Kapitel 15

Mottenflügel wälzte sich unruhig in ihrem Nest hin und her. Tauspitze hatte ihr eins im Heilerbau zugewiesen und Mondfeder hatte es mit Federn und Muscheln ausgepolstert. "So ist es bequemer.", hatte er gesagt. Mottenflügel hatte sich höflich bedankt. Sie hatte nicht gewollt, ein längeres Gespräch mit ihm einzugehen.

Was ist nur los mit mir?, dachte sie niedergeschlagen. Er ist doch nur ein Kater. Bald werde ich vergessen haben, wer er überhaupt ist. Und wenn nicht? Die Kätzin sah zu Tauspitze. Er war ein Heiler, genau wie sie. Ob er sie verstehen würde?

Dabei weiß ich nicht einmal, was ich für Mondfeder empfinde. Sie seufzte. Das sie keinen Gefährten haben durfte, wusste sie. Schließlich war sie Heilerin und hatte einen Eid geschworen. Als Junges hatte Mottenflügel immer von einem späteren mit Kräuselschweif, damals noch Kräuseljunges geträumt. Sie hatte sich Namen für ihre Jungen ausgedacht und mit Habichtfrost über deren Ausbildung gesprochen.

Trauer überschwemmte Mottenflügel bei der Erinnerung an ihren verstorbenen Bruder. Er war böse, das stimmte, aber er war auch ihr Wurfgefährte. Sie dachte an ihre Mutter Sasha. Sie war immer freundlich und hilfsbereit, so hatte es zumindest Tigerstern immer erzählt.

Plötzlich raschelte es. Mottenflügel fuhr herum und starrte in Richtung Eingang. Zwei grüne Augen stachen aus der Dunkelheit heraus. "Mondfeder? Was machst du hier? Es ist mitten in der Nacht.", zischte sie ihn an. Mondfeder nickte heftig. "Eben. Ich möchte dir erklären, warum du hier bist.", antwortete er und schielte zu Tauspitze. "Er schläft doch, oder?"

Mottenflügel schüttelte verwirrt den Kopf. "Ja schon, aber-" "Das ist deine einzige Chance. Wenn du jemals die Wahrheit erfahren möchtest, dann jetzt." Mondfeder schlüpfte in den Bau und tappte in Richtung Kräutervorrat. Die goldene Kätzin sprang auf. "Ich möchte die Wahrheit erfahren, aber warum müssen wir das gerade hier klären?"

"Ganz einfach.", entgegnete Mondfeder gelassen. "Wir brauchen ein paar Kräuter und Seelenwasser. Beides finden wir nur hier."

Mottenflügel riss die Augen auf. "Was ist Seelenwasser?" Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Der silbergraue Kater stellte sein Fell auf und schlug abwehrend mit dem Schwanz. "Es ist besser, wenn du es nicht erfährst. Nur so viel: Der Name ist berechtigt." Sie erstarrte. Was soll denn das heißen?

Mondfeder fischte jetzt zwei Blätter aus der Baumkuhle heraus und legte sie zu seinen Pfoten ab. "Als erstes muss ich dich fragen, ob du das wirklich sehen möchtest.", miaute er. Mottenflügel blinzelte irritiert. "Ich möchte einfach wissen, wie ich helfen kann.", erklärte sie ihm, doch er hob eine Pfote. "Das weiß ich. Aber was du gleich siehst, könnte dich geistig zerstören. Willst du das?"

Sie schnappte nach Luft. Was meint er? Was werde ich denn sehen? Warum ist es so schlimm? "Ich....also, ich weiß nicht." Sie schluckte. "Doch, ich muss es endlich erfahren. Und du?"

Mondfeder legte den Kopf auf die Seite und sah sie fragend an. "Was ist mit mir?" "Na warum ist es nicht gefährlich für dich?", sagte Mottenflügel mit zittriger Stimme. Sie musste sich jetzt zusammenreißen. Wenn sie nachgab, würde sie niemals irgendetwas erfahren. "Ich...ich bin ja schon tot. Obwohl, ich bin tot gewesen. Mir kann das nichts anhaben." Die Frage schien dem Krieger sichtlich unangenehm zu sein.

Was ist das? Sie schob diesen Gedanken beiseite. Ich erfahre es ja schließlich gleich.

"Also, bist du bereit?" Mondfeder legte eines der Blätter vor ihr ab. Sie starrte auf die faszinierenden, geschwungen Linien, die dieses musterten und auf die spitze Form, zu der das Blatt zusammenlief. "Was ist das für ein Kraut?", fragte sie ihn rasch. Er kniff die Augen zusammen und schien zu überlegen. "Ich glaube, irgendetwas wie Korbmaranote...Nein, Korbmarante!"

Mottenflügel betrachtete die Korbmarante sorgsam. "Was bewirkt sie?", hakte sie nach und sah zu Mondfeder. Dieser zuckte mit den Schultern. "Ich kenne die genaue Wirkung nicht. Ich weiß nur, dass sie der Weg ist, um die Wahrheit zu erfahren." Sie nickte leicht. "Gut, ich bin bereit." Mondfeders Augen leuchteten auf, aber etwas dunkles huschte über seinen Blick.

Nun leckte der Kater das Blatt auf. Sofort verdrehten sich seine Augen und er brach zusammen. Mottenflügel unterdrückte einen Aufschrei. Vorsichtig berührte sie mit ihrer Zungenspitze erbendfall das Kraut, dann leckte sie es ganz auf und schluckte. Ein bitteres Gefühl überkam sie. Ihr wurde schwindlig. Mit einem tonlosen Stöhnen fiel sie zu Boden und es wurde schwarz.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top