Kapitel 8 - Angriff der Löwen 2.0

PoV Jackson
Erschrocken blickte ich in das Gesicht einer jungen Frau. Tränen liefen über ihr Gesicht, welches von Kratzern, Schrammen und Dreck durchzogen war. Ihre Haare waren zerzaust, ebenso wie ihre Kleidung. Panisch versuchte sie mir etwas zu sagen, aber ich konnte sie nicht verstehen. Sie sprach eine andere Sprache. Französisch vielleicht. »Wow...hey, hey!« Ich packte sie an beiden Schultern und wollte, dass sie sich beruhigt, aber sie war weiterhin so apathisch. »Hey, was ist los? Ich versteh nicht, was sie sagen.« Wieder quillte ein schwall von Wörtern aus ihr heraus, von dem ich kein einziges Wort verstand. Immerhin habe ich nie Französisch gelernt. »Ich kann sie nicht verstehen.« Hinter mir ertönte ein Brummen. Ich drehte mich um und sah noch, wie einer der Löwen in den Bus sprang. Abraham. Er war noch immer in dem Bus. Als ich realisierte was da vor sich ging schrie ich. »Abraham!« Ich wollte zu ihm, aber die junge Frau griff nach meinem Arm und krallte sich mit ihren Fingernägeln fest. Sie wollte mich wegziehen. Unsanft wehrte ich mich gegen sie, als mehrere Schüsse aus dem Bus zu hören waren. Ruckartig galt meine gesamte Aufmerksamkeit wieder dem Bus und dem Löwen. »Er ist mein Freund! Das ist mein Freund!« Wieder schrie ich und versuchte es der Frau klar zu machen, doch sie verstand mich anscheinend nicht, ließ mich aber dennoch nicht los. Mein Blick fiel auf den Boden, auf dem mein Gewehr lag. Schnell riss ich es hoch und schoss auf den Löwen, der mit blutgetränkter Mähne aus dem Bus kam. Mein Atem wurde schneller, hektischer. Abe... »Nein!« Mehrere Löwen kamen durch das hohe, trockene Savannengras auf uns zu. Erst langsam und dann immer schneller. Eigentlich sollten wir wegrennen, doch ich blieb wie angewurzelt stehen und realisierte es einfach nicht, was hier gerade vor sich ging. »Wir müssen hier weg!«, schrie plötzlich die junge Frau direkt neben meinem Ohr, diesmal in meiner Sprache und holte mich zurück ins hier und jetzt. Sie zerrte mich am Arm in Richtung Wagen. Ich wollte und konnte nicht glauben, dass Abe tot war. Ich wollte nicht aufgeben. »Abraham!« Niemand schrie zurück. Sicher war er nur verletzt, aber noch am Leben und brauchte Hilfe. Ich musste ihm helfen. Gerade wollte ich einen Schritt vorwärts machen, als ich merkte, dass die Löwen anfingen zu brüllen. Sie umzingelten uns in einem Halbkreis und rannten auf uns zu. Schnell drehte ich mich um und tat es der jungen Frau gleich, die meinen Arm losgelassen hatte und vor mir zum Wagen rannte. Die Löwen waren schnell, sie würden uns einholen, schoss es mir durch den Kopf. Immer wieder drehte ich mich während dem Laufen um und schoss auf sie, doch es machte ihnen nichts. Sie schenkten dem Knallen des Gewehres keine Beachtung und rannten weiterhin auf uns zu.
Die junge Frau erreichten den Wagen, riss die Tür auf und drängte sich ins Innere. Ich spurtete ihr nach und zwängte mich so schnell wie möglich auf den Fahrersitz und zog die Tür hinter mir gerade noch rechtzeitig zu. Denn kaum war die Tür geschlossen, sprangen die Löwen wie wild auf das Auto, kratzend und brüllend.

