Schlag 13
Williams Tag ist schön. Er hat zuerst ein Treffen mit einer Klientin, dann muss er noch ein paar Besorgungen machen. Daraufhin gönnt er sich dann einen Kaffee bei seinem Lieblingscafé und ein Stück Kuchen. Er lässt auch eines für Matthew einpacken.
Natürlich war er nach dem morgendlichen Bad entsprechend gut gelaunt und daher summt er auch im Auto zu kitschigen Songs mit. Matthew wohnt bei ihm. Klar, nur für kurze Zeit, bis er wieder weiß, wo er im Leben hingehört, aber immerhin kann er für eine etwas längere Zeit Matthews Anwesenheit auskosten und ihn ein bisschen besser trainieren. William weiß, dass dies Matthews erste BDSM-Beziehung ist und er ist geduldig mit dem jungen Mann, aber langsam geht ihm das arrogante Getue auf den Keks und es wird Zeit, dass er von dem Zuckerbrot zur Peitsche kommt und dass Matthew lernt, sich zu benehmen. Das hat er schließlich auch unterschrieben, als sie sich beim ersten Treffen zusammengesetzt haben.
William biegt in seine Auffahrt ein und dreht das Radio leiser. Er stoppt das Auto in der Garage und zieht den Schlüssel. Vom Rücksitz nimmt er sich den Kuchen, der in einem süßen Paket mit Schleife eingepackt ist und dann macht er sich, hüpfenden Schrittes, auf zur Haustür.
Er hat den Schlüssel in der Hand und will diesen gerade ins Schloss schieben, da geht die Tür auf. Dort steht Matthew.
„Hallo?", sagt William unsicher. Er muss seinen Sub nur kurz mustern, um zu wissen, wieso Matthew hier steht. „Ich dachte, du hast aufgehört." Er nickt zu der Zigarette in Matthews Hand.
„Ähm... Das? Das ist ein Ausrutscher."
„Ausrutscher", wiederholt William ungläubig. „Und wieso rauchst du den Ausrutscher nicht hinten im Garten?"
„Weil da... dein Personal ist", murmelt Matthew beschämt.
William grinst verschmitzt. „Wie du meinst." Er versucht sich an Matthew vorbeizuschieben, doch dieser legt eine Hand auf Williams Oberkörper und blickt nach oben in seine Augen. Dann auf seinen Mund.
William klatscht Matthew als Antwort auf den Hintern. „Rauch deine Zigarette und dann komm wieder rein. Ich hab Kuchen für dich mitgebracht."
William kann den Ausdruck in Matthews Augen nur schlecht deuten, aber da ist auf jeden Fall Scham und vielleicht auch Traurigkeit.
Wollte Matthew ihn küssen? William runzelt die Stirn bei diesem Gedanken und geht in die Küche, wo er das Paket mit dem Kuchen auf den Tisch stellt.
Er zieht seine Schuhe und seine Jacke aus und macht sich dann einen Kaffee. Er wird sich zu Matthew setzen und hoffen, dass er heute irgendwie weiter in seiner Suche nach dem richtigen Job gekommen ist.
Ein paar Minuten später öffnet sich vorne die Haustür und Matthew trottet in die Küche. Er scheint tief in Gedanken zu sein.
„Ich hoffe du magst Himbeer", murmelt William halb in seine Kaffeetasse und beäugt Matthew dabei wie er sich ihm gegenübersetzt und das Paket aufmacht.
„Klar", bekommt er nur als Antwort.
Er hatte etwas mehr erwartet. Vielleicht ein „Danke, William" oder sogar ein „Danke, Daddy".
Zuckerbrot und Peitsche. Da das Zuckerbrot wortwörtlich nicht funktioniert, wird William heute Abend die Peitsche herausholen müssen.
Matthew sticht mit einer Kuchengabel in das Stück und schleckt jeden Rest des süßen Himbeerkuchens von den Zacken und seinen Lippen. William sieht ihm dabei zu, Atem etwas ruhiger, wie eine Raubkatze, die gleich zum Angriff ansetzt.
Matthew stützt seinen Kopf auf eine Hand und schaut lustlos nach draußen.
„Was ist?", fragt William endlich. Er kann es nicht mehr aushalten. Er fürchtet, gleich zu explodieren.
„Ich bin... Ich habe...", stottert Matthew, ohne wirkliches Satzende.
„Du hast was?" Williams Tonlage hat sich verändert. Er ist nun nicht mehr der William, der Kuchen mit nach Hause bringt und summt. Er ist wütend. Bereit Matthew die Unterhose auf der Stelle auszuziehen und seinen Hintern grün und blau zu schlagen.
„Nichts", flüstert Matthew und pickst unaufmerksam in den restlichen Krümeln herum.
