Kapitel 7

Mottenflügel gähnte ausgiebig. Seit dem Angriff von Schilfbart hatte sie nicht mehr richtig geschlafen. Nur geträumt. Verdrossen rollte sie sich in ihrem Nest zusammen und dachte über den vergangen Tag nach, seitdem sie wieder im Lager war. In dem Gespräch mit Leopardenstern ging es zum Glück nicht darum, wo sie gewesen war, eher ob sie für morgen bereit war.

"Natürlich bin ich bereit.", hatte Mottenflügel miaute. Leopardenstern hatte zweifelnd den Kopf auf die Seite gelegt, es aber schließlich genehmigt. Sie wusste demnach auch, dass es nicht klug wäre, Mottenflügels Loyalität und Mut noch länger in Frage zu stellen. Die goldene Kätzin schloss ihre Augen. Vor ihrem Inneren Bild blitzte Schilfbart auf, der mit gezückten Krallen vor ihr stand. Erschrocken riss sie ihre Augen wieder auf.

Neben ihr schlief Maulbeerglanz ruhig und entspannt. Sie scheint nichts zu bemerken., dachte Mottenflügel erleichtert, doch sie wagte es nicht, ihre Augen wieder zu schließen. Was, wenn dieses Bild nie wieder aus ihr verschwand? Ein Schauer durchjagte ihren Körper.

Also lag die Heilerin solange wach in ihrem Nest, bis sie vor lauter Müdigkeit und ohne eine Chance zu widerstehen einschlief.

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Mottenflügel blinzelte verschlafen. Zu ihrer Überraschung war es bereits hell und kräftiges Sonnenlicht flutete den Bau. Neben ihr hockte Maulbeerglanz in ihrem Nest. Als die grau-getigerte Kätzin sie entdeckte, maunzte sie erfreut. "Auch schon wach, was? Gut geschlafen?" Mottenflügel rappelte sich auf und seufzte. "Nicht wirklich.", gab sie zu. "Es war eine recht kurze Nacht.

Maulbeerglanz nickte verständlich. "Alpträume plagen dich wahrscheinlich noch eine ganze Weile." "Danke.", miaute Mottenflügel ironisch und leckte sich ihr Schulterfell. "Du weißt, wie ich es meinte.", entgegnete Maulbeerglanz schnippisch. "Ja, weiß ich." Die goldene Heilerin hörte mit ihrer Wäsche auf und horchte nach draußen. "Weißt du, wann Kleinwolke kommt?" Sie erstarrte.

Maulbeerglanz schüttelte nur knapp den Kopf und putzte sich ebenfalls. Mottenflügel jedoch kam ein verrückter Gedanke. Wie sagte Mondfeder noch gleich? Die kleine Wolke der Schatten wird dich zu uns führen? Was, wenn mit der kleinen Wolke Kleinwolke gemeint ist? Schließlich ist er den Schattenclan-Heiler. Aufgeregt blinzelte sie Maulbeerglanz zu. "Ich gehe schon mal raus. Vielleicht braucht noch jemand Hilfe.", entschuldigte Mottenflügel sich rasch und schlüpfte, ohne eine Antwort abzuwarten, aus dem Heilerbau.

Die Sonne stand fast senkrecht am Himmel. Viele Katzen tummelten sich auf der Lichtung und redeten aufgeregt miteinander. Was ist denn hier los? Irritiert ließ Mottenflügel den Blick über das Geschehen schweifen. Als Buchenpelz sie sah, flüsterte er Ginsterschweif etwas zu. Seine Schwester folgte seinem Blick und kniff die Augen zusammen.

Erschrocken tappte Mottenflügel weiter zum Frischbeutehaufen. Enttäuscht betrachtete sie den Fisch und die zwei Elritzen. Der Blattfall macht sich schon ziemlich bemerkbar. Plötzlich wurde Mottenflügel von der Seite angerempelt. Überrascht stolperte sie und brauchte Mühe, um das Gleichgewicht zu behalten. Wütend fuhr sie herum. Vor ihr stand Kiefernfell mit einem gehässigen Lächeln. Die Schadenfreude stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.

"Was sollte das denn?", fauchte Mottenflügel und sträubte ihr Schulterfell. Der Krieger spießte den Fisch mit der Kralle auf. "Was meinst du?" Wütend schlug die Heilerin mit dem Schweif. "Das weißt du ganz genau." Doch Kiefernfell zog nur verächtlich die Lippen kraus. "Lass den Katzen die Beute, die auch wirklich etwas für den Clan tun und keine Streuner sind."

Mottenflügel erstarrte. Eigentlich dachte sie, dass dieses Thema sie fürs Erste in Ruhe lassen würde, aber da hatte sie sich getäuscht. "Und was bringt bitte ein fauler Kater ohne jeglichen Verstand?", konterte sie. Kiefernfell fuhr seine Krallen aus. Entsetzt zuckte sie zusammen. "Wusste ich es doch.", schnaubte der Kater. Dann trat er näher an sie heran. "Schilfbart hat mir alles erzählt.", knurrte er leise.

Damit drehte er sich um und verschwand im Kriegerbau. Mottenflügel blieb zitternd zurück. Werde ich niemals ohne diese Angst leben können? Zu ihrem Glück tauchte Moospelz neben ihr auf. "Ist alles in Ordnung?", maunzte die schildpattfarbene Kätzin besorgt. Mottenflügel nickte. "Ja, mir geht es gut.", antwortete sie mit möglichst fester Stimme.

