Kapitel 2

Besorgt sprang Mottenflügel zu dem Heiler, doch Schilfbart versperrte ihr den Weg. "Zuerst wird Leopardenstern mit ihm sprechen.", knurrte der Krieger. Empört stellte Mottenflügel ihr Nackenfell auf. "Ich bin Heilerin. Ich darf mit ihm sprechen.", verteidigte sie sich.

"Wirklich? Bist du das?", höhnte Schilfbart und tauschte mit Kiefernfell einen belustigten Blick.

Mottenflügel starrte die beiden Kater fassungslos an. "Was soll das denn heißen?", fauchte sie. Doch Schilfbart beachtete sie nicht weiter und bedeutete Schwarzkralle, sie aus dem Weg zu räumen.

Der schwarze Kater tippte sie mit der Schwanzspitze an. "Lass es einfach.", riet er ihr. Mottenflügel seufzte und schlug seinen Schweif mit der Pfote weg. "Danke, ich kann selbst gehen." Damit stolzierte sie zurück zum Heilerbau.

Maulbeerglanz sah sie kommen und sprang auf. "Und? Was wollte Kleinwolke?", fragte sie. "So weit bin ich gar nicht gekommen.", schnaubte Mottenflügel. "Offenbar hält Schilfbart sich für noch besser als sonst."

Maulbeerglanz schnippte zustimmend mit der Schwanzspitze. "Und wann können wir Kleinwolke sprechen?"

"Ich weiß es nicht.", gab die goldene Kätzin zu. "Schilfbart sagte, dass Leopardenstern das zuerst mit ihm besprechen wollte." Sie verdrängte die Wut, die in ihr aufstieg, als sie an Schilfbarts abfälligen Kommentar dachte.

"Geht es dir nicht gut?" Maulbeerglanz sah sie besorgt an. "Willst du jetzt schon Thymian essen?"

Mottenflügel schüttelte hektisch den Kopf. "Doch, doch. Mir geht es gut. Den Thymian esse ich erst nach der Besprechung mit Kleinwolke.", erklärte sie und hoffte, dass Maulbeerglanz es damit auf sich beruhen ließ.

Doch bevor diese überhaupt eine Chance dazu hatte, trat Tupfennase in den Heilerbau. "Ihr könnt jetzt mit Kleinwolke sprechen.", miaute sie den beiden Heilerinnen zu. "Warte!", rief Mottenflügel ihr zu, als die Kriegerin wieder gehen wollte. "Was ist denn noch?" "Kann er nicht zu uns kommen?", fragte sie verwirrt.

Tupfennase sah zwischen ihr und Maulbeerglanz kurz hin und her, dann schüttelte sie den Kopf. "Leopardenstern möchte, dass ihr das in ihrem Bau klärt. Was euch etwas angeht, geht auch sie etwas an."

Mottenflügel warf Maulbeerglanz einen vielsagenden Blick zu. Dennoch neigte sie höflich den Kopf. "Danke Tupfennase.", sagte sie.

Die gefleckte Kätzin nickte knapp und schlüpfte dann aus dem Bau.

"Warum möchte Leopardenstern dabei sein?", überlegte Maulbeerglanz. "Vielleicht traut sie uns nicht.", warf Mottenflügel verdrossen ein. Maulbeerglanz riss überrascht die Augen auf. "Warum sollte sie?" "Sie war in letzter Zeit ständig so komisch. Möglicherweise macht ihr der Konflikt mit dem Windclan zu schaffen", erwiderte Mottenflügel.

"Das können wir nachher besprechen. Lass uns jetzt zu Kleinwolke gehen.", miaute die gestreifte Heilerin rasch. Aber Mottenflügel entging nicht, dass ihr das Thema sichtlich unwohl war. Scheinbar gefiel ihr der Gedanke nicht, dass ihre Anführerin ihnen misstraute.

Mottenflügel schob diese Gedanken beiseite. Sie fand es auch nicht gut, trotzdem durfte sie sie nicht vergessen.

Also folgte sie Maulbeerglanz aus dem Bau. Viele neugierige und verwirrte Blicke richteten sich auf sie. Nesselpfote flüsterte Kieselpfote etwas zu, dann lachten die beiden. Mottenflügel scherte sich nicht weiter um sie. Stattdessen trat sie in Leopardensterns Bau. Nebelfuß schloss sich ihnen an.

