{7.} Mingyu
Sie starrte mich an und meine Haut prickelte. Aber der Schwindel war selbst im Sitzen schwer zu ertragen, sodass ich wieder die Augen schloss.
Sie nicht anzusehen, war ohnehin die klügere Entscheidung. Denn ... ich sah sie anders.
Trotzdem seufzte ich. »Lia du starrst mir noch Löcher in die Haut. Was ist denn los?«
»Ich hab nicht gestarrt«, antwortete sie zu schnell. »Ich mach mir nur sorgen um dich«, verbesserte Lia sich und legte eine Hand auf meine Stirn. »Hast du Fieber?«
Ich drehte den Kopf zu ihr. Die Hand noch auf mir. »Nein. Ich bin fertig, ausgebrannt und brauche Urlaub. Das ist alles. Aber da ich das nicht haben kann, jetzt noch nicht zumindest, muss ich durchhalten. So einfach ist das.«
Als mein Blick wider auf ihre Lippen fallen wollte, sah ich weg.
Sie nickte und zog die Hand weg, sodass sich meine Haut plötzlich viel zu kalt anfühlte. Ich verdrängte dieses Gefühl.
»Ich hab dir das schon mehrfach gesagt, wenn du eine Auszeit brauchst, dann musst du das dem Label sagen. Die sollen nicht so gierig sein, die haben durch dich schon genug Geld gemacht. Ob du da paar Wochen freinimmst, wird kein Untergang sein«, meckerte sie und lehnte sich in die Kissen.
Ich lächelte und tätschelte ihren Oberschenkel, bevor ich gedankenverloren meine Hand darauf ruhen ließ. »So lange im Geschäft und noch immer diese niedlichen, naiven Ideen.« Mir durchs Haar wuschelnd, erklärte ich zum unzähligsten Mal. »Gerade WEIL sie so viel Geld mit mir machen, lassen sie mich nicht von der Leine, Lia.« Meine Daumen machte sich selbstständig und zog auf der Stelle kreise. »Ich bin das Aushängeschild von Musik-K-Productions. Schicken sie mich in den Urlaub, pausieren sie ihr Einkommen.«
»Aber...« Ihre Aufmerksamkeit landeten auf meiner Hand und sie presste die Oberschenkel zusammen. »Ich bin nicht naiv, ich mach mir wirklich nur sorgen. Wenn dir etwas passiert, dann...« Sie sah zu mir hoch und presste die Lippen zusammen. »Du als Mensch bist mir wichtig, hörst du?«
Ich grinste. »Und als Star nicht?«
»Sagen wir so, als Mensch wichtiger, als ... mein Freund am wichtigsten«, nuschelte sie und sah absichtlich auf die Wärmeflasche.
»Lia, ich bin nur das eine, wenn ich das andere bin. Seit ich 16 wurde, kenne ich doch nur noch das Leben als Trainee und dann, nach dem Debüt, als Star.« Ich versuchte mich an einem milden lächeln und nahm die Hand nach einem Klaps auf ihr Bein weg. »Ich wüsste gar nicht, wer ich wäre, wenn nicht das. Ich wäre verloren. Ich ... wäre nicht Lee Mingyu. Ich wäre nur irgendwer. Namenlos. Bedeutungslos. Was ich mache, definiert mich. Was machen da schon ein paar Kopfschmerzen und ein bisschen Stress?«
Starke Kopfschmerzen und sehr viel Stress. Sehr, sehr viel stress. Sehr, sehr, sehr starke Kopfschmerzen.
Ich stöhnte auf. »Gott, mein Schädel«, brummte ich und setzte dann nach. »Hey, was war das für eine Pause? Als .......... mein Freund«, wiederholte ich und machte die Pause extra lang.
