{1.} Lee Mingyu

›Rate, wer wieder da ist‹, tippte ich und schmiss meine Reisetasche in die Ecke.

›Ich geb dir einen Tipp: hübsch. Sexy. Bezaubernd. Muskulös. Talentiert. Du kennst ihn schon seit dem Kindergarten. Hast ihm sogar versprochen, dass du ihn mal heiratest. Mit kleinem Fingerschwur. Hast ihm deinen Job zu verdanken. Klingelt da was?‹

Genüsslich streckte ich mich und seufzte dann. »Yah, endlich daheim.«

Ich lief zum Kühlschrank, weil mein Magen unglaublich knurrte, aber als ich hineinsah, fand ich nur eine Banane, ein Glas Kimchi von meiner Mutter und eine Fast-Food-Verpackung, die ich rausnahm und in den Müll schmiss, ohne reinzusehen. Was auch immer es war, sicher hatte es die drei Monate, die ich auf der Welttour war, nicht überlebt.

»Ah, Ssibal«, fluchte ich und schloss die Tür wieder. »Dann eben ein Lieferservice.«

Bevor ich anrief, sah ich jedoch in meinen Vorratsschrank. Vielleicht hatte ich noch Instant-Ramen.

»Nope«, redete ich weiter mit mir selbst und beschloss, mir ein paar einfache Gerichte zu bestellen. Tteokbokki, Bibimbap, Bulgogi und Korean fried Chicken.

Wie immer benutzte ich für den Service einen Fakenamen. Zumindest einen falschen Vornamen. Lee Mingyu war einfach zu bekannt. Als K-Pop-Idol muss man einfallsreich werden, was die kleinsten Sachen anging. Vor allem, wenn man so berühmt war wie ich.

Ich war einer der Großen am koreanischen Himmel und obwohl ich als Solostar und Rapper nicht so viel Erfolg verbuchen konnte, wie Bands mit mehreren Mitgliedern, kannte mich doch jeder.

Was so etwas wie Essen bestellen oder spazieren gehen ohne falschen Namen, Maske und Mütze kaum möglich machte. Würde jemand vom Essenservice meine Adresse herausgeben, verkaufen oder keine Ahnung, was damit machen, müsste ich umziehen. Fans waren ... manchmal irre. Es war seit meinem Debüt schon drei Mal passiert, dass ich den Wohnort wechseln musste, weil dieser an die Öffentlichkeit kam. Meine Fans hatten tagelang vor meiner Haustür kampiert und so viele Liebesbriefe in meinen Briefkasten gesteckt, dass dieser kaputtging. Einige hatten sogar versucht, über die drei Meter hohe Mauer zu klettern, die das Grundstück umgeben hatte. Nur um einen Blick auf mich zu werfen.

Ich grinste kopfschüttelnd, während ich ins Bad ging, um zu duschen. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass mir der ganze Trubel um mich nicht gefiel.

Schieße, ich liebte es, ein Star zu sein.

Klar, es gab diverse Regeln und Richtlinien und einen Arsch voller Einschränkungen, aber im Großen und Ganzen war es genau mein Ding.

Ruhm, Geld und, wenn ich es geschickt anstellte, unzählige Frauen.

Nach der Dusche cremte ich mir das Gesicht ein, das mich wahrscheinlich genauso berühmt gemacht hatte, wie meine Musik, und lief, nachdem ich mich gemütlich angezogen hatte, ins Wohnzimmer.

Ich hüpfte über die Lehen der Couch, schmiss mich in die Kissen und wartete, während ich meine modern eingerichtete Wohnung ansah und lächelte.

Zu Hause.

ENDLICH!

Das neuste Samsung, von dem ich gesponsort wurde, nun wieder in der Hand, schrieb ich erneut eine Nachricht.

›Yah! Schreibst du auch mal zurück. Man kann meinen, du hättest mich kein bisschen vermisst.‹

Diesmal dauerte es diesmal nicht lange, da kam eine Sprachnachricht an.

Ich drückte auf Play und hörte Lias stimme.

