Kapitel 12
"Ich denke, Tauspitze hat schon versucht, dir alles zu erklären.", antwortete Eulenstern gelassen. Stachelschweif schnippte zustimmend mit den Ohren.
"Es ist eigentlich ganz einfach.", fing er an. "Jede Katze von uns ist gestorben, doch als sie in den Sternenclan kam, hat irgendeine Katze beschlossen, uns nicht dorthin zu lassen, was jede Katze im Sternenclan einmal kann. Anschließend kommt diese verurteilte Katze wieder in die Welt der Clans. Allerdings unter ein paar Bedingungen. Sie wird niemals sterben, außer der Sternenclan beschließt, dass sie sterben muss, weil es im Lager zum Beispiel zu voll ist. Das Lager hat die erste Katze übrigens selbst gebaut. Blumenfuß ist am längsten von uns hier, aber das ist jetzt egal. Die Katze, die jemanden verstoßen hat, darf Eingriffe in dessen Leben vollführen, wie Unfälle oder aber auch Gutes, wie Junge."
Mottenflügel starrte ihn an. Der Sternenclan schickte Katzen weg und konnte sie nach Belieben töten? Stachelschweif schien ihr Entsetzen bemerkt zu haben, denn er strich ihr mit der Schwanzspitze über den Rücken und murmelte: "Ich weiß, wie es dir jetzt geht, aber der Sternenclan ist nicht immer so perfekt, wie du glaubst."
Mottenflügel drehte sich von ihm weg. "Der Sternenclan tut immer das Beste für uns.", fauchte sie, obwohl es ihr schwer fiel, es selbst zu glauben. Eulenstern erhob sich knurrend. "Der Sternenclan hat kein bisschen Ehrgefühl." Er spuckte diese Wort förmlich aus. Mottenflügel stäubte wütend ihr Fell. "Der Sternenclan hat Ehrgefühl. Sie weisen uns jedes Mal den Weg."
Stachelschweif schüttelte traurig den Kopf und tauschte einen Blick mit Eulenstern, der abfällig die Lippen verzog. "Würde er uns sonst hier her schicken und uns töten?", warf er ein. Die goldene Kätzin zögerte. Da kam Grünauge wieder herein und sie freute sich, eine Ablenkung zu haben. Hinter der zweiten Anführerin lief ein Kater, den Mottenflügel sofort erkannte. "Mondfeder.", entfuhr es ihr. Ihr Mund wurde ganz trocken, als er ihrem Blick begegnete.
"Hallo Mottenflügel.", miaute er leise, wobei er schnell auf seine Pfoten starrte.
"Du hast es wieder getan.", blaffte Eulenstern ihn an. Mondfeder zuckte zusammen, doch hob tapfer den Kopf. "Jemand musste sie auf den richtigen Weg weisen.", verteidigte er sich. Der Anführer fauchte. "Aber nicht ohne das mit mir abzusprechen, und erst recht nicht du." Mottenflügels Blick wanderte von einem zum anderen. Was passiert hier gerade? "Hast du vergessen, was mit Sonnenblumenschweif passiert ist?", warf Grünauge scharf ein.
Bei dem Namen verwandelten Mondfeders Augen sich in Schlitze und er riss den Kopf zu der Kätzin herum. "Wage es ja nicht, sie hier mit zu vergleichen!" Mottenflügels Augen weiteten sich erschrocken. Grünauge stieß ihm die Nase ins Gesicht. "Das ist doch das gleiche und wo ist Sonnenblumenschweif jetzt?" Wer ist diese Sonnenblumenschweif?
Eulenstern warf der grau-getigerten Kätzin einen warnenden Blick zu. "Lass es doch damit auf sich beruhen." Doch sie ließ nicht locker. "Es endet jedes Mal gleich. Es wird auch diesmal so enden.", knurrte sie bedrohlich. Mondfeder legte seine Ohren an, jaulte kurz auf und warf sich mit ausgefahrenen Krallen auf sie. Mottenflügel schnappte entsetzt nach Luft. Grünauge war nicht gerade überrascht und wich dem Schlag geschickt aus. Stachelschweif wollte gerade eingreifen, aber Mondfeder wirbelte herum und fuhr ihr mit den Krallen über die Nase.
