Schlag 15


Es dauert etwas, bis William im Türrahmen steht. Er schaut verschmitzt ins Zimmer, Haare schon gekämmt und eine eng anliegende Jeans an. Ohne Oberteil.

„Mach mich sofort los, du Monster!", zetert Matthew in einer höheren Tonlage, als er es vorgehabt hatte.

William tritt näher an das Bett heran, aber soweit von Matthew weg, dass dieser ihn nicht greifen kann.

„Und wieso das bitte?", fragt William, als wäre das eine sehr merkwürdige Aufforderung gewesen.

„Weil ich... eine volle Windel habe", murmelt Matthew zunehmend beschämter. Wie ist es denn passiert, dass er sich eingenässt hat? Vielleicht war doch etwas in seiner Milch.

William setzt sich vorsichtig auf die Bettkante und dreht sich zu Matthew. „Ich werde dir deine Windel wechseln, aber du bleibst schön im Bett, mein Kleiner."

„Nein, ich bleibe nicht im Bett! Ich bin erwachsen und ich will auch keine Windel mehr tragen!", keift Matthew zurück.

William schüttelt enttäuscht den Kopf. „Oh, oh. Da bekommt jemand aber keine Belohnung. Nicht, wenn man so mit seinem Daddy spricht." Williams Geduld wird weniger, dass Eis, auf dem Matthew herum tänzelt, dünner.

Der Sub zieht mit seinen Beinen an den Fesseln und jammert dabei, weil es wehtut und weil es nervt. Er will sich bewegen können und William in die Eier treten.

William lässt sich von diesem Verhalten nicht beeindrucken. Er geht zum Schrank und zieht eine saubere Windel hervor. Matthews Gesicht wird bei diesem Anblick knallrot. Nicht schon wieder. William soll das Innere seiner jetzigen Windel nicht sehen. Vorsamen und wahrscheinlich Urin. Das ist nun wirklich nicht schön!

Der Dom summt etwas vor sich hin, zieht die Decke von Matthews Körper und fährt mit seinen Händen an Matthews Hüften entlang. Er öffnet die Windel und zieht sie unter Matthews Hintern weg. Dieser quiekt beschämt und lässt es schließlich über sich ergehen. Auch als er seine neue Windel angezogen bekommt, protestiert er nicht.

„Eine Bedingung", meint William plötzlich in die Stille hinein. „Eine Bedingung habe ich und ich lasse dich frei."

„Ja, erfüllt. Mach mich los", blubbert Matthew gleich.

„Gut", lacht William. „Aber willst du vorher nicht die Bedingung hören?"

Matthew rollt mit den Augen. Alles ist besser als diese Misere hier. „Bitte?"

William steht wieder auf und holt etwas aus dem Schrank. Ein Band. Matthew runzelt die Stirn und schaut William skeptisch dabei zu, wie er sich den Schnuller von der Fensterbank nimmt, ihn abwischt und das Band um ihn befestigt. Was soll das denn werden? Ist jetzt Bastelstunde?

„Wenn du nicht hier im Bett bleiben möchtest, dann möchte ich, dass du deine Windel trägst. Wenn du auf Toilette musst, dann mach sie dir bitte ab. Dazu möchte ich dich nicht zwingen. Aber du musst sie den ganzen Tag tragen. Und hier habe ich auch etwas schönes. Ich mache dir jetzt den Schnuller in den Mund und er wird in deinem Mund bleiben. Ich will ihn in deinem Mund sehen, wenn ich wieder nach Hause komme. Wenn du isst oder trinkst, dann nimm ihn raus. Zum Rauchen darfst du ihn nicht rausnehmen. Du hörst auf mit dem Mist. Und keine falsche Scheu: Wenn du rausgehen möchtest, dann geh raus. Behalte den Schnuller aber drin. Du bist es ja gewohnt, dich zu blamieren."

Matthews Beine zucken. Er will endlich frei sein. Und ja, vielleicht findet er die Idee, den Schnuller im Mund haben zu müssen, auch ganz in Ordnung.

William löst seine Fesseln und schnürt ihm den Schnuller ins Gesicht.

Matthew sieht hilflos aus und besonders, als er dann aufsteht und sich erst einmal nicht fangen kann, muss William fast seufzen vor Verzauberung.

William greift in die Seite von Matthews Bauch und zieht ihn an sich heran. „Ich muss jetzt zur Arbeit und du bleibst schön hier und bist brav für Daddy."

