Warmes Blut

Amrâlimê...

Das erste, was der kleine Hobbit vernahm, war ein angenehmes Kitzeln im Gesicht. Ein sanfter Windhauch strich ihm über die Wangen und fuhr ihm durch die Locken, füllte seine Lunge mit warmer Luft und seinen Geist mit Klarheit.

Müde und matt, die Augen noch immer geschlossen, tastete er nach der Hand seines Freundes, in dessen Armen er eingeschlafen war, doch das einzige, worauf seine Fingerspitzen trafen, war ein weiches etwas direkt unter ihm. Ein Laken. Er lag in einem Bett.

Als ihn langsam aber sicher diese Gewissheit packte, und ihn die Erkenntnis traf wie ein Blitz einen Baum, schlug er die Augen auf. 

Blass von der Morgendämmerung beschienen erkannte er den Baldachin seines Bettes, der sich wie die schützenden Äste eines Baumes über ihn streckte.

Er lag unter einer - trotz der Jahreszeit erstaunlich dicken - Decke, sein Kopf wurde von einem Kissen gestützt.

Einen Moment. Er fuhr hoch, bereute es jedoch sofort wieder, denn sein Kopf protestierte und ließ ihn vor Schmerz kurz aufstöhnen. Bemüht, einigermaßen klare Gedanken zu fassen, rieb er sich die Schläfen und schob murrend die Decke beiseite.

Die kühle Morgenluft bereitete ihm Gänsehaut und kroch durch den dünnen Stoff seines Hemdes, breitete sich aus wie ein eiskalt stechender Sprühregen im Herbst. Das... war ungewohnt. Hatte er nicht gerade noch etwas anderes getragen?

Er sah an sich herunter und stellte mit nachdenklicher Miene fest, dass er tatsächlich nur in ein dünnes Nachthemd gekleidet war. Er sah zu seiner Rechten. Dort, fein säuberlich über der Stuhllehne ausgebreitet hing sein Mantel, darunter lagen ordentlich zusammengelegt sein Hemd und seine Hose.

Verwundert fuhr er sich durch die zerzausten Locken. Wie um alles in der Welt war er hierhin gekommen? 

Jemand hatte das Kaminfeuer erneuert, die brennenden Scheite waren noch deutlich erkennbar und hatten sich nicht bereits in tote, schwarze Asche verwandelt.

"Nicht nur ein Meisterdieb, sondern auch noch ein Schlafwandler, wie es scheint..." murmelte er, während er mühsam die Beine über die Bettkante hob, denn das schien für ihn in diesem Moment die einzig vernünftige Erklärung dafür zu sein. 

Er blinzelte in das Licht der aufgehenden Sonne, die ihre Strahlen in abstrakten Mustern durch das Fenster des Raumes warf. 

Wie von selbst schritt er darauf zu, während er sich gähnend streckte und sich die Augen rieb.

Ein matter Streifen grauweißen Nebels hing im Tal, wie jeden Morgen. Wie jeden Morgen war auch die Luft unfassbar kühl und erinnerte Bilbo an eine kalte Winternacht. 

"Was zum Geier ist eigentlich mit diesem verdammten Tal los..." fluchte er leise. Aus irgendeinem ihm nicht erfindlichen Grund hatte er schlechte Laune. Fluchen - das war nun wirklich alles andere als  Beutlin-haft, doch angesichts dieser unmöglichen Wetterbedingungen konnte er diesem Reiz nicht widerstehen.

Bald müsste der Sommer beginnen. Er seufzte, als er an den Sommer dachte. Die Erdbeeren würden reif werden, irgendwo im nirgendwo, weit entfernt hinter einer dicken Nebelschicht, hinter Wäldern und spitzen Gebirgen in seinem Garten in Beutelsend, der mittlerweile mehr als nur verwildert sein dürfte. 

Er lachte bitter. Sicher hatte sich Lobelia bereits sowohl um den Garten als auch sein Haus gekümmert. Und zwar nicht auf die Weise, die in seinem Interesse gewesen wäre. Inwiefern ihn das zum Lachen brachte, vermochte er selbst nicht zu sagen.

Dort, hinter diesen dicken Nebelschwaden der Erinnerung ging das Leben im Auenland weiter - ohne ihn. Sollte er dort jemals wieder aufkreuzen, er wäre zu einem Fremden geworden. 

Er seufzte und nickte zeitgleich. Vielleicht ist es so am besten, wie es nun einmal ist. Er war hier. Weit weg von seiner Heimat. Doch Heimat ist nur ein Begriff, den man einem Ort zuschreibt, zu dem die eigene Bindung so stark ist, dass man die anderen vertrauten Gegenden gerne in den Hintergrund schiebt, einen Ort, den man diesen vertrauten Gegenden vorzieht, um eine Zuflucht zu haben. Dabei vergisst man jedoch schnell, dass es noch mehr als einen warmen Herd und verstaubte Bücher in morschen Regalen gibt, dass die Welt, die hinter dieser runden, grünen Tür liegt, es wert ist, betreten, erforscht, entdeckt zu werden. Und vielleicht ist es möglich, auf diese Weise einen Ort zu finden, der es verdient hat, den vertrauten Begriff Heimat zu tragen. Einen Ort, der dasselbe bietet wie der, an dem man aufgewachsen ist - vielleicht sogar mehr - und ihn dadurch gelernt hat, zu lieben. 