Blut spritzte auf den Boden. Grünauge fauchte wütend, dann schlug sie ihm mit ihren Vorderpfoten die Beine weg. Mondfeder fiel ächzend zu Boden. Grünauge schnaubte und wandte sich an Eulenstern. "So etwas können wir uns nicht leisten." Damit sprang sie aus dem Bau.
Mottenflügel kauerte sich neben Mondfeder. Er hatte kein Blut verloren, aber der Aufschlag war hart und kraftvoll gewesen. "Ich sollte ihn zu Tauspitze bringen. Er muss untersucht werden.", riet sie Eulenstern, der mit verdrossenem Gesicht in seinem Nest saß. "Das Feuer wird niemals erlöschen.", miaute er unheilvoll, dann drehte er den Kopf zu ihr. "Was hast du gesagt?"
Mottenflügel fröstelte. Das Feuer wird niemals erlöschen. Was für ein Feuer? Etwa das aus meinem Traum? Sie schüttelte sich. "Ich sagte, er muss untersucht werden." Sie sah zu Stachelschweif. Der Kater fixierte seinen Anführer verwirrt. Aber schließlich schlüpfte auch er aus dem Bau. Eulenstern nickte Mottenflügel zu. "Du kannst auch gehen. Ich werde ein paar Krieger rufen, die ihn in den Heilerbau tragen. Außerdem solltest du dir von jemanden ein Nest zuweisen lassen."
Die goldene Kätzin erhob sich starr und tappte in Richtung Ausgang. Doch sie hielt noch einmal an. "Was für ein Feuer meinst du?", fragte sie. Eulenstern legte irritiert den Kopf auf die Seite. "Feuer? Was meinst du?", erwiderte er. Mottenflügel wollte gehen, als sie ein unsicheres Funkeln in seinen Augen sah. Sie blinzelte überrascht, dann trat sie aus dem Bau.
Auf der Lichtung hatte sich inzwischen eine große Gruppe von Katzen versammelt. Sie sahen alle zu Stachelschweif hinauf, der sich auf einem der Felsen positioniert hatte.
"Ich werde eine Patrouille entlang der Schattenclan-Grenze anführen. Wir müssen sicher gehen, dass sie sich nicht rächen wollen. Wer meldet sich freiwillig zum mitkommen?", rief er erwartungsvoll. Eine rotbraune Kätzin hob den Schwanz. "Ich möchte gerne mitkommen." "Du?", fragte ein getigerter Kater verwirrt. "Du warst doch einmal beim Schattenclan." "Ja und?", fauchte die Kätzin zur Antwort und stellte ihr Fell auf. "Ich dachte auch immer, der Sternenclan wäre tatsächlich der, für den er sich ausgibt."
Mottenflügel schnellte mit dem Blick zwischen den beiden Katzen hin und her. Ob es hier öfters solche Diskussionen gibt?, überlegte sie. "Keiner wird hier wegen seiner Vergangenheit benachteiligt.", mischte Stachelschweif sich ein. "Ich nehme Fuchsherz mit, verstanden?" Er sah den getigerten Kater scharf an. Dieser nickte gehorsam und wich zu einem orange-getigertem Kater zurück.
"Wer außer Fuchsherz möchte noch mitkommen?" "Ich!" Ein brauner Kater mit spitzem Maul sprang vor. "Gut. Deine Schülerin auch?", hakte Stachelschweif interessiert nach. Der Kater schüttelte leicht den Kopf. "Es wäre mir lieber, wenn nicht. Apfelpfote hat sich beim Kampf eine tiefe Wunde im Ballen zugezogen.", erklärte er und sah zu einer gelb-getigerten Kätzin die beschämt den Blick senkte.
Wie normal hier alles abläuft. Wirklich wie in einem Clan. Streuner sind das hier unter Garantie nicht. In Mottenflügels Kopf fing sich plötzlich alles zu drehen. Der Schmerz kam wieder und ihre Kniee wurden weich. Ihre Beine gaben nach, sie sackte zusammen. Nur noch der aufgeregte Schrei einer grauen Kätzin hallte in Ohren wieder. Komplette Dunkelheit umhüllte sie.
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