Schlag 7


Matthews Handy macht ein nicht sehr erfreuliches Geräusch. Es hupt.

Wenn das Hupen ertönt, ruft sein Vater an. Albertus Wellington.

Und Matthew ist nicht sonderlich in der Stimmung, um mit ihm zu telefonieren. Es reicht ihm schon, verschnupft im Bett zu liegen und zu denken, sein Kopf explodiert vor Schmerzen gleich. Da braucht er nicht noch die ohrenbetäubende Stimme seines Vaters.

Doch er weiß, dass er antworten muss, damit das Hupen ein Ende hat. Albertus wird es sonst wieder und wieder versuchen, bis Matthew endlich den grünen Hörer drückt und genervt „Was ist?" ins Telefon motzt.

Er hebt ab und zieht seine Nase lautstark hoch. Sein Vater kann ruhig wissen, dass er krank ist. „Hallo?"

„Wieso sagst du das, als wüsstest du nicht, wer anruft? Mein Name steht auf deinem Handy", legt Albertus sprudelnd los.

„So antwortet man", stöhnt Matthew genervt. „Was willst du?"

„Ich darf dich nicht einfach mal so anrufen? Bist du krank? Ich höre dein Schniefen."

„Ich bin krank und hab keine Lust zu telefonieren." Matthew will gerade auflegen, da sagt Albertus: „Ich will auch nicht lange reden. Wollte nur fragen, wie es dir in der Uni ergeht. Ich denke, dafür, dass ich dein Studium finanziere, steht mir ein Update zu."

Er will ihn doch verarschen, oder? Albertus weiß hundertprozentig, dass Matthew nur studiert, um nicht mehr zu Hause wohnen zu müssen.

„Es läuft super", murmelt er deswegen leicht sarkastisch und streckt einen seiner Füße aus dem Bett. Ihm wird es langsam zu warm unter der Decke. Vielleicht hat er Fieber.

Schon allein bei dem Gedanken, dass er das Treffen mit William absagen muss, wird seine Laune noch miserabler.

„Das ist doch schön. Ich hoffe, du tust auch etwas und machst nicht nur die ganze Zeit Party."

„Man kann auch beides machen", scherzt Matthew. Er hat keine Lust mehr. Er will auflegen und sich eine Aspirin nehmen. Dann vielleicht schlafen und einen Fiebertraum über Sex mit William haben.

„Ich bin kein Anwalt durch's Faulenzen geworden, Matthew Wellington. Ich möchte, dass du mich weiterhin updatest, was deine Noten angeht. Lass dir das ein Ansporn sein, mehr zu tun."

Matthew rollt mit den Augen. Wahrscheinlich hat sein Vater jemanden an der Universität bestochen und weiß, dass Matthew schlechter als schlecht in fast allen seinen Kursen ist. Deswegen hat er angerufen. Dieser Lügner.

„Aber natürlich, Vater", murmelt er.

Die Beziehung zu seinem Vater würde Matthew nicht als sonderlich schlecht beschreiben. Sie waren nie sehr eng, aber sie kommen miteinander aus. Da sein Vater Matthews Mutter als er sieben war, für einen anderen Mann verließ und seinem Sohn daraufhin das Konzept der Bisexualität erklärte, war es Matthew ein Leichtes sich mit sechzehn zu outen.

Das was die beiden am meisten stört, ist die freche Klappe des anderen. Und das haben sie nun einmal gemeinsam.

Matthew drückt auf den roten Hörer, bevor sein Vater sich verabschieden kann und versinkt dann wieder in die Kissen. Sein Bett ist so klein, dass er sich kaum umlegen kann. Einmal um die eigenen Achse zu drehen, ist das höchste der Gefühle.

Er nimmt sich eine Tablette, löst sie in seinem Glas Wasser auf und trinkt das ganze dann auf Ex.

Ihm wird etwas schwummerig und seine Augen schließen sich. Vielleicht sollte er schlafen. Er ist so unglaublich erschöpft...

-

Matthew steht im Foyer der großen Villa. Seine Schuhe hat er gerade ausgezogen, da drückt William ihn auch schon gegen die Wand und küsst ihn.

„Wow, was ist in dich gefahren?", nuschelt er in Williams Kuss.

William sieht ihn an. Seine Augen sehen anders aus als sonst. Matthews ganzer Körper kribbelt bei diesem Anblick.

