24
"Wie ich gehört habe, ist das FBI an Tony dran", kam es emotionslos von ihm.
Mein Blick wurde verständnislos. "Glaubst du allen Ernstes, ich würde dir Details über laufende Ermittlungen mitteilen?"
Er zuckte mit den Schultern. "Du hast es doch schon einmal getan."
"Das war ein Fehler", fauchte ich regelrecht.
Blitzschnell war er vorgeschnellt und hatte eine Hand an meine Wange gelegt, während er mir intensiv in die Augen blickte. "Diesen Eindruck hatte ich damals nicht."
Ich schluckte heftig ob der Erinnerungen, die über mich hinwegrollten, hielt aber seinen Blick.
Er riss sich los, erhob sich und schritt im Raum auf und ab. Bevor er zu Sprechen ansetzte, holte er tief Luft. "Du hast dich verändert. Das hat auch Tony gesagt."
Ich stellte mich dumm. "Ich kenne keinen Tony."
"Oh. Naja, vielleicht kennst du ihn auch als Alexander. Das ist sein Deckname." Er befand sich hinter mir, aber ich konnte mir sein dreckiges Grinsen vorstellen. "Ich habe euch beobachtet, Lillian. Du bist eine sehr gute Schauspielerin. Es wirkte sehr real. Hat mich an unsere gemeinsame Zeit erinnert. Ich vermisse sie." Gegen Ende wurde er leiser und raunte mir den Schluss nur ins Ohr.
Überrascht sog ich die Luft ein. "Das hier ist nur Zeitverschwendung. Töte mich hier und jetzt, wenn du den Mut dazu hast."
Er lächelte. "Aber tot nützt du mir nichts mehr. Dabei sollst du mich zu Tony führen."
Ein verächtliches "Pah!" verließ meinen Mund. "Habt ihr keinen Überblick mehr über eure eigenen Mitglieder?"
Verwirrt legte Clay den Kopf schief. "Mitglieder? Ich glaube, ich bin nicht auf dem neuesten Stand. Tony ist kein Mitglied von irgendwas."
Ich nickte. 'Clevere Antwort.'
"Von was sollte er denn Mitglied sein?", erkundigte sich Clay ehrlich interessiert.
Misstrauisch zog ich die Augenbrauen hoch. "Sag' du es mir."
Er schüttelte den Kopf und wandte sich ab. "Nun, wenn du so wenig kooperativ bist, muss ich dich wohl überzeugen." Er holte tief Luft, ehe er sich unerwartet umdrehte und mir in den Bauch boxte.
Getroffen krümmte ich mich, soweit das die Fesseln erlaubten und starrte ihn mit zusammengebissen Zähnen vernichtend an.
"Mal sehen, wann dein ach so toller Boss auftaucht und dich rettet."
Ich war bestimmt schon 24 Stunden hier und meine Augen fielen mir fast zu, wenn sie nicht zugeschwollen waren. Immer, wenn ich fast einschlief, weckte mich ein greller Schmerz wieder vollständig auf. Meine Peiniger versuchten mich mit Gewalt zu überzeugen, für sie Alexander's oder Tony's Aufenthaltsort herauszufinden, damit sie weiß Gott was mit ihm machen konnten. Natürlich kooperierte ich nicht. Ich gefährdete doch nicht leichtsinnig ein Menschenleben. Meins eingeschlossen, immerhin war ich in Nahkampf trainiert. Seit ein paar Stunden bewegte ich meine Handgelenke, in der Hoffnung, das Seil zu lockern. Ich hatte es fast geschafft. Mein Blick flog nervös zu meiner Tasche. Jetzt nur das richtige Timing abwarten. Nur nicht zu übereilt! Es musste alles passen; ich würde keine weitere Chance bekommen.
Als er mir eine Sekunde lang den Rücken zugedreht hatte, befreite ich meine Hände von dem Fesseln, sprang auf und verpasste ihm einen gezielten Schlag an den Hals, sodass er bewusstseinseingetrübt zurückstolperte und zusammensackte. Blitzschnell drehte ich mich zu meiner Tasche und zog meine Pistole heraus, bevor ich mich schnell wieder umwandte und auf ihn zielte. Als sein Blick wieder aufklarte, grinste er nur. "Voreilig, meine Lillian, viel zu voreilig."