„Matthew Wellington", warnt William. „Ich dulde dieses Verhalten nicht."
Matthew zuckt zusammen und William kann mitansehen, was er nur zu gern sieht: Matthew wird vom arroganten, kleinen Ziegenbock zu einem ruhigen und ehrfürchtigen Jungen.
William kann diese Wandlung nicht oft genug sehen. Deshalb liebt er es, Matthew zu überraschen.
„Ich habe in deinen Schrank gesehen", platzt es aus ihm heraus.
William ist gerade dabei, sich aufzuraffen. Er will jetzt nichts lieber, als Matthews plumpen Hintern zu schlagen.
Aber dann sagt sein Sub: „Und ich verstehe es nicht."
„Meine Klamotten?", runzelt William die Stirn. „Ist mein Stil so mies?" Seine Dom-Stimme hat sich verabschiedet. Er muss fast schon lachen.
„Nicht den Schrank!" Matthew schlägt verzweifelt die Hände vor sein Gesicht. Vor lauter Scham.
„Welchen dann?", fragt William mit gehobener Augenbraue. Er stellt sich dumm. Natürlich weiß er, welcher Schrank es ist. Natürlich weiß er, wieso Matthew es nicht versteht.
Und auch wenn diese Situation so unangebracht ist, um hart zu werden, kann er es doch nicht verhindern.
„Wozu genau hast du Fragen, Matthew? Du weißt sicherlich, dass das alles nur optional ist. Wir müssen nichts machen, was du nicht machen willst." William sagt dies so verständnisvoll wie es geht. Er nimmt Matthews Hände von dessen Gesicht und deutet ihm, ihm in die Augen zu sehen. Für Matthew scheint dies schwer zu sein. Er sträubt sich etwas und hat eine Träne im linken Augen. Das findet William wunderschön.
„Und bitte weine nicht. Es ist alles gut. Ich bin nicht böse", lächelt er noch zusätzlich.
Matthew soll keine Angst vor ihm haben. Er ist nicht unfair. Er will nicht unfair sein. Das war nicht, was sie vereinbart haben. William hat unterschrieben, ein fairer Dom zu sein.
Matthew holt tief Luft und sein angespannter Körper entspannt sich ein Stück weit. Seine Wimpern, etwas verklebt von wenigen Tränen, gehen schnell auf und zu, bevor er William wieder anblicken kann. Er scheint nun wieder mehr er selbst zu sein, aber immer noch unsicher.
„Ich will wissen, was es alles ist und wieso du es hast. Erst dann kann ich entscheiden, ob ich es ausprobieren möchte."
William nickt ernst. „Das verstehe ich."
Kurz starren sie sich nur an. Es ist still.
„Also, was willst du wissen?"
-
Matthew sitzt auf der Couch, gegenüber von William, der auf einem Hocker sitzt. Draußen dämmert es und Matthew hält eine Tasse Tee in der Hand. Über seinen Schultern hängt eine warme Wolldecke, die nach William riecht. Was ihn gerade beruhigt, aber auch ein Stück weit kirre macht.
William hat seine Hände gefaltet, sitzt vorgebeugt und mit klarem und offenem Blick. Er ist bereit für all die Fragen, die Matthew hat.
„Wieso hast du all das Zeug? Hast du das schon mal mit jemandem gemacht?", beginnt Matthew. Seine klammen Hände greifen sicherheitssuchend um die Tasse. Der Tee dampft noch. Die Zigarette war ein Fehler und hat nur dazu geführt, dass er noch mehr rauchen will. Aber er ist wirklich zu sehr ausgerastet.
„Es ist kein Zeug. Es sind Utensilien", korrigiert William. „Und nein, ich habe das noch nie mit jemandem gemacht. Nur kurz in ein, zwei Sessions im Club."
Matthew nickt. „Und wieso hast du dann das alles?" Er scheut sich davor, die wirklichen Fragen zu stellen. Und die Wahrheit zu erfahren.
„Weil ich Hoffnung hatte, eines Tages jemanden passendes zu finden, der das mit mir ausprobieren möchte."
„Worum geht es dabei? Ich verstehe das nicht... Findest du das wirklich sexy?", poltert es aus Matthews Mund. Als er es gesagt hat, verschüttet er fast seinen heißen Tee über seinen Schoss.
„Es geht dabei, wie beim Mainstream-BDSM, auch um Sicherheit, Kontrolle, Disziplin und Spaß." William lächelt Matthew vorsichtig an. Er kann nicht verhindern, etwas rot im Gesicht zu werden.
„Mainstream-BDSM", lacht Matthew.
„Wieso findest du das so lustig?"
„Weil BDSM nicht Mainstream ist, William." Er lacht noch etwas mehr.