William antwortet nicht. Er schleppt Matthew stattdessen hinter sich her. Die Treppe hinauf. Und dann in das Zimmer.

„Ich kümmere mich jetzt gut um dich, mein Kleiner."

Matthew landet auf dem weichen Bett. Es fühlt sich an wie Federn. So weich, so sanft, so voller Ruhe.

„Ja, tu das", murmelt er nur und schließt kurz die Augen.

Als er die Augen wieder öffnet, ist William verschwunden. Matthew wundert sich kurz, bleibt liegen, doch dann setzt er sich auf und sieht sich im Raum um. „William? Will? Mister Handler?"

Er wird etwas wütend, aber ist auch so sexuell frustriert, dass es ihm egal ist, was William gerade tut. Er will einfach nur Sex haben.

Er verlässt das Bett und schaut in den Flur. Plötzlich steht dort William und schaut ihn böse an. „Du musst lernen, dich zu benehmen."

„Bitte? Ich warte auf dich! ich würde sagen, du musst dich eher lernen zu benehmen!"

Matthew verschränkt die Arme, so wie William es immer noch tut.

Dann spürt er einen heftigen Hieb auf seinem Hintern.

Als er sich umblickt, steht dort William.

„Wie bist du so schnell...?", stottert Matthew.

„Ich kann mich vielleicht teleportieren? Aber wie solltest du das auch wissen, wenn du nie nach mir fragst."

„Nie nach dir... Aber wir reden doch, oder?", fragt Matthew. Er ist verwirrt.

Dann ist es egal in welche Richtung er guckt. Überall, wo er hinsieht: Da ist William. Im Flur, Im Zimmer, hinten am Treppenabsatz.

„Wieso fragst du nie nach mir? Vielleicht bin ich sein Zwilling. Du bist ignorant, Matthew. Ich hoffe, dass du endlich mal merkst, dass du träumst."

„Was? Was?" Matthew schwebt auf den Treppenabsatz zu. Plötzlich steht er oben auf der Brüstung. Und blickt nach unten. Dort steht William. Er hat die Arme ausgebreitet und ein fieses Grinsen auf dem Gesicht.

„Vielleicht kannst du ja fliegen, wer weiß?"

Dann fällt er.

-

Hastt du einemn Zwielling odwer kannnst su dicvh telleprotieirn? sag Ess mitr bite.

William starrt mit gerunzelten Augenbrauen auf die Nachricht und überfliegt sie immer wieder. Hat Matthew irgendwas genommen?

Wie bitte?, schreibt William dann letztendlich zurück.

Es dauert eine Weile, dann kommt eine Nachricht zurück.

Na di hst gesght, das ijch dich frwgen soll

William zögert nicht, als er auf den Telefonhörer drückt und hält sich sofort das Handy ans Ohr.

Schließlich geht Matthew ran. „Hallo Daddy!"

„Was ist los bei dir? Hast du Drogen genommen oder was?" William ist ein Stück wütend. Denn wenn Matthew wirklich Drogen genommen hat, verstößt er damit gegen ihren Vertrag.

„Ich weiß es nicht mehr. Gilt Aspirin?"

„Aspirin? Bist du krank?"

„ich liege im Bett, also muss ich es wohl sein."

William hört ein Husten.

„Und wieso willst du wissen, ob ich... mich teleportieren kann? Wenn es das ist, was du schreiben wolltest..."

„Weil du das gemacht hast", antwortet Matthew, als wäre es das einfachste von der Welt.

„Nein, Matthew. Hast du vielleicht einen Fiebertraum gehabt?"

Matthew scheint zu überlegen, denn die Leitung ist ruhig. William hört, wie sich die Bettdecke bewegt.

„Ich will Sex mit dir haben", platzt es dann aus Matthew heraus.

„Was? ich... Lenk nicht ab. Hattest du einen Traum?" William greift sich schon seine Autoschlüssel und zieht sich seine Schuhe an. Matthew muss wohl ein bisschen zu viel von was auch immer genommen haben. Nur weil man krank ist, heißt das nicht, dass man seine ganzen Medikamente in sich hinein schaufeln kann.

Aber wahrscheinlich hat Matthew von so etwas keine Ahnung. Reich und verzogen.

Matthew hört, dass William im Auto sitzt. „Haben wir Autosex?"

