Anscheinend bin ich doch noch eingeschlafen, denn ich werde am Morgen von meinem Wecker mit lauten Geräuschen geweckt.
Doch anstatt, wie vermutet, hundemüde zu sein, geht es mir sogar ausgesprochen gut und ich brauche nicht einmal 5 Minuten, um mich aus dem Bett zu quälen.
Mit einer Tasse Kaffee in der Hand, sitze ich am Küchentisch.
Mein Stiefvater ist schon auf Arbeit gefahren, während meine Mutter noch eine halbe Stunde Zeit hat. Er ist Arzt, sie Krankenschwester. Das erlaubt mir manchmal sturmfreie Nächte und Wochentage. Heute ist Samstag und noch 2 Stunden bis 12...
Seufzend lege ich meinen Kopf auf den Tisch.
Ich habe mich getäuscht! Ich bin doch müde!
Zum Glück fängt jetzt aber langsam das Koffein an zu wirken und ich schaffe es, meinen Kopf wieder zu heben.
Nachdem ich so halb von meinen Stuhl gefallen bin, robbe ich jetzt förmlich zurück in mein Zimmer.
Ich bin noch nie ein Morgenmensch gewesen...
So schnell es geht, versuche ich mich in das schon herausgelegte schwarze, knielange Kleid zu kämpfen und schaffe es auch endlich.
Warum müssen seriöse Sachen immer so eng sein?
Noch einmal sehe ich die Akte durch, bis ich endlich, endlich das ersehnte ins Schloss Fallen der Haustür höre.
Meine Mutter ist auf dem Weg zur Arbeit. Zwar eine viertel Stunde früher, als sonst, doch mir soll es recht sein.
Nun kann ich auch ins Bad und meine Haare machen, ohne lästige Fragen gestellt zu bekommen.
Ich schwanke zwischen Dutt, Locken und hohem Zopf.
Nachdem ich alles einmal ausprobiert habe, ohne zu einem Entschluss gekommen zu sein, bin ich so genervt, dass ich die gerade erst geglätteten Haare total zerraufe.
Obwohl das auch gar nicht so schlecht aussieht...
Hat etwas Wildes und doch Braves...
Kurzerhand entschließe ich mich dafür, sie erst einmal so zu lassen. Wenn ich später noch Zeit und Lust habe, kann ich es nochmal probieren.
Jetzt lege ich etwas Make-Up auf, dezente Maskara und ein klitzekleines bisschen Rouge. Den Lippenstift lasse ich weg.
Prüfend sehe ich mich im Spiegel an, betrachte mein bemaltes Gesicht.
Ich weiß gar nicht mehr, wann ich mich das letzte Mal geschminkt habe...
Ist definitiv schon Ewigkeiten her.
~~~
Okay, okay, okay...
Es ist jeden Moment so weit.
Zwei Minuten vor zwölf.
Ich renne nochmal in die Küche und in's Wohnzimmer, um zu gucken, ob wirklich alles ordentlich aufgeräumt ist, dann schlüpfe ich in meine, farblich zum Kleid passenden, Pumps und stelle mich, einige Meter von der Haustür entfernd, in Stellung. So wirkt es nicht zu eilig, dass ich die Tür öffne, man muss aber auch nicht warten.
Verzweifelt versuche auf ich die Uhr, welche in der Küche hängt, zu sehen, wobei ich meinen Hals halb ausrenke.
Noch genau 1o Sekunden.
9.
8.
7.
6.
5.
4.
3.
2.
Dingdong...
Kurz bin ich wie angewurzelt, dann schüttel ich die Sorgen ab, setze mein souveränes Gesicht auf und schreite zur Tür.
"Hallo, Mrs Lecter."
"Guten Tag, Mr Moriarty. Äh, Jim. Kommen Sie ruhig rein." Mit einer einladenden Geste, deute ich ihm, einfach ins Wohnzimmer zu gehen, was er auch tut.
Seine, wohl bemerkt sehr, sehr teuer aussehenden, Schuhe klackern bei jedem Schritt auf unseren Fließen. Es ist schon fast unheimlich, solche Geräusche machen noch nicht einmal mehr meine Pumps - und die haben 8cm-Absätze.
Schnell schließe ich die Haustür wieder und folge ihm ins Wohnzimmer.
