- sechzen -


|Kapitel 16|
S O P H I A

Pray - Sam Smith

"What a curious power words have."
- Tadeusz Borowski, This way for the Gas -
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Gerade lachte ich mit Adriana über den Geburtstag einer ihrer Freundinnen, von dem sie mir erzählte, als sich ein starker Arm, wie schon so oft heute Abend, um meine Taille legte. Das schien irgendwie Ramons Ding zu sein.

Und, wenn er wütend wurde oder er sich aufregte, war ich direkt als menschlicher Stressball bereit missbraucht zu werden. Is klar.

„Mum, Dad, schön, dass ihr Sophia schon kennengelernt habt.", sagte Ramon, überraschenderweise mehr als freundlich.

„Ja, sie ist wirklich bezaubernd!" Ramons Mutter, Adriana, ließ sich von ihrem Sohn einen Kuss auf die Wange geben, während ich dabei war die Röte irgendwie aus meinen Wangen zu bekommen.

Bei meinem Glück, das mich heute Abend mal wieder liebte, sah Ramon natürlich, wie ich mir gerade über die Wangen fuhr und konnte sich kein Schmunzeln verkneifen.

Naja, es war eher ein Mundwinkel-Zucker, aber immer hin haben sich seine Gesichtsmuskeln bewegt.

Als er sich von seiner Mutter gelöst und seinen Vater kurz umarmt hatte, kam er auf mich zu und platzierte seine Hand wieder auf seinem Stammplatz, meiner Hüfte. Und den blauen Fleck spürte ich übrigens schon kommen.

„Mum, du bringst sie in Verlegenheit. Das wollen wir doch nicht."  Seine Mum guckte erst mich, dann Ramon und dann wieder mich verwirrt an, bis ihr ein Licht aufzugehen schien.

„Ach Liebes! Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, aber du siehst so wunderschön aus, bist dazu auch noch höflich und freundlich und... hach! Ich würde zu dir als meine Schwiegertochter nicht Nein sagen.", rief Adriana mit einem breiten Grinsen im Gesicht, den letzten Teil mit einem vielsagendem Blick an ihren Sohn gerichtet.

Und ihre Worte bewirkten nicht unbedingt, dass die Röte in meinem Gesicht verschwand. Eher das Gegenteil, was ich nicht nur an der verräterischen Hitze, sondern auch an Ramons bösartig, amüsiert zuckenden Mundwinkeln sah, die er krampfhaft versuchte unter Kontrolle zu bekommen.

Mr. Sexy-Arschloch passte also immer noch als Top-Secret-Spitzname.

„Ich weiß nicht, ob das jetzt so viel gebracht hat, Schatz.", flüsterte Mr. Hernández Senior seiner Frau liebevoll ins Ohr, gerade so laut, dass ich es noch mitbekam.

Wenn, und damit meinte ich den mehr als unwahrscheinlichen Fall, dass ich das irgendwann in Zukunft tun würde, ich mit jemandem den Bund der Ehe schließen würde, dann wollte ich genauso werden. So lange zusammen und immer noch verliebt, wie am ersten Tag.

„Ja, das glaube ich auch eher weniger." Ramons Stimme war überraschender Weise nicht überheblich oder arrogant, eher belustigt. Ob das jetzt besser war, darüber konnte man sich streiten, doch ich fand, dass das durchaus meinem positiven Einfluss zu verdanken war, dem sich noch nicht mal ein Ramon Hernández entziehen konnte.

Vielleicht war es aber auch nur die Tatsache, dass seine Mum anwesend war.

Mr Hernández räusperte sich.
„Nun, Sophia, wie ich gehört habe war es eine wirklich gute Entscheidung von mir, bei Ihrer Agentur anzurufen. Ich habe eben mit meinem PR-Manager gesprochen und der Gute freut sich wie ein Kind an Weihnachten! Die Presse war begeistert von euch beiden. Und die Gäste scheinen euch ebenfalls nicht aus den Augen zu lassen. Alles läuft auf jedenfall besser, als ich es erwartet habe."

Also eigentlich war dieser gesamte Abend ein einziger Flopp gewesen, aus professioneller Sicht gesehen natürlich. Das ließ ich mir aber garantiert nicht anmerken, also nahm ich das offensichtliche Lob dankend an.

„Sophia und ich gehen kurz an die frische Luft." Schon wieder so eine unverschämte Aussage.

Mein Gott, konnte er sich mal entscheiden, ob er nett war oder nicht?

„Alles klar. Viel Spaß euch!", erwiderte Adriana mit einem weiteren Blick an ihren Sohn gewandt und drehte sich dann zu ihrem Mann.

Gerade, als ich ansetzte etwas zu sagen, unterbrach mich Ramon, indem er mich sanft, aber bestimmt durch die Menschenmasse zur Rückseite des Saals führte.

Alle, Männer und Frauen, wichen uns aus, ohne, dass wir auch nur ein Wort hätten sagen müssen.
Für irgendwas musste Mr Sexy-Arschlochs Ausstrahlung ja gut sein.

Die verwunderten, neidischen, wütenden und interessierten Blicke ignorierte ich. Stattdessen richtete ich meine Konzentration voll und ganz auf den Mann, der mich neben sich herschob.

Seine große, warme Hand hatte sich auf meinen unteren Rücken gelegt und übte leichten Druck aus. Männerhände fand ich schon seit jeher unfassbar sexy.

Machte er mir meinen Job mit Absicht so schwer?

Nachdem wir uns durch die Menschen zur anderen Seite des Saals geschlagen hatten, führte mich Ramon durch die große Glastür, auf einen ebenfalls großen Balkon, auf dem ein paar Pärchen standen und zu der ruhigen Musik eng umschlungen tanzten. Oder sich hin und her wiegten und Speichel austauschten.

Tief atmete ich ein und inhalierte die milde Nachtluft.
Das Durcheinander in meinem Kopf beruhigte sich auf einen Schlag und ich musste Gähnen.

Es war mittlerweile schon halb Ein Uhr Nachts.

Langsam ging ich zum Ende des Balkons und stützte mich mit den Unterarmen auf die gläserne Brüstung.

Ich wusste, dass Ramon mir hinterher kommen würde und spürte seine Präsenz keine fünf Sekunden später neben mir.

„Wie geht's dir?"

Augenblicklich verdrehte ich die Augen.

„Ich steh nicht so auf Smalltalk, Ramon."

Ich hörte ihn leise aufseufzen, aber guckte weiterhin in das funkelnde Sternenmeer über uns.

Der Himmel war toll. Dort oben waren so viele, unterschiedliche Dinge, die doch irgendwie eine Einheit waren.
Außerdem faszinierte mich das Wissen, dass einige Sterne schon seit tausenden Jahren nicht mehr existierten, aber ihr Licht so unendlich lang brauchte, um auf der Erde anzukommen, dass wir sie immer noch sahen.

„Na gut, du wolltest es nicht anders. Ich habe dich angestellt. Dauerhaft. Dein einziger Kunde wird für die nächsten drei Monate niemand anderes  sein, als ich.", riss mich Ramon aus meinen Gedanken.

Was?

„Was?!"
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964 Wörter

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