Kapitel 23
Eine weitere Wehe durchzuckte Mottenflügels Körper. Sie schrie auf. "Hol noch einen Stock.", befahl die Stimme von Tauspitze. Sie konnte den Kater nur verschwommen erahnen. Schmerzen um Schmerzen ballten sich in ihrem Bauch zusammen und sie musste es einfach rauslassen. Sie schrie erneut. "Und jetzt pressen." Ein weiterer Befehl von Tauspitze drang an ihr Ohr.
Wütend versuchte Mottenflügel so gut wie möglich zu gehorchen. Für einen kurzen Moment hörten die Wehen auf. "Es ist eine Kätzin.", verkündete Tauspitze. Die goldenen Kätzin versuchte einen Blick auf ihre Tochter zu erhaschen, die von Bienenschweif trocken geleckt wurde.
"Mein Junges.", hauchte sie, doch sofort erfassten sie wieder neue Schmerzen. Braune Pfoten traten in ihr Sichtfeld und jemand legte ihr einen Stock in den Mund. "Beiß einfach zu." Das war Roggenpfote.
Bei der nächsten Wehe ließ Mottenflügel all ihre Qualen an dem Stock aus. Ein Knack und er zerbrach.
"Pressen!", rief Tauspitze in dem Moment wieder. Sie tat wie ihr befohlen. Nach wenigen Herzschlägen setzten die Schmerzen wieder aus. "Ein Kater.", sagte der Heiler dieses Mal. "Das war das letzte. Du hast es geschafft."
Erleichtert schloss Mottenflügel die Augen. Aber dann wollte sie sofort ihre Jungen sehen. Sie versuchte sich zu erheben, doch ihre Beine zitterten zu sehr und sie brach zusammen. "Vorsichtig.", schnurrte Tauspitze. Plötzlich berührten sie zwei Wesen am Bauch. Die goldene Kätzin hob den Kopf und betrachtete die beiden Fellbündel liebevoll. "Könnt ihr Mondfeder holen?", krächzte sie. Von der ganzen Anstrengung war ihre Stimme heiser geworden. "Natürlich. Roggenpfote?" Pfotengetrappel ertönte, ein Ruf und Mondfeders Geruch durchströmte die Kinderstube.
"Mottenflügel, wie geht es dir?" Ihr Gefährte presste seine Schnauze an ihre. Die goldene Kätzin war erleichtert darüber, wie er die Situation aufnahm. Dämmerwolke hatte Recht, er war zuerst fassungslos. Doch dann hatte er sich gefreut, was Mottenflügel sehr beruhigt hatte.
"Ganz gut.", brachte sie hervor. "Wir haben eine Kätzin und einen Kater." Sie sah zu den beiden Fellknäueln, die versuchten, an ihrem Bauch zu trinken. Erst jetzt fiel ihr auf, wie die beiden aussahen. Beide hatten gelbe Augen, doch die Kätzin hatte hellbraunes Fell und dunkelgraue Streifen. Der Kater war braun-gescheckt, hatte lange Beine und sein Schweif war sauber anliegend.
"Sie sind wunderschön. Hast du schon Namen für sie?", fragte Mondfeder und schob sie näher an den Bauch heran. Seine Augen funkelten stolz.
Mottenflügel betrachtete ihre Jungen jetzt ganz genau. Die Streifen der Kätzin verliefen zu einem besonderen Muster zusammen und ein Fleck auf der Brust des Katers erinnerte sie an zwei Flügel. "Blütenjunges und Adlerjunges.", entschied sie. Doch schon als sie diese Namen aussprach, wurde ihr schwindlig. Sie dachte an die Prophezeiung. Nur ein Zufall., sagte sie sich.
"Das passt perfekt.", schnurrte Mondfeder und liebkostete seine Kinder.
In dem Moment trat Tauspitze in den Bau. In seinem Maul hingen zwei Blätter in tiefgrün. "Hier ist etwas Borretsch.", miaute er und schob legte sie vor Mottenflügel ab. Diese leckte sie dankbar auf. Der Heiler nickte zufrieden, dann ging er wieder.
"Hoffentlich verstehen sie sich mit den anderen Jungen. Grillenjunges soll ziemlich schlecht drauf sein.", sorgte die neue Königin sich.
