Kapitel 45
"Bist du dir sicher?" Blütenpfotes Frage überraschte Mottenflügel keines Wegs. Ihre Tochter schien den Verstoßenen seit ihrem Verschwinden deutlich feindseliger gesinnt und auch von den Clans hielt sie nicht viel. Aber wie sollte sie auch anders denken, wo sie doch in einem Lager voller Katzen, die die Clans hassten, aufgewachsen war? "Ich bin mir sicher.", seufzte die goldene Kätzin und berührte Blütenpfotes Wange sanft mit ihrer Schnauze. "Du und Adlerpfote, ihr-" "Löwe", korrigierte die Schülerin ihre Mutter.
Mottenflügel rollte mit den Augen. "Meinetwegen" Ihre Jungen hatten sich dafür entschieden, bei den Adlern zu bleiben und ihr Leben als 'Löwe' und 'Brennnessel' fortzusetzten. Auch wenn es ihr schwergefallen war, so musste sie jedoch akzeptieren, dass ihre Jungen inzwischen alt genug waren, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Gut, vielleicht können sie nicht jeden Kampfzug, jede Jagdtechnik und jedes Gesetz, doch im Herzen sind sie bereits richtige Krieger.
"Du und Löwe werdet auch wirklich zurechtkommen?" Mit besorgten Augen starrte Mottenflügel ihre Tochter an, die genervt die Nase kraus zog. "Natürlich werden wird das!", erwiderte sie und schlug entschlossen mit dem Schweif.
Mottenflügel lächelte Brennnessel an. "Das weiß ich doch, aber es ist einfach so schwer." Sie schüttelte den Kopf und sah zu Boden. "Manchmal vergesse ich einfach, wie groß ihr schon seid." Ihre Tochter starrte beschämt zur Seite. Die ehemalige Heilerin schnurrte und knuffte ihr in die Schulter. "Komm, lass uns zurück gehen. Dein Bruder wartet bestimmt schon.", miaute sie. Brennnessel nickte zustimmend und änderte gemeinsam mit Mottenflügel die Richtung.
Die Spitzen der Gebirgskette warfen lange dunkle Schatten von der untergehenden Sonne, die sich immer weiter in den kleinen Wald hineinzwängten. Mottenflügel sog die süße Waldluft ein. Es würde schwierig für sie werden, sich wieder an die Sümpfe und die unterschiedlichen Gerüche zu gewöhnen. Was, wenn sie einen ihrer Clangefährten nicht wiedererkannte? Schnell schob sie diesen Gedanken beiseite.
Wenn ich alles richtig mache, wird mein Leben im FlussClan besser als jemals zuvor. Nach langem Überlegen hatte die goldene Kätzin sich dafür entschieden, zu ihrem alten Clan zurück zu kehren. Sie konnte einfach nicht mehr mit dem Gedanken leben, die anderen FlussClan-Katzen nie wieder zusehen! Vor allem Maulbeerglanz...Was würde die junge Heilerin nur ohne sie machen? Sie musste schmulzen, als sie daran dachte, wie ungeschickt Maulbeerglanz als Schülerin war. Inzwischen ist sie keine Schülerin mehr. Sie ist eine richtige Heilerin, die genauso sehr Respekt verdient wie alle anderen auch!
"Woran denkst du?" Brennnessels Stimme riss Mottenflügel in die Realität zurück und ihr fiel auf, dass ihre Tochter sie aufmerksam ansah.
"Nichts wichtiges", antwortete sie rasch. "Ich freue mich nur schon auf meinen Clan, das ist alles."
Brennnessel legte nachdenklich den Kopf schief. "Obwohl sie dich wegen deiner Herkunft so verachtet und sogar verletzt haben?" Mottenflügel schluckte und musste zugeben, dass sie vor diesem Teil selbst Angst hatte. Was würde sie machen, wenn Schilfbart sie erneut angriff? Oder wenn ihr Clan sie gar nicht haben wollte? Sie zuckte bei dem Gedanken an die verächtlichen Blicke der anderen zusammen. "Sie werden verstehen, dass ich zu ihnen gehöre - ganz egal, woher ich stamme." Hoffentlich...
