- dreiundzwanzig -


|Kapitel 23|
S O P H I A

2002 - Anne-Marie

"Insanity is doing the same thing, over and over again, but expecting different results."
- Narcotics Anonymous-

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Das Kleid war augenscheinlich ziemlich kurz, jedoch ohne dabei zu billig zu wirken. Der fließende, silbern schimmernde Stoff fing das Licht auf und ließ es regelrecht leuchten. Bei dem Stoff würde ich auf Seide tippen und ich war mir sicher, dass der Wasserfallaußschnitt meinen Hals und meine Schlüsselbeine perfekt betonen würde und zwar auf die best mögliche Art und Weise.

Das Kleid war Atemberaubend, genau wie das letzte, das Ramon mit geschenkt hatte.

Er musste einen wirklich guten Geschmack haben, sofern er die beiden Kleider und seine Anzüge selbst ausgewählt hatte, woran ich jedoch kaum Zweifel hatte, immerhin schien er nicht gerade die Art Mann zu sein, die besonders viele Entscheidungen Anderen anvertraute.

Nach ziemlich genau 53 Minuten war ich endlich fertig.

Das Kleid saß wie angegossen, meine Beine und andere Körperstellen waren rasiert, die silbernen Highheels, die ich irgendwann neben der Tür entdeckt hatte, passten perfekt und der Schmuck sowie das Make-up war hochwertig und alles andere als dezent. Aber Ramon selbst war schließlich auch nicht gerade das, was man als dezent und unauffällig bezeichnen würde und diese Eigenschaft spiegelte sich auch in seinem Stil wieder.

Auch wenn er schlichte Eleganz ebenso zu schätzen wusste, seinem letzten Aufzug nach zu zu urteilen.

Mit einem letzten Blick zum Spiegel öffnete ich die Badezimmertür und trat raus. Ramon saß immer noch vor seinem großen Schreibtisch, nur diesmal hatte er einen schwarzen Abendanzug mit einer silbernen Krawatte. Der Anzug den er davon anhatte lag achtlos über die Lehne des schwarzen Zweisitzers geworfen.

Seine Augenbrauen waren konzentriert zusammengezogen und eine kleine Falte war zwischen ihnen entstanden.

Zum wiederholten mal bewunderte ich seine Schönheit.

Er war wirklich schön. Natürlich war er heiß und sexy und sowas alles, aber sein Gesicht war schön ohne dabei unmännlich zu sein.

Symmetrie war die Definition des heutigen Schönheitsideals und ich hatte wirklich noch nie in meinen 24 Lebensjahren ein so strukturiertes Gesicht gesehen und selbst die Narbe an seinem Kinn machte ihn nicht minder attraktiv. Es machte ihn irgendwie besonderer. Genau wie sein linkes Auge, das, wenn man genau hinsah, mehr grün statt braun war.

Als das Klacken meiner Absätze im Raum widerhallte hob Ramon Ruckartig den Kopf.

„Sechs Minuten früher als erwartet. Ich hätte gedacht du reizt die gesamte Stunde aus.", sagte er ruhig und musterte mich eingehend.

„Soll ich wieder ins Bad gehen und die restlichen sechs Minuten warten oder was wolltest du mir mit dieser Aussage mitteilen?" Herausfordernd hob ich meine rechte Augenbraue, eine Fähigkeit auf die ich wirklich Stolz war. Währenddessen beugte ich mich, ohne ihn aus den Augen zu lassen, zu meinen Füßen runter und richtete meinen linken Schuh.

„Natürlich nicht. Komm, der Fahrer steht unten und etwas früher im Club zu sein wird niemandem schaden.", antwortete er mit seinem typischen Grinsen.

Natürlich würde es niemandem schaden, aber nützen auch nicht. Doch da es nun mal mein Job war verkniff ich mir jegliche bissige Kommentare und entgegnete bloß ein nicken. Meine Genervtheit fiel hoffentlich nicht auf, denn mir ging gerade wirklich alles gegen den Strich. Obwohl ich sagen muss, dass das Kleid und alles mein Gemüt etwas beruhigt haben, doch die Gesamtsituation war trotzdem scheiße. Drei Monate mit diesem Esel, dem nicht ein einziges nettes Wort über Lippen zu kommen schien.

Ich wollte mich gerade zur Tür wenden, als mir die Worte von dem einen Typen in den ich rein gerannt war wieder einfielen.

„Ach, das hätte ich beinahe vergessen! Bevor ich zu dir kam hat mich so ein Typ... sagen wir er hat mich aufgehalten. Schwarze Haare, Anzug, ziemlich heiß eigentlich. Er meinte ich soll die ausrichten, dass einen Weg finden wird, oder schon gefunden hat, oder sowas... Also meiner Meinung nach war der ein bisschen gruselig. Ein Freund von dir?"