»Siwon Park?«, fragte sie und lachte. »Bist du's?«

Ich schnaubte lachend, weil meine beste Freundin schon eine Weile einen Crush auf das Model hatte.

Ein Foto kam an und zeigt ein Lia, die ein Peace-Zeichen mit den Fingern machte, und mit ihrem Tablet im Café saß.

Noch eine Sprachnachricht kam an. »Weißt du wie viele Modelabels dich für ihre Werbung haben wollen? Die Anfragen hören gar nicht mehr auf. Calvin Klein, Prada...« Sie seufzte übertrieben. »Ich dachte, ich hätte Urlaub, wenn du auf Tour bist. Aber nichts da! Ich habe die letzten drei Monate ein Arsch voll Arbeit gehabt. Also ich würde sagen, du schuldest mir ein Essen, Mister Kindheitsfreund, K-POP Star.«

Sie klang etwas gestresst, also drückte ich auf Play und hob das Handy an meinen Mund. »Na, dann ist ja gut, dass ich eben so viel Essen bestellt habe, dass ich eine ganze Band sattbekommen würde. Schwing deinen Arsch her, Lia. Wenn du brav bist«, nun lachte ich, »ruf ich deinen heiß geliebten Park Siwon an.«

Ich sendete und schickte dann hinterher: »Warum solltest du freihaben, wenn ich mir den Arsch aufreißen muss? Was sagt das Label zu den Anfragen?«

›Bin gleich da, dann quatschen wir.‹

Ich las die Nachricht und sendete ein simple ›Okay‹ zurück und entspannte noch etwas.

15 Minuten später kam das Essen und noch mal 5 später, klingelt es bereits an der Tür. Ich stand auf, öffnete grinsend die Tür und sah zu Lia hinab.

»Ist das Essen und Park Siwon schon da?«, schmunzelte sie zurück.

Ich betrachtete sie prüfend von oben bis unten. Lia trug ihre Haare zu zwei hohen Zöpfen rechts und links an ihrem Kopf gebunden, einen kurzen Faltenrock mit einem übergroßen Hoodie, der fast so lang war wie der Rock selbst. Die Krönung des Ganzen war ein niedlicher Helm in der Hand, den sie immer aufhatte, wenn sie mit ihrem Roller durch Seoul fuhr.

»Wenn ich dich so ansehe, bin ich froh, dass er nicht da ist. So würdest du einem Model entgegentreten?«, ärgerte ich sie und zog eine Braue hoch. »In einem Hoodie, der im übrigens mal mir gehört hat? Wann hast du den denn geklaut?«

Ich ließ sie rein und schloss die Tür. Dann beugte ich mich runter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, bevor ich zum Küchenbereich ging und das Essen auspackte.

Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich Lia bedeutete, sich hinzusetzten und ihr Stäbchen hinhielt.

Lia nahm die Stäbchen und fing an zu essen. »Du hast keine Beweise, dass dieser Hoodie mal dir gehört hat«, schmatzte sie und zeigte dann mit den Stäbchen auf meinen Körper. »Also wer mich so nicht superniedlich findet, der darf mich auch nicht top gestylt sehen.« Sie schluckte das Essen runter und musterte mich. »Erzähl, wie war die Tour? Ich fand's echt total bescheuert, dass das Plattenlabel mich nicht mit dir gehen ließ. Und ja, ich hab dich vermisst. Ich hoffe, du mich auch.«

Sie schmunzelte und ich schnappte mir direkt das Tteokbokki. »War wie jede Tour. Relativ gut und scheiße anstrengend.« Ich zuckte mit der Schulter.

Nicht ganz die Wahrheit, wenn man bedachte, dass ich nach dem letzten Konzert so erschöpft war, dass ich vor dem vorletzten Song zusammengebrochen bin. Mein Körper hatte einfach schlappgemacht und aufgegeben. Es hatte zehn Minuten gebraucht, bis ich wieder stehen und noch mal drei, bis ich wieder klar sehen konnte. Aber ich hatte mich umgezogen und die letzten zwei Songs durchgezogen.

Ich war Profi.