»Verstehe«, murmelte Lia nur und sah mich wieder an, um viel zu schnell hinzuzufügen, und auf ihren Oberschenkel zu klopfen: »Keine Ahnung, was du meinst. Na los, leg dich hin, ich massiere deinen Kopf.«
Ich seufzte und ließ mich zur Seite kippen, sodass mein Kopf wieder auf ihrem Schoß lag. »Ich dachte schon, du schlägst das nie vor. Was steht morgen an, Frau Assistentin?«
Lia strich mir sanft über den Kopf und fing an, zu massieren. »Du hast morgen ein Interview und kleines Fotoshooting mit der Cosmopolitain. Die wollten dich unbedingt haben und haben anscheinend viel Geld geboten, um über dich ein Artikel rausbringen zu dürfen. Mr. Kim hatte mir die Aufgabe auf dinglich gesetzt, deswegen ist der Termin schon morgen. Danach hast du 3 Stunden Pause, bevor du den Termin mit Hyeon und ihrem Manager hast. Das war die, die unbedingt mit dir gemeinsam ein Album rausbringen möchte.«
Sie fuhr in kreisenden Bewegungen meine Stirn entlang. »Falls du dich erinnerst, ist das die, mit dessen Manager ich Letzten den Termin hatte. Die Frage, ob das von den Fans nicht falsch verstanden wird, hat sich genauso erübrigt. Viele deiner Fans schrieben online, dass sie sich auf so ein Album freuen würden. Ich kannst nicht glauben, aber es gibt wirklich einzelne Fans, die euch ... verkuppeln.«
Ich lachte leise. Ja dieses ›Shippen‹ mit anderen, war Standard. Oft natürlich mit anderen weiblichen Idolen. Lustigerweise viel öfter mit Männern. Kollegen aus den Band wurden in Fan-Arts oder Fan-Fictions verkuppelt und ich, als Solostar, meistens mit den beliebtesten aus den Gruppen.
Soweit ich wusste, waren der aktuell beliebteste ›Ship‹, Beom-Seok aus der Band ›X-Tra‹ und ich.
Und Sshibal, die Fans hatten wirklich Talent darin, reichlichen schmutziges Zeug zu schreiben und zu zeichnen.
Wieder zuckte mein Mundwinkel.
»Du weißt, wie das Enden wird. Sollte auch nur der geringste Verdacht kommen, ich wäre wirklich mit ihr zusammen, würden sie das nicht mehr so lustig finden. Und ich will kein Album, sondern nur einen Song. Maximal zwei. Wie gehst deinem Bauch?«, fragte ich und sah zu ihr hoch.
»Lass das morgen mit den beiden besprechen. Dann können wir danach die Verträge aufsetzen und sobald das Label die freigibt, unterzeichnet ihr beide«, erklärte sie ruhig und klopfte leicht auf die Wärmflasche. »Es geht schon besser. Mir tut generell heute alles weh. Ich hasse diese drei Tage im Monat, an denen es besonders schlimm ist.«
Sie erwiderte meinen Blick und ich setzte mich auf. Ich lief ins Bad des Obergeschosses und kam mit der teuren Bodylotion wieder, die ich immer benutzte. Ich setzte mich breitbeinig hin und forderte: »Leg die Wärmflasche hin und leg dich zwischen meine Beine. Den Rücken an meine Brust.«
»Was hast du denn jetzt vor?«, fragte Lia schmunzelnd, aber tat, was ich verlangte. Als sie mit dem Rücken an meine Brust gelehnt dasaß, kicherte sie niedlich. »Umsorgst du mich, wie damals, bevor du ein Star wurdest?«
Ich verzog die Lippen und maulte etwas beleidigt: »Autsch. Ich sorge mich immer um dich. Bevor, während und nachdem ich ein Star war, bin und wieder war. Und jetzt heb dein Oberteil hoch und zieh die Hose etwas runter. Du bist nicht die Einzige, die massieren kann. Ich hab schon so oft von Physiotherapeuten, während der Konzerte die Krämpfe und Verspannungen wegmassiert bekommen, dass ich wahrscheinlich selbst einer werden kann.«
»Ich meinte das doch nicht böse, Dummkopf. Du hast nun einmal nicht mehr die Zeit für so was, und das ist okay.« Sie griff nach ihrem Oberteil und hob es an, auch die Hose zog sie etwas runter. »Ich habe es gehasst, wenn ich sehen musste, wo du gelitten hast. Das tat mir immer total leid.«
Lia entspannte in meinen Armen und ich träufelte mir von der Lotion auf die Finger. Sofort roch ich die gemischten Aromen, die so typisch nach mir rochen. Seit Jahren nutzte ich diesen Duft sowohl als Parfum, Duschgel und Bodylotion. Acqua di Giò, von Armani.
Ich atmete einmal ein und legte meine Hände dann auf Lias flachen Bauch. Meine Finger kribbelten sofort und wieder versuchten, die Bilder unseres Ausrutschers aufzutauchen, doch ich zwang sie zurück.
Meine Hände glitten mehrmals über ihre Haut, um die Lotion zu verteilen, bevor ich anfing, leicht zu drücken und mit beiden Händen die Bewegung einer 8 nachzufahren.
Lia tat so viele für mich. Immer. Es war Zeit, ihr mal wieder zu zeigen, dass ich es sehr schätzte. Sie, ihre Hilfe und unsere Freundschaft.
Was habe ich nur getan, stellte ich mir wieder die Frage. Warum habe ich mit ihr geschlafen?
Gerade war alles recht normal, doch ... da waren diese kleinen Momente der Spannung. Blieben sie?
