Kapitel 13 : Schuldgefühle

Kopfschüttelnd kommt Gordon nach einer Ewigkeit wieder in den Raum. Herr Heck ist mittlerweile schon gegangen, mit der Aussage, dass er nach Hause müsse. Ich frage mich, was das heißt, aber ich interessiere mich gerade viel mehr dafür, was mit meinen Freunden geschieht.

Voller Elan springe ich vom Bett und gehe auf Gordon zu, der vor der nun geschlossenen Tür steht.

"Und?", frage ich ganz aufgeregt und spiele an meinen Fingern.

"Ich habe mein bestes versucht!", versichert er mir und sieht mir tief in die Augen, woraufhin ich nicke. "Sie wird in Sektor 4 versetzt und er in Sektor 5. Allerdings müssen die beiden zwei Tagen in den Zellen bleiben, bis mein Vater sich noch eine besondere Strafe ausgedacht hat für die beiden."

Mit offenem Mund starre ich ihn an. Wenn Gordon schon sein Bestes versucht hat, was wäre denn, wenn er es gar nicht versucht hätte?

"Aber... es... es war doch jetzt nicht so schlimm.", protestiere ich.

Schulterzuckend guckt Gordon durch den Raum. "Das habe ich auch versucht meinem Vater zu erzählen, aber er hört da nicht so wirklich hin."

Deprimiert lege ich meinen Kopf auf Gordons Brust ab. "Alina ist meine beste Freundin. Ich kann sie doch unmöglich zum vierten Sektor schicken lassen.", sage ich und blicke schließlich zu ihm hoch und flüstere, "Wir müssen uns beeilen."

Nickend streicht Gordon mir eine Strähne hinter mein Ohr. "Ich weiß.", haucht er und hinterlässt einen zarten Kuss auf meiner Stirn.

"Kann ich zu ihnen gehen?", frage ich vorsichtig. Gordons Lippen formen ein Lächeln, was ich nicht hervorgesehen habe.

"Wieso habe ich gewusst, dass du das fragen wirst?"

"Anscheinend kennst du mich schon sehr gut.", erwidere ich, ebenfalls lächelnd.

"Ich habe da schon einen Plan, aber den besprechen wir oben, in Ordnung?"

Überzeugt nicke ich und folge Gordon hoch zu seiner kleinen Wohnung. Als wir an der Tür zu den Zellen vorbeigehen wird mein Herz ganz schwer, aber ich muss Gordon vertrauen, dass ich zu meiner besten Freundin kann.

In Gordons Raum angekommen erwartet mich erstmal ein Chaos. Auf dem Bett verteilt liegen Ordner, sowie auf der Kücheninsel und dem Esstisch. Vereinzelnd liegen auch zusammengeknüllte Zettel auf dem Boden.

"Was hast du denn gemacht?", möchte ich wissen während ich vorsichtig weiter in den Raum hineintrete.

"Du meintest doch ich sollte weitermachen. Das hatte ich auch geplant, aber mein Vater und diese Sache von vorhin kamen dazwischen. Deshalb ist das meiste auch eher etwas was mein Vater von mir verlangt, als das ich unseren Plan weiter ausgearbeitet habe.", erzählt er, jedoch mit einem leichten traurigen Unterton.

"Er verlangt wohl sehr viel von dir.", äußere ich mich skeptisch und ich höre Gordon hinter mir schnauben.

"Leider ja..."

Ruckartig drehe ich mich zu ihm um und er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Wann kann ich zu meinen Freunden?"

...

"Ich kann meine Freunde nicht ausspionieren."

"Das sollst du auch nicht. Du sollst nur so tun." Gordon schaut mir tief in die Augen und ich kann Besorgnis darin erkennen.

Schwach nicke ich und setze einen Schritt vor den anderen, bis ich die Tür aufmache und Walter mich fragend ansieht.

"Guten Abend.", grüßt er mich, während ich die Tür schließe.

