Kapitel 18 : Nächtliche Aktion

Tief atme ich durch und lausche der Stille. Ein paar Fußstapfen ertönen und ich rücke weiter in die hinterste Ecke des kleinen Durchgangszimmers, in der kaum Licht hineinfällt. 

Scharf ziehe ich die Luft ein, als ich Schatten auf dem Boden erkenne, die sich auf den Weg zu mir machen. 

Ohne mich zu rühren verharre ich in der Position, während drei Offiziersmänner an mir vorbeilaufen, jedoch ohne mich zu beachten. Zügig verschwinden sie aus der Tür und ich atme beruhigt auf. 

Ein paar Sekunden bleibe ich immer noch so stehen, bis ich mich ein wenig sicherer fühle. 

Schleichend bewege ich mich zurück zu meiner ursprünglichen Position und nehme meinen ganzen Mut zusammen, um noch einmal um die Ecke zu gucken. Ich kann diesen Ort nicht einfach so zurücklasse, ohne ihn genauestens begutachtet zu haben. 

Ich schaue um die Ecke und zufrieden stelle ich fest, dass keine Offiziersmänner sich mehr in dem Gang befinden. Schnell schaue ich nach Überwachungskameras, aber kann keine erkennen.

Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen und gehe den Gang entlang, dessen Wände mit Steinen bebaut wurden und an denen Fackeln angebracht wurden, die den Gang erleuchten. Links neben mir sind mehrere kleine Zellen, die total dreckig und verwest aussehen. 

In der ersten Zelle befindet sich niemand, doch in der zweiten liegt eine Frau bewusstlos auf dem Boden. 

Kurz bleibe ich stehen und beobachte sie, bis ich weiter gehe. Die dritte Zelle ist wieder leer, doch in der vierten setzt mein Herz kurz aus. 

Ein Mann, dessen alter ich nicht erkennen kann, hockt auf dem Boden. Ich sehe nur seine linke Seite, doch diese ist Blutüberströmt. Das ganze Gesicht ist rot, sowie seine Haare und die schwarzen Klamotten sind komplett zerstört.

Erstarrt stehe ich sprachlos mit offenem Mund vor seinem Gitter. 

Die Person bemerkt meine Anwesenheit und zuckt zusammen.

"Bitte tun Sie mir nichts!", fleht er und rutscht in die hinterste Ecke der Zelle.

Kopfschüttelnd hocke ich mich zu ihm hinunter. 

"Das werde ich nicht, versprochen.", sage ich ruhig und lege eine Hand auf das Gitter. "Was ist passiert? Haben das die Offiziersmänner mit dir angestellt?"

Verwirrt schaut mich der Mann mit seinen glasigen Augen an, bis er schließlich vorsichtig nickt. 

"Wieso?", hake ich weiter nach. 

"Ich habe versucht zu fliehen, allerdings wurde ich dabei erwischt.", erzählt er mit brüchiger Stimme. "Das ist meine Strafe."

Zitternd umschließt der verletzte Mann seine Arme um seinen Oberkörper. 

"Ich möchte doch einfach nur hier raus...", flüstere er verzweifelt. 

Gerne würde ich ihm von meinem und Gordons Plänen erzählen, aber das wäre zu riskant. Es darf vorerst niemand wissen, ehe wir alles geplant haben. 

Mein Blick schweift durch den Gang und ich erkenne eine Abzweigung am Ende, welche nach links führt.

"Wohin führt dieser Gang?", frage ich interessiert.

"Zum Folterkeller.", antwortet der Mann brüchig und ich reiße meine Augen auf. 

Ich starre den Gang entlang, bis die Stimme des Mannes ertönt. "Wer sind Sie? Sie scheinen nicht von Sektor 1 zu sein."

Kopfschüttelnd sehe ich ihn an. "Ich bin aus Sektor 6 und du?"

"Sektor 6? Was machen Sie denn hier im Hauptgebäude?... Ich... ich bin aus Sektor 11."

"Es ist eine komplizierte Geschichte...", sage ich bloß, bis Sektor 11 eine Klingel bei mir auslöst.

Was macht Sektor 11 so bedeutend? Als es mir einfällt reiße ich die Augen auf. "Kennst du einen Cole? Der ist seit kurzem in deinem Sektor."

Für einen Moment der Stille starrt der verletze Mann mich an. "Ja, den kenne ich."

"Wie geht es ihm?", möchte ich wissen und umgreife das Gitter fester. 