Er atmete tief ein und wieder aus, spürte die nagend kalte, klamme Luft in seiner Brust und redete sich ein, dass er in diesem Tal und in diesem Berg genau so einen Ort gefunden hatte. Hier, bei seinen Freunden. Seiner Bestimmung. Seiner Liebe.

Die Morgendämmerung schritt weiter voran, die Sonne erschien zunächst als schwacher, stechend roter Punkt am Horizont, doch wuchs in beachtlicher Geschwindigkeit zu einem blendenden Feuerball heran.

Der Nebel wurde rot, lichtete sich und gab den Blick auf schwarze, spitze Umrisse der kargen Felsen des Berges frei, die nackt und scharfkantig zwischen dem grauroten Nebelmeer aufragten wie Trümmer nach einem Brand.

Es war ein skurriles Bild. Früher hatte Bilbo Sonnenaufgänge geliebt, sie hatten etwas von Hoffnung, Frieden und einem Hauch von Neubeginn. Er hatte es schon als kleines Kind geliebt, sich früh, wenn seine Eltern noch geschlafen hatten, aus den Federn zu machen und sich vor die Tür zu schleichen, mit einer dicken Decke und Keksen bewaffnet, um den ersten Strahlen der rotgoldenen Sonne als erster entgegenzutreten. Er hatte jedes Mal so lange vor der Tür auf den steinernen Stufen gesessen, bis der Feuerball in all seiner Pracht am Himmel stand und aus dem kräftigen Rot der Wolken bald nur noch ein schwaches Rosa geworden war. Seine Mutter hatte ihn jedes Mal tadelnd angesehen, als sie bemerkt hatte, dass er sich einfach so, ohne etwas zu sagen aus dem Staub gemacht hatte, doch jedes Mal hatte sie ihm daraufhin sanft lächelnd einen Kuss auf die Stirn und seinen Lockenschopf gedrückt.

Und nun hing sie als verstaubtes, rissiges Gemälde an der Wand über dem Kamin.

Er seufzte erneut und schüttelte den Kopf. Nicht der richtige Zeitpunkt.

Er richtete seinen Blick wieder zum Fenster, denn er hatte ihn während seiner Erinnerung nach unten gerichtet. Dieser Sonnenaufgang hatte nichts mit dem des Auenlandes gemein.

Es wirkte bedrohlich. Wie eine blutrote Sonne, wie ein böses Omen vor einer ebenso blutroten Schlacht. Spitze, raue, schwarze Felsen. Nebel, dessen Tropfen schwer und vom Licht rot gefärbt im Geäst vertrockneter Bäume hingen.

Er schüttelte den Kopf und drehte sich um.

Die Erinnerungen an die vergangene Nacht fanden ihren Weg zurück in sein Gedächtnis. Es wirkte surreal, fast wie ein Traum, an dessen Inhalt man sich einfach nicht zur Gänze erinnern kann, egal wie sehr man sich darüber den Kopf zerbricht.

Doch es war kein Traum, das spürte er. 

Er musste ungewollt lächeln, als er sich daran erinnerte, wie nahe sie sich gekommen waren. Fast war ihm, als könne er noch immer das Lächeln des Größeren auf seiner Haut spüren, die kitzelnden Locken im Gesicht, das sanfte Raunen seiner summenden Stimme, beruhigend rau und tief. Der starke Arm um seine Schultern.

Es war ihm, als wäre es erst vor wenigen Minuten gewesen, dass sie sich getrennt hatten, doch der Blick aus dem Fenster hatte ihm verraten, dass es sich um Stunden handeln musste. 

Doch wie um alles in der Welt war er hierhingekommen? Er schlafwandelte nicht, das hatte er nie. 

Er gehörte auch nicht zu der Sorte Hobbit, die ihre Kleidung fein säuberlich über der Stuhllehne zusammenlegten. Gut, gab er innerlich zu, es gab eine Zeit, da hatte er sich noch zu dieser Sorte Hobbit gezählt - doch diese Zeit war schon lange vorbei, denn das Abenteuer hatte ihm andere Sitten gelehrt.

Immer und immer mehr verstärkte sich der Verdacht, dass dies hier nicht sein Werk war. Jemand musste in der Zwischenzeit hier gewesen sein, das Kaminfeuer entfacht und seine Kleider zusammengelegt haben. Das... würde wiederrum bedeuten, dass ihn dieser Jemand zuvor auch aus ebendiesen Kleidern geholfen haben musste. Er schluckte, starrte erneut an sich herunter und dann wieder zu dem Stapel auf dem Stuhl.

Hatte... hatte Thorin etwa...

Er schluckte erneut und urplötzlich gesellte sich eine neue Erinnerung zu den verblassten der vergangenen Nacht. Als hätte diese Erinnerung nur darauf gewartet, entdeckt zu werden, sprang sie ihm förmlich entgegen.

Er konnte sich an starke Arme erinnern, an das Gefühl, sicher gepackt zu werden und hochgehoben worden zu sein. An das Gefühl, getragen zu werden, durch die Kälte, hinein in die Wärme seiner eigenen vier Wände.

Thorin hatte das getan. Trotz seiner Verletzung. Trotz der Schmerzen, die ihn erst am Vortag zusammenbrechen ließen.

Und erneut hörte er eine Stimme wispern. Ein fremdes Wort. Doch in gewisser Weise vertraut.

Amrâlimê...