Statt - wie ich eigentlich vermutet hätte - an dem großen Tisch zu sitzen, hat er es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht und scheint auch keine Anstalten zu machen, wieder von da aufzustehen.
Also nehme ich, so nett wie ich bin, die aktenartige Mappe und gehe ebenfalls zum Sofa, darauf achtend, mein Kleid beim Setzen nicht zu zerreißen.
"Kann ich Ihnen einen Tee anbieten?", frage ich höflich.
"Ein Kaffee wäre nett, danke." Er lächelt und ich kann nicht einschätzen, wie es gemeint ist.
Seine Augen blitzen auf und ich muss mich dazu zwingen, meinen Blick von ihnen abzuwenden.
"Gern. Wenn Sie solange einen Blick in meine Akte werfen möchten?"
Wieder lächelt er. Diesmal jedoch bestätigend.
Sein Schweigen macht mich nervös, also reiche ich ihm schnell die Mappe und gehe in die Küche, wo ich zwei Kaffee ansetze.
Seufzend lehne ich mich an den Tresen, der dort steht und schüttel den Kopf.
Erst das Klicken der Kaffeemaschine, welches mir zeigt, dass sie fertig ist, reißt mich aus meinen Gedanken.
In jeder Hand eine Tasse, gehe ich zurück.
Eine stelle ich vor ihm, auf den Caouchtisch ab, die andere behalte ich in der Hand.
"Danke, Liebes.", sagt Jim, rührt die Tasse jedoch nicht an.
"Nun...", ich muss mich räuspern, um meiner Stimme wieder Halt zu geben, "um was für ein Jobangebot handelt es sich?"
"Nur ein paar Sekräteren-Arbeiten."
"Und was ist mit den Informationen?", frage ich nun, sichtlich verwirrt.
"Die habe ich bereits." Er lächelt wissend.
"Wie... - woher?"
"Von Ihrer Akte." Er sieht mich an "In Georgia geboren, unter normalen Verhältnissen aufgewachsen... Sie haben aus Versehen ihren Hund umgebracht, als Sie 13 waren...", sein Blick wandert von meinen Augen und durch den großen Raum "Es tat Ihnen weniger leid, als es hätte tun soll'n, nicht?"
"Tut mir leid, aber woher wissen Sie das von meinem Hund? Davon stand nichts in der Akte."
"Mag schon sein.", sagt er nun und scheint gelangweilt.
Seine Emotionen wechseln schneller, als Grace', wenn sie ihre Tage hat; Und das muss schon was heißen.
"Sagen Sie, Mrs Lecter" beginnt er nun und blickt mir so tief in die Augen, als würde er so direkt in mein Gehirn hineingucken können "für wen tun Sie gerade so seriös? In diesem Job geht es nicht um Immobilien. Das Klo?"
"Äh, es gibt eines hier unten, gleich rechts neben der Haustür und noch eines oben, gegenüber der Treppe."
Und schon ist er verschwunden.
Jetzt bin ich total verwirrt.
Sollte ich vielleicht doch etwas auf die Souverän-Bremse treten oder war das ein Test, um zu sehen, wie ich reagiere, wenn meine Art in Frage gestellt wird? Zutrauen würde ich es ihm jedenfalls.
Ziemlich schnell kommt er wieder ins Wohnzimmer (das waren keine zwei Minuten?!) und lässt sich nieder.
Wieder liegt ein Glitzern in seinen Augen, doch diesmal wirkt es glücklich.
Aus der Tasche seiner Anzughose holt er ein Kuscheltier, was schon viel durchgemacht hat. - Mein Kuscheltier.
"Hey!", rufe ich und springe auf, um den zerrauften und teilweise halb kaputten Stoffhasen zu schnappen "Geben Sie mir Flori Langohr wieder!"
"Das Ding hat einen Namen? Hauptsache er hat kein Auge mehr, dafür aber einen Namen.", lacht Jim und springt ebenfalls auf.
~~~
"Wer hat Ihnen überhaupt erlaubt in mein Zimmer zu gehen?", frage ich und will wütend klingen, allerdings geht das in meinem fetten Grinsen unter.
Jim, welcher auf dem Boden sitzt, sieht zu mir auf.
"Immerhin habe ich das erreicht, was ich erreichen wollte... nur nicht ganz so brutal wäre netter gewesen."
"Sie haben mir mein Kuscheltier geklaut, das war Selbstverteidigung.", sage ich und verenge meine Augen zu Schlitzen.
