Kapitel 18

Mottenflügel kniff ihre Augen zusammen. Das grelle Leuchten blitzte immer noch in ihrem Kopf und sie schlug die Augen wieder auf. Zu ihrer Überraschung war sie nicht mehr in dem dunklen Raum. Sie befand sich im Heilerbau. Es war hell und die Sonne schien durch den Eingang herein. "Das war ziemlich töricht von dir.", miaute eine Stimme neben ihr. Verwirrt wirbelte sie herum. Der beige Kater Tauspitze stand vor ihr und sah sie vorwurfsvoll an. "Mit Visionen ist nicht zu spaßen."

"Wieso Visionen?", fragte Mottenflügel. "Mondfeder hat mir doch nur dieses..." Sie stockte. Was genau hatte Mondfeder ihr gezeigt? Einen Kampf? Ein Ritual? "Er hat dir die Rache gezeigt.", klärte Tauspitze sie auf, als ob er ihre Gedanken lesen könnte. "Wir nennen sie so, da wir dem Sternenclan zeigen, dass sie uns nicht in der Pfote haben."

Dann kniff er misstrauisch die Augen zusammen. "Mondfeder hat gesagt, du hättest Stimmen gehört. Stimmt das?" Mottenflügel knetete nervös den Boden. Was war so schlimm daran, dass eine Kätzin zu ihr gesprochen hatte? "Ja, das ist richtig.", antwortete sie und sah sich um. "Wo ist Mondfeder überhaupt?" Der Heiler nickte in Richtung Lichtung. "Er spricht mit Eulenstern.", erwiderte er knapp und zuckte mit den Ohren. Mottenflügel vermutete, dass ihm nicht wohl dabei war. "Worüber sprechen sie denn?", hakte sie nach.

Er warf den Kopf zurück. "Das weiß niemand außer den beiden, Stachelschweif und Grünauge. Warum fragst du sie nicht?" Er klang verärgert, auch wenn seine Augen traurig schimmerten.

"Das mache ich." Die goldene Kätzin neigte dankbar den Kopf, dann schlüpfte sie aus dem Bau. Sofort richteten sich viele Augenpaare auf sie. Manche neugierig, manche wütend und manche ängstlich. Ein rot-brauner Kater trat vor. "Du warst also bei der Rache?", fragte er spöttisch und ein getigerter Kater neben ihm schnurrte amüsiert. "Das trauen sich nicht viele.", schloss sich eine weiß-orangene Kätzin an.

"Du vor allem nicht, Morgennebel.", kommentierte eine musterverzierte Kätzin mit braun-weißem Fell und machte einen Schritt auf die Weiß-orangene zu. Morgennebel legte wütend die Ohren an. "Warum verteidigst du sie, Blumenfuß? Sie hat gegen eines der Gesetze verstoßen. Sie kann froh sein, wenn wir sie nicht rausjagen."

Rausjagen? Das klingt so, als ob ich freiwillig hier wäre. Mottenflügel betrachtete Blumenfuß nachdenklich. Ich habe von ihr gehört. Wer ist sie nur? "Das entscheidet allein Eulenstern. Außerdem kennt sie die Gesetze nicht." Die vertraute Stimme kam von hinter Mottenflügel und sie drehte sich um. Dämmerwolke trat an ihre Seite. "Lass dich nicht einschüchtern.", zischte sie ihr zu. "Morgennebel spielt sich gerne auf." "Seid ihr alle verrückt geworden?", blaffte der rot-braune Kater und stellte sein Fell auf.

"Das sollten wir dich fragen, Brandwind.", knurrte eine graue Kätzin neben Blumenfuß. "Weißt du nicht mehr, wer sie ist?" "Das weiß keiner von uns. Dämmerwolke ist sich doch nicht einmal sicher.", entgegnete dieser aufgebracht.

"Viele Katzen haben langes, goldenes Fell und Bernsteinaugen.", verteidigte sich Dämmerwolke und stieß Brandwind die Schnauze vors Gesicht. Mottenflügel erstarrte. Unter solchen Bedingungen hatten die Verstoßenen beschlossen, dass sie die Richtige war?