William hebt beide Augenbrauen. „Matthew, es ist zwar keine ausgesprochene Tatsache, aber fast alle Menschen auf dieser Welt mögen BDSM in irgendeiner Form und Abstufung. BDSM ist Mainstream. Mehr als du denkst."
Matthew vergeht das Lachen. „Echt jetzt? Aber nicht meine Eltern..." Er schüttelt hastig den Kopf und versucht die Bilder wie Blätter aus seinen Haaren zu schütteln. Hätte William sich das nicht sparen können?
„Und nein, ich finde es nicht sexy. Ich finde es erregend."
„Aber was daran?", fragt Matthew verzweifelt weiter.
„Alles. Hilflosigkeit, Unschuld. Die obere Hand zu haben." Er scheint seine Gedanken nicht wirklich in Worte fassen zu können, stellt Matthew fest. Vielleicht, weil er sich darüber noch nie näher Gedanken gemacht hat.
Matthew lässt sich weiter zurück in die Couch sinken. Sein erster Instinkt war es gewesen, wegzurennen und William nie wieder zu sehen. Denn muss man nicht krank sein, um auf so etwas zu stehen? Doch nach zehn Minuten, die er stumm und reglos auf seinem Gästebett gesessen hatte, Rucksack schon quasi in seiner Hand, hat er sich beruhigt und noch einmal nachgedacht. William ist immer noch William und wenn Matthew das nicht machen will, dann akzeptiert William das und lässt es bleiben. Und wenn William sonst nicht glücklich werden kann, dann packt Matthew eben seine Koffer und sucht sich eine neue Unterkunft. Und einen neuen Dom.
Aber William ist kein Monster. Und William ist nicht krank. William ist einfach nur ein Mensch, der einen außergewöhnlichen Kink hat und vielleicht, ganz vielleicht, findet Matthew nach Williams Erklärungen das ganze nicht mehr ganz so widerwärtig. Vielleicht hat er das Ganze falsch interpretiert. Er kann wenigstens versuchen, William zu verstehen. Und er wird es vielleicht ausprobieren. Denn vielleicht findet Matthew den Gedanken daran, nicht mehr ganz so komisch.
„Matthew, du musst nichts machen, was du nicht willst und bitte fühle dich nicht unter Druck gesetzt. Wir können unsere Beziehung so weiterführen, ohne das alles. Ich bin auch so wie es jetzt ist zufrieden", sagt William, als hätte er Matthews Gedanken gelesen.
Doch in Wahrheit muss man keine telepathischen Kräfte haben, um den Ausdruck des blanken Horrors und der puren Verzweiflung und Verwirrung in Matthews Gesicht zu sehen. Und William will seinen Sub nicht verschrecken. Matthew ist ihm wichtig.
„Können wir es ein wenig ausprobieren? Vielleicht nur ein bisschen? Kannst du mir davor erklären, wie es dann so wäre? Was du machen würdest? Was ich machen muss?" Die Worte überschlagen sich fast, als Matthew sie ausspricht und führen William dazu, sich neben den anderen auf die Couch zu setzen.
„Erst einmal musst du dich entspannen. Es geht dabei nicht nur um mich. Auch du musst glücklich sein, sonst funktioniert das nicht." William legt seine Hand auf Matthews Knie und reibt mit seinem Daumen über den Stoff seiner leichten Hose.
Matthew nickt und trinkt noch einen Schluck.
„Hast du irgendetwas gesehen, was du gern ausprobieren würdest? Ich meine, was hat dich angesprochen?"
Matthews Gesicht wird knallrot. Er sieht tief in seine Teetasse. „Der Schnuller und die Windeln, aber ich weiß nicht, ob ich das verstehe, was man damit macht."
„Denkst du, ich setz dir die Windeln auf den Kopf und schieb dir den Schnuller in den Arsch?", lacht William leise. „Man benutzt sie so, wie man sie auch sonst benutzt."
„Aber... ich kann allein auf Klo gehen und ich zahne nicht mehr", protestiert Matthew. Er ist hin und her gerissen zwischen der logischen und der magischen Seite des Themas.
„Dafür benutzen wir sie nicht, Matthew. Ich will nicht, dass du ein Baby bist. Du sollst dich einfach nur gehen lassen können."
Das kann ich auch ohne Windel, denkt Matthew schmollend. Aber irgendetwas klickt in seinem Kopf.
Er glaubt, es endlich zu verstehen. Und er glaubt, dass er es vielleicht wirklich ausprobieren will.
„Wir können es alles langsam angehen lassen", flüstert William. Aber erst einmal möchte ich, dass du dich über meinen Schoss legst, damit ich dich versohlen kann. Immerhin warst du nicht sehr brav heute."
Meinungen? Wünsche? Erwartungen? Fragen?
Jasper
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