"Dafür sind Sie aber aus dieser schrecklich seriösen Rolle rausgekommen und mehr Sie selbst gewesen."
"Eine Sekretärin muss doch seriös sein."
"Nicht bei mir in meiner Branche. Ich will Verrückte, Durchgedrehte, Wilde!"
"Also nur mal so nebenbei... falls Sie Zuhälter sein sollten und einen Puff führen, bin ich raus.", sage ich sarkastisch und lache.
"Sicher? Einige Ihrer Kolleginen würden Ihnen bestimmt gefallen. Sie würden sich verstehen." Wieder grinst er schelmisch.
"Sie haben mir noch immer nicht gesagt, um was es geht.", stelle ich fest.
"Ich weiß, dass 'Melanie' Ihnen wehgetan hat und dass Sie generell ein etwas temperamentvoller Mensch sind. Ich biete Ihnen also hiermit an, bei der Suche nach ihr zu helfen. Mit Entlohnung natürlich."
Ich werde still, ganz, ganz still...
"Ich weiß nicht..."
"Es wäre eine einmalige Chance. Sie könnten Ihr heimzahlen, was sie verbockt hat. Dass sie Sie ausgenutzt und verletzt hat."
"Was für Informationen müsste ich Ihnen denn dann geben?", frage ich vorsichtshalber nach.
"Waren Sie schonmal bei Ihr zu Hause?" Er sieht mich an.
"Einmal kurz. Sie hat ihren Hund abgeholt und wir sind zusammen Gassi gegangen."
"Wenn Sie ihr noch eine Sache sagen könnten, was wäre es?", fragt Jim mich jetzt.
Ich muss nicht lange überlegen:
"Ich hoffe du wirst auch ohne Ehre glücklich, Schlampe."
Jim lächelt glücklich - Man könnte es schon fast stolz nennen.
"Ich denke, Sie würden uns eine sehr große Hilfe sein. Da Felicia schon sehr früh zur Agentin ausgebildet worden war, ist es für meine... Mitarbeiter..."
"Jim? Was sind das?"
"... meine Sniper und Spione schwer Dinge über sie herauszufinden. Mit anderen Worten:
Wir wissen kaum etwas über sie. Und hier kommen Sie ins Spiel."
"Sniper?", frage sogar relativ gelassen, was Jim ein wenig aufatmen lässt.
"Sie haben Auftragskiller?" Ich ziehe die Augenbrauen hoch
"Das ist nichts, worüber Sie sich sorgen müssen..."
"Ich werde doch wohl nicht aber auch zu so einem ausgebildet?"
"Nein."
"Und was ist mit dem Spion sein? Wenn ich Ihnen Infos über Melanie, wie ich sie kannte, gebe, bin ich eine Spionin, oder sehe ich das falsch?"
"Für diese Zeit, in der wir Sie brauchen, ja."
"Und sonst?"
"Nicht, wenn Sie das nicht wollen, nein."
"Und..." Kurz überlege ich "Und was, wenn ich das doch will?"
["Dalaaaalaaa!
Tramdamdaaaa!"
Im Radio läuft grad irgendein seltsames Lied. Aber genau DAS macht das Lied irgendwie cool😂.
Also hier ist, nach gefühlten Ewigkeiten, ein neues Kapitel...
Ich hoffe, es gefällt euch und wie immer:
Wenn ihr Kritik, Korrekturen oder Verbesserungsvorschläge habt, haut sie raus!
Ich hab' kein Problem damit, Kapitel nochmal zu bearbeiten und eure Verbesserungen mit einzubauen.
Und auch Wünsche für zukünftige Kapitel nehme ich an😌.
Also wenn ihr euch irgendetwas in dieser Geschichte wünscht und wollt, dass es passiert, schreibt es einfach in die Kommentare (egal welches Kapitel) oder schreibt mich per direct message an. (Natürlich nur, wenn es nicht zu viel ist und noch voll klar geht. Sowas, wie "Mach, dass Jim Aijana umbringt" würde ich beispielsweise nicht unbedingt einbauen😂😂. Obwohl es irgendwie cool wäre😏😏)
So. Nachdem ich jetzt ein 1oo-Wörter-Nachwort geschrieben habe, war's das jetzt erstmal von mir😂.
"I'd better be off..."
Piv]
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