Das Cole wegen mir in Sektor 11 ist gibt mir ein flaues Gefühl im Magen, obwohl er mir doch so viel Leid angetan hat. 

"Er muss sich an das Leben in 11 noch etwas gewöhnen, aber er ist eigentlich ziemlich still, außer am Anfang, als er bloß herumgeschrien hat.", beichtet er. "Was ist denn mit ihm?"

"...Das ist auch eine lange Geschichte.",sage ich bloß und zucke mit meinen Schultern, während ich auf den Boden starre. 

"Dafür, dass du in Mountry bist, ist dein Leben aber ziemlich aufregend. Oh, Verzeihung, ich sollte besser Sie sagen."

"Nein, nein, ich bin keiner von denen. Du ist vollkommen in Ordnung."

"Aber du bist auch keiner von uns, oder?", hakt der Mann weiter nach und setzt sich gerade hin.

Mein Kopf erhebt sich und ich schaue ihn an. "Eigentlich doch... i-ich weiß es nicht. Wie heißt du?"

"Michel und du?"

"Madeline.", antworte ich und er weitet seine Augen. "Was ist?", frage ich leicht verwirrt.

"Bist du die, die mit dem Meister an Thanksgiving getanzt hat?", möchte er wissen und rückt etwas näher an mich heran.

Mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet, da ich ehrlich gesagt diesen Vorfall schon fast vergessen habe. Einige Sekunden dauert es, bis ich wieder einen klaren Gedanken gefasst habe. "Ja, die bin ich."

"Kennst du die Legende von Katharina?", fragt er daraufhin überstürzt und verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. 

Noch etwas, was ich völlig verdrängt habe. 

"Ja.", reagiere ich darauf kurz und knapp. 

Michel möchte darauf reagieren, doch dann ertönen plötzlich Stimmen vom Flur. 

"Ich sollte gehen.", beschließe ich und stehe auf. 

"Kannst du mich rauslassen?", fleht er und sieht mich bittend an.

"Ich wünschte ich könnte.", murmle ich und gehe langsam wieder zurück zum Durchgangszimmer.

"Nein, bitte, hilf' mir! Lass mich raus! Madeline, komm' zurück! Madeline!", ruft er plötzlich und ich gehe schneller.

Kurz lausche ich, ob sich jemand im Flur befindet und als ich niemanden höre öffne ich die Tür und möchte zurück in den Sportraum, doch da stoße ich gegen eine Person. 

Ängstlich schaue ich hoch und blicke in das wütende Gesicht von Walter, der mir mehr Angst einjagt als Gelassenheit. 

Wir starren uns an, bis er schließlich zähneknirschend sagt, "Wir gehen jetzt hoch."

Nickend folge ich ihm, allerdings lässt er mich keine Sekunde mehr aus den Augen, weshalb ich schließlich neben ihm laufe und er meinen Arm fest im Griff hat. 

Zügig geht er voran und irgendwie erinnere er mich in diesem Moment stark an Gordon. Verdammt, Gordon! Wenn er herausfindet, dass ich ohne ihn hier herumgeschnüffelt habe... Aber, warum hat er mir nie von diesem Keller erzählt? Er hat mir doch sonst so viel erzählt. 

In Rekordzeit kommen wir wieder vor Gordons Tür an und Walter öffnet ruckartig die Tür, nach dem er sie aufgeschlossen hat.

Mit großen Schritten trete ich hinein und Walter folgt mir. Als er die Wohnung betritt schließt er auch schon die Tür. 

"Walter, es tut mir leid! Ich hab nur das Geschrei gehört und ich musste nachsehen!", versuche ich mich zu erklären. 

Auffordernd sieht mich Gordons Türsteher an, bis er tief durchatmet und spricht, "Ich werde Gordon nichts sagen, aber du weißt doch eigentlich ganz genau, dass es hier nicht sicher ist."

Entschuldigend sehe ich ihn an und fahre mit meiner Hand durch meine Haare. 

"Ich weiß, ich weiß... aber ich musste einfach nachsehen!" 

Stumm nickt er und geht aus dem Raum. 

Adrenalin strömt noch durch meinen Körper und um mich zu beruhigen gehe ich erstmal duschen, allerdings entgehen mir nicht die Bilder dieses Kellers und die von dem verletzten Michel. 

Ganze 8 solcher Gefängnisse gibt es da unten, soweit ich es erkennen konnte. Sollte ich diesen alten Pferdestall jetzt zu schätzen lernen? Warum muss es von dem schlimmeren immer noch eine Spur schlimmer geben?