Die junge Frau neben mir schrie immer wieder panisch auf, während ich versuchte den Wagen zu starten. Hastig drehte ich den Schlüssel um, aber der Motor wollte nicht anspringen. Verzweifelt versuchte ich es erneut, bis er schließlich lief und ich losfuhr. Die Löwen blieben brüllend und fauchend zurück und wurden in der Ferne immer kleiner.
Mein Atem ging immer noch hektisch und mein Herz klopfte in meiner Brust. Der Frau neben mir schien es nicht anders zu ergehen. Sie fuhr sich durch die Haare und immer mehr Tränen liefen ihre Wangen hinab. Ich zog den kleinen Flachmann aus meiner Hosentasche und hielt ihn ihr hin. Alkohol hilft ja bekanntlich immer. »Hier trinken sie. Das ist Kentucky Bourbon.« Dankend griff sie danach und nahm mehrere große Schlucke und wurde kaum merklich ruhiger.
»Ich heiße Jackson«, versuchte ich ein Gespräch anzuzetteln. »Chloe« antwortete die junge Frau fast atemlos und starrte abwesend auf das Armaturenbrett. Sie war völlig traumatisiert. »Ok, erzählen sie mir was passiert ist, Chloe?« Sie nickte kaum merklich und begann zu erzählen. »Wir waren unterwegs und haben uns nach Tieren umgeschaut. Wir waren vielleicht fünfzehn Leute. Ein japanisches Pärchen war dabei und eine Gruppe russischer Touristen«, sie schluchzte auf und ich sah sie mitfühlend, aber neugierig an. »der Reiseführer, er...er wollte, dass wir aussteigen um uns Gazellen anzusehen. So sind wir ausgestiegen...wir sind näher an die Gazellen rangegangen und dann habe ich ein Geräusch gehört. Ich habe mich umgedreht und da war der Busfahrer...er wurde angegriffen und etwas fiel von einem Baum auf uns runter. Es war ein Löwe und einer und noch einer und Simon hat gleich versucht auf sie zu schießen, aber...die Löwen haben ihn zuerst erwischt.« Fassungslos starrte ich wieder auf den Weg vor mir und kämpfte innerlich mit mir. Simon war...tot? Nein. Chloe rollten wieder Tränen hinab und sie schluchzte auf. Mit tränenerstickter Stimme sprach sie weiter. »Ich hab versucht den anderen zu helfen, aber ich wusste, dass ich sterben würde. Oh Gott« Sie legte ihr Gesicht in ihre Hände und schluchzte laut auf, ehe sie begann richtig zu weinen. Sie ließ die Angst und die Erleichterung am Leben zu sein raus. Ich konnte mich gut in sie hinein versetzen. Aber ich konnte nicht das fühlen, was sie erlebt hatte. Sie hatte all diese Menschen sterben sehen und hat um ihr Leben bangen müssen. Ich schluckte und schaute zu ihr rüber. Sie schien sich wieder einigermaßen zu fassen. »Wie geht sowas überhaupt? Wann stirbt man wenn man lebendig gefressen wird?« fragte sie vorwurfsvoll. Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung«, meinte ich und konzentrierte mich wieder auf die Straße. Wieder griff Chloe zum Flachmann.
Wir waren schon eine ganze Weile unterwegs und die Sonne stand schon tief. Das heißt, sie würde in den nächsten Stunden langsam untergehen. Chloe sah sich eine Wunde an ihrem Bein an. Sie sah nicht besonders gut aus. »Sieht übel aus«, meinte ich skeptisch. Aber sie wehrte ab. »Halb so schlimm« Wem wollte sie eigentlich was vormachen? Hinter ihrem Sitz entdeckte ich einen Erste-Hilfe Koffer und griff danach. Ich reichte ihn ihr. »Hier, versuchen sie's damit.« Sie öffnet den Koffer und kümmerte sich um ihre Wunde. »War der Reiseführer aus meinem Camp ein Freund von ihnen?«, hakte sie vorsichtig nach. Ein Stich durchzog meine Brust beim Gedanken an Simon und...Abe. Ich seufzte. »Ja...und sein Cousin Abraham ist...war mein bester Freund.« Ich konnte es noch immer nicht glauben und versuchte mir irgendwie einzureden, dass sie alle noch am Leben waren. Aber so war es nun mal nicht. »Der Mann der in den Bus gestiegen ist?« »Der Mann der in den Bus gestiegen ist.« bestätigte ich ihre Frage. Eine unangenehme Stille breitete sich aus, bis es plötzlich krachte und Rauch von der Motorhaube kam. Oh nein. Bitte lass mich jetzt nicht im Stich, ermahnte ich den Wagen in meinem Innern. »Sekunde«, sagte ich zu Chloe, die mich erschrocken ansah. Ich wollte den Motor abstellen, doch das musste ich gar nicht mehr. Wir stoppten und verzweifelt raufte ich mir die Haare. Jetzt waren wir auch noch liegen geblieben. Ich öffnete die Fahrertür und stieg aus um mir das ganze anzusehen. Es war der Kühler. Die Löwen müssen ihn irgendwie beschädigt haben. Das darf doch nicht wahr sein. Naja, von hier müssten es ungefähr zehn Kilometer bis zu Simons Camp sein. Wir mussten laufen, wenn wir hier noch vor Anbruch der Nacht weg sein wollen. Ich wusste, dass Chloe von diesem Vorhaben ganz und gar nicht begeistert sein würde. Ich ging zurück zum Wagen. »Was ist los?« fragte sie mich. »Anscheinend haben die Löwen den Kühler erwischt.« »Na und was machen wir jetzt?« Sie sah mich fragend und panisch an. »Von hier bis zum Camp sind es zehn Kilometer.« »Zehn Kilometer?«, wiederholte sie meine Worte entrüstet. »Und dann können wir über Funk Hilfe rufen.« Sie schien genau zu wissen, was mir in den Sinn gekommen war. »Sie schlagen doch nicht etwas vor, dass wir...« Sie deutete mit dem Finger in die Wildnis. »Doch wir laufen.«

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