"Am.. amra... amra-was?" stammelte er tonlos, ehe er zur Besinnung kam und sich mit der Erklärung zufriedengab, dieses Wort hätte nichts zu bedeuten, vermutlich war es seiner blühenden Fantasie entsprungen, die auch sonst verlockender war als die Realität.

Dennoch... vielleicht würde er Thorin heute darauf ansprechen.

Laute, durcheinanderklingende Geräusche vor seiner Tür ließen ihn zusammenzucken und ihn aus seiner Gedankenwelt entfliehen. Auf den Gängen herrschte Aufruhr. Aufruhr... mehr als nur gerechtfertigt an einem Morgen wie diesem.

Der Morgen eines großen Tages.

~~~

Als Bilbo seine Tür hinter sich schloss, atmete er einmal tief ein und wieder aus, ehe er sich umdrehte und seinen Blick den langen Flur entlanggleiten ließ. Er schloss die Augen und ging in Gedanken noch einmal durch, dass er auch wirklich alles bei sich trug.

Das Mithrilhemd trug er unter seinem blauen Mantel, den er damals in der Seestadt im Haus von Bard erhalten hatte. Mittlerweile war er alt und zerschlissen, doch aus irgendeinem Grund hatte er sich noch nicht davon trennen können. Trotz dessen erwies er immer noch einen guten Dienst und die Kälte, die trotz der Fackeln den Gang erfüllte, sickerte nicht hindurch. Stich trug er an seiner Seite. Viel bringen würde es ihm nichts im Kampf gegen eine Feuerschlange, das wusste er, doch eine geschärfte Elbenklinge bei sich zu tragen schien ihm sicherer als gar keine Waffe mit sich zu führen. 

Er tastete nach dem Ring, bevor er nickte und schließlich einen Fuß vor den anderen setzte.

"Bilbo! Du bist schon wach?"

Der kleine Halbling drehte sich überrascht um und erkannte Dwalin, der mit eiligen Schritten auf ihn zu kam.

"Schon? Wie spät ist es denn überhaupt?"

Der Zwerg winkte ab, seufzte rau und kam ein paar Schritte auf ihn zu. Er war in Eile, das spürte man. Unter seinem Arm trug er ein in ein dunkelrotes Tuch eingeschlagenes Etwas. Als er erkannte, dass sich der Halbling dafür zu interessieren schien, schlug er das Tuch etwas beiseite, sodass sein Inhalt sichtbar wurde.

"Die Pfeile. Vier von ihnen zumindest, Fili hat gemeint, er holt die restlichen."

Bilbo nickte nur. Irgendetwas löste beim Anblick dieses unfassbar spitzen Stück Metalls ein unangenehmes Gefühl in seiner Magengegend aus, weswegen er den Blick schnell wieder davon abwandte und ihn wieder auf Dwalin richtete.

"Du wirkst recht angespannt. Ist irgendetwas geschehen?"

Als Antwort erhielt er ein genervtes Murren. "Ich kann die beiden Jungs nirgendwo finden. Kili schon den gesamten Morgen nicht und Fili ist seit kurzer Zeit auch nicht mehr auffindbar."

Jetzt wurde Bilbo neugierig. "Seit kurzer Zeit?"

"Ich hab ihn vor nicht einmal einer halben Stunde auf dem Gang getroffen. Er schien aufgewühlt, als hätte ihn etwas vollends aus dem Konzept gebracht."

"Hast du ihn darauf angesprochen?"

"Selbstverständlich. Er meinte, es sei nichts, hat mich dann ohne ein weiteres Wort stehen gelassen und ist in Richtung des Versammlungsraumes verschwunden."

"Mit Sicherheit ist er einfach nur fertig mit den Nerven. Verständlich, wenn man die Umstände bedenkt." Doch irgendetwas sagte ihm, dass es sich vielleicht lohnen würde, der Sache nachzugehen und er schluckte. "Dennoch... ich werde ihn suchen und mit ihm reden. Vielleicht kann ich ja etwas aus ihm herauskitzeln."

Dwalin schüttelte den Kopf. "Verzeih, Kleiner, aber ich glaube, du wirst anderswo mehr gebraucht."

Bilbo zog eine Braue hoch. "Ach, und wo?"

Der Zwerg blickte über die Schulter und vergewisserte sich, dass sich niemand in Hörweite befand. Als er sicher gegangen war, dass sie allein im Gang waren, begann er zu flüstern. Bilbo hielt diese Vorsichtsmaßnahme zwar für etwas übertrieben, doch verübeln konnte er es ihm beim besten Willen nicht.

"Geh zur großen Halle. Thorin ist an diesem Morgen wirklich unausstehlich. Vielleicht gelingt es dir, sein Gemüt etwas aufzuhellen. Du scheinst das ja ganz gut zu können."

"Wie, er ist schon wieder auf den Beinen? Nach dieser Nacht?"

Auf Dwalins sonst so ernstem Gesicht zeichnete sich der Anflug eines Lächelns ab. "Ich hätte es auch nicht für möglich gehalten. Du scheinst dich ja ganz gut um ihn gekümmert zu haben, nachdem wir euch zwei allein gelassen haben."

Ohne, dass er etwas dagegen unternehmen konnte, wurde Bilbo rot bis in die Ohrenspitzen. Eigentlich hat er sich um mich gekümmert, hätte er fast zur Antwort gegeben, doch er brachte nur ein schwaches Murmeln zustande, welches der Zwerg als Zustimmung ansah.

"Gut, dann versuch mal dein Glück bei ihm. Und ich geh die zwei Jungs suchen. Wenn sie bis in einer halben Stunde nicht mit dem Versteckspiel aufgehört haben, müssen sie eben hierbleiben, dann haben sie Pech gehabt."

"Sag so etwas nicht. Wir werden jeden einzelnen dort unten brauchen..."

Dwalin zuckte nur kurz mit den Schultern, als wäre es ihm gleichgültig, nickte ihm ein letztes Mal zu und machte sich dann mit eiligen Schritten davon, in die Richtung, in der er Fili vor wenigen Minuten das letzte Mal gesehen hatte. 

Bilbo seufzte und sah ihm hinterher, bis der Zwerg schließlich am Ende des Ganges rechts abbog und der Widerhall seiner hastigen Schritte leiser und stumpfer wurde.

Oh, wenn du wüsstest, was uns heute noch bevorstehen wird, Dwalin...

Wenn du wüsstest, was ich weiß.