...

Hin und her rolle ich mich auf dem großen leeren Bett, doch ich finde einfach nicht zur Ruhe. Zu viel geht in meinem Kopf vor. 

Was mir absolut nicht aus dem Kopf geht, ist der Fakt, dass meine Freunde nicht von diesem Folterkeller wissen. Ein Schauder läuft mir über den Rücken, als ich an Alina und Dennis denken muss. Ein Glück sind die beiden nur einen bis zwei Sektoren hinunter gerutscht. 

Dennoch ist bei dem Maestro Vorsicht geboten. 

Die Angst um meine Freunde bringt mich zu dem Entschluss, dass ich ihnen davon erzählen muss, und zwar genau jetzt! Ich kann nicht warten. 

Ich stehe auf und ziehe mir eine Jacke an, sowie auch Schuhe. Aus dem großen Fenster sehe ich den Mond, welcher die dunkle Nacht gut erhellt. 

An der Tür gucke ich zuerst durchs Schlüsselloch um festzustellen, dass ich niemanden erkennen kann. Walter hat zwar keine Schicht um diese Zeit, dennoch sollte eigentlich jemand vor der Tür stehen. 

Langsam öffne ich die Tür und strecke meinen Kopf vorsichtig durch den kleinen offenen Spalt, bis ich einen schlafenden Mann links neben der Tür entdecke. 

Auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus dem Raum und schließe leise die Tür, ehe ich auch schon zur großen Tür sprinte, die zu dem kleinen Flur führt. Überrascht stelle ich fest, dass niemand in dem Flur steht. Weder in dem großen, noch in dem kleinen. 

Schleichend gehe ich die alte Treppe hinunter, in der Hoffnung, dass diese nicht knartscht. 

Da ich niemanden erkennen kann gehe ich einfach zu der kleinen Tür, die nach draußen führt. Aus dem Krankenzimmer höre ich Stimmen, aber ich bin schon raus an der frischen Luft. 

Zuerst begutachte ich die Fläche. Ein paar Wachmänner kann ich in der Ferne erkennen, weshalb ich mich an die Wand des Gebäudes presse, jedoch entfernen die sich aus meiner Richtung.

So leiseund dennoch so schnell wie ich kann husche ich zu meinem alten Schlafplatz, wo ich tatsächlich ein paar Menschen entdecke, eingehüllt in Decken auf dem Boden liegend.

Vorsichtig schleiche ich mich heran und versuche im Mondschein die Gesichter zu erkennen. 

Ich tippe eine Person mit blonden Haaren an und verwirrt dreht diese sich um. Einige Sekunden mustert sie mich, bis sie ihre Augen aufreißt. 

"Maddy?", sagt Alina, jedoch so laut, dass sie die beiden anderen Personen aufweckt. "Was machst du hier? Es ist doch spät in der Nacht, oder?"

"Wo sind die anderen?", frage ich stattdessen, da nur drei Leute hier liegen und der Platz total leer aussieht. 

Alina setzt sich auf und ich knie mich zu ihnen runter. 

"Jennifer und Lucy haben gestern ein Haus bekommen.", erläutert sie.

"Gut, okay, ich habe bestimmt nicht viel Zeit, also mache ich es schnell.", beginne ich zu sprechen und auch Dennis und Oliver setzen sich auf. "Könnt ihr das, was ich euch sage, auch den beiden anderen erzählen?"

Alle nicken im gleichen Takt. 

"Bitte macht nichts unüberlegtes! In Mountry gibt es noch etwas viel schlimmeres als die Strafen. Es gibt hier einen Folterkeller und... und...," geschockt schauen sie sich alle an, "und ich möchte nicht, dass auch nur einer von euch da unten hingebracht wird."

Besonders Alina schaue ich an und spüre eine Art von Erleichterung, weil sie noch nicht da hin gebracht wurde und ich hoffe, dass sie es auch nie wird. 

"Einen Folterkeller?", hakt Dennis nach, woraufhin ich nicke. "Die haben hier doch komplett einen Knall."

"Ich wollte es euch nur sagen, damit ihr Bescheid wisst.", flüstere ich und Alina zieht mich in eine schnelle Umarmung. 

"Danke.", spricht sie leise in mein Ohr und lässt mich schnell wieder los. 

"Maddy, wir vermissen dich hier.", äußert sich Oliver. 

Trüb schaue ich meinen Freunden in die Augen. "Ich vermisse euch auch."

Schweigen tritt auf, welches jedoch nicht bedrückend ist. 

