Schlag 23

Ein einziger, dünner Sonnenstrahl fällt auf Williams Wange und wärmt seine verschlafene Haut. Seine Füße sind in der Bettdecke verschlungen und etwas äußerst Warmes liegt an seiner Seite. Er vermutet, es sei ein Heizkissen.

Doch natürlich ist es Matthew. Sein Körper strahlt mehr Wärme aus, als die Sonne, die auf Williams Gesicht fällt.

Matthew hat die Augen geschlossen und atmet schwer ein und aus.

William sieht ihm dabei zu. Er merkt, dass sein Arm über Matthews Kopf liegt und dass sein restlicher Körper weg von seinem Sub gedreht ist. Wahrscheinlich hat er dies unbewusst während der Nacht gemacht, um der Hitze zu entkommen.

Matthews Kopf liegt halb auf einem der Kissen und der Rest versucht sich auf Williams Oberkörper einzunisten. Matthews Haare sind verstrubbelt und sein Kinn wird vom Schatten seines wachsenden Bartes in Szene gesetzt.

William schaut weg von Matthew und in Richtung des Fensters. Ein weißer Vorhang ist dort zu gezogen und hält nicht sonderlich viel Licht davon ab, ins Zimmer zu fallen.

Ein flaues Gefühl bildet sich in Williams Magen. Was es ist, kann er sich nicht wirklich eingestehen, bis er den Schwindel spürt, der ihn dazu bringt, sich im Bett aufzusetzen.

Er atmet tief ein und aus.

Ein und aus.

Matthew scheint von alledem nichts zu merken. Und William ist froh, dass er es nicht tut. Was würde er dann denken? Dass William nicht auf sich aufpassen kann? Dass er ein Häufchen Elend ist?

William schlägt die Bettdecke von sich und geht in das Badezimmer, das gleich begehbar durch die Tür im Gästezimmer ist. Dort stellt er sich erst vor den Spiegel. Aber als das nicht hilft, lässt er sich auf den kalten, zu geklappten Toilettensitz fallen und versucht sich nicht in sich selbst zusammen zu kauern.

Das ist schlecht. Er muss gerade sitzen.

Also versucht er genau das. Er setzt sich gerade hin, auch wenn es sich absolut falsch anfühlt, so gar nicht zu seinem Inneren passt.

Sein Herz pocht laut, er hört es sogar in seinem Kopf.

William richtet seinen Blick auf die Duschkabine ihm gegenüber und konzentriert sich auf Matthews Duschgel.

„Bitte nicht", flüstert er säuselnd.

Er konzentriert sich auf seinen Atem. Schließt die Augen und lässt nur seinen Atem Teil seiner Gedanken sein.

Ein paar Minuten später wird das Schlagen seines Herzens langsamer. Der Schweiß auf seiner Stirn vertrocknet und das Zittern, dass er vorher nicht einmal gemerkt hatte, stellt sich ein.

Er atmet dann noch einmal tief ein und aus und stellt sich hin.

Dann klappt er den Toilettendeckel hoch und beschließt danach wieder ins Bett zu gehen.

-

„Ich weiß nur einfach nicht was sie von ihm will. Ich meine, gutes Aussehen ist nicht alles. Sie will den Typen heiraten. Ist das nicht ein bisschen viel?"

„Vielleicht hat er eine tolle Persönlichkeit. Du kennst ihn doch nicht, oder?"

„Oh, ich sage dir, einen Abend mit ihm und du weißt, was ich meine. Es ist einfach eine Tragödie! Eine Frau wie sie kann so viel erreichen. Wieso tut sie sich das an?"

William lacht kurz und schüttelt den Kopf. „Matthew, glaubst du etwa nicht an die wahre Liebe?" Er dreht sich zu Matthew um und tippt nebenbei weiter.

Matthew schnaubt. „Ich bitte dich. Es gibt Liebe und dann gibt es Dummheit. Ich frage mich einfach nur, wieso es gerade er sein muss, weißt du? Wieso nicht jemand, der in ihrer Liga ist. Sie hat jemand besseren verdient."

„Aber ist es nicht ihre Entscheidung, wen und ob sie heiratet?", murmelt William und klickt auf die nächste Mail, der er antworten muss.

Matthew schmeißt sein Handy spielerisch in die Luft und fängt es wieder auf. „Ja, aber sie soll aufhören so dumm zu sein. Es gibt wirklich bessere. Er sieht nicht einmal wirklich gut aus."