~~~

Er trug wieder seine Krone. 

Das glänzende Metall bedeckte seine schwarzen, zu Zöpfen geflochtenen Locken und das funkelnde Gold stand in seltsamem Kontrast zu seinen blaugrauen Augen. Unter der schweren Rüstung war ein goldenes Kettenhemd zu sehen, und Bilbo konnte nur erahnen, wie schmerzhaft dieses scharfkantige Metall gegen die frisch vernähte Wunde drücken und scheuern musste. 

Thorin verzog keine Miene. Es war, als würde er gar nichts von der Verletzung spüren, als würden ihn die Folgen des hohen Blutverlustes nicht quälen oder ihn zumindest ganz und gar kalt lassen. 

Als er den Hobbit bemerkte, schien es, als wäre er überrascht, ihn zu dieser frühen Stunde zu sehen. Mit einem falschen Lächeln schritt er auf ihn zu.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du der erste bist."

Bilbo ließ seinen Blick durch die Halle gleiten. "Die anderen werden gleich kommen, ich hab sie schon gehört."

Er spürte, wie seine Wangen vor Verlegenheit rot wurden. "Du, da gibt es etwas, was ich dich fragen wollte..."

"Nur heraus damit."

"Ich... bin heute Morgen in meinem Bett aufgewacht. Und ich kann mich nicht daran erinnern, diese Halle hier gestern verlassen zu haben."

Thorin verstand, worauf sein Gegenüber hinaus wollte. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht und er nickte leicht. "Ach, das meinst du. Du hast gestern Nacht so ruhig geschlafen, dass ich dich nicht mehr wecken wollte."

Bilbo schluckte. "Das heißt, du hast mich..."

"... getragen? Ja." Aus dem Lächeln wurde ein schiefes Grinsen. "Du bist leichter als ich dachte."

Der Halbling nickte nur, leicht verlegen. "D-danke." brachte er nach einer schieren Ewigkeit über die Lippen, so leise, dass er schon glaubte, der Schwarzhaarige hätte es nicht gehört. "Wie geht es dir heute?"

"Als wäre nie etwas gewesen." lachte dieser. Doch Bilbo erkannte die Lüge in diesen Worten und in gewissem Maße verletzte es ihn, dass sein Freund ihn anlog, auch wenn er wusste, dass dieser es nur tat, um ihm keine Sorgen zu bereiten.

Thorin erkannte, dass er ihm nicht glaubte, doch er ließ sich nichts anmerken. Er streckte eine Hand aus und fuhr mit den Fingern sanft über den Hemdkragen des Jüngeren. Der kleine Hobbit sah verwundert nach unten, ehe er realisierte, dass sein Freund nur sichergehen wollte, dass er das Mithril-Hemd trug. 

"Du hast daran gedacht." Er zog seine Hand zurück. "Gut."

"Was ich gestern gehört habe..." setzte Bilbo an, doch als er nicht wusste, wie er den Satz beenden sollte, hielt er inne.

"Du fürchtest dich... Ist es das, was du sagen willst?" Die Stimme seines Freundes war sanft und angenehm tief, warmherzig und belebend. Der Halbling konnte sich gar nicht vorstellen, was Dwalin an dem Schwarzhaarigen vor seinen Augen so unausstehlich fand. Thorin war alles andere als das... Doch plötzlich wurde ihm erneut bewusst, dass Thorin nur ihm diese Seite zeigte, die er vor den anderen so gut zu verbergen wusste. Weshalb? Weshalb wurde nur ihm diese Ehre zuteil? Er lachte innerlich. Es war ein bitteres Lachen. Ehre. Er hatte das Wort Ehre verwendet. Dabei sollte es sich bei derartigen Momenten doch nicht um eine Ehre handeln, die nur Auserwählten gestattet wird, oder? Früher war es eine reine Selbstverständlichkeit, weshalb also nicht auch in Zeiten wie diesen? Unfassbar, was Macht, eine Krone und Reichtum aus Kämpferherzen machen konnte. Aus Kämpferherzen, die zuvor nur für das eine geschlagen hatten: Jene zu beschützen, die ihnen teurer waren als alles Gold der Welt.

"Bilbo?"

"Hm?" Er blinzelte und schüttelte im nächsten Moment den Kopf über sich selbst, als ihm bewusst wurde, dass er in seinen Gedanken versunken war. Peinlich, wie oft ihm das in letzter Zeit passierte. 

