$ 15. Bibliothek

In der nächsten Erdkundestunde bekommen wir Zeit um an unserem Thema zu arbeiten, dafür gehen wir alle in den Computerraum der Schule. Da ich noch recht neu bin und der zuständige Lehrer sehr viel zu tun hat, habe ich kein Konto um mich anzumelden und deshalb muss James seinen Zugang benutzen. Mit ihm zu arbeiten ist, wie ich schon vorher bemerkt habe, recht angenehm. Er sitzt nicht zu nahe bei mir und schreibt beflissentlich auf was wir herausfinden während ich suche. Außerdem lässt er sich nicht ablenken.
"Hast du einen Internetzugang zu Hause?", fragt er mich fünf Minuten vor Schluss und ich schaue ihn überrascht an.
"Nein. Du?"
Er hebt den Blick von seinen Notizen und schüttelt den Kopf. Kurz scheint er zu überlegen und beginnt dann seine Sachen zu packen.
"Wir könnten uns morgen in der Bibliothek treffen, zum recherchieren", schlägt er schließlich vor und fährt den Computer runter.
"In der Bibliothek? Hier in der Schule oder die Stadtbibliothek?", hake ich nach und stehe auf als James fertig ist.
"Letzteres. Wir könnten uns dort treffen und gemeinsam nachschauen ob wir etwas finden, wenn das in Ordnung für dich ist."
Ich hänge mir nachdenklich meine Tasche um die Schultern und James zieht sich seine schwarze Jacke über, die sehr gut zu seinem Hemd passt. Generell trägt er immer das gleiche wenn ich ihn treffe, was quasi jeden Tag ist.
"Okay", meine ich schließlich und er lächelt leicht.
"Super. Ich kann dir gleich zeigen wo du hinmusst."
"Danke."
Er nickt mir zum Abschied zu und wir trennen uns auf dem Gang vor dem Raum, während auch die anderen nach draußen gehen. Da taucht Katie neben mir auf.
"Na, hast du überlebt?"
Ich schmunzele kurz und gehe mit ihr durch die Flure zum Pausenhof. Denn nun haben wir frei und können endlich nach Hause gehen.
"Ja. Und wie kommst du mit Steward zurecht?"
"Ganz gut, er ist gar nicht so doof wie er manchmal wirkt."
Sie grinst mich an und wir verlassen das Schulgebäude. Gerade wollen wir durch das Tor gehen, da kommt James schnell auf uns zu.
"Melody!"
Überrascht halte ich inne und warte bis er bei uns ist, dann gehen wir zu dritt die Straße entlang.
"Ich wollte dir doch noch zeigen wo du hinmusst", meint James und Katie schaut mich verwundert an, doch ich ignoriere ihren Blick.
"Fährst du mit dem Bus oder mit einem Taxi? Oder mit der U-Bahn?", erkundigt sich der Junge und ich atme tief durch.
"Weder noch. Ich gehe zu Fuß."
James zieht eine Augenbraue hoch, sagt aber nichts dazu.
"Und wo wohnst du, wenn ich fragen darf?"
Zögernd schaue ich Katie an, doch diese lächelt nur aufmunternd. Mit einem innerlichen Seufzer nenne ich ihm meine Adresse und er nickt.
"Ich könnte dich abholen und wir gehen zusammen hin, allerdings kann ich dir auch einfach den Weg sagen."
"Sag mir lieber einfach den Weg, ich schaff das schon."
Der Gedanke die ganze Zeit mit James durch die Straßen zu gehen macht mich nervös. Immerhin muss ich mit ihm dann auch noch Zeit in der Bibliothek verbringen.
"Okay", antwortet er mit einem Schulterzucken und erklärt mir daraufhin den Weg zur Stadtbibliothek, sowie wann wir uns morgen treffen wollen. Kaum ist er damit fertig, verabschiedet er sich und geht mit schnellen Schritten seines Wegs, der schon kurz darauf von meinem und Katies abweicht.
"Das war ja mal was, so habe ich den noch nie erlebt", meint Katie und grinst, dann verwickelt sie mich in eine Unterhaltung.

~~~

"Mum?", rufe ich am nächsten Tag als ich im Begriff bin meinen Mantel zu nehmen und aus der Tür zu gehen. Meine Mutter Rachel kommt der Haustür und schaut mich verwundert an.
"Wo willst du denn hin mein Schatz?", erkundigt sie sich und ich hänge mir meine Tasche über die Schulter.
"Ich treffe mich mit James in der Stadtbibliothek, wir wollen weiter für unser Erdkundethema recherchieren."
"Ach ja, du hast von ihm erzählt. Ist er nett?"
Ich zucke mit den Schultern.
"Er lässt mich in Ruhe und scheint sonst ganz freundlich zu sein", meine ich und nehme meine Mutter zum Abschied in den Arm. Sie erwidert die Umarmung und hält mich ganz fest.
"Pass auf dich auf Melody", sagt sie leise und mit Sorge in der Stimme, dann lässt sie mich los.
"Mach ich Mum."
Sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn und geht dann mit mir zur Tür.
"Soll ich dir etwas machen wenn du zurück bist?"
Einen Moment überlege ich und erinnere mich daran, dass ich jetzt mehrere Stunden unter wildfremden Menschen sein werde und mit einem Jungen werde zusammenarbeiten müssen.
"Das wäre super. Am liebsten Tee."
Ich lächle schwach und verlasse damit die Wohnung.
Der Weg zur Stadtbibliothek ist zum Glück nicht besonders lang und auch relativ einfach, sodass ich ohne Irrwege ankomme. Und mir begegnen nicht so viele Leute wie ich befürchtet habe. Eigentlich ist die Bibliothek nur die des Stadtteils, aber sie wird dennoch Stadtbibliothek genannt.
Gerade laufe ich die Steintreppe zum Haupteingang hinauf, da entdecke ich James, der mich zeitgleich bemerkt.
"Hallo", begrüßt er mich und ich vergrabe unwillkürlich meine Hände in meinen Manteltaschen.
"Hi", antworte ich, dann betreten wir das Gebäude durch den Haupteingang. Im Innern ist die Bibliothek groß und weit, unsere Schritte hallen mit denen der anderen Menschen hier, doch James führt mich zielstrebig weiter hinein, nun über Teppiche die die Geräusche unserer Schuhe verschlucken. An einem Tisch zwischen den hohen Bücherregalen bleiben wir stehen und ich stelle meine Tasche ab. Der Geruch nach Leder, papier und Tinte liegt in de Luft, gemischt mit den Gerüchen der Menschen.
"Hier können wir in Ruhe arbeiten und uns Bücher holen, aber ich würde vorschlagen dass wir erst besprechen was wir machen wollen und wer was recherchiert."
Er legt in einer fragenden Geste den Kopf schief und schaut mich aus seinen dunkelbraunen Augen an. Für einen Moment gerate ich ins Stocken und weiß nicht was ich antworten soll, denn so habe ich James noch nie erlebt. Sonst ist er immer ruhig, gefasst und distanziert, nur selten dringt ein Lächeln über seine Lippen. Da ist er mir sehr ähnlich.
"Ähm, klar, können wir so machen", antworte ich schließlich und ziehe mir meinen Mantel aus. Darunter trage ich wie immer ein langärmeliges Shirt, was meine Arme sehr gut versteckt. Als James seine Jacke auszieht sehe ich, dass er einen normalen Pulli trägt statt eines Hemdes wie sonst immer. Wir setzen uns an den Tisch und besprechen genauer wie wir unsere Präsentation gestalten wollen und was wir dafür noch brauchen. Dieses Mal ist James anders als ich ihn von der Schule her kenne, er scheint offener zu sein und lächelt öfter. Seltsamerweise steckt mich sein Lächeln ab und zu an und ich verdränge meine Angst vor dem was mir in der Gegenwart eines Mannes passiert ist immer mehr.
Schließlich sitzen wir an dem Tisch, der mittlerweile mit Büchern vollgestellt ist, lesen und machen uns Notizen zu unserem Thema. Meine Nervosität ist nur noch Nebensache und allmählich entspanne ich mich sogar hier in der Bibliothek, obwohl James nur einen Meter von mir entfernt sitzt.
"Hast du eigentlich noch beide Eltern?", fragt er auf einmal und ich schaue überrascht von meinem Buch auf.
"Bitte was?"
"Ob deine Eltern getrennt leben oder einer von beiden tot ist", erklärt James seine Frage und schaut mich aufmerksam an.
"Nun ja... ich lebe mit meiner Mutter zusammen. Meinen Vater kenne ich nicht, und meine Mutter spricht nicht darüber."
"Oh. Bei mir ist es genau anders, ich lebe mit meinem Vater in einem Haus, allerdings ist meine Mutter tot."
"Das tut mir leid."
James zuckt mit den Schultern und klappt das Buch vor ihm zu.
"Ich habe mich daran gewöhnt. Wie heißt deine Mutter?"
"Rachel. James, wieso fragst du mich das?"
Auch ich klappe das Buch zu und lasse meine Hand auf meinen Notizen ruhen.
"Weil ich dich kennenlernen möchte", antwortet James ernst und ich schlucke. Nun fühle ich mich nicht mehr so entspannt sondern beginne wieder Angst zu haben, und anscheinend bemerkt James das, denn er sagt nichts mehr. Aber er legt die Bücher auf einen Stapel und steht auf um sie wegzubringen während ich mich wieder anziehe. Wir sind mehrere Stunden lang in der Bibliothek gewesen und so langsam kann ich nicht mehr.
"Ich gehe nach Hause", informiere ich James als er wieder da ist und er nickt.
"Bis Montag Melody."
"Bis Montag", antworte ich und nehme meine Tasche, dann schaue ich ihn nochmal an. Ich wünschte ich hätte keine Angst.

