- vier -
|Kapitel 4|
S O P H I A
Nirvana - INNA
"No one can make you feel inferior without your consent."
- Eleanor Roosevelt -
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Das Erste, was ich sah, war ein großer Flur mit weißen Wänden und teuren Beistelltischen aus Mahagoni auf denen jeweils ein gepflegter Miniatur-Bonsai stand.
Sollte ich jetzt einfach rein? Oder war das unhöflich? Oder vielleicht kam das auch selbstbewusst rüber? Oder auch einfach dumm?
Okay, ich war definitiv noch viel zu aufgeregt.
Ein letztes Mal holte ich tief Luft und trat dann in den hellen Flur ein.
Mr Hernández konnte ja wohl kaum von mir erwarten, dass ich jetzt eine Stunde im Aufzug darauf wartete, dass er sich dazu herabließ mich herein zu bitten.
Ein weiteres Mal schulterte ich meine Tasche, fuhr mir durch meine dunkel braunen Haare und straffte meine Schultern.
Auch wenn das vielleicht als unhöflich aufgefasst werden würde, ich würde nicht im Aufzug warten. Und außerdem hörte ich gedämpfte Stimmen aus dem Raum, der an den offenen Flur grenzte.
Ich würde in diesem Raum gehen. Jetzt. Meine Neugier war manchmal wirklich Fluch und Segen zu gleich.
Mit ein wenig übertriebem Hüftschwung machte ich mich auf den Weg durch die Tür in das sonnendurchflutete Zimmer dahinter.
Als ich darin stand, brauchte ich einen kleinen Moment, um mich an das, was vor mir lag, zu gewöhnen. Es war überwältigend.
Ein großes Panoramafenster, das die gesamten Wände rechts und geradeaus einnahm. Das kleine Stück Wand auf der rechten Seite, wo der riesige Flachbildschirm angebracht war, wurde von Fenstern freigelassen.
Geradeaus ging es auf eine große Terrasse, die, wie ich von hier erkannte, einen Pool, eine Bar, mehrere Sitz- und Liegemöglichkeiten und einen atemberaubenden Ausblick über den Central Park bot.
Die weißen Echtleder-Sofas, die vor mir in Richtung Fenster standen, sahen so teuer aus, wie meine ganze Wohnung mit Inhalt.
Die linke Seite war geöffnet, führte wahrscheinlich in die Küche, und von dort kamen auch die beiden Stimmen.
„Nein verdammt! Ich werde nicht mit einer Nutte dahin gehen! Ganz sicher nicht! Wahrscheinlich sieht sie auch noch total scheiße aus!"
Mit Nutte war wohl ich gemeint und diese Stimme gehörte dann wohl Mr Sexy. Wow.
Der tiefe Bass in seiner Stimme vibrierte durch meinen Körper und besonders in den südlicheren Regionen spürte ich diese Reaktion nur allzu deutlich. Doch seine Bezeichnung für mich machte diese Wirkung unwichtig.
„Sie ist keine Prostituierte, Nael. Und ich kann dir versichern, dass sie sich Ihrer Umgebung vollkommen anpassen wird. Niemand wird darauf kommen, dass sie dafür bezahlt wird, dich zu begleiten.
Außerdem weißt du ganz genau warum ich sie engagiert habe."
Okay, den mochte ich jetzt schon.
Aber wer zum Teufel war Nael? Vielleicht hatte Lucio außer Mr Sexy ja noch einen Sohn? Oder auch nicht, Google würde mich doch niemals belügen... jedenfalls nicht bei der Information, wer alles zu einer der einflussreichsten Familien der Welt gehörte.
Die Stimmung im Nebenraum konnte sogar ich spüren. Ziemlich viel Wut und ein Hauch Verzweiflung.
„Ich bin achtundzwanzig Jahre alt, Vater, du kannst mir gar nichts sagen!"
„Und wie ich das kann! Ich bin im Moment immer noch alleiniger Besitzer des ganzen Unternehmens. Und es ist letztendlich allein meine Entscheidung, wer mein Nachfolger wird."
Oh, jetzt wurde es aber ernst. Der arme Mr Sexy musste ganz aufgewühlt sein. Vielleicht könnte ich ihn ja später trösten?
„Du... Das kannst du nicht tun. Nicht wegen einer dreckigen Nutte!"
Na danke auch.
Jetzt reichte es. Außerdem war es sowieso irgendwie falsch dieses Gespräch zu belauschen, also beschloss ich einfach mich bemerkbar zu machen.
Leise ging ich zurück zum Flur und dann wieder extra laut zur Küche zurück. Mein Ich-bin-professionell-Gesicht hatte ich natürlich wieder aufgesetzt.
Das Gespräch verstummte sofort und einen Moment später kam ein lächelnder Lucio Hernández auf mich zu.