„Du bist nicht hier. Wie soll das also gehen?", murmelt William und konzentriert sich dann wieder auf die Straße.

Er hat Matthew bereits drei Mal gesagt, dass er gleich da ist, aber Matthew will nicht auflegen und blubbert ihn voll. Ohne Filter.

William summt nur zustimmend hin und wieder, hört aber nicht wirklich zu.

Dann fährt er schließlich auf den Parkplatz vor dem Wohnheim, in dem sich irgendwo ein kranker, verwirrter Matthew befindet.

William stellt Matthew kurz auf stumm und fragt sich herum. Er findet das Gebäude, in dem Matthews Zimmer ist und klingelt bei den Nachbarn seines Subs. Die lassen ihn rein und dann muss William nur noch ein paar Treppen nach oben, bis er vor Matthews Tür steht.

„Ich stehe vor der Tür. Bitte mach auf", sagt William langsam.

Er hört etwas von innen. Dann schließt jemand die Tür des Apartments auf.

Matthew trägt ein T-Shirt, welches deutlich zu groß für ihn ist. Er trägt Boxershorts und Socken. Seine Augen sind glasig und scheinen sich nicht sonderlich gut auf William zu fixieren. Seine Haare sind ein Chaos. Aber kein hübsches, Hollywood reifes Chaos. Sie sind fettig und sitzen so merkwürdig auf seinem Kopf, dass William fast lachen muss.

„Sollen wir auflegen?", fragt Matthew in den Hörer und sieht William dabei an.

William nickt und drückt den roten Button.

Matthews Zimmer sieht so aus, wie sich William es vorgestellt hat. Und neben seinem Bett steht ein Haufen an Medikamenten. Hustentropfen, Lutschtabletten, Aspirin, Schmerztabletten und sogar Fieberzäpfchen.

„Hast du das alles genommen?", fragt William Matthew besorgt und hilft diesem sich auf sein Bett zu setzen.

Matthew schaut auf den unsortierten Haufen. „War das nicht richtig?"

„Sag mal, warst du noch nie krank? Natürlich nicht, Matthew!", ärgert William sich. Das hier ist kein Spiel, kein Kink. Matthew hat einfach keine Ahnung, was man tun soll, wenn man eine Grippe hat. Und das löst merkwürdige Gefühle in William aus. Er will sich auf der einen Seite umdrehen und gehen, denn wie soll er eine Beziehung mit jemandem führen, der auf sich selbst nicht achten kann? Woher soll William wissen, dass Matthew okay mit dem ist, was sie tun?

Und auf der anderen Seite will er hier bleiben, aufräumen und dafür sorgen, dass es Matthew besser geht. Und dann weiter sehen.

Er nimmt sich ein paar der Medikamente und steckt sie in ihre jeweiligen Dosen und Schachteln. Er sortiert sie alle in Stapel und Haufen und legt alles außer Matthews Reichweite.

„Bitte leg dich wieder hin. Ich bringe dir einen kalten Lappen", sagt William dann.

Matthew gibt keine Widerworte. Auch wenn er etwas verwirrt ist und immer noch gefühlt aus allen Poren Feuer speit, weiß er doch irgendwie, dass er etwas verbockt hat. Und das es jetzt am besten ist, die Klappe zu halten.

William macht Matthew einen Tee, gibt ihm einen kalten Lappen und wechselt seine Bettdecke und sein Kissen.

Nach einer Stunde sitzt Matthew dann zusammen mit William auf seinem Bett. Matthews Augen sind klarer, das Fieberthermometer zeigt nur noch erhöhte Temperatur und Matthew hat mittlerweile verstanden, was ein Traum war und was wirklich.

Er schämt sich.

William sagt nichts zu alledem. Er ist nur geduldig, kümmert sich um ihn und sorgt dafür, dass Matthew immer das hat, was er gerade braucht. Ob das nun ein Lappen ist, seinen Laptop oder eine kalte Decke.

Es wird abends und draußen gehen die Straßenlaternen an, als der Himmel dunkler wird. Man hört mehr Stimmen im Wohnheim, als alle von ihren Kursen wieder zurück sind und sich Abendessen machen oder sich auf eine Party vorbereiten.

Matthew und William sitzen immer noch auf dem Bett, als William schließlich sagt: „Du kommst heute über Nacht mit zu mir."

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