»Wenn es zu fest ist, sag Bescheid«, meinte ich und da mein Kopf dicht an ihr Ohr war, sprach ich recht leise.
»Es ist perfekt«, erwiderte sie genauso leise und lehnte sich stärker an mich. »Vielen Dank, Yu, das ist gerade so wohltuend.«
Den letzten Satz stöhnte sie halb und diesmal, konnte ich die Bilder nicht zurückdrängen. Meine Hände auf ihrer Haut machten mein Problem nur größer, und ich fragte mich, wie ich es schaffte, keinen Ständer zu bekommen.
Beste Freundin! Ssibal!
Ohne zu reden, ließ ich sie genießen und genoss dummerweise selbst jede Berührung viel zu sehr. Ich schloss die Lider, beugte meinen Kopf vor und legte ihn auf ihrer Schulter ab. Meine Finger wanderten tiefer und ich redete mir still ein, dass sie es taten, weil sie nun mal Unterleibsschmerzen hatte und deshalb auch weiter ›unten‹ massiert werden sollte.
Als meine Fingerspitzen aber nach einer kurzen Zeit den Stoff ihres Slips berührten, zog ich mich wieder zurück und glitt höher.
»Tschuldige«, murmelte ich leise und heißer.
Lia lehnte ihren Kopf an meinen. »Geht es deinem Kopf besser, Oppa?«
Ohne es steuern zu können, beugte ich mich näher und vergrub meine Nase regelrecht in ihrem lilagrauen Haaren. Dass ich nicht seufzte, als ich einatmete, war gerade noch alles.
»Ja«, raunte ich und meine Nasenspitze streifte ihre Wange.
Zu nahe. ZU NAHE. Freunde! NUR Freunde!
Mein Herz schlug schneller und meine Massage wurde langsamer und stoppte, bis meine Hände einfach, eine höher als die andere, auf ihrem Bauch ruhten.
Mein Herz schlug wie verrückt und meine Finger fächerten sich auf, sodass sie fast ihren gesamten Bauch berührten. Herrgott, sie war so zierlich. Warum war sie so zierlich?
Lia öffnete langsam die Augen und drehte den Kopf in meine Richtung. Blaue Augen starrten mir entgegen. »Danke für die Massage«, hauchte sie nur und sie sah von meinen Augen zu den Lippen und wieder zurück.
Ich sagte nichts, denn was auch immer es gewesen wäre, was meinen Mund verlassen hätte, wäre nicht gut.
Diese unerträgliche Spannung war ja kaum zum Aushalten. Ich musste das beenden, also lächelte ich, lehnte mich zurück und zog ihr Oberteil dabei runter. Vorsichtig schob ich Lia von mir, bis wir beide dasaßen und alles taten, nur nicht einander ansehen.
Irgendwann räusperte ich mich, plötzlich wieder verdammte erschöpft. »Ich werde noch ein bisschen an dem Text schreiben und mich dann hinlegen. Ich denke, das Shooting ist recht früh und wenn ich nicht wie der lebende Tod aussehen will, muss ich zumindest ein paar Stunden schlafen.« Es klang ausgesprochen, nicht ganz wie der subtile Hinweis das sie gehen sollte. In meinem Kopf war es nicht so offensichtlich. Tja, aber gesagt, war gesagt. »Du bist morgen nur bei dem Termin mit Hyeon dabei, oder? Oder auch beim Shoot und Interview?«
Lia stand langsam auf, richtete sich das Oberteil und die Hose. »Ich muss morgen eigentlich bei allem dabei sein, weil Mr. Kim ein Bericht darüber haben möchte.« Sie zögerte, suchte ihre Tasche und als sie sie fand, lief Lia mit ihr zu Tür. Das alles tat sie, ohne mich anzusehen. Ihre langen gefärbten Haare fielen ihr so über die Schulter, dass ich ihr Gesicht nicht sehen konnte. »Aber, wenn du möchtest ... dann schicke ich eine Vertretung, die das übernimmt.«
Ich stand auf, seufzte und lief zu ihr, ich drehte sie um und forderte sie auf, mich anzusehen. »Warum sollte ich meine beste Freundin und die Nervensäge meines Lebens nicht dabei haben wollen?«, fragte ich und schlug einen verspielten Ton an.
Es musste wieder normaler werden, also zog ich fest an ihre Strähne, wie ich es immer tat, um sie zu nerven. Ich Schmuzelte sie verschmitzte an. »Du bist immer dabei und so bleibte es. Wer hindert mich sonst, dumme Sachen zu sagen?«
Lia blinzelte und sah zu mir hoch.