»Natürlich hab ich dich vermisst«, meinte ich mit vollem Mund und nahm mir Essen aus ihrer Box. »Was war hier so los? Wie laufen die Dates mit-«, ich überlegte, aber mir fiel der Name einfach nicht ein. »Wie hieß er noch gleich?«

»Kim Juhee«, beantwortete sie die Frage und nahm sich von dem Korean fried Chicken. »Das letzte Date ist schon 2 Wochen her. Ich hatte bisher keine Zeit, aber wir schreiben.« Lia zog die Beine auf das Sofa und setzte sich im Schneidersitz hin. Nachdem sie das Essen runterschluckte, steckte sie die Stäbchen in den Mund und hielt die Dinger mit meinen Lippen fest, während sie ihr heiliges Tablett aus der Tasche kramte. »Das Label hat für zwei Werbeanfragen zugestimmt. Warte ...«, nuschelte Lia und tippte auf dem Ding herum. Als Sie fand, was sie suchte, zog sie die Stäbchen aus dem Mund und drehte den Bildschirm zu mir. »Nächste Woche sind die beiden Termine. Einmal für Prada und einmal für Ralph Loreen. Es gab noch andere Anfragen, die ich für das Label aufbereitet habe, aber die beiden Marken fanden sie am profitabelsten«, führte sie weiter aus und zeigte auf den Terminkalender für nächste Woche. »Für diese Woche konnte ich dir 3 freie Tage einräumen. Ich glaube, das tut dir auch mal gut.« Lia seufzte laut. »Es war zwar eine ziemlich nervige Diskussion mit dem Label, aber meine Argumente sind nun einmal unschlagbar.«

Sie grinste stolz und ich beugte mich vor und kniff ihr in die Wange. »Was würde ich nur ohne doch machen, L.« Ich streckte mich, eine Hähnchenkeule im Mund, und lehnte mich dann wieder in die Kissen. »Kim Juhee«, dachte ich laut nach. »Ist das der mit der schlecht operierten Nase? Oh, apropos«, sagte ich und wechselte das Thema, bevor sie überhaupt antworten konnte. »Mein Part für die Zusammenarbeit mit ›Never Fail‹ ist fertig.« Ich hob eine Braue, schmunzelte breiter und deutete mit dem Kinn auf mein Piano, das im rechten Teil meines Wohnzimmers stand. »Willst du ihn hören? Das Label hat ihn schon durchgewunken und die Band war auch zufrieden damit.«

»Lass hören. Ich bin schon gespannt«, klatschte sie in die Hände und ich lachte. »Wann soll das Album rauskommen?«

Ophelia Grey war schon immer mein Superfan. Seit ich mich entschlossen habe, mit 16 Jahren bei dem Casting des Labels mitzumachen, und alle 215 anderen Kandidaten ausgestochen hatte, war sie hinter mir und hatte applaudiert.

Ich stand auf, lief zum Piano, setzte mich, klimperte einmal mit den Tasten und setzt dann die schlichte Melodie des etwas traurigeren Liedes an. »Keine Ahnung ist denen ihr Album. Ich bin nur das Feature. Aber, ich denke, du musst bald einen Termin vereinbaren, wegen der MV Dreharbeiten. Aber das sagt dir das Label dann bestimmt noch.«

Nach ein paar Akkorden holte ich Luft und begann, meinen Teil halb zu rappen und halb zu singen. »Du hast mir geschrieben, dass du mich hasst und mich nicht mehr brauchst. Ich widerspreche dir nicht, wusste es schon. Also bin ich in den Pup, habe getrunken und meinen Kummer im Klo runtergespült. Jetzt lachst du über mich. Du sagst nicht mehr ›Ich liebe dich‹. Ich bin so müde, zu schwach zu lachen. Ich bin müde, zu schwach, zu lachen. Meine Freunde sagen, du seist es nicht wert. Aber ich warte am Telefon, doch es bleibt still. So still. Ich bin müde, zu schwach, zu lachen. Ich bin so unendlich müde, zu schwach zu lachen. Dada da da Dada da Dada Dadada Dadadada. So still, so still.« Ich spielte noch ein paar Töne und sah Lia erwartungsvoll an. »Jetzt kommt wieder deren Part und so weiter und so fort.«