Die hellbraune Kätzin mit den dunkelgrauen Streifen zögerte, nickte dann aber. "Wenn du meinst."
Es herrschte wieder Schweigen, bis die beiden Kätzinnen beim Lager der Adler angekommen waren. Löwe saß bereits im Eingang und wartete auf sie. Seine gelben Augen leuchteten auf, als er sie entdeckte.
"Da seid ihr ja!", rief er ihnen zu. "Die anderen warten schon alle. Na los, kommt schon!" Aufgeregt umkreiste der junge Kater Mottenflügel und Brennnessel, dann stürmte er zu Pappel, die ihn schnurrend begrüßte. Eines Tages werden sie auch Jungen haben und dann verstehen sie, wie weh es mir tut, dass ich sie jetzt verlasse.
Brennnessel stupste Mottenflügel an. "Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder?", maunzte sie und sah ihre Mutter hoffnungsvoll an. Diese seufzte. "Bestimmt werden wir das - in deinen Träumen." Liebevoll strich Mottenflügel ihr mit der Schwanzspitze über den Rücken. Plötzlich spürte sie, wie eine weitere Katze sich von der anderen Seite an ihre Flanke presste. "Ich werde dich vermissen!", nuschelte Löwe in ihren Pelz.
Mottenflügels Lungen bebten, als sie den süßen Geruch ihrer Jungen einsog. "Ich euch auch!", flüsterte sie. "Seid stark, dann kann euch das Leben da draußen nichts anhaben. Und wenn ihr irgendwann mal Hilfe brauchen solltet, bin ich für euch da."
Löwe schniefte, erhob sich dann aber und nickte. "Ich passe auf Brennnessel auf.", versprach er. Seine Schwester knurrte wütend und schlug ihm mit eingezogenen Krallen über die Ohren. "Ich passe auf dich auf, Flohpelz!" Mottenflügel schnurrte. "Da bin ich mir sicher."
Als sie ihren Eid zur Heilerin abgelegt hatte, hätte sie nie im Traum daran gedacht, dass die Liebe zu ihren eigenen Jungen so stark sein könnte. Diese ganze Sache hat auch etwas Gutes., sagte sie sich. Denn sonst hätte ich nie Mondfeder kennengelernt und die wunderbarste Familie der Welt gegründet. Ich danke dir, SternenClan. Sie zuckte zusammen. Konnte sie dem SternenClan immer noch gegenüber treten, nachdem er sie so verraten hatte? Sie schob diese Sorgen beseite und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Adler, die ihr anerkennende Blick zuwarfen. Sie sehen mich nur als ihre Retterin, nicht als die Mörderin ihres eigenen Gefährten.
Kummer umklammerte erneut ihr Herz, als sie an Mondfeders bestürzten Blick dachte, als sie ihm mit blutgetränkten Krallen gegenüberstand. Schnell schluckte sie ihn hinunter und versuchte, Asche zu zulächeln, die ihr stolz zu blinzelte.
Sanft leckte Mottenflügel ihren Jungen über die Stirn. "Vergesst niemals: Ich werde euch immer lieben."
Löwe hob sein Kinn und sah sie mit leuchtenden Augen an. "Ich dich auch." Brennnessel nickte zustimmend, sichtlich überfordert, was sie sagen sollte.
Mit einem letzten wehmütigen Blick auf die beiden Schüler tappte Mottenflügel den Wächtern hinterher und verschwand in der Dunkelheit der Sternenhöhle. Auch wenn wir uns so schnell nicht wiedersehen, so werdet ihr doch für immer einen Platz in meinem Herzen haben, meine kleinen Jungen.
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