"Na dann." Moospelz wollte sich schon abwenden, als Mottenflügel sie zurück hielt. "Warum hast du behauptet, mich neulich im Wald gesehen zu haben?", fragte sie und stellte sich vor die Kätzin. Moospelz zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Was heißt behauptet? Ich habe dich gesehen.", erklärte sie.

"Aber ich war in gestern früh nicht Kräuter sammeln.", widersprach die goldene Kätzin und suchte den Blick von Moospelz. Diese rollte mit den Augen. "Ich weiß, was ich gesehen habe und ich habe eine goldene-getigerte Kätzin mit langem Fell gesehen, die an Pflanzen herumgeschnüffelt hat. Mehr kann ich nicht für dich tun." Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und lief zu Minzfell, die einen Vogel aß.

Seltsam...Die Beschreibung traf eindeutig auf Mottenflügel zu. Keine andere Katze im Clan sah so aus und erst recht keine andere außer Maulbeerglanz und sie pflückten Kräuter. Kopfschüttelnd entfernte sie sich vom Frischbeutehaufen.

Auf einmal strömte ihr ein penetranter Geruch in die Nase und sie wirbelte in Richtung Lagereingang. Kleinwolke! Der Schattenclan-Heiler betrat gemeinsam mit einem kleinen, braunen Kater und einer getigerten Kätzin die Lichtung. Leopardenstern sprang elegant von dem Weidenstamm und begrüßte die Neuankömmlinge mit einem Kopfneigen.

Schnell lief Mottenflügel zu ihnen. Als Kleinwolke sie sah, leuchtenden seine Augen auf. "Mottenflügel. Bist du bereit?" Diese Frage hatte sie schon sehr oft in letzter Zeit gehört und jedes Mal antwortete sie gleich: "Ja. Können wir los?" Bevor der Heiler jedoch antworten konnte, mischte Leopardenstern sich ein. "Noch nicht, erst bekommst du die Kräuter.", miaute sie bestimmt.

Kleinwolke nickte eifrig. "Aber Natürlich." Er bedeutete dem brauen Kater, vorzutreten. Dieser gehorchte und legte ein Bündel von verschiedenen Blättern und Stängeln ab. Mottenflügel schnupperte prüfend an ihnen. "Ist das...Ist das Schöllkraut mit Schafsampfer...und" Sie zuckte zusammen. "Und Herbstzeitlose?"

Kleinwolke zwinkerte ihr zu. "Alles erraten. Ich erkläre dir später die einzelnen Funktionen." Aber Herbstzeitlose ist doch giftig! Das kann ich doch nicht essen. Der Kater schien ihre Gedanken zu lesen und spähte unauffällig zu Leopardenstern. Mottenflügel verstand. Kleinwolke wusste, dass dieses Kraut giftig war, er wollte nur nicht, dass die Anführerin es auch erfuhr.

Dann wird es wohl ungefährlich sein. Mottenflügel zögerte. Doch dann kniff sie die Augen zusammen, leckte die Kräuter auf und schluckte sie herunter. Zu ihrer Verwunderung schmeckten sie süß. Mottenflügel erwartete, eine Nebenwirkung von der Herbstzeitlosen zu spüren, aber nichts geschah. "Dann hoffe ich, dass ihr eine Lösung finden werdet." Leopardenstern riss sie aus ihren Gedanken.

"Vielen Dank, Leopardenstern. Das wird euch der Schattenclan nicht vergessen.", schnurrte Kleinwolke und neigte höflich den Kopf. Die gefleckte Kätzin nickte knapp. Damit trabte sie zurück in ihren Bau.

Jetzt wandte er sich an Mottenflügel. "Kommst du? Wir haben einen weiten Weg vor uns.", miaute er und lief mit den beiden anderen Katzen aus dem Lager. Mottenflügel sah sich noch einmal kurz um. Ihr Clan würde schon zurecht kommen. Dann folgte sie dem Heiler, der bereits hinter den Dornenhecken verschwand.

Als sie ihn eingeholt hatte, warf er ihr einen belustigten Blick zu. "Kannst du jetzt schon nicht mehr?" Mottenflügel knurrte ihm etwas zu, gefolgt von einem amüsierten Schnurren. Plötzlich wurde sie wieder ernst. "Warum war Herbstzeitlose in der Mischung? Die hätte mich umbringen können." Kleinwolke schüttelte den Kopf. "Nicht in dieser Kombination. Durch das Schöllkraut wird die Wirkung des Giftes zum Schutz von Krankheiten wie Schnupfen und Husten gewährt."

Mottenflügel starrte ihn an. "Das ist ja wunderbar.", rief sie aus und stupste den Heiler freundschaftlich an. Die getigerte Kriegerin drehte fauchend den Kopf. "Schon gut.", sagte Kleinwolke beschwichtigend. "Das hier sin übrigens Knotenpelz und Eichenfell." Nacheinander deutete er auf die Kätzin und den Kater.

"Eine falsche Bewegung und ich zerfetze dir den Pelz.", drohte Knotenpelz. Mottenflügel sträubte erschrocken ihr Fell. So feindselig hatte sie sich den Schattenclan nicht vorgestellt. "Denk dran. Sie will uns helfen.", erinnerte Kleinwolke. "Ja, wenn sie uns hilft.", fügte Eichenfell hinzu. "Wir wissen nicht einmal, ob sie Schlammherz und Rauchfuß helfen kann." "Rauchfuß?", wandte Mottenflügel sich an Kleinwolke.

"Ja." Er nickte traurig. "Rauchfuß ist seit gestern auch erkrankt."

Mottenflügel starrte geradeaus. Konnte sie dem Schattenclan wirklich helfen? Sie hoffte es. Aber was, wenn nicht?

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