Kapitel 28
Ein weiterer Regentropfen platschte auf Adlerjunges Nase. Angewidert schüttelte er seinen Kopf. "Wann hört dieser Regen endlich auf?", beklagte er sich bei Wachtelpfote. Der graue Kater zuckte mit den Schultern. "Was weiß ich. Ich weiß nur, dass ich gleich auf Patrouille muss." Er sah missmutig zur anderen Seite der Lichtung, wo sein Mentor Fliegenlicht noch mit seiner Gefährtin Weidenkralle sprach.
"Du wirst doch auch bald Schüler, oder?", fuhr Wachtelpfote fort. Adlerjunges seufzte. "Um genau zu sein heute.", erklärte er ihm mit sarkastischem Unterton.
Beschämt starrte der Kater auf seine Pfoten. "Ach so, na dann. Ich muss jetzt glaube ich los."
Adlerjunges sah ihm noch kurz nach, bevor er sich seufzend niederließ. Über ihm prangte ein Steinsims, der ihn vor dem Regen schützte. Seit Sonnenaufgang fielen Tropfen vom Himmel und sprenkelten sein Fell mit dunklen Flecken.
Plötzlich sprang Schellbeere aus der Kinderstube und funkelte Adlerjunges aufgebracht an. "Du wirst dich bei dem Wetter noch erkälten.", rief sie ihm zu. Der braungescheckte Kater rollte mit den Augen. "Du bist nicht meine Mutter.", entgegnete er trotzig. Die dunkelgraue Königin sträubte empört ihr Fell. "Komm sofort hier her!"
Adlerjunges schnaubte genervt. Von dir lass ich mir gar nichts sagen. Ich weiß schon, warum Wiesenjunges so schlecht von dir redet. Sein Herz machte einen Sprung bei dem Gedanken an die getigerte Kätzin, die einen Mond jünger war als er. Er hatte ihr das Lager gezeigt, als sie das erste Mal aus der Kinderstube durfte und seitdem spielten die zwei immer zusammen.
Wenn wir doch nur gemeinsam Schüler werden könnten. Er starrte auf den Boden. Wiesenjunges war der Grund dafür, dass er sich nicht auf die Zeremonie am Abend freute. Im Gegensatz zu seiner Schwester.
Sie war in letzter Zeit einfach nur seltsam. Immer blaffte sie ihn an und behauptete, Wiesenjunges würde ihn nur benutzen. Als ob! Sie mag mich wirklich.
Während er über Blütenjunges nachdachte, stampfte Schellbeere zu ihm herüber. "Komm jetzt mit, du undankbares Junges!", zischte sie ihn an.
Wut brodelte ihn Adlerjunges hoch. "Du bist nicht meine Mutter, also benimm dich nicht so. Du solltest so langsam mal verstehen, dass ich einfach keine Lust darauf habe, in der Kinderstube zu hocken und mir anzuhören, wie viel besser Elsterjunges ist und das ich und Blütenjunges uns sie zum Vorbild nehmen sollten. Meine Schwester und ich sind tausendmal besser als dieses arrogante Fellknäuel!"
Fassungslos starrte Schellbeere ihn an. "Bitte?" Ihre Stimme war eisig. "Wenn du das so siehst, dann verreck doch. Deine Mutter hat dich verlassen. Jetzt weiß ich auch, wieso."
Ohne ein Wort fuhr Adlerjunges die Krallen aus und zog sie der dunkelgrauen Kätzin über die Schnauze.
Kreischend wich sie zurück. In ihren Augen war pure Verachtung zu lesen. Fuchsherz eilte herbei und prüfte ihre Wunde. Ihr Blick wanderte zu Adlerjunges. "Warst du das?", fragte sie streng. "Lass mich dir helfen.", sagte sie an Schellbeere gewandt, doch die Königin drehte sich grunzend weg und tappte in den Heilerbau.
Adlerjunges sah Fuchsherz aufmüpfig an. Die rotbraune Kätzin seufzte. "Was war diesmal wieder?"
Er knurrte.
"Wieder über Mottenflügel?"
Adlerjunges nickte stumm. Die Kriegerin zuckte mit der Schwanzspitze und lächelte. "Lass sie das nicht durchgehen. Niemand darf so über deine Mutter sprechen. Sie ist eine fabelhafte Kätzin." Mit einem Zwinkern trabte sie davon. "Du wirst einmal ein großer Krieger."
Der braungescheckte sah ihr noch kurz nach. Fuchsherz war mit eine der einzigen Katzen, die ihn verstanden. Sie hatte schon oft die Streitereien zwischen ihm und Schellbeere mitbekommen. Und mit Blütenjunges war sie die einzige, die über Mottenflügel in der Gegenwart sprach.
Er zeigte es nicht gerne, aber er vermisste seine Mutter.
Auf einmal tauchte seine Schwester neben ihm auf. "Blütenjunges?"
Die hellbraune Kätzin mit den dunklen Streifen sah ihn überrascht an. "Was machst du denn hier? Ich dachte, du willst mit Wiesenjunges spielen?" Ihr war ihre Missbilligung anzumerken.
"Nein, sie wollte mit Grillenpfote Kampfzüge üben.", antwortete er enttäuscht. "Vergiss diese hole Nuss endlich.", meckerte Blütenjunges und tappte an ihm vorbei. Adlerjunges sah ihr verständnislos hinterher. Wieso benimmt sie sich so komisch?
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"Adlerjunges, versprichst du, den Wegen eines Schülers zu folgen und den Sternenclan stets als deinen Feind anzusehen?"
Der braungescheckte Kater erwiderte Eulensterns Blick gelassen. "Ich verspreche es."
"Dann gebe ich dir mit der Kraft der Adlern deinen Schülernamen. Adlerjunges, von heute an wirst du Adlerpfote heißen." Der Blick des Anführers wanderte durch die Reihen. "Dein Mentor wird Dachsfang. Ich bin mir sicher, dass er dir all sein Wissen beibringen wird."
Adlerpfote drehte sich zu Dachsfang um, der mit leuchtenden Augen seine Schnauze berührte.
"Blütenpfote. Adlerpfote." Bei den Rufen der anderen Verstoßenen wurde ihm warm ums Herz. Sein neuer Mentor führte ihn zu Blütenpfote, die mit verzerrtem Gesicht neben ihrer Mentorin Dämmerwolke saß. Was hat sie jetzt schon wieder? "Und, was machen wir als erstes?", fragte Dachsfang. Adlerpfote sah ihn aufgeregt an. "Ich darf aussuchen?" Der kleine Kater mit dem Aussehen eines Dachses nickte freundlich. "Dann erkunden wir zuerst das Territorium.", beschloss Adlerpfote eifrig.
Jetzt meldete Dämmerwolke sich zu Wort. "Wollen wir vielleicht zusammen gehen?", bot sie an. Adlerpfote suchte Blütenpfotes Blick, doch die Kätzin starrte nur starr geradeaus.
Sauer wandte er sich ab. Warum konnte seine Schwester sich nicht wie jeder andere freuen? Warum musste sie immer schlecht drauf sein? Früher war sie nicht so, doch Adlerpfote konnte sich ihre plötzliche Veränderung nicht erklären.
Nachdem Dachsfang freudig zugestimmt und eine Route gewählt hatte, verließen die vier Katzen das Lager. Adlerpfotes Pfoten kribbelten vor Aufregung. Dennoch konnte er den Blick nicht von Blütenpfote lassen, die Dämmerwolke eisig betrachtete.
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