Kapitel 26

Mit einem Gähnen streckte Mottenflügel sich. Es war Sonnenhoch und sie genoss die warmen Strahlen. Ihre Jungen tollten gemeinsam über die Lichtung.

"Ich bin ein stinkender Dachs!", knurrte Adlerjunges und torkelte auf seine Schwester zu.

Diese duckte sich vor einem schlecht gezieltem Schlag, rollte ungeschickt zur Seite und und sprang wieder auf die Pfoten. Adlerjunges schnaubte wütend und riss Blütenjunges mit einem kleinen Jaulen von den Beinen. Mottenflügel schnurrte. Ihre Jungen würden eine hervorragende Zukunft haben. Sie löste ihren Blick von den zweien und ließ ihn suchend durch das Lager schweifen. Mondfeder hatte ihr versprochen, ein bisschen Zeit mit ihr zu verbringen.

Doch sie konnte ihren Gefährten nirgends entdecken. Plötzlich setzte sich Dämmerwolke neben sie und stupste ihr freundschaftlich in die Seite.

"Alles in Ordnung? Du ziehst ein Gesicht, als hätte der Sternenclan dich besucht.", fragte sie kleine hellrote Kätzin neugierig.

Die Worte hörten sich in Mottenflügels Ohren immer noch so neu an, obwohl sie jetzt schon seit mehreren Monden bei den Verstoßenen lebte. Früher war der Sternenclan mal etwas besonderes!, dachte sie verdrossen. Aber jetzt ist er nur noch eine Schande für die Katzen. "Mir geht es gut, danke.", erklärte sie Dämmerwolke rasch. "Ich warte nur auf Mondfeder."

"Mondfeder?" Ihre Freundin blinzelte verwirrt. "Der ist eben mit der nächsten Jagdpatrouille aus dem Lager gegangen."

"Was?" Mottenflügel sah sie schockiert an. "Er wollte mich eigentlich besuchen kommen." Wut loderte in ihr hoch und sie bohrte ihre Krallen in die Erde.

"Das ist bestimmt nur ein Missverständnis.", versuchte Dämmerwolke sie zu trösten.

Mottenflügel seufzte. "Du hast wahrscheinlich recht. Aber-" "Mama, Mama. Sieh mal!" Blütenjunges aufgeregtes Maunzen unterbrach sie. Die hellbraune Kätzin mit den dunkelbraunen Streifen hüpfte aufgeregt auf und ab, ihre Augen leuchteten. Mit einem Jauchzen sprang sie in die Luft, schlug in die Luft und landete mit einem "Plumps" auf dem Bauch.

Stolz nickte Mottenflügel ihrer Tochter zu. "Das machst du sehr gut." Blütenjunges streckte ihre Brust raus und warf Adlerjunges einen triumphierenden Blick zu.

"Sie ist so schön.", sagte Dämmerwolke plötzlich. "Ihr gemustertes Fell erinnert mich immer wieder an eine Blüte. Du hast den richtigen Namen gewählt." Ein Schauer durchlief Mottenflügel. "Ja.", presste sie hervor. Schon oft hatten die anderen Katzen sie darauf angesprochen und jedes Mal musste Mottenflügel an die Prophezeiung denken. War es damals wirklich Zufall? Hätte ich sie nicht so nennen dürfen? Ihre Gedanken fingen an, sich zu überschlagen, bis ihr schwindlig wurde und ihre gesamte Sicht zusammenbrach.


Mottenflügel schlug die Augen auf. Sie lag nicht mehr auf der Lichtung. Sie war in völliges Dunkel getaucht. Die Luft um sie herum war eiskalt. Der Boden unter ihr war steinig. Mühsam erhob sie sich. In ihrem Kopf drehte sich immer noch alles und sie kniff die Augen zusammen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Auf einmal spürte sie weiches Fell an ihrer Flanke. Erschrocken wirbelte sie herum und starrte die weiße Kätzin mit den grünen Augen fassungslos an. "Halber Mond?"

Halber Mond schnurrte anerkennend. "Du hast dich an mich erinnert, Mottenflügel."

Die ehemalige Heilerin kniff nachdenklich die Augen zusammen. Was will sie von mir? Möchte sie mich wieder zu Mondfeder befragen? Weiß sie, dass ich verstoßen wurde? Mottenflügel schnaubte innerlich. Natürlich weiß sie das! Schließlich hat der SternenClan mich verbannt! "Und du dich an mich.", antwortete sie kühl.

Mit einem Nicken fuhr Halber Mond fort. "Wie könnte ich die Katze vergessen, die mich dreist belogen hat? Aber das ist ja Vergangenheit, richtig?" Ihre Stimme war weich, aber ihr Blick kalt, mit dem sie Mottenflügel ansah.

Betreten sah diese auf ihre Pfoten.

"Wie dem auch sei." Halber Mond setzte sich und ringelte ihren Schweif sauber um ihre Pfoten. "Du kennst diesen Ort, nicht wahr?"

