{14.} Ophelia

Der Blick auf mein Handy verriet mir, dass es bereits nach 7 Uhr war.

Ich versuchte, ruhig zu wirken und mir nicht anmerken zu lassen, dass ich es nicht mochte, wenn man mich warten ließ.

Ich trug heute eine schwarze enge high-waist Stoffhose und ein weißes Top aus spitze. Das Top steckte in der Stoffhose, wodurch die Hose meine schmale Taille und meine gut geformte Hüfte ziemlich sexy hervorhob. Meine lilagrauen Haare lagen mir wellig über die Schultern und ich spielte an meiner Kette herum, die mein Hals schmückte.

Wieder flogen meine Augen auf mein Handy.
Ließ mich Siwon etwa sitzen? Hatte er mich vergessen?

Ich presste meine Lippen zusammen und sah auf, als mein Vater nach Hause kam. Sofort stand ich auf und nahm ihm seine Laptop Tasche ab. »Willkommen zu Hause Dad.« lächelte ich.

Er zog die Schuhe aus und sah mich dann von unten nach oben an. »Du siehst hübsch aus. Triffst du dich mit Mingyu?« fragte er und lief dabei ins Bad, um seine Hände zu waschen. Ich stellte derweil die Tasche ab. »Nein, ich habe heute ein Date.«

»Mit Mingyu?«

»Nein, mit jemand anderen. Der ist ein Model, superberühmt und gut aussehend.« erzählte ich, während ich Dad zurück in die Küche folgte. Wir besaßen ein kleines Haus in einer Wohngegend. Zwei Etagen. Unten war ein Gästebad, die offene Küche mit Wohnbereich und Dads Arbeitszimmer. Oben war mein Zimmer, ein großes Badezimmer und Dads Zimmer. Mein Vater gehörte schon zu den Menschen in Korea, die etwas mehr Geld verdienten. Das hieß, wir hatten noch nie Geldprobleme und konnten gut leben.

»Ein Date also-« begann er und fing an zu essen. Ich hatte heute extra noch gekocht für ihn und versuchte, im Allgemeinen immer für meinen Dad essen vorzubereiten. Ich wusste, dass er viel und hart arbeitete. Essen war wichtig und würde ihn neue Energie geben.

»Ja, aber er verspätet sich.« seufzte ich.

Dad brummte und trank seinen Grün Tee. »Was ist das für ein Bengel, der meine Tochter warten lässt?«

»Vielleicht ist ihm ja etwas dazwischen gekommen« versuchte, ich das irgendwie zu erklären, obwohl ich mir fast dieselbe Frage stellte.

Dad musterte mich einen Moment lang, bevor er weiter aß.

»Wie geht es Mingyu? Ist er noch glücklich mit dem Weg, den er eingeschlagen hat?« fragte Dad und wechselte das Thema. Er mochte es nicht, wenn ich Dates mit irgendwelchen Männern hatte. Und er war dabei, als Yu sich damals für diese Karriere entschieden hatte.

»Er ist sehr glücklich. Und er ist wirklich talentiert.« lächelte ich und musste unwillkürlich an den letzten Kuss denken. Er war wirklich schön gewesen und die Blumen, die er mir an dem Abend schenkte, standen in meinem Zimmer.

»Manchmal läuft bei uns im Büro das Radio. Da laufen die Songs von Mingyu. Er ist wirklich talentiert.« Dad lachte. »Wer hätte gedacht, dass aus diesem Frechdachs mal ein Weltstar werden würde.«

Ich schmunzelte und sah wieder auf mein Handy.

SIWON: ›Hast du mich vergessen oder war die Hausnummer doch nicht 32? Denn ich stehe hier und keiner kommt raus.‹

Ich starrte die Nachricht an. Wieso schreibt er nicht, wenn er doch schon da steht?

Seufzend erhob ich mich, ging um den Tisch herum und küsste Dad auf die Stirn. »Ich bin dann mal weg. Hab dich lieb.«

»Pass auf dich auf und ruf mich an, wenn der Typ dich irgendwie falsch anfassen sollte.«

Ich verdrehte die Augen. »Was glaubst du eigentlich immer, mit was für Typen ich mich treffe?« fragte ich lachend und verließ die Küche.

»Keiner ist gut genug für meine kleine.« rief er mir nach und ich schüttelte nur den Kopf, während ich Schuhe und einen Blazer anzog, meine Tasche nahm und das Haus verließ. Ich lief den mit Kiesel bestückten Weg entlang, bis zu unserem Gartenzaun.