Drinnen saß Leopardenstern mit erhobenem Kinn. Neben ihr hockte Kleinwolke und sah sich verunsichert um. "Setzt euch.", miaute die Anführerin und deutete auf den Platz vor sich.

Mottenflügel gehorchte. "Danke.", sagte sie freundlich. Dann wandte sie sich an Kleinwolke. "Warum bist du hier? Und warum siehst du so zerpflückt aus?", fragte sie ihn.

Der Heiler spähte zu Leopardenstern herüber. "Ich bin durch ein Dornengestrüpp gelaufen. Aber egal! Wir haben einen Grenzstreit.", hob er an. Doch Leopardenstern unterbrach ihn. "Wie könnt ihr es wagen, den Flussclan in eure Streitereien einzubeziehen?", fuhr sie ihn an. "Du hast gesagt, dass ihr unsere medizinische Hilfe braucht."

Kleinwolke zuckte zusammen. Auch Mottenflügel erschrak über den barschen Ton ihrer Anführerin. Nebelfuß meldete sich zu Wort. "Vielleicht sollten wir ihn ausreden lassen. Schließlich verwehrt der Flussclan keine Hilfe, wenn es geht.", erinnerte sie Leopardenstern.

Diese schnaubte einmal, doch gab Kleinwolke das Zeichen, weiterzusprechen. "Wie ich schon sagte, haben wir Grenzstreit. Aber nicht mit den Clans, sondern mit ein paar Streunern." Mottenflügel horchte auf. "Was für Streuner?", erkundigte sie sich und blinzelte Kleinwolke erwartungsvoll zu.

"Ich weiß es nicht. Sie sind ungefähr so groß wie wir, sie sehen auch ungefähr so aus wie wir.", antwortete Kleinwolke schulterzuckend.

"Mit ein paar Streunern werdet ihr doch allein fertig, oder nicht?", hakte Maulbeerglanz nach. "Eigentlich schon, aber diese sind speziell. Sie kämpfen genauso wie wir. Außerdem haben sie eine weitere Taktik, mit der wir einfach nicht fertig werden.", gestand Kleinwolke.

Leopardenstern starrte ihn an. "Lässt Schwarzstern dich das einfach so erzählen?", fragte sie scharf. Kleinwolke zuckte mit den Schultern. "Das ist mir eigentlich egal. Ich bin Heiler und darf schließlich machen, was ich möchte." "Du handelst uns hiermit aber einen ziemlichen Ärger mit Schwarzstern ein.", warf Nebelfuß ein.

Mottenflügel sah interessiert von einem zum anderen. Auch wenn diese Streitereien sehr wichtig waren, wollte sie endlich von der Taktik erfahren.

"Ich bin kein Junges. Schwarzstern ist zwar stolz, aber er wird sich über jede Hilfe freuen.", fügte Kleinwolke hinzu. "Bist du dir da sicher?" Leopardenstern musterte ihn argwöhnisch.

Doch bevor der Heiler antworten konnte, mischte Mottenflügel sich ein. "Erzähl doch mal von dieser speziellen Taktik." Alle Blicke im Bau richteten sich auf sie und Mottenflügel fühlte sich nicht mehr richtig wohl in ihrem Pelz. "Aus dem Grund bist du doch hier, oder nicht?", fragte sie an Kleinwolke gewandt.

Er nickte. "Genau.", entgegnete er erleichtert. Nebelfuß spitzte die Ohren. "Dann erzähl.", forderte sie ihn auf.

"Also", hob Kleinwolke an. "die Kratzer, welche die Streuner hinterlassen, infizieren sich jedes Mal. Ich finde einfach kein Gegenmittel dagegen." Mottenflügel und Maulbeerglanz wechselten verwirrte Blicke. "Kratzer infizieren sich für gewöhnlich nicht, wenn man sie mit Ringelblume behandelt.", widersprach Maulbeerglanz.

Kleinwolke schnippte zustimmend mit dem Schwanz. "Das stimmt, aber diese Katzen schmieren ihre Krallen mit einem unbekannten Kraut ein. Ich wollte fragen, ob einer von euch mitkommen könnte und sich das mal ansehen kann." Er sah erwartungsvoll zwischen den beiden Heilerinnen hin und her.

