich nicht schon längst wie Katharina abgeschoben hat... Schade aber auch." 

Böse funkle ich sie an, bis mir eine Frage aufdrängt, die ich unebdingt beantwortet haben muss. 

"Du warst es, oder nicht?", schreie ich. "Du hast dem Meister von Cole erzählt."

Ihre Mundwinkel zucken nach oben, während sie mit ihren Schultern zuckt. 

"Wer weiß. Ich weiß aber, dass er besser mit mir dran wäre, da ich nicht so ein Luder bin, wie du."

Die ganze Wut in meinem Körper sammelt sich zusammen und ich gehe voller Kraft auf Leonie zu, habe meine Hände bereites zum Ausschlag ausgeholt, als mich jemand an der Taille zurück zieht. 

"Lass' mich los! Lass' mich los!", protestiere ich, aber die Person hebt mich hoch und bringt mich zurück ins Hauptgebäude. 

Dort angekommen lässt mich Herr Hernandez wieder runter und hält mich an meinen Schultern fest. 

"Madeline, konzentriere dich auf deine Mission, nicht auf vereinzelte Personen."

"Aber sie ist eine falsche Schlange! Wegen ihr ist da so eine große Lücke zwischen mir und Gordon! Ich... ich will sie am liebsten-"

"Sprech diesen Satz nicht aus!", ermahnt er mich und rüttelt an mir. "Genau diese Wut musst du wo anders anwenden und du weißt genau wo."

Ja, das weiß ich und das werde ich auch tun.

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Das Geheimnis um die mysteriöse Person ist gelüfftet. Habt ihr geahnt, dass sie hinter der ganzen Sache steckt?

Madeline passier aber ziemlich viel während Gordon nicht da ist... ob das so gut ist?


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