Die Worte hören sich wie Karamell in Matthews Ohren an. Sanft, süß und mit einer besonderen Note.

Und dann sind da noch Williams Augen, die ihn so vielsagend ansehen und die ihn fast dazu bringen, sich vorzubeugen, um seinen Dom zu küssen.

Nein. Er hat ja den scheiß Schnuller im Schnabel. Außerdem ist William sein Dom, sein Sugar Daddy und wahrscheinlich nicht auf diese Art und Weise an ihm interessiert. Sie sind nicht zusammen. Dass muss Matthew akzeptieren.

Was etwas lächerlich ist, weil sonst Matthew immer derjenige ist, der dem anderen sagen muss, dass es nur Sex ist und nichts weiter. Matthew wusste bis William nicht einmal, wie schnulzig er über einen Menschen nachdenken kann.

-

William arbeitet die meiste Zeit in Cafés, wenn er neue Jobs für seine Klienten bespricht. Er kann das gut. Sich hinsetzen, lächeln und genau das bekommen, was er will. Er erreicht es in Null Komma nichts, dass seine Klienten die Gage bekommen, die sie vorgesehen hatten und dank William sind Menschen, die vor einem Jahr noch keiner kannte, heute Superstars.

Manchmal ist es anstrengend immer ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Wenn man einen schlechten Tag oder Sorgen im Kopf hat, behält auch William manchmal die Maske des lächelnden aber fordernden Agenten nicht die ganze Zeit auf. Aber weil er gut ist, verpackt er das ganze. Mit geschäftlichen Lügen.

Denn was geht es fremde Leute an, was ihm gerade durch den Kopf geht? Also, wenn es dann mal passiert, dass ihm ein Lächeln nicht auf dem makellosen Gesicht kleben bleibt und sein Ausdruck seine echte Stimmung widerspiegelt, wird er schon mal von der ein oder anderen Person gefragt was los ist.

Einfach zu sagen, dass nichts los sei, hat sich schon oft als sinnvoll erwiesen, aber besonders geschwätzige Menschen lassen sich auch da nicht abschütteln.

„Sie wissen sogar wie meine Kinder heißen, rücken Sie raus mit der Sprache, Mister Handler!"

Und dann muss er irgendetwas sagen. Er nennt es eine geschäftliche Lüge. Keine bösartige. Eine Notlüge eben.

„Ach, wissen Sie, mein Hund musste letzte Woche eingeschläfert werden."

„Meine Großmutter ist verstorben."

Er erzählt nicht so viel, dass es der anderen Person unangenehm wird oder diese sich zur Hilfestellung verpflichtet fühlt, aber auch nicht zu wenig, um aufzufallen.

Und meistens sind es auch nur Halblügen. Oder Dreivirtellügen.

Wenn William nicht in Cafés und Restaurants sitzt, dann muss er ins Büro der großen Agentur, für die er arbeitet. Hier hat er selbstverständlich ein eigenes Büro mit schöner Aussicht und einen eigenen Kaffeeautomaten.

Er steht dann meistens am Fenster, telefoniert oder sitzt am Schreibtisch, wo er Mails verfasst.

Er ist nicht eines Morgens aufgewacht und hat beschlossen Agent zu werden. Und er könnte sich ehrlich gesagt immer noch einen besseren Job vorstellen. Aber es ist nun einmal dieser Job geworden, der ihm die Villa ermöglicht hat und den er gut kann. Er ist mit dieser Redegewandtheit und mit diesem natürlichen Charme geboren und ihn nicht zu nutzen, wäre dumm.

Matthew - so denkt William jedenfalls - würde keinen guten Agenten abgeben. Matthew arbeitet an sich bestimmt nicht sehr gut mit Menschen.

Ja, er ist ehrlich: In letzter Zeit hat er sich oft Gedanken, um Matthews Talente gemacht. Es ist nicht so, dass er ihm aus seinem Haus haben will, aber wäre es nicht schön, wenn er und Matthew beide nach einem langen Tag nach Hause kommen und ihren Frust im Playroom rauslassen könnten?

Heute sitzt William wieder an seinem Schreibtisch in seinem Büro und in einer freien Minute sucht er im Internet nach Tipps. Wie finde ich den Beruf für mich?

Tests, Ratgeber, Werbungen für Universitäten und Lehren.

Am besten scheint es zu sein, mit den Sachen anzufangen, die man gut kann.

Was kann Matthew gut?

Blowjobs geben. Aber William will nicht, dass Matthew ein Callboy wird. Er ist sein Sub.

