Kapitel 32
Mit einem Gähnen erhob Adlerpfote sich aus seinem Nest. Er hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen und jedes Mal, wenn er seine Augen schloss, dachte er an Blütenpfote. Wo kann sie nur sein? Seine Gedanken schweiften wieder an jenen Tag zurück, an dem sie verschwand. Sie und Dämmerwolke hatten scheinbar eine Auseinandersetzung gehabt. Blütenpfote hatte behauptet, dass Dämmerwolke ihre Familie, und somit auch seine, zerstört hätte.
Adlerpfote konnte sich das nicht vorstellen. Aber dennoch kam es ihm seltsam vor, dass Blütenpfoten ganz plötzlich weggelaufen war, so hatte Dämmerwolke es erzählt. Das ganze Lager hielt seine Schwester jetzt für eine feige Lügnerin.
Wütend stampfte Adlerpfote mit seiner Vorderpfote auf. Er war Dachsfang zwar dankbar dafür, dass er sich ausruhen durfte, doch so konnte er sich nicht ablenken.
Auf einmal steckte Froschpfote seinen Kopf in den Schülerbau. "Auch mal wach?", begrüßte er ihn mit bitterem Ton. Adlerpfote verkniff sich eine bissige Antwort und nickte. "Ja, aber was interessierts dich?" Der dunkelbraune Kater schnaubte. "Wenn es nach mir ginge, würdest du jetzt auf Morgenpatrouille sein. Eulenstern schickt mich, ich soll dich zu ihm bringen."
Mit einem Augenrolle machte Adlerpfote einen Schritt auf ihn zu. "Eifersüchtig?" Froschpfote knurrte. "Auf ein Mäusehirn mit zwei linken Pfoten? Träum weiter!" Der braun-gescheckte Kater mit den langen Beinen spielte Verblüffung. "Und ich dachte, jeder Haufen Fuchsdung träumt von sowas.", konterte er und schob sich an dem älteren Schüler vorbei. Er spürte, dass dieser ihm sauer hinterher sah, aber das machte ihn nur noch zufriedener.
Auf der Lichtung sah er Wiesenpfote, die gerade mit ihrer Schwester Elsterpfote sprach. Als sie ihn sah, leuchteten ihre Augen auf.
"Adlerpfote, setzt dich doch zu uns."
Dieser schüttelte den Kopf. "Ich würde wirklich gerne, aber ich muss zu Eulenstern." Wiesenpfote wirkte enttäuscht, nickte jedoch verständlich. "Na gut, dann viel Erfolg.", miaute sie Adlerpfote zu, während er mit einem letzten Blick auf die getigerte Kätzin in Richtung Anführerbau tappte.
Der kühle Schatten der Zweige legte sich auf sein Fell und er sah Eulenstern an, der ihn mit leerem Blick anstarrte. "Da bist du ja.", murmelte er leise.
Adlerpfote blinzelte irritiert, setzte sich aber höflich. Der Anführer nickte langsam und fing dann zu sprechen an. "Ich muss dir etwas sagen.", fing er an. Seine Augen leuchteten unbehaglich. "Adlerpfote, es gibt unerfreuliche Neuigkeiten." Der Schüler sah Eulenstern überrascht an. Wieso kam der Anführer damit zu ihm? Es machte keinen Sinn. Warum nicht einen der erfahrenen Krieger, vielleicht sogar sein Vater? Zögerlich fragte er: "Was ist denn?" Er versuchte seine Stimme so fest wie möglich zu halten.
Als Eulenstern seinem Blick auswich, ahnte Adlerpfote, dass es etwas mit ihm zu tun haben musste. Wieso auch sonst sollte der weiß-grau getupfte Kater ausgerechnet ihn zu sich rufen.
Das Blut fing in seinen Ohren an zu rauschen. Konnte es wirklich so schlimm sein, dass Eulenstern ihm nicht einmal ins Gesicht blicken konnte? Unsicher zuckte Adlerpfote mit seinen Ohren. "Also?", hakte er nervös nach. Eulenstern schien aus seinen Gedanken gerissen worden zu sein, denn sein Ausdruck war für einen kurzen Moment verwirrt, verwandelte sich dann aber sofort wieder in das besorgte Schimmern. Oder war es Mitleid?
"Es geht um deine Schwester."
Adlerpfote riss seine Augen auf. "Habt ihr sie gefunden? Wie geht es ihr? Kann ich sie sprechen? Wo war sie?" Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus.
"Ganz ruhig, Adlerpfote.", miaute Eulenstern behutsam. "Ja, wir haben sie." Adlerpfote fühlte sich, als ob seine Gedanken in einen Sturm geraten waren. Ja! Sie haben Blütenpfote gefunden! Sie lebt!...Oder? Sofort machte sich Entsetzten in ihm breit. War Eulenstern deshalb so traurig? Konnte er ihm deshalb nicht in die Augen sehen?
Auch der Anführer schien jetzt seine Bedenken bemerkt zu haben, denn er hob zu sprechen an. "Keine Sorge, sie ist wohlauf. Aber-" Er hielt inne. Aber was? Was ist denn noch? Die Spannung übermannte Adlerpfote. Er starrte Eulenstern gebannt an, sein Fell vor Nervosität aufgestellt.
"Wie du weißt, steht das Ritual kurz bevor."
Verwirrt wich der braun-gescheckte Kater zurück. Natürlich wusste er das. Aber was hatte das mit ihm oder seiner Schwester zu tun. Doch dann dämmerte es ihm. "Nun ja, es ist so", hob Eulenstern erneut an. "Eine der beiden Kandidaten ist Blütenpfote. Sie wird an den Kämpfen teilnehmen." Adlerpfote wurde schwindlig. Seine Schwester? Seine Schwester würde an diesen Todeskämpfen teilnehmen? Aus denen es nur ein Entkommen gab, nämlich töten?
"Wer ist ihr Gegner?", wisperte er Eulenstern leise zu. Dieser seufzte. "Es ist Blumenfuß." Adlerpfote sah ihn entsetzt an. Er wusste, wie nah Blütenpfote und Blumenfuß sich standen. Es würde sie zerstören, sie zu töten. Und auch, von ihr getötet zu werden. "Warm erzählst du mir das?", miaute er schließlich.
Eulenstern zögerte, erklärte dann aber: "Du hast die Möglichkeit, anstelle von Blumenfuß in den Kampf gegen deine Schwester anzutreten. Auch wenn ich so etwas eigentlich nicht unterstütze, könntest du so ihr Leben retten, indem du dich zuerst im See ertränkst. Ich möchte dich zu nichts drängen, sondern dir nur die Wahl lassen." Ohne zu überlegen, antwortete Adlerpfote. Er wusste in dem Moment einfach, dass es die richtige Wahl war. Er musste seine Schwester retten.
"Gut, ich mache es."
-----
Hi, da bin ich wieder. Tut mir leid, dass dieses Kapitel WIRKLICH lange gedauert hat, aber ich hatte in letzter Zeit leider weder die Motivation zu schreiben, noch richtig Zeit. Ich hoffe, dass das nächste Kapitel nicht ganz so lange dauern wird.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top