Thorin lächelte leicht. "Ich fragte dich, ob du dich fürchtest..."

"Ach, ja, ähm... richtig." Er räusperte sich und schüttelte erneut den Kopf, wurde sich im nächsten Moment allerdings bewusst, dass dies eine Lüge war und verwandelte die Geste noch rechtzeitig in ein schwaches Nicken. "Wäre seltsam, wenn ich es nicht tun würde, oder? Sich zu fürchten ist nichts, wofür man sich schämen sollte... ganz im Gegenteil. Es zeigt nur, dass der eigene Verstand funktioniert. Und in Notfällen hat er mich noch nie im Stich gelassen - mein Verstand."

Er sagte es mit einer derartigen Direktheit, dass die Worte schon fast vorwurfsvoll klangen und Thorin die Botschaft zwischen den Zeilen deutlich erkannte. "Dann hoffen wir, dass er es auch heute nicht tut. Und bevor du fragst - ja, auch ich fürchte mich. Derartige Gefühle sind mir nicht fremd, Meisterdieb. Ich bin nicht gefühllos."

"Das habe ich nie behauptet, ich-"

"... Du glaubst, ich würde nicht zu meinen Schwächen stehen. Das ist gestern mehr als deutlich geworden. Und das ist in Ordnung, ich mache dir keinen Vorwurf. Der einzige, den meine Wut trifft, bin ich selbst, denn... du hattest Recht. Ich sollte beginnen, achtsamer mit jenen umzugehen, die die Konsequenzen meiner Sturheit zu tragen hatten und die ich für schwächer hielt, obwohl sie stärker sind als ich es jemals war und sein werde. Denn die Bedeutung von Nachsichtigkeit geht in dem Streben nach Stärke schneller verloren, als man glaubt."

Ungläubig stand Bilbo mit offenem Mund da und stieß tonlos Luft aus. Hatte Thorin das gerade wirklich gesagt? "Ich hätte es kaum besser ausdrücken können..." Er lächelte schwach und Thorin erwiderte es sanft. 

Es war, als könne man den Schatten verblassen sehen, der sich zuvor schwer wie Blei auf Thorins Gemüt gelegt hatte und nun von ihm abflog als wäre es ein sanfter Schleier, der dem verspielten Wind zum Opfer gefallen war.

Denn das Lächeln auf seinen Lippen wirkte echt. Es war herzlich und warm und erst jetzt bemerkte Bilbo, dass das wohl daran liegen musste, dass sich sein Freund auf dem Weg der Besserung befand. Er seufzte erleichtert auf. Er war auf dem richtigen Weg. Er hatte alles richtig gemacht. Wenn er nur weiter in dieselbe Richtung gehen würde, dann würde er sein Ziel womöglich schneller erreichen als er ursprünglich gedacht hatte.

Doch... leider falsch gedacht.

Oh, bitte nicht... nicht jetzt... nicht heute. Gerade heute nicht. flehte Bilbo innerlich, als er bemerkte, wie sich der Schleier wieder verdichtete und das Blau dieser wunderschönen Augen drohte, zu verblassen. Ein bleiches Grau begann erneut, durch sie hindurch zu sickern wie es Regenwasser bei lockerer Erde tut. Sein Lächeln erstarb und Bilbo verfluchte die Drachenkrankheit aus tiefster Seele, hasste sie dafür, dass sie nun erneut denjenigen zu verschlingen drohte, der es am wenigsten verdient hatte. 

Zu spät erkannte er, dass das bleiche Gesicht seines Freundes nichts mit der Drachenkrankheit zu tun hatte.

"B-bilbo..." Seine Stimme klang ungewöhnlich kratzig und schwach, als hätte es all seiner Leibeskraft bedurft, diesen Namen auszusprechen. Er geriet ins Schwanken und öffnete den Mund erneut, um etwas zu sagen, doch seine Lippen bewegten sich tonlos.

Der kleine Halbling trat alarmiert einen weiteren Schritt auf ihn zu und griff ihn an den Schultern, die plötzlich schlaff und willenlos nach unten hingen. "Thorin! Thorin, was ist mit dir?!"

Eine Antwort erhielt er nicht. Jedenfalls nicht aus dem Munde seines Freundes. Es war der bloße Anblick dieses schwachen Körpers, der sich nun fast ohnmächtig gegen ihn lehnte und seine Arme als willkommene Stütze annahm. Dann, es waren nur wenige Augenblicke vergangen, in denen Thorin nach Atem und Worten ringend immer schwächer zu werden gedroht hatte, durchfuhr ein stechender Schmerz seinen Körper und der Schwarzhaarige fuhr zusammen, wobei sich seine Muskeln anspannten und er mit schwacher Hand nach der Quelle des Schmerzes tastete. Bilbo hatte sie schon zuvor entdeckt.

"Oh bitte, sag mir nicht, dass die Nähte erneut gerissen sind..."

Nun, sagen konnte er es ihm ohnehin nicht, denn ein qualvoller Laut entfuhr den Lippen seines Freundes und gewährte ihm keine Möglichkeit, zu antworten.

Als wäre es ein natürlicher Reflex, ging Bilbo, den humpelnden Thorin stützend, auf eine der Säulen zu und half ihm schließlich, sich gegen das Gestein zu lehnen und sich langsam zu setzen. Der Schwarzhaarige ließ dies willenlos und ohne Einwände mit sich geschehen, was blieb ihm auch anderes übrig? 