"Selbstverständlich werden sie das.", brüstete sich Mondfeder. "Sie werden schließlich die besten Krieger im ganzen Clan." Mottenflügel sah zu ihrem Gefährten auf und berührte seine Nase mit ihrer. "Ich liebe dich, Mondfeder." "Ich dich auch.", antwortete der Kater. Jetzt waren sie vereint. Mottenflügel hatte eine Familie gefunden. Sie war nicht mehr allein.
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Sonnenlicht sprenkelte die Innenwand der Kinderstube. Mottenflügel hob verschlafen den Kopf und genoss die wiedergewonnene Wärme der Blattfrische. Zum Glück mussten ihre Jungen nicht in dieser Kälte aufwachsen.
Sie sah zu den beiden hinunter. Adlerjunges schlief ruhig, wobei er leicht schnarchte. Blütenjunges lag mit dem Rücken dicht gedrängt an den Bauch ihrer Mutter. Sie sind so klein... Mottenflügel wollte sich nicht vorstellen, dass sie irgendwann zu Kriegern werden und sie verlassen würden.
"Auch schon wach?" Bleichgesangs Miauen riss sie aus ihren Gedanken.
Die goldene Kätzin drehte sich um. Die andere Königin saß in ihrem Nest, ihr Sohn Kaninchenjunges tollte auf ihr herum. "Ich habe doch lange genug geschlafen.", murrte Mottenflügel. Die Müdigkeit strafte sie trotzdem noch.
"Ja, das kenne ich.", schnurrte Bleichgesang. "Nach Kaninchenjunges Geburt habe ich sogar bis Sonnenuntergang geschlafen."
"So lange?" Mottenflügels Augen weiteten sich überrascht. Die Kätzin nickte und schob ihren Sohn von sich herunter. Dieser maunzte empört auf. "Bestimmt werden sie sich gut verstehen." "Aber dein Junges ist doch zwei Monde älter.", rief Mottenflügel aus. "Er wird eher Schüler, als das meine beiden aus dem Bau kommen." "Das habe ich auch immer gedacht." Die schwarz-weiße Kätzin legte sich auf den Rücken. "Bis Stachelschweif mich überzeugt hat."
"Ich weiß nicht. Sie sind so klein.", sagte Mottenflügel und bedachte ihre Jungen mit einem besorgten Blick. "Das werden sie aber nicht ewig sein.", meldete Schellbeere, die Gefährtin von Eulenstern sich zu Wort. Sie blinzelte verschlafen und sah ihren drei Jungen hinterher, die sie jaulend auf einen Moosball warfen.
"Ihr weckt noch alle auf.", fauchte Bleichgesang wütend. "Ach lass sie doch.", gähnte Bienenschweif und streckte sich. "Ich war eh schon halb wach."
Mottenflügels Schnurrhaare bebten belustigt. In dem Moment rekelte sich Blütenjunges an ihrem Bauch und jammerte. "Ich will noch schlafen." Adlerjunges neben ihr stimmte mit ein. "Was ist das für ein Lärm?" Mottenflügel war stolz auf die beiden, dass sie bereits kurz nach der Geburt die Augen geöffnet hatten.
Als Blütenjunges Mottenflügel entdeckte, maunzte sie: "Mama?" Die angesprochene beugte sich zu ihr herunter. "Ja, ich bin es. Die Sonne scheint." "Sonne?" Adlerjunges legte seinen winzigen Kopf schief. "Was ist das?"
"Eine helle Kugel am Himmel, die uns allen den Weg am Tag leuchtet und in der Nacht schläft.", erklärte Mottenflügel.
"Das klingt gefährlich.", wimmerte Blütenjunges, doch ihr Bruder hatte seine gelben Augen weit aufgerissen. "Nein, das klingt toll. Wann dürfen wir die Sonne sehen?" "Ich will die Sonne nicht sehen.", entgegnete Blütenjunges piepsig. "Ihr seht sie bereits. Die Sprenkel dort, das ist ein Teil von ihr." Mottenflügel deutete auf die beleuchtete Wand. "Wirklich?" Blütenjunges wich unsicher zurück. "Ja, wirklich."
Adlerjunges versuchte sich zu erheben, doch seine langen Beinen brachen wieder ein. Mottenflügel stupste ihn sanft mit der Nasenspitze an. "Bald darfst du sie dir ansehen. Bald."
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Hallo an euch erstmal! Das war jetzt ein etwas größerer Zeitsprung, aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. :) Ich überlege, ab und zu noch mehr von solchen zu machen, weil ich befürchte, das Buch sonst etwas zu quetschen. Was denkt ihr davon?
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