Kapitel 4
Hyunjins POV
Der nächste Tag war nicht anders als der gestrige. Die gleichen schmerzenden Worte von Sanha und Eunwoo. Ich frage mich, wie lange ich das noch aushalten muss, wie lange ich noch gegen die Schmerzen ankämpfen muss, die die beiden mir in mein Herz treiben, es zerreißen wollen. Ich muss still sein. Wimmern würde ihnen zeigen, dass sie die Gewinner ihren kleinen Psychospiel sind. Dass sie erfolgreich sind, mir zu zeigen, wie wenig ich eigentlich wert bin. Keine Blütenblätter lagen auf meinen Tisch, als ich nach der großen Pause zurück ins Klassenzimmer kam. Ich war schnell bei Jeongin gewesen, um mich ein wenig mit ihm zu unterhalten, bevor ich wieder für Stunden still sein werde. Meine Noten sind nicht nur schlecht, ich trage nie etwas bei. Zu sehr habe ich Angst, dass sich Sanha oder Eunwoo etwas Böses erwidern könnten und mich vor der Klasse bloßstellen würden. Lieber ich blieb still als Wut in den beiden zu entfachen, die dazu führt, dass sie mich noch mehr fertig machen wollen. Zu meiner Freude ließen sie mich heute in Ruhe. Das merke ich, weil mein Tisch nicht voller rausgerissener Blumen war.
Hätte ich mich bloß nicht zu früh gefreut.
Die zwei gesellten sich an mein Tisch, schauten auf mich herab, als würde ich ein dreckiges Stück Papier sein, das am Asphalt klebte. „Heute ist dein Glückstag. Wir befreien dich von deinem komischen Hobby." Fragend schaute ich die Idioten an. „Wie ich sehe, verstehst du nicht ganz", erwiderte Sanha mit einem bösen Grinsen. „Schau in dein Beet im Schulgarten. Wir haben dir eine Freude gemacht." Sofort war ich aufgestanden. „Was habt ihr mit meinem Beet gemacht?", stieß ich wütend hervor. „Schau doch selber", sagte Eunwoo nur und grinste dabei Sanha an. Diese Blicke sagten viel. Sie klebten voll mit Schadenfreude. Der Unterricht war mir egal, der in jeder Sekunde beginnen würde. Mir war egal, ob unser Klassenlehrer mich aufhalten würde und fragen, wieso ich nicht im Zimmer bin. Ich würde einfach nicht antworten und wegrennen. Mir war es egal, ob ich Ärger deswegen bekommen würde. Es war mir einfach nur egal. Ich rannte nach draußen und sah, dass unser Lehrer dem Klassenzimmer näherte. „Hyunjin?", fragte er, doch ich war bereits an ihm vorbei gerannt. „KOMM SOFORT WIEDER!", hörte ich ihn rufen aber ich blockte ab, riss eine Wand zwischen ihm und mir auf. Meine Schritte hallten auf dem Linoleumboden. Mein Herz raste.
Draußen beschleunigte ich nur mein Tempo, wollte nur noch bei meinen Rosen sein und sie trösten, falls die beiden Idioten ihnen Leid hinzugefügt hat. Meine Augen fokussierten sich auf den Schulgarten, wo die kleine Metalltür sperrangelweit auf war. Ich rannte rein und schaute mich gehetzt um. Dort war mein Beet mit meinen Rosen und was ich sah, trieb mir Tränen in die Augen. Sanha und Eunwoo haben die Blüten von ihren Dornenstängel abgerissen und lieblos auf den Erdboden gestreut. Alle meine wunderschönen Rosen wurden missbraucht von den Monstern. „Nein....", stammelte ich, während ich dem Beet näherte. Mein Herz raste. Pumpte immer Trauer in mir ein. „Nein...." Dieses Mal klang meine Stimme wie ein Wimmern. Vor dem Beet kniete ich auf den Boden. Meine Augen brannten. Tränen wollten raus. „Bitte nicht...." Mit zitternden Händen hob ich ein zartrosanen Blütenkopf auf. Der schwache Duft der sterbenden Rose stieg in meine Nase. Die ersten Tränen tropften auf das Rose, perlten an ihr ab und trafen auf die dunkle Erde auf. Ich nahm weitere abgeschnittenen Rosenblätter in meine Hände und drückte sie sachte an meine Brust. Meine armen Lieblinge. „Was...haben sie nur mit euch gemacht?", fragte ich die Blütenblätter in meinen Armen. Ihr Duft wurde intensiver. Dabei waren sie noch so jung und hätten noch ein paar Jahre vor sich. Jahre, in den sie mich aufheitern würden und wenn ihre Zeit gekommen war und sie verwelkten, dann würde ich neue pflanzen aber so hatten sie keine Chance auf ein Leben. Man hatte ihr das Leben aus den Dornenstängel gerissen und es fühlt sich an, als würden Sanha und Eunwoo auch Leben aus mir entrissen haben.
Die ganze Zeit blieb ich bei meinen zerstörten Rosen, sammelte sie alle auf und küsste sie sanft, während ich um ihren Verlust trauerte. Ich hab keine Kraft auf zustehen und zurück in den Unterricht zu gehen, ich will Sanha und Eunwoo nicht mehr sehen. Ich will einfach nur jemand anderes sein, der so ein Leben nicht mehr führen muss. Wäre ich nur Felix. Dann würde mich jeder lieben und ich müsste mich nie um Mobber kümmern. Ich wäre der schönste Junge auf der Schule und hätte Freunde. Nicht nur Jeongin. Niemand würde es wagen meine Rosen zu berühren und vielleicht könnte ich ein paar für Rosen begeistern. Jeder würde mich gerne haben und ich würde mit Komplimenten überschüttet werden. Angel hat sicher ein schönes Leben. Wie gerne würde ich Angel sein.
Weil ich nicht ewig die Blumen in meine Händen halten kann, muss ich sie leider entsorgen und zerstörte Blumen gehörten in die Biotonne. Sie lag etwas weiter hinten im Garten, deswegen stand ich auf und trug die toten Rosen dorthin. Kurz verabschiedete ich mich von ihnen, ehe ich wieder zurück lief um mich um den Rest des Beetes zu kümmern, als ich etwas darin sah, was vorher noch nicht da lag: Eine graue Feder. Wie kommt sie denn hier her? Ich wollte sie aufheben, meine Fingerspitzen berührte ihre Weichheit, als mir ein Bild von Felix in den Kopf schoss. Was auch immer. Ich ging nach Hause.
@_ChaniesHeadphones_ Herz blutet sicher auch gerade wegen den Rosen :')
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top