"Gordon meint du sollst mich auf meinem Weg zu dem alten Pferdestall begleiten.", informiere ich ihn.

"Das werde ich gerne tun." Ein schüchternes Lächeln bildet sich auf meinen Lippen und gemeinsam bewegen wir uns näher zu meinen Freunden.

Natürlich kenne ich den Weg bis dorthin, aber Gordon hat ein besseres Gefühl mich irgendwo hinzuschicken, wenn jemand bei mir ist.

"Soll ich hier warten?", fragt mich der alte Mann, als wir vor der großen Tür angekommen sind, die zu meinen Freunden führt.

"Es kann eine Weile dauern."

"Das ist kein Problem." Nickend öffne ich die Tür einen Spalt und trete hinein. Wie angewurzelt bleibe ich stehen und schaue durch den dunklen alten Pferdestall.

All die Male die ich schon hier drin war kommen augenblicklich in meine Gedanken geschossen und ich reflektiere wie weit ich hier schon gekommen bin und wie glücklich ich mich schätzen kann, dass ich Gordon an meiner Seite habe.

Bevor ich zu tief in meine Gedanken versinke schaue ich durch die Gitter in die Boxen hinein. Ich entdecke in den ersten beiden keine Personen, doch in der nächsten liegt eine schlafende Person mit grüner Kleidung. Vorsichtig schleiche ich mich weiter in den alten Pferdestall hinein, bis ich in der hintersten linken Box meine beste Freundin entdecke.

Zusammengekauert sitzt sie auf dem Boden, ihr Gesicht in den Händen vergraben und ihre Haare liegen zerzaust hin und her.

"Alina?", flüstere ich ihren Namen und knie mich vor das Gitter hin. Alina reagiert nicht, weshalb ich ihren Namen erneut sage. Erschrocken zuckt sie kurz zusammen, ehe sie langsam ihren Kopf hochhebt und mich mit angeschwollenen Augen ansieht.

"Maddy?", spricht sie meinen Namen mit zittriger Stimme aus. Meine Finger umfassen das Gitter, welches uns trennt. Langsam bewegt sie sich kriechend zu mir nach vorne und umfasst ihre Finger um meine.

"Du siehst so gut aus.", staunt sie und ich bemerke wie ihre Augen mich absuchen. Ich würde ihr es gerne Zurücksagen, doch das wäre eine Lüge. "Wie geht es dir? Wir sehen dich gar nicht mehr."

Etwas niedergeschlagen schaue ich auf den Boden. "Ich weiß, es tut mir furchtbar leid. Ich gebe mein Bestes um das zu ändern, aber es ist alles nicht so einfach.", gestehe ich. "Ist bei euch alles in Ordnung?"

Alina beißt sich auf die Unterlippe und ich befürchte schon das schlimmste. "Momentan herrscht sehr viel Unruhe. Nicht nur bei uns, sondern generell in Mountry, aber Cole war letztens da und... und hat uns ein wenig aufgewühlt."

Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter, der sich gebildet hat. "C-Cole war da?"

"Ja, er hat sich aus seinem Sektor geschlichen und uns um Hilfe gebeten... Er sah so schlimm aus, das kannst du dir gar nicht vorstellen!", erzählt sie kopfschüttelnd. Das Gefühl von Schuld schleicht sich in mich hinein und verbreitet sich immer mehr in meinem Körper.

"Wo ist Dennis?", frage ich und ein "hier" ertönt von der Box hinter mir. Ich drehe meinen Kopf nach hinten und entdecke Dennis, der direkt vor seinem Gitter sitzt und uns beide ansieht.

"Maddy, kannst du uns hier raus holen?", fragt er flehend, doch ich schüttele meinen Kopf.

"Ich wünschte ich könnte es, aber ich kann es nicht.", gebe ich ehrlich zu und ein Stück Hoffnung verfliegt von Dennis' Gesicht.

"Was wird mit uns passieren?", möchte Alina nun wissen und ich starre still auf den Boden.