„Es erschüttert mich wie wenig Vertrauen du in ihr Entscheidungsvermögen hast."

„Ich sehe die Dinge, wie sie sind, Mister Handler." Matthew zuckt mit den Schultern.

Dann rutscht er näher an Williams Seite und schmiegt sich an ihn. Er guckt auf seinen Laptop, als William die nächste Antwort formuliert.

Das Geräusch des Tippens und das gesamte Internet, dass Matthew gefühlt gerade einmal durchgescrollt hat, langweilen ihn so, dass es schon wehtut.

„Was machen wir heute?", fragt er, immer noch den Blick auf den Bildschirm gerichtet.

„Nichts."

Matthew stöhnt theatralisch.

„Ich muss arbeiten, Matthew. Und du solltest es auch tun."

„Ich arbeite nicht, William", zickt Matthew.

„Das meine ich ja." William gibt Matthew einen ernsten Blick von der Seite.

„Es ist eben nicht so einfach, herauszufinden, was man werden will. Ich habe kein natürliches Talent dafür... das zu machen, was du machen musst, was auch immer das ist. Und ich will auch nichts langweiliges studieren."

„Vielleicht solltest du dich mal außerhalb des Internets informieren. Es gibt viele Möglichkeiten einen Job oder eine Berufung zu finden. Du könntest Praktika machen oder dich mit anderen über deren Arbeit unterhalten."

Matthew lehnt sich ein Stück weit wieder von William weg und starrt resigniert auf den Couchtisch, der vor ihm steht. „Ich will aber nicht."

„Jetzt führst du dich auf wie ein Kind, Matthew."

„Willst du das denn nicht?"

„Nein", antwortet William entschlossen.

„Wirklich? Denn das ganze Ageplay-Zeug und das gestern mit... mit..." Matthew versucht die Worte vor ihm aus der Luft zu fischen, aber es funktioniert nicht. Auch seine Handbewegungen ändern nichts an seiner Ausdrucksweise.

„Mit was?", fragt William nun bissig und schlägt seinen Laptop zu.

„Was da gestern war, wie ich gestern war... im Bad, ich..." Matthews Schultern sinken aufgebend nach unten, sein Kopf sinkt mit ihnen.

Williams Miene wird weicher und er seufzt. „Du bist in den Little Space gekommen. Das kann passieren. Das ist nichts schlimmes oder unnatürliches und meistens passiert es besonders schnell dann, wenn man gerade sonst viel Stress hat", erklärt der Dom in einer ruhigen Stimme.

Matthew schweigt.

„Hat es sich gut angefühlt?"

Matthew schweigt weiter. Nun bewegen sich seine Hände. Sie streichen immer wieder über seine Oberschenkel. Die Nervosität steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Weiß nicht. Ich war irgendwie nicht richtig hier."

William lächelt leicht. „Und das war schön?"

„Naja, ja. Irgendwie schon. Ich war wie in Watte eingepackt." Matthew ist während ihrer Beziehung schon ein paar Mal „gefallen", aber das ganze war immer eher wie eine Euphorie und sie war kürzer. Das, was ihm gestern geschehen ist, war weitaus intensiver und tiefer. So tief wie gestern, war er noch nie. Und zwar in einer guten Art und Weise.

„Darum geht es beim Ageplay, Matthew. Es geht nicht um Sex. Es ging mir dabei nie um Sex oder Erotik. Ich genieße es, dich entspannt und ohne deine Wände zu sehen. Einfach nur du. Wie du bist, ohne Schutzschilder und bissige Sprüche."

Matthew wendet sich zu William und studiert die zarten Falten, die sich um seinen Mund ergeben, wenn er die Mundwinkel nach oben zieht. Er sieht immer noch unsicher aus und seine Hände krallen sich hilfesuchend an die Ecken seines Laptops.

„Aber ist das nicht irgendwie krank?"

„Willst du jetzt mit der Schiene kommen?", lacht William. „Es ist nicht krank. Es ist ein normaler Vorgang unseres Kopfes. Und er kann wahre Wunder tun."

„Wieso bin ich dann immer noch gestresst und genervt von deinem Nörgeln?", kann sich Matthew nicht verkneifen zu sagen.

„Weil einmal im Little Space zu sein, nicht deine Probleme löst?", lacht William und entspannt sich nun etwas. Er schwingt seinen linken Arm um Matthews Schultern und zieht ihn an sich heran.

