Kapitel 21

Mottenflügel tappte auf den Heilerbau zu. Sie und Tauspitze würden den Sturm über gemeinsam mit Dämmerwolke und Mondfeder verbringen. Außerdem sollte der Schüler Roggenpfote mitkommen, der sich ein Bein gebrochen hatte, als er von einem Baum gefallen war.

Der Wind hatte aufgefrischt und blies herabgefallene Blätter umher. Langsam begann es auch zu nieseln. Mondfeder, der neben ihr stand, schüttelte angeekelt sein Fell. "Was für ein Mäusedreck.", fauchte er vor sich hin. Mottenflügel schnurrte belustigt und schnippte ihm mit der Schwanzspitze über die Ohren. "Im Heilerbau ist es schön trocken und warm." Damit lief sie voraus. Mondfeder schnaubte, folgte ihr aber. Als die beiden Katzen in den Bau traten, saßen Tauspitze und Dämmerwolke bereits in ihren Nestern und plauderten. Die hellrote Kätzin blickte auf. "Ich brauche Unterstützung. Tauspitze will mir nicht glauben, dass ich eine Maus in der Größe eines Kaninchens gesehen habe."

Mondfeder setzte sich ebenfalls in sein provisorisches Nest. "Wirklich? Hast du sie gefangen?", fragte er neugierig. Tauspitze schlug mit dem Schweif. "Blödsinn. Solche großen Mäuse gibt es nicht." Mottenflügel sah von einem zum anderen und dachte nach. "Aber warum sollte Dämmerwolke lügen? Es gibt bestimmt eine simple Erklärung.", warf sie ein.

Da hob Roggenpfote den Kopf, von dem die Heilerin eben noch gedacht hatte, er würde schlafen. "Ich war mit auf der Patrouille. Ich habe sie auch gesehen."

Alle Blicken richteten sich auf den braun-gefleckten Kater, der mit den Schultern zuckte. "Ich habe gerade einen Vogel gejagt, als Dämmerwolke sich an diese Kaninchen-Maus angeschlichen hat.", berichtete er. "Seid ihr euch sicher, dass es eine Maus war?", fragte Tauspitze scharf und kniff die Augen zusammen. Dämmerwolke sträubte ihr Fell. "Ich bin zwar tollpatschig, aber nicht blind." "Das stimmt allerdings.", kommentierte Mondfeder amüsiert. Mottenflügel nickte zustimmend. Die Kriegerin war tollpatschig, das konnte keiner bestreiten. "Wisst ihr noch,", hob sie an. "als sie gegen einen Baum gelaufen ist und danach behauptet hat, das wäre ein Zeichen des Sternenclans und wir müssten alle Bäume beseitigen?"

Tauspitzes Misstrauen fiel auch in Belustigung um. "Ja, oder wo sie sich in einen Busch gesetzt hat, um das Sprießen von Dornen zu verhindern, als wir einen neuen Platz für die Frischbeute brauchten?" Mottenflügel riss die Augen auf. "Wirklich? Das hast du gar nicht erzählt.", schnurrte sie an Dämmerwolke gewandt, die die Augen verdrehte. "Das hat ja wohl nichts mit Tollpatschigkeit zutun.", verteidigte sie sich, doch Augen funkelten belustigt.

Die Katzen erzählten sich immer weiter Geschichten über die Zeit bei den Verstoßenen, auch manchmal über die davor. Mottenflügel tat es gut, sich so ausgelassen und wohl zu fühlen. Dieses Gefühl hatte sie das letzte Mal gehabt, als sie mit Mondfeder im Wald übernachtet hatte und davor, beim Flussclan. Sie schob diese Gedanken beiseite. Der Flussclan war vorüber und sie würde niemals wieder zurückkehren. Wollte sie das überhaupt? Dort war sie Heilerin und musste sich mit dem Sternenclan die Zunge geben. Aber im Moment spürte sie keinerlei Verlangen oder Freude bei dieser Vorstellung. Sie wollte nur bei Mondfeder und den anderen bleiben.

Plötzlich zog ein Blitz über das Lager hinweg und tauchte den Heilerbau in ein gleißendes Licht. Roggenpfote jaulte erschrocken auf. Dämmerwolke sprang zu ihm und strich ihm behutsam mit der Schwanzspitze über den Rücken. "Es geht los.", knurrte Mondfeder verdrossen. Wie auf Kommando brachen die Wolken auf und Regen schüttete herab.

Das Prasseln auf den Blättern wurde immer lauter, noch heftiger als zuvor. "Eisfall?", fragte Tauspitze ungläubig. Mottenflügel zuckte unruhig mit den Ohren. "So schlimm ist das nicht. Solange-" Ein lautes Grollen unterbrach ihren Satz und Roggenpfote presste Wimmernd seine Schnauze unter seine Pfoten. Dämmerwolke schielte ratlos zu der goldenen Kätzin. "Das ist doch nur ein Gewitter.", miaute Mondfeder dem Schüler zu. "Ein wahrer Krieger kennt keine Furcht."

Auch wenn die Worte aufmunternd gemeint waren, jammerte der Angesprochene weiter. "Ich bin kein echter Krieger."

Mottenflügel rückte zu ihm heran und versuchte, die Spannung zu überspielen. "Noch nicht. Aber du wirst es sein. Vielleicht sogar der beste im Lager. Manchmal macht man Fehler, doch meistens ist es wichtig für sie einzustehen und sie nicht zu bereuen. Es ist völlig egal, jetzt Angst zu haben."

Tauspitze nickte ihr anerkennend zu. Zuerst leuchteten die Augen von Roggenpfote auf, aber dann erloschen sie wieder. "Das sagst du jetzt nur, um mich zu trösten. Kein Krieger macht Fehler. Du bestimmt auch nicht.", murrte er und drehte den Kopf weg. Mottenflügel schnurrte liebevoll. "Natürlich mache ich Fehler. Ich suche falsche Kräuter aus und dann haben andere Katzen noch schlimmere Schmerzen als Vorher." Nachdem sie das gesagt hatte, überlegte sie, ob das das beste Beispiel war. "Der Punkt ist jedoch, dass du auch mit Fehlern perfekt sein kannst. Ohne wärst du es nicht."

Roggenpfote spitzte die Ohren. "Auch mit Angst vor Gewitter?", hakte er nach. "Vor allem mit Angst vor Gewitter.", antwortete Mondfeder und trat an seine Seite.

Der braun-gefleckte Kater neigte dankbar den Kopf. "Ich möchte jetzt schlafen.", flüsterte er.

Mottenflügel beobachtete ihn noch kurz, dann ging sie in die andere Ecke des Baus, wo ihr Nest lag. "Vielleicht sollten wir auch versuchen zu schlafen.", miaute sie den anderen zu. Dämmerwolke gähnte. "Guter Plan. Ich hatte heute Morgenpatrouille." Plötzlich machte sich in ihrem Blick Entsetzten breit. "Ich habe meine Maus auf der Lichtung liegen lassen." Tauspitze zuckte mit den Schnurrhaaren und warf ihr einen amüsierten Blick zu. "Du meinst deine Kaninchen-Maus?"

Mottenflügel blinzelte noch einmal, dann schloss sie die Augen.

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