Als der Halbling jedoch nach dem Metall der Rüstung tastete, um sie abzunehmen und die Wunde zu versorgen, nahm der Zwergenkönig all seine Kraft zusammen und packte ihn fordernd und unerwartet am Handgelenk, um ihn davon abzuhalten. Dabei hielt er sie so fest, dass ein dumpfer Schmerz den Arm des Hobbits erfüllte.

"Thorin, was soll das? Lass mich dir helfen, ich muss mir die Wunde ansehen."

Der Schwarzhaarige schüttelte nur wortlos den Kopf und durchbohrte Bilbo mit einem derart flehenden und zugleich drohenden Blick, dass dieser irgendwann von den Versuchen abließ und nicht mehr versuchte, sich seinem Griff zu entziehen. 

"In... in Ordnung, ich werde es nicht tun..." stammelte er nach einer Ewigkeit flüsternd, obwohl er nicht verstand, weshalb sein Freund so sehr darauf beharrte, sich nicht helfen zu lassen. Schließlich würden sie in wenigen Stunden mit höchster Wahrscheinlichkeit auf eine Feuerschlange treffen und sollte es dazu kommen, so musste er verdammt nochmal all seine Sinne beisammen haben.

Als Thorin erkannte, dass Bilbo es ernst meinte, lockerte er den Griff, worauf seine Finger abrutschten und seine Hand fast leblos und mit einem dumpfen Geräusch neben ihn auf den steinernen Boden fiel. 

Sein Kopf fiel leicht zur Seite, er schloss vor Schmerz die Augen und atmete zitternd aus, während er die Zähne zusammenbiss. Er durfte jetzt nicht schreien. Durfte seinen Schmerz nicht zeigen. Musste Stärke zeigen. Seine andere Hand lag verkrampft auf seinem Schoß und er widersetzte sich starken Willens der Versuchung, sich das schützende Metall von der Brust zu reißen, um zu seinem blutigen Verband durchzudringen, der mittlerweile mit einer warmen Flüssigkeit getränkt wurde, die sich heiß und dickflüssig an seine bare Haut schmiegte. Blut.

Es war nicht viel. Kein schwallartiger Erguss wie beim letzten Mal, sondern nur vergleichsweise wenig. Vielleicht wenig genug. Vielleicht gerade so viel, dass er den heutigen Tag verbringen konnte, ohne erneut zusammenzubrechen. Denn länger zu warten - das wäre ein Ding der Unmöglichkeit.

Als er spürte, wie sich seine Kräfte wieder sammelten und der rotschwarze Schleier, der sich zuvor auf seine Augen gelegt hatte, allmählich von ihm wich, hob er vorsichtig den Kopf und lehnte ihn erschöpft gegen die Säule, wobei ihm ein geradezu erleichtertes Seufzen entfuhr. Er blickte in die Augen von Bilbo, der noch immer vor ihm kniete, mit dem Blick so voller Sorge und Hilflosigkeit, dass er ihm am liebsten sanft über die Wange gestrichen hätte, um ihn zu beruhigen, doch selbst dazu war er zu schwach. Noch. Als der Hobbit bemerkte, dass Thorin wieder langsam zu Kräften kam, atmete er erleichtert auf.

"Sieh dich an..." Er zog mit zitternder Hand das Taschentuch aus seiner Manteltasche, welches ihm Bofur zuvor für seine Schramme gegeben hatte, und streckte vorsichtig den Arm aus, blieb jedoch wenige Zentimeter vor dem Gesicht seines Freundes stehen.

"D-darf ich...?"

Der Schwarzhaarige nickte kurz und schwach, worauf Bilbo mit der Bewegung fortfuhr und sanft den Mundwinkel des Zwergenkönigs abtupfte, aus dem ein schmales Rinnsal roten Blutes gequollen war. Es war angenehm und kitzelte leicht, er schloss die Augen und genoss die Berührung, auch wenn es ihn innerlich zerfraß, nicht selbst in der Lage zu sein, dies zu tun, sondern wie ein hilfloses Kleinkind auf dem Boden zu sitzen und diese Arbeit seinen Freund machen zu lassen.

Nachdem Bilbo das Blut vollständig hinfortgewischt und Thorin den Rest halb würgend und mit bitterer Miene hinuntergeschluckt hatte, hielt er inne, betrachtete das blutgetränkte Tuch in seiner Hand und danach das bleiche Gesicht des Zwergenkönigs.

Er steckte es wieder ein und schüttelte traurig den Kopf. "Bleib hier, ich gebe den anderen Bescheid." Er erhob sich, wandte Thorin den Rücken zu und war im Begriff zu gehen, als er ein metallisches Geräusch hinter sich vernahm. Er fuhr herum und sah, dass er mit kläglichen Versuchen mit seinen Schwindelgefühlen kämpfte und versuchte, sich aufzurichten.

"Thorin, was tust du da?!" Er eilte sofort zurück und kniete sich erneut neben ihn nieder, drückte ihn fordernd zurück in die voherige Position und schüttelte den Kopf. "Ich sagte doch, du sollst hier bleiben. Du schaffst das nicht allein."

Thorin hustete dreimal heiser auf, ehe er mit kratzender Stimme Antwort gab. "W-worüber willst du... ihnen... Be-bescheid geben?"