Leopardenstern seufzte. "Der Flussclan braucht momentan jede Heilerkatze, die er kriegen kann.", erklärte sie. "Außerdem steht Blattfall bevor."

"Bitte. Nur für zwei Nächte.", drängte Kleinwolke verzweifelt. "Unser Schüler Rankenpfote ist bereits gestorben und unsere Königin Schlammherz ist auf dem besten Weg dorthin."

Mottenflügels Augen weiteten sich entsetzt. "Ein Schüler ist gestorben?" Kleinwolke nickte. "Ja."

Nebelfuß musterte den Heiler angespannt. "Wie kann sich denn eine Königin im Kampf verletzten?", hakte sie nach und tauschte einen vielsagenden Blick mit Leopardenstern.

Kleinwolke starrte auf seine Pfoten. "Wenn wir die Krankheit nicht innerhalb von fünf Sonnenaufgängen stoppen, ist sie ansteckend.", gab er zu.

Leopardenstern sprang auf. "Und du wagst es, diese Krankheit in unser Lager zu schleppen?", fauchte sie. "Du verschwindest sofort!" Auch Nebelfuß sträubte erschrocken ihr Fell. "Du solltest jetzt wirklich gehen."

"Wir werden unsere Katzen nicht in Lebensgefahr begeben.", blaffte Leopardenstern und schlug aufgebracht mit Schwanz.

Mottenflügel wich vor Kleinwolke zurück. "Bist du infiziert?", fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Der Kater schüttelte den Kopf. "Nein, ich bin gesund. Im Gegensatz zu fünf unserer Katzen. Zum Glück haben wir inzwischen ein Mittel gefunden, um gesunde Katzen vor der Krankheit zu schützen."

Erwartungsvoll wanderten alle Augenpaare zu Leopardenstern. Wie wird sie sich wohl entscheiden? Insgeheim wünschte Mottenflügel, dass sie mit Kleinwolke mitgehen durfte. Sie wollte den Schattenclan-Katzen helfen, außerdem wollte sie mehr von diesen Streunern erfahren.

Die Anführerin schwieg für eine Weile, dann nickte sie. "Gut. Sobald du uns dieses Mittel gebracht hast, kommt Mottenflügel mit dir. Doch sollte ihr etwas zustoßen, mache ich dich und deinen Clan dafür verantwortlich.", miaute sie kühl.

Erleichtert sah Mottenflügel sie an. "Vielen Dank, Leopardenstern. Ich versuche, auf mich Acht zu geben.", versprach sie und wechselte einen kurzen Blick mit der Kleinwolke. Der Heiler neigte höflich den Kopf.

"Ich darf nicht mitkommen?", meldete Maulbeerglanz sich zu Wort. Leopardenstern schüttelte den Kopf. "Nein, wir brauchen dich hier." Maulbeerglanz machte ein trauriges Gesicht, aber schnippte gehorsam und verständnisvoll mit dem Schwanz.

Mottenflügel versuchte das enge Gefühl in ihrer Brust zu verdrängen. Wollte Leopardenstern sie nicht im Lager haben? Nein., sagte sie sich. Warum sollte sie?

Kleinwolke erhob sich und nickte der Anführerin zu. "Vielen Dank, Leopardenstern. Das wird der Schattenclan euch nicht vergessen. Ich komme morgen mit den Kräutern vorbei. Dann können wir los.", erklärte er knapp und schob sich an den Kätzinnen heraus ins Freie.

Mottenflügel warf Maulbeerglanz einen Blick zu. Die Heilerin spielte unsicher mit ihren Krallen, wobei sie Kleinwolke noch kurz hinterher sah.

Leopardenstern stand ebenfalls auf und deutete auf den Ausgang. "Ihr könnt gehen.", miaute sie. Damit schlüpfte sie aus dem Bau.

Nebelfuß stupste Mottenflügel freundschaftlich an. "Alles wird gut. Du kannst diesen Katzen bestimmt helfen."

Mottenflügel wog leicht den Kopf hin und her, dann folgte sie der zweiten Anführerin, die Leopardenstern nach eilte.

Auf der Lichtung hatten sich bereits Krieger und Schüler versammelt, um die Neuigkeiten zu erfahren.

Mottenflügel zögerte. Was, wenn ihr Clan nicht akzeptierte, dass sie, statt Maulbeerglanz zum Schattenclan ging?

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