Dass ich den Typ umgerannt habe ließ ich extra aus. Es musste ja nicht jeder wissen wie ungeschickt ich war.

Zum wiederholten Mal heute riss er seinen Kopf in die Höhe.

„Sicher nicht.", murmelte Ramon verächtlich. „Hieß dieser... Typ zufällig Benjamin?"

„Keine Ahnung, der hat sich nicht vorgestellt. Voll unhöflich.", sagte ich.

Keine Manieren. Wirklich.

Nachdenklich sah Ramon mich an. Er schien plötzlich ziemlich in Gedanken versunken zu sein und sein Gesicht nahm irgendwas dunkles an. Sein Kiefer mahlte und er kaute auf der Innenseite seiner Wange rum.

Sah ein wenig so aus als würde er einen Mord planen.

„Ramon? Hallo? Jemand zu Hause?" Ungeduldig wedelte ich mit meiner Hand vor seinem Gesicht herum.

„Hör schon auf damit.", fauchte er und schlug meine Hand weg.

„Musst ja nicht gleich so grob sein." Murrend rieb ich meine arme Hand und verschränkte dann meine Arme.

„Hat er sonst noch was gesagt?", ignorierte Mr Sexy-Arschloch mich geflissentlich.

„Nö."

Jedenfalls hatte ich sonst nichts mehr gehört, ich war zu sehr mit verdrücken beschäftigt. Dieser Haifisch hatte wirklich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber ob der Positiv oder Negativ war musste ich noch entscheiden, doch momentan tendierte ich eher zum negativen.

Genervt stöhnte Ramon nun auf und rieb sich mit einer Hand übers Gesicht. Sein drei-tage-Bart stand ihm übrigens erstklassig.

„Darum werde ich mich später kümmern. Wir sollten jetzt wirklich los."

Mit einer Bewegung deutete er mir an vorzugehen, was ich augenverdrehend tat.

Er konnte sich sein Gentleman-Getue sonst wo hinstecken. Auch, wenn es mich normalerweise ziemlich anturnte.

Nach einer knappen Viertelstunde, gefüllt mit langweiligem, erdrückendem Schweigen und Gesprächsversuchen meinerseits, die jedoch im Keim erstickt wurden, hielten wir vor dem Paradise, einem der bekanntesten und umstrittensten Klubs New Yorks.

Ich würde diesen Ort nicht kennen, wenn er nicht in den letzten Wochen immer wieder in den Nachrichten gewesen wären, da sie anscheinend kurz vor der Pleite standen.

„Ich dachte wir wollen essen gehen.", flüsterte ich Ramon zu, als wir, ich bei ihm eingehakt, an der langen Schlange vorbei auf den Eingang zusteuerten.

Die wütenden und teils eifersüchtigen Blicke ignorierte ich, denn in Ramons Nähe würde ich diese Blicke wohl jedesmal ertragen müssen.

„Das tun wir auch, nur eben im Klub des vielleicht-Kunden. Pete Patrickson. Vielleicht sagt dir der Name was, vielleicht auch nicht."

„Natürlich tut er das, schließlich war er in den letzten Wochen ziemlich oft in den Nachrichten und so.", murmelte ich beleidigt. Ich war ja nicht blöd.

Ein nicken des Türstehers später befanden wir uns in einem Vorraum, in dem eine recht spärlich Bekleidete... Dame uns die Jacken abnehmen wollte, doch Ramon lehnte kühl wie immer ab und ich hatte nicht mal eine Jacke an.

Er führte mich nicht in den Bereich aus dem die laute, bass-lastige Musik und Hitze kam, sondern zu einer etwas abgelegenen Treppe, die mit einem roten Teppich ausgelegt war, aber immer noch an den Seiten den schwarzen Mamor frei ließ.

Wahrscheinlich war das der Weg zum VIP Bereich, was kein Wunder war, wenn man bedachte, dass wir den Besitzer dieses Ladens treffen wollten.

Der harte Bass brachte die Wände und den Boden zum beben und weckte in mir das leise Bedürfnis zurück zu gehen und mich unter die tanzende Menge zu mischen. Doch ich arbeitete.

Am ende des Flurs, der nach der Treppe auf uns gewartet hatte, befand ich eine weitere Tür, vor der zwei unheimlich muskulöse Männer standen.

Ramon guckte den einen auffordernd an und die doppel-Tür wurde für uns geöffnet.
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1279 Wörter

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