In dem Moment hörte ich, wie sich die Tür öffnete und wieder schloss. Ich hatte keine Zweifel, dass Marc mich gefunden hatte, denn er war wirklich gut. Ich vertraute meinem Team, dass sie mir rechtzeitig zu Hilfe kommen würden.
"Gutes Timing, Marc", rief ich nach draußen.
Schritte ertönten, die näher kamen und ich zuckte zusammen, als ich direkt hinter mir das Entsichern einer Pistole hörte und den kalten Druck an der Schläfe spürte. "Tut mir leid, dich zu enttäuschen, Puppe." Clay erhob sich grinsend, zog ebenfalls eine Waffe und kam auf mich zu.
Meine Gedanken schossen in meinem Kopf herum, während ich versuchte, meine Möglichkeiten auszuloten. Schließlich entschloss ich mich, dass es das Schlaueste wäre, die Waffe wegzulegen und zu vertrauen, dass sich noch ein guter Moment bot, die Männer K.O. zu schlagen.
Ich legte meine Waffe auf den Stuhl und diesen Moment nutzte ich, um mich umzudrehen und meinem Hintermann den Arm mit der Pistole auf den Rücken zu drehen, diese an mich zu reißen und einen Schritt hinter den Mann Richtung Tür zu gehen. Clay war leider so schlau gewesen, einen Schritt von mir weg zu bleiben. Ich zielte auf die beiden.
"Ich hab' dir gesagt, Jake, sei bei ihr vorsichtig!", fauchte Clay seinem Kumpel zu.
"Waffe weg!", schrie ich schrill. Mit ein bisschen Glück würden die Nachbarn die Polizei rufen.
Clay lachte dreckig auf. "Und warum um alles in der Welt sollte ich das tun?"
Ich hielt seinen finsteren Blick und richtete die Waffe auf seinen Kumpel. "Weil ich ihn sonst abknalle."
Clay grinste. "Denkst du das interessiert mich? Er ist nur der Bodyguard. Such' ich mir halt 'n neuen."
Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und richtete die Pistole wieder auf ihn. "Dann eben dich. Oder euch beide. Bei meiner Schießkunst knall' ich euch beide ab, bevor du dich rühren kannst."
Clay schluckte. Er wusste, dass ich Recht hatte. Er hatte mich schon schießen sehen.
Jake stieß ihn mit dem Ellenbogen an. "Mach' schon, ich hab' keinen Bock heute ins Gras zu beißen."
Clays Blick verfinsterte sich noch weiter und er umklammerte seine Waffe noch entschlossener. "Klappe, Jake. Wer hat dich gefragt?"
"Ein Typ namens gesunder Menschenverstand", witzelte er. "Maaan, echt jetzt Alter, die macht Ernst."
"Natürlich macht sie das", murmelte er, beugte sich aber vor, um die Waffe auf den Boden zu legen.
Ich nickte nervös. "Jetzt schieb' sie mit dem Fuß zu mir. Weiter weg", dirigierte ich ihn, bevor ich mich hinunterbeugte und sie aufhob. "So, und jetzt schön umdrehen", wies ich sie an. "Und immer schön die Hände oben lassen." So entfernte ich mich flugs aus der Küche, und sprintete zur Tür hinaus und die Treppe hinunter. Ins Hotel konnte ich sowieso nicht, da Clayton es ja offensichtlich beobachtete. Das Schlaueste wäre natürlich, direkt zu Lou oder Marc zu gehen, aber das wollte ich nicht. Immerhin hatte ich die Regeln gebrochen, wenn auch nur Marcs. Aber er würde mir das sicher nicht so schnell verzeihen. Also rannte ich erstmal Richtung Stadtzentrum, in der Hoffnung, dort mehr Leuten zu begegnen.
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