Mottenflügel sah sich unsicher um. Sie waren in einer Höhle. Weiter hinten plätscherte ein Teich vor sich hin. Sofort gefror ihr das Blut in den Adern und ihr Blick erstarrte auf dem trüben Gewässer. "Die Rache. Ich nehme an, sie kommt dir bekannt vor.", sagte Halber Mond mit einem zufriedenen Schnurren.

Nur mit Mühe konnte Mottenflügel die Erinnerungen an ihr erstes Mal an diesem Ort denken. Wie die Kätzin Flügelherz ihre Rivalin Streifengesicht kaltblütig ertränkt hatte.

"Wieso bin ich hier?", fragte sie trocken.

Mit gespielter Unschuld riss die weiße Kätzin die Augen auf. "Das weiß ich doch nicht. Sag du es mir." Mottenflügel sah sie irritiert an. "Ich? Aber du hast mich hier her gebracht!" Halber Mond schüttelte bestimmt den Kopf. "Nein, das war ich nicht. Du wolltest zurückkommen. Du wolltest Antworten." "Antworten worauf?", hakte die ehemalige Heilerin nach.

Halber Mond lächelte sie hinterhältig an. "Das musst du schon selbst herausfinden.", erklärte sie gleichgültig. Wut kochte in Mottenflügel hoch. Das hat alles der Sternenclan geplant! Sie wollen mich nicht glücklich sehen! Wie können sie es wagen? "Mir reicht es!", fauchte sie ihre Gegenüber an. "Der Sternenclan ist eine Gruppe egoistischer Katzen. Ihr habt doch nichts besseres im Kopf, als euren eigenen Schweif zu retten! Ihr meint, über jedes Leben entscheiden zu können."

Für einen kurzen Moment schwieg Halber Mond, doch dann nickte sie. "Du könntest recht haben. Wir entscheiden über andere Leben, aber alles zu eurem besten."

"Was hat mein Tod den Clans genützt?", forderte Mottenflügel wütend auf.

"Die Clans brauchen Frieden, aber mit dir war das nicht möglich." Halber Mond zuckte mit den Ohren. "Was hat dieser Haufen Katzen mit dir gemacht?" Mit einem letzten abfälligen Blick auf die goldene Kätzin drehte sie sich um und sprang durch eine kleine schwarze Öffnung in der Felswand, die sich sogleich hinter ihr schloss.

Mottenflügel blieb allein zurück. Sauer starrte sie die Felswand an, durch die soeben Halber Mond geflüchtet war. Mir mir ist Frieden nicht möglich? Sie unterdrückte ein Jaulen. Was hatte sie den Clans getan, dass ihre Vorfahren sie töten wollten?

Seufzend ließ sie sich auf die kalten Steine fallen. Was sollte sie jetzt hier machen? Allein.

Mottenflügel war sich nicht einmal sicher, wie sie zurückkommen sollte.

Doch plötzlich tippte ihr jemand mit der Schwanzspitze auf die Schulter und sie fuhr erschrocken herum. Vor ihr stand eine schwarze Kätzin mit roten Punkten und Pfoten, auf ihrem Gesicht zeigte sich Verwirrung. Mottenflügel wich zurück. Die fremde Kätzin nickte ihr kurz zu, ehe sie den Kopf drehte und in die Höhle jaulte: "Hier ist jemand."

Entsetzt sah die goldene Kätzin sie an. Wer ist das? Als ob die schwarz-rote Kätzin ihre Gedanken lesen könnte, blinzelte sie ihr aufmunternd zu. "Hab keine Angst. Mein Name ist Asche. Und wer bist du?"

Unsicher musterte Mottenflügel Asche. Sie kam ihr bekannt vor, dennoch konnte sie sie nirgends zuordnen.

"Ich bin Mottenflügel.", erklärte sie steif.

"Freut mich, Mottenflügel." Asche schien begeistert und sie jaulte erneut in die kühle Luft. "Kommt. Sie hat sie noch."

Irritiert starrte die ehemalige Heilerin sie an. "Ich habe was noch?" Aber Asche reagierte gar nicht, sondern schlug nur aufgeregt mit dem Schweif, als sich drei weitere Katzen näherten. Mottenflügel schnappte nach Luft. Was wollen die von mir? "Bist du dir sicher?", fragte ein dunkelgrauer Kater mit weißer Brust und weißen Pfoten.

"Ich bin mir sicher, Höhle. Sie sagt, sie heißt Mottenflügel.", beteuerte Asche eifrig.

Eine schlanke orangene Kätzin mit roten Tupfen trat vor. "Sie sieht nicht so verwundet wie die anderen aus." Ihre Bemerkung verwirrte Mottenflügel noch mehr. Was für andere?

Die letzte Katze machte einen Schritt auf sie zu. Es war ein hellbrauner Kater mit breiten Schultern, seine Augen blitzen auf. "Was sollen wir deiner Meinung nach tun, Aal?" Aal lächelte breit. "Wir nehmen sie mit. Schwinge wird sich bestimmt freuen, wenn sie erfährt, dass wir sie gefunden haben."

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