Er erhält eine Nachricht von Matthew. Er sendet ihm ein Foto von sich auf der Couch. Er trägt den Schnuller und hat große Augen. Seine Wangen sind rot.

William würde am liebsten sofort nach Hause rennen und ihn sich übers Knie legen und danach ficken, bis Matthew schreit.

Aber er muss arbeiten. Also schreibt er nur: Brav, Baby.

Baby?, kommt die Antwort.

Ja, und?, schreibt er zurück.

Ich langweile mich. Soll ich irgendwas im Haushalt machen?

Nein, Matthew.

Ein trauriger Smiley ist die Antwort auf diese Nachricht.

William beißt sich auf der Lippe herum.

Er hat sein Mittagessen vergessen und muss noch etwas hier im Büro machen. Also könnte Matthew... ihm doch etwas bringen?

Du ziehst dir jetzt deine Windel und den Schnuller aus, machst mir ein Sandwich und kommst hier her. Keine Unterwäsche.

Bitte? Danach der Tränen lachende Smiley.

Matthew hält das ganze für einen Scherz.

Es sollte auch ein Scherz sein, aber es ist keiner. William hat das ernst gemeint. Und das macht ihm Angst. Sein Sub bei der Arbeit? Was soll das denn? Was, wenn Matthew zu auffällig ist oder sich sogar extra blamiert?

Doch er muss Matthew sehen. Ihn berühren und küssen und ihn heiß machen, damit er heute Abend fleht.

Mach es.

Nach der Nachricht legt William sein Handy zur Seite und schaut auf seinen Laptop. Er klickt sich aus seinem Browser und will gerade weiter an der E-Mail schreiben, die er gerade schreibt, da erscheint ein Banner an der Seine. Er hat eine Mail bekommen.

William schluckt und sein Herz pocht laut.

Es ist die Erinnerung.

Absender: Adoptionsagentur Greenwood Parks

Betreff: Erinnerung

Sehr geehrter Mister Handler,

hiermit möchten wir Sie daran erinnern, dass es Ihnen weiterhin freisteht, die Identität ihrer biologischen Eltern zu erfahren. Falls Sie es sich anders überlegt haben, können Sie sich also gern bei uns telefonisch melden und wir werden Ihnen die Details zuschicken, um zu klären wie wir weiter vorgehen.

Mit freundlichen Grüßen

Janett Right

Williams Augen fliegen über de Zeilen und seine Handflächen schwitzen plötzlich.

Die Schnappatmung kommt als nächstes, also schlägt er seinen Laptop zu und nimmt sich seine Jacke.

Er braucht frische Luft. Außerdem ist es vielleicht eine gute Idee auf Matthew zu warten.

Er geht durch das Großraumbüro und ignoriert das Geschnatter und die Fragen, die ein paar seiner Mitarbeiter für ihn haben. Stattdessen geht er wie mit Scheuklappen einfach zum Treppenhaus, geht die Treppe herunter und ist mehr als froh, als er vor dem Gebäude an der frischen Luft steht.

Seine Zähne klappern, obwohl es nicht kalt ist und seine Stirn ist nass, obwohl es nicht heiß ist.

Er steht da und schaut auf den Stamm eines Baums, der am Rand des angrenzenden Fußweges steht.

Er wird einfach hier stehen bleiben und auf Matthew warten, immerhin ist es nur eine Mail. Eine Erinnerung. Er kann sie ignorieren.

Ja, er hatte sich verweigert es zu wissen, denn Nein, es hat kein emotionales Loch der Unwissenheit in ihm hinterlassen, dass er seine leiblichen Eltern nicht kennt. Er hat Eltern.

Und ja, er hatte Misses Right gesagt, sie könne ihn in fünf Jahren daran erinnern, aber das war ein Scherz gewesen. Er dachte nicht, dass sie es wirklich tut und ihm fünf Jahre später eine Mail schreibt.

Vielleicht muss William an der Betonung und Überlieferung seiner Worte arbeiten.

Der Wind bläst ihm durch die Haare und als die Sonne zwischen den Wolken hervor kommt, kneift er die Augen zu.

Er hätte Matthew nicht bitten sollen, hierher zu kommen.

Es war ein Fehler. Aber es ist zu spät, sich jetzt bei ihm zu melden und seinen Besuch bei seiner Arbeit abzusagen. Aber er will seinem Sub nicht sagen, weswegen er so aufgekratzt ist.

share thoughts and feelings with meh.

Jasper

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