- neunzehn -


|Kapitel 19|
S O P H I A

Alaska - Maggie Rogers

"You've gotta dance like there's nobody watching,
Love like you'll never be hurt,
Sing like there's nobody listening,
And live like it's heaven on earth."
- William W. Purkey -
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Ich hatte mich gerade dazu überwunden den ersten Schritt zumachen, als mich jemand unsanft anrempelte und dabei seinen ganzen Kaffee über sich selbst verschüttete. Zum Glück nicht über mir, denn die Reinigung dieser Fummel kostete ein halbes Vermögen...

„Oh Gott! Das tut mir wirklich außerordentlich leid! Mist! Scheiße!", entschuldigte sich der junge Mann, der mich Angerempelt hatte, und versuchte mit einem Papiertaschentuch den großen, braunen Fleck aus seinem jetzt nicht mehr so weißen Hemd zu bekommen.

Das einzige was er jedoch bewirkte war, dass der Fleck noch größer wurde.

Skeptisch beobachtete ich sein Tun, bis ich beschloss auch mal meinen Mund zu öffnen.

„Aber sie wissen schon, dass sie so alles nur noch schlimmer machen, oder?"

Immer noch skeptisch taxierte ich ihn ein weiteres Mal mit meinem Blick.

Ich schätzte ihn auf zwanzig Jahre, er hatte einen großen, schlaksigen Körper mit unendlich langen Beinen, die in einer einfachen Blue Jeans steckten.

Seine Haare waren Strohblond, genau wie seine Augenbrauen, während seine Augen in einem kräftigen blau strahlten und durch hohe Wangenknochen betont wurden. Die nicht wirklich stark ausgeprägte Kieferpartie ließ ihn um einiges jünger wirken, als er es letztendlich war. Jedenfalls sagte mir das mein Bauch.
Alles an ihm war das Gegenteil von dem, was ich bei einem Mann als besonders attraktiv betrachtete, was aber nicht bedeutete, dass er hier hässlich war.

Das war er ganz und gar nicht... Ich konnte mir vorstellen, dass viele Frauen auf süße, nerdige Typen standen, doch ich nun mal nicht.

Ich bevorzugte Südländer, Exoten und Dunkelheit, egal in welchem Zusammenhang, zog mich an, wie Pizza. Zwar war mir das schon ein paar mal fast zum Verhängnis geworden, doch an diesem Geschmack konnte einfach nichts und niemand etwas ändern...

Das konnte noch nicht mal Nicholas, oder Nick, Landsworth in meinem Freshman Jahr auf der Highschool.

Er war ein wahrer Badboy und ich war so verschossen gewesen wie nie zuvor. Doch er Entschied sich für Patricia, diese Schlampe, anstatt für mich und war somit das erste wirkliche Drama meines Lebens. Ich sagte ja, dass Dunkelheit mich anzog, ob dunkle Haare, Augen, eine dunkle Ausstrahlung oder sonst was war hierbei nicht von Belang. Es war einfach so.

Außerdem fand ich Muskeln schon immer, genau wie große Hände, einfach nur heiß und anziehend.

„Ja, das seh ich... So was blödes aber auch!", fluchte Blondie weiter.

Angestrengt versuchte ich das Kichern zu unterdrücken, das sich unaufhaltsam meine Kehle rauf bahnte.

„Ich-" -kurz räusperte ich mich- „Ich würde Ihnen wirklich gern helfen, doch ich hab einen sehr wichtigen Termin in exakt fünf Minuten und bin sowieso schon spät dran...", sagte ich und hoffte einfach, dass er das unterdrückte Glucksen nicht gehört hat.

Fragend schaute er mich an, nachdem er einen Blick auf seine Uhr geworfen hatte.

„Wer macht bitte einen Termin um 11:37 Uhr? Sind die nicht jede volle Stunde?"

Oh kacke.

„Ähm... Ja, normalerweise schon, aber es war wirklich dringen und außerdem ist 37 meine... meine Glückszahl, genau!", haspelte ich peinlich berührt.

Okay, nicht mal meine Granny hätte mir diese gequirlte Scheiße abgekauft.

Aber auf der anderen Seite konnte es mir eigentlich komplett egal sein was dieser Fremde, den ich wahrscheinlich nie wieder sehen würde, von mir dachte... Schließlich war Lügen noch nicht illegal.

Blondies unglaublich verwirrter Blick weckte schon etwas Mitleid in mir, aber das verdrängte ich einfach in die hinterste, dunkelste und unwichtigste Ecke meines Gehirns.

„Ist ja jetzt auch egal. Ich muss jedenfalls los. War nett Sie... kennengelernt zu haben. schätze ich." Versucht freundlich lächelte ich ihn noch mal an, während ich mich an ihm vorbei schob und endlich zu dem überfüllten Eingang und dem anschließenden Foyer zu gelangen.

Blondies fragenden Blick spürte ich noch überdeutlich in meinem Rücken.

Armer Junge.

Zwar war er wahrscheinlich nur ein paar Jahre jünger als ich, doch sein Auftreten und sein Benehmen erinnerte mich eben an einen Jungen und ich fand die Bezeichnung 'Mann' passte einfach nicht zu ihm, und das nicht im negativen Sinne.

Da ich mir nicht sicher war wo ich hin musste, entschloss ich mich bei einer der Empfangsdamen nach der Nummer und dem Stockwerk seines Büros zu fragen. Den Vorfall mit dem schlaksigen Kaffee-Typen Ignorierte ich.

Mit gekonnt selbstsicheren Schritten bahnte ich mir einen Weg durch das Getümmel, wobei die Meisten sogar freiwillig halfen und sofort aus dem Weg eilten, sobald sie die Absätze meiner sechzehn Zentimeter Stilettos hörten.