Mir ist klar, was mit ihnen passieren wird, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es ihnen erzählen soll, weshalb ich schlussendlich sage; "Das weiß ich nicht, aber könnt ihr mir erklären, was das für eine Aktion von euch war?"

Fragend bewege ich meinen Kopf hin und her von links nach rechts und warte auf eine Antwort von den beiden. Schließlich zuckt Alina mit den Schultern. "Ich weiß nicht, wie es dazu kam. Es ist einfach passiert.", erzählt Alina, während sie und Dennis sich gegenseitig anstarren.

"Ich frage mich nur, wie sie es mitbekommen haben.", erwähnt Dennis.

"Die haben überall Kameras installiert.", sage ich, ohne nachzudenken, ob ich so etwas überhaupt preisgeben darf.

"Das überrascht mich nicht wirklich.", erwidert Alina und verschränkt die Arme vor der Brust.

"Habt ihr das schon mal... also... gemacht?", hake ich weiter nach.

"Nein.", sagt Alina jedoch ohne viel Gefühl in der Stimme.

Wie hypnotisiert nicke ich. "Es ist nur so schwer zu verstehen. Ihr beide habt euch doch meistens immer nur gestritten."

Was sich neckt, das liebt sich, kommt mir sofort in den Kopf geschossen, allerdings bezweifle ich, dass sich die beiden wirklich lieben.

"Es ging hier mehr um den Zweck der Dinge.", meint Dennis schlicht.

"Jetzt will ich aber auch alles zwischen dir und dem Meister wissen.", flüstert Alina und ich sehe sie geschockt an.

"Was?"

"Na komm schon. Als wenn da nichts läuft. Ich kann es zwar schlecht nachvollziehen, aber was weiß ich schon." Ein leichter Lichteinfall durch eines der kleinen Fenster lässt mich ein verschmitztes Lächeln auf ihren Lippen erkennen.

"Da gibt es nicht viel zu erzählen.", erwidere ich bloß und streiche den Sand von meiner Hose. "Aber kann ich dir eine Frage stellen?"

Alina zieht ein wenig die Augen zusammen, doch stimmt schließlich zu. "Weißt du zufällig, ob er noch die Strafen macht?"

Überrascht und skeptisch zieht sie eine Augenbraue nach oben. "Der Meister?" Ich nicke.

"Zumindest bei niemanden bei uns. Habe schon lange nichts mehr von ihm gehört in der Hinsicht." Erleichtert atme ich aus und ich merke, wie ein Stein von meinem Herzen abfällt. "Kannst du ihn nicht einfach selber fragen?"

Ich reiße die Augenbrauen in die Höhe. "Nein, das ist ein Thema welches ich gerne vermeide."

"Du kannst das offensichtliche aber nicht ausblenden.", erinnert sie mich und ich nicke leicht.

Noch einmal schaue ich meiner besten Freundin ins Gesicht und reiche meine Hand durch die Gitter, die sie schätzend annimmt. "Ich kann nicht so lange bleiben, weshalb ich schon los muss."

Sie drückt meine Hand fester, ehe sie sie loslässt. "Sehen wir dich bald wieder?", fragt Dennis hinter mir.

"Ich versuche es.", erwidere ich ehrlich und stehe auf.

"Ach, Maddy, eins muss ich dir, glaube ich, erzählen.", spricht Alina erneut und ich sehe auf sie hinab. "Jennifer wurde in Sektor 7 verlegt und sie bekommt wahrscheinlich mit Lucy ein Haus."

Überrascht öffne ich meinen Mund. "Davon wusste ich gar nichts."

"Wir haben auch darauf gehofft, aber das könne wir nun vergessen...", gesteht sie daraufhin und ein bedrückendes Gefühl steigt in mir auf, da ich weiß, dass das ganz bestimmt nicht in nächster Zeit passieren wird.

...

