16. Rache

"Rache ist süß", hat Jim einmal gesagt, aber ich habe nicht verstanden wie er das meinte. Zumindest bis heute.
Es ist das Wochenende nach unserem ersten Silvester und ich bin gerade auf dem Weg zu Jims Haus. Mit Musik im Ohr sitze ich im Bus und warte darauf dass die Haltestelle kommt an der ich aussteigen muss, damit ich endlich zu Jim kann. Es ist ein paar Tage her dass wir uns gesehen haben, und da hat er mich von der Arbeit abgeholt. Seitdem haben wir nur miteinander geschrieben, zu mehr hatte er keine Zeit. Aber heute gehe ich zu ihm und wir verbringen das Wochenende zusammen, worauf ich mich schon freue.
Gut gelaunt steige ich schließlich aus dem Bus und gehe den Rest des Weges zu Fuß zu Jims Haus. Wie immer komme ich mir ein wenig verloren und fehl am Platz vor wenn ich zwischen all den protzigen, teuren Häusern entlanggehe, vorallem wenn ich einen der Hausbesitzer sehe. Zum Glück ist Jims Haus eins von den normaler wirkenden.
Schon von weitem sehe ich Jims Auto in der Einfahrt stehen und beschleunige unwillkürlich meine Schritte, bis ich vor der Haustür stehe. Schon wenige Sekunden nachdem ich geklingelt habe öffnet sich die Tür und Jim schaut mich erfreut an.
"Hey Mel", begrüßt er mich und lässt mich reinkommen, dann gibt er mir einen Kuss.
"Hi Jim", antworte ich lächelnd während ich meine Kopfhörer wegpacke und ziehe danach den Rucksack und die Jacke aus. Darunter trage ich, wie Jim, recht bequeme Sachen die für das momentan überraschend milde Wetter ideal sind.
"Wie war deine Woche?", erkundige ich mich und nehme seine Hand in einer liebevollen Geste in meine.
"Ganz gut, und deine?", antwortet Jim und streicht mir mit der anderen Hand zärtlich über die Wange.
"Super, mein Chef hat mir einmal früher frei gegeben."
Mit einem Lächeln strecke ich mich ein wenig und küsse Jim auf die Lippen.
"Und was hast du für dieses Wochenende vor?", frage ich nach und schaue ihn lächelnd an, da beginnt er breit zu grinsen und senkt den Blick.
"Nichts besonderes. Ich habe gedacht wir könnten zu Hause bleiben und einfach die gemeinsame Zeit genießen", schlägt er vor und legt den Kopf leicht schief.
"Das hört sich super an", meine ich und küsse ihn erneut, dann gehen wir ins Wohnzimmer.
Wenn Jim und ich zusammen sind, reden wir, kuscheln, tanzen, machen Quatsch oder schauen fern. Ab und zu liegen wir auch einfach still auf dem Sofa und genießen die Gegenwart des anderen, dann unterbrechen wir die Stille nur durch leise, geflüsterte Worte und sanfte Berührungen.
Gegen Abend gehen wir in die Küche und machen uns etwas zu essen, vielmehr gesagt koche ich und Jim hilft mir dabei. Schließlich sitzen wir gemeinsam am Tisch im Wohnzimmer und essen zu Abend.
"Ach ja, ich habe noch etwas für dich", meint Jim als er bereits fertig ist und ich schaue ihn erstaunt an.
"Hm? Habe ich etwa wieder Geburtstag? Oder hast du ein Weihnachtsgeschenk vergessen?"
Da muss er lachen und schüttelt den Kopf.
"Ich habe dir doch Rache versprochen", antwortet er nur mit einem Augenzwinkern während er aufsteht und lässt mich verwirrt zurück.
"Rache wofür?", rufe ich ihm hinterher doch er lacht nur in der Küche.
"Hilf mir beim Abräumen dann sag ich's dir."
Noch nie war ich schneller in der Küche um den Abwasch zu machen.
Nur kurze Zeit später bin ich dabei Jim zu löchern was er mir geben will, doch er rückt mit der Sprache nicht raus. Stattdessen erstickt er meinen Wortschwall indem er mir einen Finger auf die Lippen legt und lächelt dann.
"Warte doch einfach ab. Ich hole es eben."
Mit diesen Worten geht er die Treppe nach oben und ich bleibe irgendwie aufgeregt im Flur stehen. Wenn Jim mir etwas schenken will und ich keinen Schimmer habe weswegen oder was, dann kann das echt interessant werden.
Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, kommt er wieder herunter, einen rosafarbenen Karton in der Hand haltend. Grinsend gibt er ihn mir und ich überlege fieberhaft was wohl darin sein wird.
"Na los, mach schon auf", fordert Jim ungeduldig und ich beginne den Karton zu öffnen. Darin liegt, zusammengefaltet, irgendetwas pinkes, weiches. Mit Hello Kitty drauf.