~~~

Die Tür fällt mit einem leisen Klacken hinter mir ins Schloss und ich lasse meine Tasche auf den Boden fallen.
"Melody?"
Meine Mutter kommt in den Flur und als sie sieht dass es mir nicht gut geht, nimmt sie mich fest in den Arm.
"Was ist passiert?"
Ich erwidere darauf nichts, sondern halte mich nur an ihr fest. Die Stunden waren zu viel, und auf dem Rückweg wurde es langsam dunkel, sodass ich richtig Panik bekommen habe.
"Och Kleines. Ich wünschte dir wäre so etwas nie passiert", sagt meine Mutter leise und streicht mir mit einer Hand über den Hinterkopf. Ich höre die Schuld und Trauer in ihrer Stimme und umarme sie nur fester.
"Es ist nicht deine Schuld Mum", beruhige ich sie sanft und lasse sie langsam los.
"Außerdem habe ich es mit James immerhin einige Stunden in der Bibliothek ausgehalten."
"Okay", meint meine Mutter liebevoll und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Geh ruhig in die Küche, ich habe dir deinen Lieblingstee gemacht."
"Danke."
Ich ziehe meinen Mantel aus und lächle meine Mutter an, dann gehe ich in die Küche zu meinem Tee. Vielleicht kann ich irgendwann leben ohne Angst zu haben.

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Yay, ein neuer Teen!Jamody OS. Auf dass ihr alle sterbt xD

Nein, das würde ich doch nie tun. Niemals 0:)
Ich hoffe euch hat's dieses Mal gefallen und ihr lasst mir einen Wunsch da was ich als nächstes machen soll ^^
Ach ja, übrigens TAUSEND DANK FÜR ÜBER 5,5 K VIEWS BEI MORIARTY IN LOVE HOLY SHIT DAS IST SO MEGA VIEL UND DAS NACHDEM ICH DAS BUCH SCHON BEENDET HABE UND OMG *-*

Ja, hehe, ich geh dann mal weiterschreiben ^^

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