Mit voller Kraft muss ich mich daran erinnern, dass ich unerlaubt draußen bin und ich schleunigst wieder rein muss, weshalb ich aufstehe und den Dreck von meiner Kleidung abklopfe. 

"Ich muss gehen. Passt auf euch auf."

"Du auch auf dich.", äußert sich Alina bedacht.

Mit gesenktem Kopf schlendere ich zurück. Jedes mal nach dem ich meine Freunde sehe fühle ich mich so schlecht. 

Mitten auf dem Platz fällt es mir ein auch mal nach Wachmännern Ausschau zu halten, weswegen ich ruckartig stehen bleibe. Ob dies die beste Art gewesen ist weiß ich nicht, allerdings gucke ich um mich herum und kann niemanden erkennen.

Ich gehe weiter und bin schnell bei der kleinen Tür angelangt, die ich versuche so leise wie möglich zu öffnen und zu schließen. 

Drinnen angekommen lehne ich meinen Kopf gegen die Tür und atme tief durch, bis ich ein Geräusch wahrnehme. Ruckartig schaue ich zu der Tür die zum alten Pferdestall geht. 

Sie wird geöffnet und drei Offiziersmänner kommen heraus. 

Wie angewurzelt bleibe ich hier stehen und beobachte die Männer, während mein Puls beginnt zu rasen.

Ausgelassen plaudern die Männer, ehe einer mich entdeckt und die Aufmerksamkeit der anderen Männer ebenfalls auf mich zieht. 

Für ein paar Sekunden starren wir uns nur an. 

"Hey, was machst du hier?", fragt einer der Männer harsch und geht ein paar Schritte auf mich zu. 

Sprachlos suche ich nach einer guten Lösung. 

"Ich habe gefragt, was du hier machst!" Zähneknirschend kommt er weiter zu mir.

"I-Ich war nur kurz draußen.", erwidere ich schüchtern. 

Verwirrt gucken mich die Männer. 

"Wieso denn so spät?", möchte nun ein anderer wissen, der einen großen Schirtt auf mich zu geht. 

Da mir der Platz zwischen mir und den Männern zu eng wird rutsche ich ein Stück nach rechts, doch sie schließen schnell wieder die neue Lücke. 

"Sollen wir dich in die Zelle sperren?" Verschmitzt lächelt er mich an und kommt mit seinem Gesicht ganz nah an meinem. 

Die Situation wird mir zu brenzlig und ich schlage ihm mit meiner Faust direkt ins Gesicht. 

Einige Schritte stolpert er zurück. Überrascht schaut er mich an, bis er seine Hand an seine Nase bringt, die begonnen hat zu bluten. 

"Du Nutte! Du bist sowas von dran!", flucht dieser und kommt wieder auf mich zu. 

Schnell stelle ich mich in die Position die Gordon mir fürs boxen beigebracht hat. Ehe ich mich versehe bin ich auch schon in einem Kampf mit drei Männern. 

Warlos schlage ich um mich herum, wobei ich versuche gezielt zu schlagen, was sich als schwer erweist. 

Ein Schlag in meine Rippen führt dazu, dass ich luftholen muss und somit meine Verteidigung vernachlässige, wodurch ich einen kräftigen Schlag ins Gesicht abbekomme, sowie auch ein Tritt gegen mein Schienbein, weshalb ich schließlich auf dem Boden lande. 

Der Mann mit der blutenden Nase stellt sich über mich. Ängstlich blicke ich ihm entgegen und überlege, was besser wäre. Mich zu schützen wie damals, als Cole auf mich eingeschlagen hat, oder mich weiter zu wehren. 

Gerade holt er mit seiner Faust aus, als jemand die Treppe hinunterrennt und es laut knackt. 

"Aufhören! Sofort aufhören!", schreit eine kräftige laute Stimme, die die Männer zusammenzucken lässt. 

Sofort nimmt der Mann vor mir seinen Arm runter und geht zur Seite, wobei mir der Blick zu der schreienden Person freigemacht wird. 

"Madeline, geht es dir gut?", erkundigt sich der glatzköpfige Mann und kommt auf mich zu. 

Zaghaft nicke ich und richte mich auf. 

"Komm' mit mir mit.", bittet der Maestro mir an und legt seinen Arm um mich, um mich zur Treppe zu führen. 

Mit wackligen Beinen gehe ich neben ihm her, aber mein Puls beruhigt sich nicht. 

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Maddy alleine mit dem Maerstro? Ob das gut geht?

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