»Da hast du wohl recht«, lachte sie und kniff mir verspielt in die Wange. »Du weißt, dass ich es hasse, wenn du an meinen Haaren ziehst.« Ihre Aufmerksamkeit landete auf meinem Mund und sie ließ meine Wange los.
Lia schob sich lächelnd die Haare hinters Ohr. »Dann sehen wir uns morgen und mach nicht mehr so lange. Du musst dich anständig ausruhen.«
Ich nickte nur, schob sie zur Tür raus und lehnte mich dann an das Holz. Dann schloss ich die Augen und mir fiel auf, dass ich Lia zum ersten Mal keinen Wangenkuss gegeben hatte, wenn wir alleine waren.
***
Ich kam zu spät zum Interview, was mir einen wirklich bösen Blick meiner Freundin einbrachte und einen unzufrieden von der Schriftstellerin, die schon mit gezücktem Kugelschreiber und geladenem Aufnahmegerät bereitstand.
Aber zu meiner Verteidigung, lag mein zeitlicher Verzug nicht nur daran, dass ich eine halbe Stunde verpennt hatte, sondern auch daran, dass wir dann noch im üblichen Seouler Stau standen.
Außerdem, weil heute ja nicht schon alles schiefgelaufen war, hatte ich mir noch Kaffee auf mein weißes Shirt geleert, weswegen wir nach dem Gespräch und dem Shooting, das viel zu lange gedauert hatte, und ich deshalb fast einen monströsen Streit mit dem Fotografen angefangen hatte, der offensichtlich sein Equipment nicht bedienen konnte, im Gebäude des Labels ein Hemd für mich auftreiben mussten.
Jetzt saßen wir hier in einem Besprechungsraum, mit einer bombastischen Aussicht auf Seoul, und warteten. Ich zupfte mir an dem Gucci-Hemd herum und fuhr mir durchs Haar. Ich musste gestehen, Hyeon war eine wahnsinnig gute Künstlerin und ihre Musik war nicht weniger angesagt als meine. Mit ihr zusammenzuarbeiten, war etwas, dass ich mir also erstaunlich gut vorstellen konnte. Zudem war sie heiß. Richtig, richtig heiß.
Ich sah Lia an, die in ihren Unterlagen wühlte. »Sag mal, hast du Kim Juhee eigentlich wiedergesehen?«
Als sie endlich gefunden hatte, was sie suchte und das MacBook öffnete, legte Lia den Vertrag auf den Tisch. Sie sah mich nicht an, als sie antwortete: »Bisher nicht, aber er hat gefragt, ob wir morgen Abend essen gehen wollen und ich denke, ich werde zusagen.«
Ich nickte grinsend. »Also soll ich Park Siwon deine Nummer nicht geben?« Mir kam kurz der Gedanke, dass ich nicht weniger gerne tun würde, aber er verschwand. »Er geht auch auf diesen Abend, an dem diese ganzen Preise im Musik- und Schauspielgenre vergeben werden. Ich dachte, eventuell würde er dich als Begleitung in Erwägung ziehen.«
Nun sah sie doch von ihrem Bildschirm auf und ich lachte leise, bei ihrem plötzlichen Interesse. »Nun ... doch gerne. So lange ich nicht vergeben bin, kann ich mir ja noch jede Tür offen halten.« Sie lachte und überlegte dann. »Aber ob ein Model wie er wirklich Interesse an mir hat, bezweifle ich ja. Ich bin nicht wirklich eine Naturschönheit und ein Model schon gar nicht. Steht er überhaupt auf Ausländerinnen? Mhhh ... ich kann es ja mal probieren.«
Ich schnaubte. »Du bist hübsch und, dass du Ausländerin bist ... nun keine Ahnung, ob er zu den Kandidaten gehört, die das stört. Ich kann ja Mal nachhaken. Nur«, ich grinste sie böse an, »solltest du wohl keinen meiner Hoodies tragen, wenn ihr euch trefft. Das kommt wohl weniger gut als dein englisches Blut, du Flittchen.«
Sie sah mich fingiert geschockt an. »Wie bitte? So etwas nennt man: ›Genießerin‹«, sagte Lia und grinste dann. »Keine Sorge, ich habe auch schöne Klamotten zu Hause, ich ziehe sie einfach nur nie an, wenn ich mit dir unterwegs bin.«
Sie zuckte mit den Schultern und als ich schon den Mund zu einer Erwiderung aufmachte, ging die Tür auf und Hyeon und ihre Manager traten ein und verbeugten sich. Ich klappte den Mund zu und stand ebenfalls auf, um sie zu begrüßen.
Heilige Scheiße, sie war noch schöner als auf den Fotos und in den Musikvideos.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top