Verwirrt zog Bilbo eine Braue hoch, als hätte er die Frage nicht recht verstanden oder als wäre er sich nicht sicher, ob sie wirklich ernst gemeint war. "Na worüber wohl? Ich werde ihnen sagen, dass wir heute unmöglich gegen einen Drachen kämpfen können. Wir werden eine Trage beschaffen und dich wieder ins Bett bringen, das wäre das einzig richtige, und das weißt du auch."

Als hätten ihn diese Worte mit neuer Kraft versorgt, packte Thorin Bilbo bei der Hand und sah ihn wieder mit diesem flehenden, durchbohrenden Blick in die Augen. "Nein! Nein, das wirst du nicht tun! Ich bitte dich, sage es ihnen nicht! Sie... sie dürfen das hier nicht erfahren... Wir können es uns nicht leisten, noch länger zu warten. Dürfen nicht riskieren, dass... sie... Verdacht schöpft." Er ließ die Hand wieder los und sank erschöpft gegen die Säule. 

"Aber... aber deine Wunde..."

"Was schert dich meine Wunde, Halbling?!"

Bilbo wich instinktiv einen Schritt zurück, als er erneut das Feuer der Wut in den Augen seines Freundes auflodern sah und es wiedererkannte. Diesen leeren, nebelartigen Schimmer, dieses gierige, bösartige Funkeln.

Er schluckte. Halbling. Das klang so... unverwandt, fremd, kalt. Er war doch nicht nur irgendein Halbling aus dem Auenland, ohne Geschichte oder Verdienst. Schon lange fühlte er sich nicht mehr wie einer von ihnen. Auch, wenn er sich noch zu den Halblingen zählte, so verlief doch eine breite Grenze zwischen ihm und dem Rest seines Volkes. Eine Grenze, für die er früher gerne Gandalf verantwortlich gemacht hatte, doch diese Zeiten waren nun vorbei. Weshalb ihn der Ton in der Stimme seines Freundes derart verletzte, war ihm ein Rätsel und zugleich keines.

"Ich wollte dir helfen, Thorin!"

"Dann hör endlich auf, Entscheidungen für mich zu treffen, die über deinen Verstand hinausgehen! Hör auf, dich in meine Angelegenheiten einzumischen. Erinnere dich deiner Stellung, Meisterdieb. Wer von uns beiden trägt hier die Krone, du oder ich?!"

Der kleine Hobbit richtete sich auf, blickte auf seinen Freund hinab, der zu ihm aufsah, als wäre er ein Fremder, ein Eindringling oder gar ein Thronräuber. Er rechnete nicht damit, dass Thorin wirklich auf eine Antwort wartete, und damit behielt er Recht.

Er atmete tief ein und wieder aus, überlegte, ob es klug war, die Worte zu sagen, die ihm im Kopf umherschwirrten und entschied sich letztendlich dafür, sie auszusprechen.

"Wenn du der Meinung bist, alleine zurechtzukommen... dann nur zu."

Thorins Augen weiteten sich kurz und fast unmerklich, doch dem Halbling entging diese Reaktion selbstverständlich nicht. Es wirkte, als hätte Thorin mit allem gerechnet, nur nicht mit diesem Eingeständnis. Bilbo fuhr nach einem kurzen Moment fort, sprach mit monotoner Stimme und gab sich Mühe, seine Gesichtszüge glatt zu halten, damit sein Schauspiel gelang. Denn in seinem Herzen sah es ganz anders aus.

"Wenn du der Meinung bist, du kommst auch ohne die Hilfe dieses 'Halblings' aus, den du früher deinen Freund nanntest, dann bitte. Ich werde dir dabei nicht im Weg stehen. Wenn du glaubst, dieses metallene Ding auf deinem Kopf verleiht dir genügend Kraft, alleine den Weg auf deine Füße zu finden, dann wird das wohl so sein. Und vermutlich hast du Recht. Das Gold, dass du dort über deiner Stirn trägst schafft Welten zwischen uns. Was ist schon ein Dieb im Vergleich zu einem König?"

Er verschränkte die Arme und sah, wie Thorin ihn noch immer mit geöffnetem Mund betrachtete, reglos gegen die Säule gelehnt. "Das, was du da sagst..." Das Feuer in seinen Augen loderte ein weiteres Mal auf und durchfuhr seine Venen. Sofort kam Regung in seine Glieder und mühevoll versuchte er, sich aufzurichten. 

Er fiel. Ein erstes Mal. Ein zweites Mal. Bilbo stand daneben und sah ihm dabei zu, ohne helfend einzugreifen. Er beobachtete, wie sein Freund sich quälte, wie der Schmerz seinen Körper durchfuhr und wie stark er sich abmühte, auf die Beine zu kommen, doch er würde den Teufel tun, ihm zu helfen. Er wollte - nein, er musste - ihn spüren lassen, was die Konsequenzen dieser herablassenden Sturheit waren.

Beim vierten Versuch klappte es. Thorin stand nun zitternd auf den Füßen und atmete schwer durch die Anstrengung der vorigen Versuche. Er trat einen Schritt auf den Halbling zu und sah ihn mit zornerfülltem Blick in die Augen. "Würdest du dich jetzt noch einen Freund nennen? Ein toller Freund bist du, der du deinem König tatenlos bei dessen Qualen zusiehst..."