Die Teile waren zwar manchmal wirklich unbequem und oft die Ursache vieler schmerzhafter Blasen, doch in Momenten wie diesen, wahre Lebensretter.

Ich wäre beinahe erstick an den ganzen Dämpfen, die von den viel zu stark einparfümierten Frauen und Männern ausgingen.

Am Tresen der Empfangsdamen, wandte ich mich sofort an die Brauhaarige, die mir von Anfang an viel sympathischer war.

Die andere hatte einfach ein viel zu schleimiges Lächeln, viel zu falsche Haare und viel zu weiße Zähne.

„Guten morgen und willkommen bei N.H.Corp! Was kann ich für sie tun?", ratterte sie ihren einstudierten Text herunter und lächelte mich so falsch an, dass meine made in China Adidas Schuhe neidisch wären.

Vielleicht war mir diese Frau doch genauso unsympathisch wie die andere.

Um ehrlich zu sein hätte ich Ramon ein besseres Gespür für gute Angestellte zugetraut.

„Guten Tag! Könnten sie mir bitte sagen in welchem Büro Mr Hernández zu finden ist?" Einfach aus Provokation setzte ich ein noch viel gezwungeneres Lächeln auf, sodass jeder Blinde gemerkt hätte, dass ich sowas verabscheute.

Kurz blitze etwas wie Überraschung und dann Feindseligkeit in ihrem Blick auf und ich merkte, dass auch die Blondine ihre Ohren gespitzt hatte.

„Was wollen sie-", einmal fuhr sie meinen ganzen Körper mit ihren Augen ab und richtete sie dann wieder auf mein Gesicht „-denn von ihm?" Ihr eigentlich ganz hübsches Gesicht hatte auf einmal einen arroganten Zug bekommen, der mir vorher gar nicht aufgefallen war.

Außerdem, unprofessioneller ging es ja wohl nicht.

„Was geht sie das an?", gab ich kühl zurück und straffte meine Schultern.
Ihr Blick hatte mich doch etwas unsicher werden lassen...

Kurz wechselte sie einen Blick mit der Blondine, die den Kopf schüttelte, und schenkte mir dann ihre ach so wertvolle Aufmerksamkeit.

„Mr Hernández empfängt keinen unangekündigten Besuch.", meinte die Trulla selbstgefällig und trommelte mit ihren giftgrünen Fingernägeln auf der Tastatur vor ihr herum.

Innerlich stöhnte ich auf.
War das ihr Ernst?

„Fein. Rufen sie ihn an und sagen sie, Sophia Collister will zu ihm." Ja, mir war klar, dass es 'möchte' und nicht 'will' hieß, aber diese Frauen waren der Grund warum ich mich mehr darauf konzentrieren musste einen Amoklauf meinerseits zu verhindern und dadurch keine Zeit hatte auf Höflichkeiten zu achten.

War es so schwer mir einfach eine Nummer zu nennen?!

Ungeduldig drehte ich den goldenen Ring an meinem rechten Zeigefinger, während die Brünette ganz langsam das Telefon nahm und die Kurzwahltaste eins drückte.

Es klingelte ganze drei mal, bevor am anderen Hörer jemand abnahm. Ich nahm mal stark an es war Ramon.

„Entschuldigen sie für die Störung, doch jemand möchte von Ihnen Empfangen werden."

Diese süße Stimme konnte sie sich in ihren arroganten Arsch schieben.

„..."

„Ich sagte das selbe Sir, doch sie beharrt darauf, dass sie sie in Empfang nehmen würden. Ihr Name ist Sophia Coller oder so ähnlich."

Was war das denn für eine Empfangsdame? Sollten die nicht eigentlich höflich und aufmerksam sein, oder war das nicht mehr die gewünschte Arbeitsmoral?

„..."

„Wie Bitte?! Sind sie sicher, Sir, ich könnte auch den Sicherheitsdienst ru-"

Was?!

„..."

„Natürlich Sir, aber sind sie nicht in einem Meeting?"

Dann wäre er doch wohl nicht an sein Büro-Telefon gegangen.

„..."

„Warum ist er schon gegangen?"

Meine Güte, hörte diese Frau auch mal auf zu reden?

„..."

„In Ordnung ich schicke sie hoch." Den letzten Satz sagte sie etwas eingeschüchtert und gar nicht so großmäulig wie zuvor.

Doch bei Ramons Art, die einfach immer präsent war, vor allem wenn gepaart mit diesem Aufbrausendem, konnte ich sie irgendwie verstehen...

Einen Moment lang sah sie das Piepende Telefon an, dann warf sie ihrer Kollegin einen Blick zu und drehte sich endlich wieder mir zu.

„Sie.. Sie können hoch gehen. Sein Büro ist im Pent... im Penthaus. Es ist der einzige Raum.", stotterte sie und Blondinchen sah mich sauer an.

War das jetzt wirklich so schwer gewesen?

Ohne mich zu verabschieden ging ich Augenverdrehend zu den silbernen Fahrstühlen, deren Aufenthaltsort ich bereits von der Party kannte.

Wie konnte Ramon bitte so Angestellte beschäftigen und auch noch bezahlen?

Genau als ich mich noch einmal zu den zwei Nichtsnutzen umdrehte und gerade noch sah, wie sie sich wild gestikulierend über etwas, höchstwahrscheinlich mich, aufregten, knallte ich hart mit etwas zusammen, oder besser gesagt jemandem.

Bereits zum zweiten Mal an diesem Tag.
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1473 Wörter

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