»Wow, man könnte sich glatt in dich verlieben, wenn du so toll über Herzschmerz singst«, schmunzelte Lia und applaudierte für mich. »Nein im Ernst, das hast du wirklich gut gemacht. Der Song, sowie alle Songs, in denen du auftauchst oder die von dir sind, wird auch dieser auf Platz eins der Charts landen.«

Lia zeigte mir den Daumen hoch und ich verneigte mich theatralisch. Dann stand ich auf, schmiss mich auf die Couch und legte den Kopf auf ihrem Schoß ab. »Massierst du mir ein bisschen die Kopfhaut? Ich glaube, ich bekomm wieder Kopfschmerzen.«

Tatsächlich spürte ich das Hämmern in meinem Schädel, dass mich seit einem Jahr fast verrückt machte. Migräne hatten die Ärzte gemeint und mir, für den Fall das sie zu einem unpassenden Zeitpunkt auftritt, richtige Brecher an Tabletten gegeben. Ich hatte sie nur einmal genommen und vor, es nie wieder zu tun, denn die Dinger knockten einen regelrecht aus.

»Und mit dem verlieben, tja, stell dich hinten an, L. 90% der koreanischen Mädchen haben mir ihr Herz geschenkt. Und sicher 20% der restlichen Welt. Außerdem bin ich an der so interessiert, wie an einem Stein. Ich überlasse dich deinem Freund mit der schmalen Nase.«

»Ich habe gehört, Steine können ziemlich interessant sein.« Ich blinzelte hoch, sie streckte mir die Zunge heraus, strich mir dann aber durch die Haare. Ihr Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. »Willst du dich nicht doch noch einmal von einem Arzt durchchecken lassen?«, bat sie und begann, mir ihre Ophelia-Spezial-Massage zu geben. »Ich habe dir das zwar schon an die Hundert Mal gesagt, aber wenn dir die Karriere zu viel wird, dann nimm dir eine Auszeit.« Sanft strich sie mir über die Stirn und massierte in kreisförmiger Bewegung über meine Haut. »Deine Gesundheit ist wichtiger als Ruhm und Geld.«

Ich stöhnte zufrieden auf, weil der Schmerz sofort etwas nachließ und das Hämmern hinter meinen Schläfen dumpfer wurde. »Was soll ich denn beim Arzt? Der sagt doch wieder nur dasselbe. Stress, bla, bla. Weniger Arbeiten, bla, bla. Etwas mehr Pausen gönnen, bla, bla. Nicht zu viel aufladen, bla, bla. Es ist eben Migräne«, tat ich es ab. »Damit komm ich schon klar. Ist wahrscheinlich nur der Stress der Tour, die jetzt ja aber rum ist. Du musst dir keine Sorgen machen. Man könnte wirklich noch meinen, du verknallst dich in mich.« Ich öffnete ein Auge.

»Und der Arzt hat recht. Du solltest dir auch etwas Ruhe gönnen«, erwiderte ich seufzend und massierte weiter.

»Armer Siwon. Da nehm ich ihm doch glatt das Mädchen weg.«

Sie kniff mir ihm in die Nase und ich fluchte leise. »Halt die Klappe, oder brech dir die Nase, damit du auch unters Messer kommst.« Lia ließ meine Nase los. »Ich kenn dich seit dem Kindergarten, natürlich mach ich mir sorgen, du Dummkopf.«

Ich schloss die Augen wieder und öffnet leicht die Lippen, da mich die Massage wirklich absolut entspannte. Ich merkte, wie ich langsam weg döste. »Lia?«

Die Massage weiterführen, fragte sie: »Ja, was ist?«

»Lust, Übermorgen einenSpielabend mit Doyun und Hyunjin zu machen? Ich hab sie hierher eingeladen,weil wir etwas privater die neue Single ihrer Band feiern wollen.« Mein Mundwinkelzuckte, als ich hinzufügte: »Und ich hab Siwons Nummer wirklich. Also, wenn duwillst, texte ich ihm mal. Falls du Mr. Schönheits OP, an dem du ganzoffensichtlich dein Interesse verloren hast, endlich absägen willst.«

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