"Das hast du nicht ernsthaft gemacht!"
Ich stelle den Karton im Wohnzimmer auf den Tisch und hole den Stoff heraus, sodass recht schnell klar wird was es ist.
Es ist ein pinker, einteiliger Hello Kitty Schlafanzug in meiner Größe und sogar mit Kapuze an der kleine Katzenohren dran sind.
Jims Grinsen wird immer breiter während er zusieht wie ich den Schlafanzug mustere, bis er schließlich anfängt zu lachen. Mit einem Schmunzeln schaue ich ihn an und schüttele dann lachend den Kopf.
"Du spinnst Jim", meine ich zu ihm und er zuckt mit den Schultern.
"Kann sein. Jetzt will ich aber dass du ihn anziehst."
Sofort werden meine Augen groß und ich deute entsetzt auf mich.
"Ich soll den anziehen?"
"Klar, wozu habe ich ihn sonst gekauft?"
Lächelnd schaut er mich an und ich runzele die Stirn. Doch ich finde keinen Grund den Schlafanzug nicht wenigstens mal auszuprobieren, außer dass er unheimlich kitschig ist.
"Also schön, aber nur einmal!", warne ich ihn, schnappe mir den Schlafanzug und gehe damit ins Bad, Jims leises Lachen im Hintergrund.
Im Badezimmer mustere ich den Schlafanzug noch einmal kritisch. Das ist eher ein Kostüm, als etwas zum schlafen.
Mit einem Seufzen ziehe ich mir mein Shirt über den Kopf und steige auch aus der Hose damit mir dadrin nicht zu warm wird. Unter dem Shirt trage ich noch ein Top, ansonsten hätte ich das nicht gemacht.
Als ich den Schlafanzug anziehe muss ich feststellen dass er überraschend weich ist und am Bauch zwei Taschen hat. Meine Füße gucken unten heraus und ich schließe den Reißverschluss, dann ziehe ich mir die Kapuze an. Ein Blick in den Spiegel.
Oh Gott.
Missmutig verlasse ich das Badezimmer, die Hände in den Taschen vergraben und präsentiere mich Jim, der im Wohnzimmer auf mich gewartet hat. Als er mich sieht muss er lachen, hält es aber zurück als er meinen Gesichtsausdruck bemerkt.
"Du siehst... flauschig aus", meint er schmunzelnd und kommt auf mich zu um den Stoff zu berühren. Leicht zupft er an meinen 'Ohren' und grinst.
"Und verdammt süß."
"Haha, toll", schnaube ich und verziehe das Gesicht.
"Fehlen nur noch die Schnurrhaare", neckt Jim mich und ich muss dann doch schmunzeln.
"Untersteh dich."
Da bemerkt er noch etwas und gibt einen erfreuten Laut von sich.
"Du hast sogar ein Schwänzchen!", lacht er und ich fasse erschrocken nach hinten.
"Bitte WAS?"
Grinsend legt Jim seine Arme um mich und zieht mich an sich während ich nun auch lachen muss.
"Oh Mann, womit habe ich das nur verdient?", murmele ich in den Stoff seines Shirts und schlinge meinerseits meine Arme um ihn.
"Ach, du weißt doch, Rache ist süß. Und in deinem Fall besonders", erwidert er und kuschelt sich an mich.
"Na super. Dann willst du bestimmt dass ich ihn öfter trage, nicht wahr?", frage ich nach und hebe leicht den Kopf.
"Hey, das ist eine sehr gute Idee", meint er mit einem breiten Grinsen und ich schüttele hastig den Kopf.
"Oh nein."
"Oh doch. Dann bist du mein Kitten."
"Untersteh dich."
"Kitten."
"Ich warne dich..."
"Kitten."
Mit einem Stöhnen lehne ich meinen Kopf gegen ihn während Jims Körper vor Lachen vibriert. Eine ganze Weile lang stehen wir hier im Wohnzimmer, Jim lachend und ich schmunzelnd, und umarmen uns einfach nur.
Irgendwann machen wir uns dann bettfertig und Jim kann mich dazu überreden dass ich den Schlafanzug wenigstens für eine Nacht ausprobiere bevor ich ihn ausziehe.
So kommt es dass wir zu später Stunde in Jims großem Bett liegen und mein Freund intensiv mit mir kuschelt. Oder eher mit meinem Schlafanzug.
"Ich könnte dich auch Flauschi nennen", meint er und ich rolle mit den Augen, was er nicht sehen kann da er hinter mir liegt, einen Arm um mich geschlungen. Die Kapuze habe ich abgesetzt und so spüre ich wie Jim seine Nase in meinen Haaren vergräbt.
"Wehe", murmele ich mit geschlossenen Augen und er lacht kurz.
"Na gut. Dann gute Nacht."
"Dir auch Jim."
Eine Weile lang herrscht Stille, dann meldet er sich noch mal.
"Kitten."
Genervtes Aufstöhnen. 

Joa, das war doch mal etwas anderes :D Ich finde den irgendwie witzig, und ihr? ^^

Bye :3

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top