Matthew seufzt. Diesmal aber nicht verzweifelt, sondern entspannt. Ja, er kann damit leben, dass ein Teil in ihm noch Kind ist und er kann damit leben, dass William diesen Teil mag und ihn herausholen kann wann er will. William scheint als einziger die Macht dazu zu haben. Und das zu wissen, ist schön.

Williams Nase steckt nun in Matthews Haaren und er atmet den Geruch seines Subs ein. Dann küsst er das Haar des anderen.

Matthew versinkt noch ein Stück weiter in William.

„Ich muss eigentlich arbeiten", sagt William in das weiche Haar hinein.

„Hm", zuckt Matthew mit den Schultern. „Du kannst ja arbeiten. Ich halte dich nicht davon ab."

William schnaubt. „Doch, das tust du."

„Ich mache nichts!", wehrt sich Matthew. „Ich bin wirklich lieb gerade!"

„Ich sage ja auch nicht, dass du etwas machst. Aber ich habe vielleicht doch eine gute Idee."

William nimmt seinen Arm wieder zurück, stellt den Laptop auf den Couchtisch und geht aus dem Zimmer.

Matthew bleibt dort sitzen, weil niemand gesagt hat, dass er sich bewegen soll und ehrlich sagt hofft er, dass William mit Kondomen und Gleitgel wieder kommt. Und vielleicht noch mit einer Gerte.

Es dauert eine Weile, bis Matthew hört, dass Schritte nach unten kommen und dann steht sein Dom mit einem eingepackten Dildo und etwas unde finierbaren in der Tür und wedelt enthusiastisch mit beiden Gegenständen.

„Ähm..."

„Das ist keine Bestrafung. Ich möchte es nur mal ausprobieren und sehen, ob es dir gefällt. Ich habe es vor einiger Zeit gekauft und ich glaube, es wird dir gefallen."

„Schön, dass du das vorweg nimmst", murmelt Matthew sarkastisch und hebt die Augenbrauen.

William legt beide Sachen vor Matthew auf den Couchtisch.

„Ist das ein Mikrophonständer?", fragt der Sub verwundert. Den Dildo erkennt er wieder. Er ist violett und glitzert. Genau der, den er haben wollte. William hat ihn gekauft.

„Das ist etwas ähnliches. Ich stelle keine Notenblätter oder ein Mikro drauf. Sondern dich."

Mathew schluckt. „Wie jetzt?"

„Das werde ich dir demonstrieren." Ehrlich gesagt klingt William wie ein Modelleisenbahn-Begeisterter, der Matthew seine neusten Wagons zeigen will. Und das findet Matthew niedlich.

„Okay, dann leg mal los", nickt Matthew und reibt sich die Handflächen.

William packt den Dildo aus und schraubt ihn auf das eine Ende des Stocks. Das andere kann man unten wirklich wie ein Fuß eines Notenständers aufklappen.

Dann stellt William das ganze Gerüst hin. „Hier geht's drauf", grinst er stolz in Matthews Richtung.

Matthews Mund ist offen. Es sieht nicht schmerzhaft aus, aber er kann sich vorstellen, dass das ganze durch die Balance, die er halten muss, schmerzhaft werden kann.

Und dann ist da noch die kleine Kurbel, die den Ständer höher fahren lässt.

Das demonstriert William dann auch.

„Der.. wie? Und dann?", stottert Matthew. Er steht nun endlich vom Sofa auf und geht zum neuen Spielzeug. „Dann steh ich da?"

„Dann stehst du da", nickt William zustimmend. „Toll, oder?"

„Ob ich das als toll bezeichnen würde, weiß ich noch nicht."

William lacht kurz. „Das kann man noch erweitern, Matthew. Es gibt sehr viele, schöne Dinge, die man damit machen kann."

Matthew beißt sich auf die Lippen. William plant gern und viel, seitdem er das Debakel mit dem komischen Dildo hatte, den Matthew nicht mochte.

Williams Pläne sind meistens auch sehr gemein. Matthew liebt es.

„Ich..."

„Was hältst du davon, dich hier mit einem dicken Dildo hinzustellen, während ich arbeite?" William verschränkt die Arme vor der Brust.

„Kannst du dich dabei konzentrieren?"

„Das werde ich dann ja sehen."

Matthew fährt mit einer Hand über das weiche Material des Dildos.

Dann wird er hart.

„Klingt gut, Daddy."

Klingt gut, Leserschaft?

Was ist mit William los?

Jasper

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