- fünfzehn -
|Kapitel 15|
R A M O N
Therapy - Khalid
"The reason I talk to myself is because I'm the only one whose answers I accept."
- George Carlin -
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Und sie ging.
Das Kleid, das ich mit voller Absicht und in dem Wissen, dass es an ihr einfach nur göttlich aussehen würde, ausgesucht hatte, glitt geräuschlos über den marmornen Boden.
Warum war sie plötzlich so kalt? Es war, als hätte jemand ihr inneres Feuer zu Eis gefrieren, und ihr Temperament zu einem eisigen Wind werden lassen.
Poesie lag mir nicht.
Nachdenklich blickte ich weiterhin auf den Punkt, wo Sophia vor wenigen Sekunden verschwunden war.
Ich hatte ihren Schmerz und ihre Einsamkeit nicht in ihren Augen gesehen, aber sie definitiv gespürt. Viele sagten, dass sie die Emotionen und Gefühle eines Meschen in seinen Augen sehen könnten, es hieß bestimmt nicht umsonst 'das Fenster zur Seele', doch diese Gabe hatte ich nicht.
Das einzige, das ich in Sophia Collisters Augen erkennen konnte, war tiefes, unergründliches braun, das die Wärme ihres Innersten widerspiegelte.
Es musste etwas mit ihren Eltern zu tun haben, denn in dem Moment, als sie sie erwähnte, wurden ihre Augen trüb. Und ich kannte diesen Blick nur zu gut, von jedem Tag, an dem ich in einen Spiegel sah.
Es war dieser eine bestimmte Blick, bei dem man etwas in die hinterste Ecke seines Kopfes schob, um dieses Etwas einfach für kurze Zeit zu vergessen und seine Gedanken hinter einer riesigen Mauer verbarg, damit man selbst nicht verletzt wurde.
Ich fragte mich nur, wieso sie das für nötig hielt.
Mein Jacket, das ich ihr vor einiger Zeit um ihre zierlichen Schultern gelegt hatte, nahm ich vom Boden auf, zog es mir über und ging zurück in den großen Saal. Das rote Stecktuch blieb auf dem Boden vor dem Gemälde liegen und nur noch meine ebenfalls rote Krawatte deutete darauf hin, dass wir beide zusammen hier waren.
Die Dekorateure hatten wie immer gute Arbeit geleistet und jeder der hier Anwesenden amüsierte sich köstlich, dem Gekicher und Gerede zufolge.
Angestrengt hielt ich nach Sophia Ausschau, was eigentlich aufgrund ihres Kleides nicht so schwer hätte sein sollen, wie es letztendlich war. Die Menschenmasse in diesem riesigen Raum schien jedes Individuum zu verschlucken und ich brauchte geschlagene fünf Minuten, um Sophias schwarze Mähne ausfindig zu machen.
Und was ich sah erfreute und verängstigte mich gleichermaßen. Sophia stand bei meinem Vater und meiner wunderschönen Mutter und während die Frauen über irgendetwas lachten, sah mein Dad seine Ehefrau liebevoll an.
Ich war mehr als dankbar dafür, dass meine Eltern nach über zwanzig Jahren Ehe immer noch glücklich verliebt in einander waren, denn das war heutzutage wirklich nur noch der Ausnahmefall. Außerdem förderte das Bild von einer lachenden Sophia mit meinen Eltern irgendwie den Phenethylamin-Ausstoß meines Körpers und alle Menschen im Saal rückten plötzlich in den Hintergrund.
Ich hatte schon oft Frauen getroffen, die mich interessiert und fasziniert hatten, doch es war jedes Mal nur sexueller Natur gewesen. Bei ihr war es anders.
Die sexuelle Anziehung war zwar mehr als präsent, aber ich wollte sie nicht nur vögeln. Bei ihr schreckte mich die Vorstellung eines Gesprächs nicht ab, was bei meinen Bekanntschaften für gewöhnlich so war.
Aber wie gesagt, bei Sophia war es... anders.
Ich wollte sie kennenlernen, wollte wissen was ihr Spaß und was ihr Angst macht und ich wollte Zeit mit ihr verbringen.
Das Problem war, dass meine Feigheit genau das nicht zuließ. Der große Ramon Hernández, baldiger Leiter eines ganzen Imperiums, hatte Angst davor verletzt zu werden.
Eins der Dinge für die ich mich wirklich schämte.
Aber jeder hatte vor irgendetwas Angst.
In ihrem unordentlichen Apartment, das vom ersten Augenblick so heimisch auf mich gewirkt hatte, dass ich am liebsten einfach dort geblieben wäre, hatte ich die Kontrolle verloren. Ich konnte mich einfach nicht mehr zusammenreißen.
Ich gab zu, dass ich im ersten Moment nur das schlechteste von einem Escort-Girl dachte, aber was hätte ich sonst denken sollen?
Dann, als ich sie auf meiner Couch sitzen sah, erkannte ich sie wieder. Die Frau, die mir einen langweiligen Charity-Abend mehr als versüßt hatte.
Ich war so enttäuscht gewesen, als ich realisierte, dass sie.... Ja, warum eigentlich? Ich war einfach enttäuscht.
Als ich von der Seite angerempelt wurde und der Kellner sich mit ängstlichem Blick auf mich entschuldigte, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
„Ach du meine Güte! Es tut mir so Leid, Mr- Mr Hernández! D- Das wird nicht wie-„
Mit einer Handbewegung schickte ich ihn fort.
Ich wusste, dass ich auf viele Menschen angsteinflößend wirkte, nur wusste ich nicht so genau weshalb. Ich war dominant, genoss die Macht, die ich hatte und nutzte diese auch, doch ich war nicht übermäßig aggressiv oder so.
Ich verteidigte, was mir gehörte und das konnte mir niemand zum Vorwurf machen.
Mit großen, sicheren Schritten ging ich auf meine Eltern und Sophia zu und kam währenddessen nicht darum, sie für ihre Schönheit, die in diesem Kleid noch mehr in Szene gesetzt wurde, zu bewundern.
Jede ihrer Kurven, jeden Fleck nackter Haut, jedes Haar und jede Bewegung taxierte ich mit meinem Blick, aber sie bekam nichts davon mit.
Sie zog mich in ihren Bann und bemerkte es nicht. Vielleicht war es das, was sie so unwiderstehlich machte.
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923 Wörter
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