„Ms Collins! Es freut mich, dass Sie es so kurzfristig geschafft haben zu kommen. Mein Sohn wird sofort zu uns stoßen, er... er muss noch ein Telefonat beenden.", sagte der ältere Mann freundlich.
Für die Gabe, so schnell seine Gefühle wechseln zu können, bewunderte ich ihn. Wenn ich einmal auf 180 war, dann blieb das auch eine Weile lang so.
„Kein Problem. Wegen beidem." Lächelnd schüttelte ich seine ausgestreckte Hand.
„Setzen Sie sich doch bitte, ich bin sicher-„ Er wurde von laut hallenden Schritten unterbrochen und sofort zog sich meine Brust zusammen. Zum Glück wusste ich, dass mein Lächeln genauso strahlend war, wie sonst auch. Ein Vorteil, wenn man über fünf Jahre mit einem Dauergrinsen durch die Welt laufen muss.
Augenblicklich richtete ich meinen Blick auf den Durchgang zur Küche, genau wie Mr Hernández.
Die Schritte kamen immer näher und dann stand er da. Mein Atem stockte kurz, nur um Sekunden darauf doppelt so schnell weiter zu gehen.
Mr Sexy in seiner vollen Pracht. Die Fotos wurden ihm nicht einmal ansatzweise gerecht. Real wirkte er so viel... dominanter, selbstsicherer, machtvoller. Und ich kam mir plötzlich ganz klein vor, was mich dazu veranlasste meine Schultern noch ein wenig mehr durchzustrecken. Die Reaktionen meines Körpers beunruhigten mich. Was würde geschehen, wenn er mich berührte? Würde ich dann etwa in Ohnmacht fallen? Denkbar wärs.
Seine dunklen Augen richteten sich sofort auf mich und einen Moment lang meinte ich ein überraschtes Funkeln erkennen zu können, doch ich könnte mich getäuscht haben.
Seine langen Beine, die in einer schwarzen Anzughose steckten, setzten sich in Bewegung bis er auf einmal vor mir stand.
Sein Geruch war, so wie sein gesamtes Auftreten, atemberaubend. Wortwörtlich. Ich musste meine Schnappatmungen mit aller Kraft unterdrücken. Er roch nach Wald, Meer und Himmel gleichzeitig. War das überhaupt möglich?
In diesem Moment kam es mir jedenfalls so vor und als mir die leichte Moschusnote auffielwar es um mich geschehen.
Sein Äußeres hatte mich voll in seinen Bann gezogen.
Sein Vater war längst vergessen. Dieser Mann ließ keinen Platz für irgendetwas anderes, außer sich selbst, in meinen Gedanken.
„Ramon Hernández. Sehr erfreut.", sagte er, wieder mit dem tiefen Bass der meinen Körper erzittern ließ. Nur, dass seine Stimme eher weniger erfreut klang, sondern irgendwie mehr als unterkühlt.
Ich schluckte schwer und erinnerte mich dann daran, wie er mich genannt hatte. Und das Feuer der Wut, das mein Temperament immer wieder entfachte, zügelte wieder auf.
„Sophia Collins. Die Freude ist ganz meinerseits Mr Hernández." In meine Worte legte ich extra so viel Ironie, wie es nur ging, damit er auch ganz sicher mitbekam, dass ich ebenso wenig erfreut war wie er.
Dass das gelogen war, musste ja keiner wissen.
Einen Moment lang sahen wir uns nur mit falschem Lächeln an, bis ein Räuspern meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Also, ihr habt noch einiges zu besprechen. Nael du weißt, was auf dem Spiel steht und auch, dass ich mein Wort halte. Ich muss nach Brooklyn und einiges mit unserem neuen Partner persönlich besprechen.
Sophia, ich darf dich doch duzen, oder?"
-ein Lächeln und Kopfnicken meinerseits-
„Du kannst dich gern schon einmal hinsetzten, mein Sohn wird euch etwas zu trinken holen, nicht wahr?", fragte er an seinen Sohn gewandt.
Das gepresste Lächeln von Mr Sexy entging mir natürlich nicht und ließ mich im Innern amüsiert schnauben.
Natürlich würde er die Getränke trotzdem holen. Die Firma wollte er wegen so etwas Nichtigem sicher nicht verlieren.
„Vielen Dank Mr Hernández und viel Erfolg mit Ihrem Kunden. Es war nett Sie persönlich kennenzulernen.", sagte ich professionell und reichte ihm erneut meine Hand.
„Gleichfalls, meine Liebe. Ich bin mir sicher du wirst mit ihm zurecht kommen. Außer ein paar zynischen Bemerkungen ist er eigentlich recht pflegeleicht." Charmant lächelnd nahm er meine Hand an und blickte mir in die Augen.
Diese Aussage wagte ich zu bezweifeln.
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1279 Wörter
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