Als ich diesen hinter mir schloss, sah ich Siwon schon. Er lehnte an seinem Wagen und ich lief auf ihn zu. »Hey, sorry, ich dachte, du schreibst, wenn du da bist.« lächelte ich ihn freundlich an.

Er lächelte und verbeugte sich. »Hier ist es nicht üblich, dass die Männer die Frau an der Tür abholen, Ophelia.« Siwon betrachtete mich von oben bis unten. »Entschuldige meine direkte Art, aber Lee Mingyu hatte wirklich recht.«

Ich verbeugte mich ebenfalls. Man würde meinen, dass ich nach so vielen Jahren, in denen ich hier lebte, schon wüsste, wie es in diesem Land lief, aber Nö, ich vergaß es immer mal wieder oder machte mir nichts draus. »Verzeihung, das hatte ich vergessen.« lächelte ich verlegen und sah ihn mir genauer an.

Er trug einen hellen Anzug von Gucci, schicke Schuhe und seine Haare waren ebenfalls schön zurückgekämmt. Einzelne Strähnen hingen ihm drapiert in seiner Stirn und verdammt, er sah heiß aus. Er sah einfach genauso aus wie auf den Bildern.

»Was meinst du? Hat er etwa irgendetwas komisch über mich erzählt?« fragte ich und zupfte an meinen langen Haaren.

Sich auf die Lippen beißend, schüttelte er dezent den Kopf und öffnete mir die Tür, damit ich ins Auto steigen konnte. »Nein, er sagte nur, du seist ... sehr niedlich und hübsch.«

Ich stieg ein und lächelte. Das hatte er also gesagt?

Wieso freute mich das gerade mehr, als dass Siwon derselben Meinung war?

»Es freut mich, dass ich dich nicht enttäusche.« kicherte ich. »Du siehst auch in echt super aus.« gab ich ihm ebenfalls ein Kompliment.

Siwon lachte leise und stieg neben mir ein. Er gab dem Fahrer in Zeichen und der fuhr los. »Nun, gut auszusehen, ist mein Beruf. Aber danke.«

Kurz herrschte Stille. »Also ... Mingyu meinte, du würdest Interesse haben. Wie kommt es dazu? Ich meine, gut, dass Offensichtliche mal ignoriert«, er zeigte lachend auf sein Gesicht. »Was hat dein Interesse geweckt?«

Ich kratzte mir verlegen an der Wange und lachte. »Nun, ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, aber du hattest letztes Jahr oder so, mal ein Interview gehabt und Fragen beantwortet. Und als ich mir das Interview im Internet durchlas, bemerkte ich, dass wir einiges gemeinsam haben. Genau und vom Aussehen her, bist du halt echt mein Typ.« Ich sah ihn an. »Ich dachte, wenn man schon in so einer Branche arbeitet, dann kann man ja die Kontakte auch nutzen. Außerdem mag ich Männer die hart arbeiten. Das alles hat dich für mich sehr attraktiv gemacht.« erzählte ich und fragte dann: »Musste dich Mingyu hierzu zwingen? Oder hattest du auch Interesse, mich kennenzulernen?«

Sein Grinsen wurde schmeichelnd. »Nein, zwingen musste er mich nicht, aber ich gebe zu, ich bin kein Freund von Blind-Dates, also habe ich am Anfang ... gezweifelt. Wie sich rausstellt, sind diese Zweifel aber unbegründet. Du bist wunderschön, Ophelia-ya.« Er ließ seinen Blick meinen Körper entlang wandern. »Damit lässt sich wirklich arbeiten.«

Ich schluckte. Es fühlte sich gut an, begehrenswert zu sein. Und dann auch noch von einem Model. Aber irgendwie fühlte es nicht so gut an, als wenn mich Mingyu ansah.

»Verständlich. Ähm....hast du nicht oft Dates mit Frauen? Ich kann mir vorstellen, dass manche morden würden, um mit dir einen Abend zu verbringen. Es ist ein Wunder, dass du noch keine Freundin hast.«

»Nein, ich bin tatsächlich sehr schüchtern.« Er kratzte sich am Kopf. »Und wenn man auf jedem Magazin abgelichtet ist, fast genauso oft wie Südkoreas geliebte K-Pop Idole, dann ist die Auswahl an Frauen, die es ernst meinen könnten und nicht nur auf Geld oder mein Gesicht aussinnt, geringer als du denkst.«

Ich nickte verstehend. Klar, mit diesem Ruhm kamen auch viele Einschränkungen und Hindernisse im Bezug auf Frauen, die es ernst meinten. Bei Mingyu war es ja nicht anders. Auch, wenn er gerade keine Beziehung führen durfte, würde es nach den 7 Jahren dennoch schwer werden. Oder wir beiden kommen...