Bilbo sagte erst nichts, öffnete dann die Lippen, schloss sie jedoch wieder, während er seine Augen verengte und über eine Antwort nachsann. Jetzt hatte er die Möglichkeit. Die perfekte Möglichkeit, seinem Freund zu beweisen, wie sehr er sich in diesen Ansichten täuschte. Er senkte den Blick kurz, richtete ihn dann umso durchdringender auf den Schwarzhaarigen und begann schließlich, zu sprechen.

"Du stellst meine Freundschaft zu dir infrage, nennst dich aber meinen König. Nennst du das eine Freundschaft? Eine Freundschaft, in der der eine weniger wert ist, nur weil der andere das Recht besitzt, zu herrschen? Uns trennen Welten. Du lebst in deiner und ich in meiner. Wenn du fällst, stehen all diese Welten zwischen dir und mir, all diese Welten werden mich dann von der Möglichkeit abhalten, dir zu helfen. Das macht Macht mit dir, Thorin, nichts weiter. Sie zieht eine Linie zwischen dir und jenen, denen das Glück, als Thronfolger geboren zu werden, verwehrt blieb. Und diese Linie kann schon bald zu einer Mauer aus schwerem Stein heranwachsen, wenn du nicht endlich begreifst, dass man ohne Hilfe nichts erreichen wird, nichts erreichen kann! Und kein Metall dieser Welt kann diese Mauer dann zum Bersten bringen. Auch dein Kronengold kann dir dann nicht mehr helfen, Thorin. Ist es dir das wirklich wert?"

Thorin stand da wie ein gebrechlicher Mann, über den man soeben eine Schüssel Eiswasser vergossen hatte. Man konnte ihn förmlich denken sehen. 

Irgendwann, es schienen unendliche Minuten vergangen zu sein, begann seine Unterlippe, zu beben, als würde er mit Tränen und Worten kämpfen. 

"Nein..." flüsterte er schließlich, tastete dabei mit seinen zitternden Fingern nach der Krone auf seinem Kopf und für einen kurzen Moment schien es, als würde er sie abnehmen und zu Boden werfen wollen. Doch er schluckte und die Hand wanderte wieder nach unten. Sein Blick war starr auf den kleinen Hobbit gerichtet. "Nein, das ist es nicht..."

Bilbo sagte nichts, sondern nickte nur stumm und mild. Innerlich hätte er einen Freudentanz aufführen können, als er sah, wie Thorin begann, zu verstehen und sich seine Worte so sehr zu Herzen nahm, dass es ihn fast schmerzte, so direkt gewesen zu sein. 

"Verzeih mir..." Er trat einen Schritt auf ihn zu, sodass sie nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten und Bilbo bloß seine Hand hätte heben müssen, um über seine Wange zu strei... Nein, aus, Bilbo. Hör auf, so zu denken.

Er genoss die Wärme in dem wässrigen Blau seiner Augen und ließ ihn weitersprechen.

"Bitte, verzeih mir, ich war ja so verblendet, ich-"

Ein metallisch klingendes Geräusch, welches vom Halleneingang herrührte, ließ ihn mitten im Satz abbrechen und den Kopf zur Seite drehen.

Das Geräusch kam von Dwalin und Balin, beide trugen ihre Arme voll bepackt mit den Pfeilen, den Bögen und anderen Waffen. Dicht hinter ihnen sah Bilbo die anderen kommen. Er hatte nicht genug Zeit, um in der - bis zu diesem Moment noch weit entfernten - Zwergenmenge nach Fili und Kili Ausschau zu halten, denn nun wurde er von Thorin an der Schulter gepackt - nicht grob, aber dennoch dringlich. Der Schwarzhaarige senkte den Kopf und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

"Sie dürfen nichts von dem Vorfall mit der Narbe erfahren, Meisterdieb. Solltest du es ihnen entgegen meiner Anweisung verraten, werde ich es erfahren, und dann... würde ich lieber nicht in deiner Haut stecken wollen."

Er löste sich von ihm und durchbohrte ihn mit einem warnenden Blick, der den Halbling unwillkürlich erschaudern ließ. Er antwortete nicht, sondern nickte nur und blickte dann wieder auf die Zwerge, die nun mit Waffen in den Armen die Treppen hinunterliefen und auf sie zukamen.

Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich auf den Lippen Thorins ein siegessicheres, fast sogar boshaftes Lächeln abzeichnete. 

"Bereit, Meisterdieb?"

Bilbo seufzte. 

"Bereit..."







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Ich will jetzt nicht rumjammern oder so, aber... I'm bored. Und ich weiß nicht so richtig, was ich von der Situation halten soll. 

Ich hab zwar trotz Online-Schulaufgaben mehr Zeit, um meinen Hobbys nachzugehen - das heißt, ich verbringe einen Großteil des Tages mit Serien/Filmen, Wattpad und Zeichnen - aber mir fällt hier irgendwie die Decke auf den Kopf. Man merkt das glaub ich an der (nicht vorhandenen) Qualität dieses Kapitels. Aber okay, ich hab gesagt, ich will nicht jammern. 

Achso... @Caribe565 und @Piratenrobbe - ich vermisse euch irgendwie (hätte nicht gedacht, dass ich das jemals sagen würde xD).

Was auch immer, kommt gut durch diese Zeit und bleibt gesund (habt ihr alle bestimmt schon sehr oft gelesen).

Bis zum nächsten Kapitel! ❤

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