Plötzlich torkelte eine dunkelbraune Kätzin mit langem Fell auf die Lichtung. Ihre Augen waren alt und weise, als hätte sie schon alles gesehen. Ihr linkes Ohr hatte einen Schlitz und über ihre Schulter zog sich eine Narbe. "Mein Name ist Eichhornbart.", miaute sie und schob sich an den streitenden Kriegern vorbei. Blumenfuß neigte respektvoll den Kopf. "Du musst dich nicht mit uns auseinander setzen." Eichhornbart schnaubte abfällig. "Natürlich muss ich das. Das endet sonst in einer Katastrophe. Oder habt ihr den Streit mit Rehlied vergessen?"

Ein unangenehmes Murmeln machte sich auf der Lichtung breit. Erstaunt sah Mottenflügel, wie Brandwind unsicher die Ohren drehte und von einer Pfote auf die andere trat. Eichhornbart wandte sich wieder an sie. "Hör einfach nicht hin. Brandwind, Morgennebel und Blassfuß sind nicht die hellsten Sterne am Himmel.", schnurrte sie und zuckte mit den Schnurrhaaren. "Du wolltest bestimmt zu Mondfeder, oder? Er ist dort hinten." Mottenflügel riss die Augen auf. Woher weiß sie das?

Sie neigte höflich den Kopf. "Danke für die Hilfe, Eichhornbart. Ich heiße übrigens Mottenflügel." Die alte Kätzin schnurrte amüsiert und tauschte mit Blumenfuß einen raschen Blick. "Das weiß ich doch.", erklärte sie. Dann drehte sie sich um, schleuderte Brandwind noch einen warnenden Blick zu und verschwand zurück in dem Bau aus geflochtenen Ranken.

Eine rot-braune Kätzin kam aus der Menge zum Vorschein. Fuchsherz., schoss es Mottenflügel durch den Kopf. "Du solltest auf Eichhornbart hören.", fauchte Fuchsherz Brandwind zu. Dieser schlug wütend mit dem Schwanz und tappte gemeinsam mit Blassfuß davon. "Du kennst mich vermutlich schon.", fuhr sie fort. "Ich bin Fuchsherz, eine Clangefährtin des Sohnes des Sohnes von Eichhornbart. Darf ich kurz mit dir sprechen?" Mottenflügel blinzelte überrascht. Warum will sie mit mir sprechen? Doch sie behielt diese Frage für sich und nickte leicht.

Fuchsherz schnippte zufrieden mit der Schwanzspitze. "Gut. Dann treffe ich dich bei Sonnenuntergang vor dem Lagereingang." Damit drehte sie sich um und stolzierte über die Lichtung davon.

Mottenflügel sah ihr kurz nach, dann sprintete sie ebenfalls davon, zu der Stelle, auf die Eichhornbart gezeigt hatte. Die Gestalten von zwei Katzen stachen aus den Schatten eines großen Steinsims hervor. Eine der beiden war auf jeden Fall Mondfeder. Die Heilerin überlegte kurz. Soll ich sie stören? Lieber nicht. Vorsichtig trat sie näher, passte aber auf, nicht bemerkt zu werden. "Ich bin mir aber sicher.", fauchte eine Stimme, die Mottenflügel Mondfeder zuordnete.

"Aber warum? Der Sternenclan wird doch nicht eine Heilerin töten wollen.", entgegnete die andere Stimme. Eulenstern. Mottenflügels fing an schneller zu schlagen. Ob sie mit Heilerin mich meinen? "Und was ist mit dem Fuchsangriff?", wollte Mondfeder wissen. "Das könnte der erste Versuch gewesen sein." Einige Herzschläge herrschte Pause, bis Eulenstern das Wort ergriff. "Was schlägst du vor, machen wir jetzt?" "Ich bin dafür, sie nicht mehr aus dem Lager zulassen. Ich werde sie beschützen, falls der Sternenclan es wieder versucht. Außerdem werden wir die anderen informieren. Mottenflügel ist jetzt eine von uns."

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