Nein.

Ich sollte so etwas weder denken, noch erhoffen.

»Ich find's süß, dass du schüchtern bist.« lächelte ich ihn flirtend an und zeigte auf mich. »Ich bin etwas verrückt und eigentlich nie schüchtern. Aber wie sagt man so schön: Gegensätze ziehen sich an.«

Wann war ich das letzte Mal schüchtern? Ich glaube in der 9 Klasse, als ein Junge aus meiner Parallelklasse mir seine Liebe gestanden hatte und fragte, ob ich mit ihm ausgehe. Als Mingyu davon erfuhr, war er gar nicht erfreut. Seine Worte waren: Sobald du einen Freund hast, wirst du keine Zeit mehr für unsere Freundschaft haben.

Schmunzelnd sah ich Siwon an.

»Verrückt also? Muss ich mir Sorgen machen?«, fragte er amüsiert, grinste einseitig und sah mir kurz auf meine Lippen.

»Ja, total. Ich bin nämlich so eine kleine Irre, die dich stalkt, wenn du mich abschießt.« scherzte ich und lachte.

Als ich begriff, was ich da gerade gesagt hatte, wedelte ich mit den Händen. Mingyu verstand meine Witze und machte sich nichts aus meiner Redensart, aber andere koreanische Männer könnten das falsch verstehen. »Das war nur Spaß. Ich bin...eigentlich ganz normal.«

Er hob eine Braue. »Danke für die Information, dann werde ich meine Adresse wohl nicht so schnell rausrücken. Sicher ist sicher.« Der Wangen hilet an und er stieg aus, um mir die Tür aufzuhalten. »Ich hoffe, du magst spanische Küche?«, fragte er und deutete auf das Luxusrestaurant, vor dem wir nun standen.

Okay, ich sollte mich wohl besser zusammenreißen, wenn ich möchte, dass der Abend noch gut wird. Ich stieg aus und nickte. »Ja, ich mag spanische Küche.«

Siwon blies erleichtert die Luft aus und legte mir die Hand auf den Rücken. »Oh gut. Dann habe ich ja richtig ausgesucht.«

Wir betraten das wirklich noble Restaurant und nachdem er dem Platzanweiser seinen Namen genannt hatte, führte dieser uns höflich an einen der besten Tische. Er schon mir den Stuhl zurecht und setzt sich dann mir gegenüber während uns, als die Karte gebracht wurde. Es gab genau 2 Fünf-Gänge-Menus die man wählen könnt. Vegetarisch und mit Fleisch.

»Die Auswahl ist bewusst minimalistisch gehalten, damit der Koch sich voll und ganz auf dieser Gerichte konzentrieren kann.«

Ich sah von der Karte auf und war überrascht, dass er gleich beim ersten Date so tief in sein Geldbeutel griff. Vielleicht hatte er wirklich Interesse an mir.

»Verstehe. Kannst du bitte wählen? Ich möchte mich überraschen lassen.« fragte ich und fügte hinzu. »Ich bin keine Vegetarierin.«

Ich liebte Fleisch. Ich könnte in Fleisch baden und mich danach selbst aufessen.
Das sollte ich aber lieber nicht laut sagen.

Er lächelte. »Wie du möchtest, Ophelia.«
Siwon winkte den Kellner her und bestellte 2 x das vegetarische Menü, eine Flasche Wein und als Vorspeise, ein paar Tapas. Als der Wein und das Fingerfood ankamen, und wir eingeschenkt bekamen, hob er das Glas und sagte: »Auf einen vielversprechenden Abend.«

Mein Handy piepte.

YU: › Na, wie ist das Date? 😆‹

›Kommst du dann später noch vorbei? Oder kann Yun länger zum ‚Arbeiten' bleiben? 😈. Sie ist ziemlich ... arbeitsfreudig.‹

Ich lächelte gespielt.
Ich wollte Fleisch, dachte ich und hob ebenfalls das Glas.

»Ja.« sagte ich nur und wir stießen an. Dann blickte ich auf mein Handy, das auf meinem Schoß lag. Mein Lächeln verschwand gänzlich. Hyeon war wirklich bei Yu? So richtig bei ihm zu Hause?