"Ich bin eine schlechte Freundin.", sage ich, als ich wieder Gordons Wohnung betrete und schmeiße mich bedrückt auf das Sofa. Ich hätte lieber das Bett genommen, doch auf Ordnern ist es bestimmt nicht so gemütlich, da diese immer noch verstreut auf dem Bett liegen.

Mein Gesicht ist in eines der Kissen vergraben und am liebsten würde ich es nie wieder wegnehmen, doch ich bekomme schlecht Luft, weshalb ich mein Gesicht zur Seite drehe.

Gordon setzt sich neben mich auf das Sofa und streicht mit einer Hand behutsam meinen Rücken. "Was ist los?"

"Ich habe keine Ahnung was in deren Leben vorgeht. Während die alle von morgens bis abends hart arbeiten kann ich ausschlafen, esse bis ich satt bin und sitze fast den ganzen Tag nur rum."

Seine Hand auf meinem Rücken bleibt stehen und er starrt mich an, ehe er beginnt zu sprechen. "Willkommen in meinen Gedanken."

Fragend hebe ich eine Augenbraue.

"Das geht mir ebenfalls ständig durch den Kopf, auch wenn ich keine Kontakte zu denen habe.", gesteht er und beginnt seine Hand wieder zu bewegen, aber da setze ich mich schon auf.

"Verstehe mich bitte nicht falsch! Ich schätze es sehr mit dir hier sein zu dürfen. Trotzdem habe ich das Gefühl meine Freunde zu hintergehen..."

Ich starre auf meinen Schoß auf dem meine Hände gefaltet ineinander liegen. Gordon legt eine Hand auf meine und ich schaue zur Seite. "Wir sorgen dafür, dass wir bald alle hier rauskommen. Das könntest du nicht da draußen."

Mit schwerem Kopf nicke ich und lege diesen auf seine Schulter ab. Ein Gähnen schleicht sich von meinen Lippen.

"Müde?", erkundigt er sich und ich möchte gerade etwas erwidern, doch da gähne ich erneut. Gordon lacht kurz auf. "Ich nehme das mal als ein 'ja' an. Du kannst ruhig schon ins Bett gehen."

Mit müden Augenlidern stehe ich auf, schnappe mir die Klamotten die ich in der Nacht trage und ziehe mich schnell im Badezimmer um. Im nu bin ich fertig und liege auch schon im Bett. In der Ferne kann ich Gordon erkennen, der am Laptop sitzt und sich wahrscheinlich immer noch die Profile der Offiziersmänner anschaut.

Während ich mich umgezogen habe hat er die ganzen Ordner vom Bett weggenommen, sowie seine Bettwäsche, die auf dem Sofa liegt. Warum schlafe ich im Bett und er auf dem Sofa? Ein beklagendes Gefühl kommt erneut in mir auf.

Einige Sekunden überlege ich über meine Aktion nach, bis ich aufstehe und Gordons Bettwäsche direkt neben meine aufs Bett lege. Er scheint es jedoch nicht zu bemerken, da er immer noch auf den Bildschirm starrt.

Langsam tapse ich an ihn heran und schlinge meine Arme von hinten um seinen Oberkörper. Für einen kurzen Moment versteift er, bis er seine Hände auf meine legt.

"Doch nicht müde?", fragt er ruhig.

"Doch, aber das Bett ist so kalt und einsam nur mit mir drin."

Gordon dreht sich auf dem Barhocker zu mir um, sodass ich seinen Oberkörper loslasse, doch unsere Hände sind nun ineinander gefaltet. Intensiv schauen wir uns in die Augen.

"Bist du sir sicher?", hauch er leise, woraufhin ich nicke und seine Mundwinkel sich nach oben bewegen. "Ich komme gleich zu dir.", versichert er mir und gibt mir einen Kuss auf meine linke Hand.

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Madon/Gordeline/Gordy (hab mich immer noch nicht entschieden aaaaah) gehen einen großen Schritt weiter 😌 Ob das gut gehen wird?

Sorry für die kleine Verspätung aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben 😉 (please sagt mir das sagt man so....)

See you next week friendzzzz

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