ICH: ›Er hat Vegetarisch bestellt bei einem spanischen Luxus Restaurant. 😢 Aber sonst läuft es gut. Er hat anscheinend Interesse und findet mich süß und hübsch. 😋‹
›Ja, arbeitsfreudig. Wohl eher auf etwas anderes bezogen. ‹

Ich zögerte und schrieb dann noch:

›Ich weiß noch nicht, ob ich komme. Ich schreib dir noch mal. ‹

YUN: › 🤣🤣🤣 Du ohne Fleisch? Armes du. ‹

› 😈 Ja sie ist ambitioniert. Und klar ist er hübsch. Auch wenn er mir das Wasser nicht reichen kann.‹

› Fein, meld dich eben, Verräterin. Ich pack den Film weg. ‹

Ich trank einen Schluck. »Und du bist also Mingyus Assistentin. Was machst du da so? Und warum du? Ich meine, sein Label hat doch unzählige einheimische Mitarbeiter, oder?«

ICH: ›Arbeitet ihr wirklich nur oder....‹

Ich löschte die Nachricht wieder und ersetzte sie mit einer anderen Nachricht:

ICH: ›Ich will dich bei deinen inoffiziellen Dingen nicht stören. Aber wenn dir das wichtig ist, dann komme ich danach noch vorbei. Hab bitte Fleisch da. 🫰🏻‹

Ich sah vom Handy auf und nippte an meinem Weinglas. »Ich bin halt gut in meiner Arbeit.« grinste ich und winkte dann ab. »Ich bin Mingyus Kindheitsfreundin. Wir kennen uns schon seitdem Kindergarten und mir kann er vertrauen.« erzählte ich und schnappte mir etwas vom Fingerfood. »Ich organisiere seine Termine, pflege seinen Terminkalender und bin der Ansprechpartner für andere Firmen, die zb. Interviews führen möchten, Fotoshootings machen möchten oder auch für andere Stars, die mit ihm zusammenarbeiten möchten. Auch wenn Veranstaltungen stattfinden, plane ich diese für ihn ein und alles Drumherum auch, ob nun Frisur, Ankleiden usw. Natürlich muss ich einiges auch mit dem Label abklären, oder dem Label zur Entscheidung vorlegen. Aber ja, das sind so meine Aufgaben.«

»Wow. Dann kann ich mich ja glücklich schätzen, dass du heute Zeit für mich hast.« Siwon lachte schmeichelnd und nahm sich auch ein paar Tapas. »Du scheinst ein Organisationstalent zu sein, wenn man bedenkt, was für ein Star Lee Mingyu ist. Das muss eine Menge Arbeit sein. Vor allem, das Skandale vertuschen.«

»Ja, es ist viel, aber es macht auch Spaß.« antwortete ich und lehnte mich zurück. »Skandale hat ja jeder Star. Aber erzähl, hast du ein Assistent oder Assistentin?«

»Drei, ja. Aber haben wohl weniger zu tun als du.«

Der erste Gang kam und er sah zu mir. »Genug über die Arbeit geredet. Erzähl mir was von dir.«

Ich sah auf das Essen. Lecker vegetarisch.

»Nun, ich bin in England geboren...« begann ich zu erzählen.

Ich erzählte ihm selbstverständlich nicht meine halbe Lebensgeschichte, aber damit er eine grobe Ahnung hatte, wer Ophelia Grey war, erzählte ich ihm, wo ich geboren wurde, wann ich nach Korea gezogen bin und was ich gerne aß, meine Lieblingsfarbe. All so ein Zeug.

Während wir erst den ersten Gang, dann zweiten und danach den dritten Gang aßen, erzählte mir auch Siwon von sich.

Er war natürlich in Korea geboren, hatte so weit eine normale Kindheit und mit 17 hatte man ihn gefragt, ob er sich ein Leben als Model vorstellen konnte. So kam eins zum anderen, er aß anscheinend gerne vegetarisch, was ich in seinem Fall mal akzeptieren würde. Ich meinte, schaut euch dieses Gesicht an.

Aber egal wie gut er aussah, während wir Spaß hatten, dachte ich an Mingyu.
Ich fragte mich immer wieder, was er wohl mit Hyeon tat.

Dieser Gedanke ließ einen bitteren Nachgeschmack und mein Blick huschte auch immer wieder zum Handy, da er nichts mehr geschrieben hatte.

Ich versuchte, dennoch den Abend mit Siwon zu genießen, und würde einfach nachher bei ihm vorbeischauen.

Hoffentlich ist Hyeon dann nicht mehr da.

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