Ⅶ
Der erste Schultag
Mingi schritt mit langsamen, bedachten Schritten durch die Gänge des Schlosses. In seinen großen Händen hielt er die kleinen Rucksäcke von Hongjoong und Wooyoung, die er gestern Abend noch mit Yunho gepackt hatte. Der heutige Tag war ein wichtiger Schritt für die beiden Welpen. Nach einem ganzen Jahr, in dem sie sich auf der Krankenstation erholt hatten, war es endlich an der Zeit, sie in die Schule zu bringen. Obwohl sie noch immer kein Wort gesprochen hatten, hatten sie in dieser Zeit einen Weg gefunden, sich durch Zeichensprache mit ihm und Yunho zu verständigen.
Als er in den Eingangsbereich des Schlosses trat, warteten die beiden bereits auf ihn. Hongjoong hielt Wooyoung's Hand fest umklammert, und ihre Blicke wirkten wachsam und zurückhaltend. Ihre Augen, die so viel durchgemacht hatten, suchten sofort nach Mingi, und als sie ihn erkannten, entspannte sich ihre Haltung ein wenig.
„Seid ihr bereit?" fragte Mingi mit einem sanften Lächeln, während er die Rucksäcke hob.
Die beiden nickten fast synchron, wobei Wooyoung sich ein kleines bisschen hinter seinem älteren Bruder versteckte. Mingi ging vor ihnen in die Knie, reichte ihnen die Rucksäcke und wartete geduldig, während sie sich gegenseitig halfen, diese anzulegen. Es waren kleine Gesten wie diese, die ihm zeigten, wie stark ihre Bindung wirklich war.
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Schule. Mingi ließ die beiden vor sich laufen, immer einen wachsamen Blick auf sie gerichtet. Die Dorfbewohner, die sie passierten, warfen neugierige Blicke auf die beiden kleinen Omegas, aber niemand wagte es, ein Wort zu sagen. Mingi's Präsenz war genug, um alle möglichen Kommentare im Keim zu ersticken.
Die Schule war ein kleines, einstöckiges Gebäude am Rande des Dorfes. Es herrschte bereits geschäftiges Treiben, als Mingi mit den beiden ankam. Kinder in verschiedenen Altersgruppen liefen aufgeregt herum, während Eltern sich voneinander verabschiedeten. Hongjoong und Wooyoung blieben dicht zusammen, ihre Hände fest ineinander verschlungen.
„Ihr werdet das großartig machen," sagte Mingi, als sie die Treppen zur Eingangstür erreichten. Er kniete sich erneut vor ihnen hin und strich beiden beruhigend über die Schultern. „Denkt daran, dass ihr immer zusammen seid. Wenn irgendetwas passiert, kommt der Lehrer sofort zu mir, verstanden?"
Die beiden nickten, und obwohl sie nicht sprachen, konnte Mingi die Dankbarkeit in ihren Augen sehen. Er begleitete sie bis zur Tür des Klassenzimmers, wo die Lehrerin sie mit einem warmen Lächeln empfing.
„Ich bin Frau Lee," stellte sie sich vor, kniete sich vor den beiden hin und hielt ihnen die Hand hin. Hongjoong zögerte kurz, ergriff sie dann aber, gefolgt von Wooyoung. Mingi war erleichtert, dass die Lehrerin ihre Zurückhaltung respektierte und sie nicht dazu drängte, zu sprechen.
„Ich hole euch später ab," versprach Mingi, bevor er sich umdrehte und das Gebäude verließ. Doch als er in Richtung Schloss ging, konnte er das mulmige Gefühl in seinem Magen nicht abschütteln. Die beiden waren so zerbrechlich, und er konnte nur hoffen, dass dieser Tag ohne Probleme verlaufen würde.
Im Schloss angekommen, widmete sich Mingi seiner Aufgabe als Kampfausbilder für die neuen Rekruten. Er konzentrierte sich darauf, die verschiedenen Bewegungen und Techniken zu erklären, doch seine Gedanken schweiften immer wieder zu Hongjoong und Wooyoung ab. Wie mochten sie sich fühlen? Waren sie in Sicherheit?
Gegen Mittag ließ er die Rekruten mit einem Übungskampf allein und machte sich auf den Weg zurück zur Schule. Als er den Schulhof erreichte, sah er sofort die beiden kleinen Gestalten, die auf ihn zu rannten. Ihre Augen leuchteten vor Erleichterung, und ihre kleinen Füße bewegten sich so schnell, dass Mingi sie kaum noch im Blick behalten konnte.
„Da seid ihr ja," sagte Mingi mit einem breiten Lächeln und öffnete seine Arme. Beide sprangen gleichzeitig in seine Arme, und er hob sie hoch, wie er es schon so oft getan hatte.
Doch in diesem Moment hörte er es – ihre Stimmen.
„Appa," sagte Wooyoung leise, seine zarte Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Die älteren Schüler haben uns ausgelacht," fügte Hongjoong hinzu, während er sich an Mingi's Hals festhielt.
Die Worte trafen Mingi wie ein Schlag ins Gesicht. Seine Freude darüber, ihre Stimmen zum ersten Mal zu hören, wurde von einem heftigen Schwall von Wut überschattet. Doch er ließ sich nichts anmerken. Stattdessen sprach er mit der gleichen sanften Stimme wie immer. „Das tut mir leid, Jungs. Manche verstehen nicht, wie besonders ihr seid. Aber ihr seid nicht allein. Ihr habt mich, Yunho und das Schloss. Niemand wird euch jemals trennen."
Die beiden nickten stumm, und Mingi spürte, wie ihre kleinen Körper sich wieder entspannten. Er drückte sie fester an sich und machte sich auf den Weg zurück ins Schloss.
Dort trafen sie auf Seonghwa, der gerade aus dem Thronsaal kam. „Mingi," begrüßte Seonghwa ihn mit einem Lächeln, bevor sein Blick auf die beiden Kinder in Mingi's Armen fiel.
„Hyung," erwiderte Mingi den Gruß. Doch die Geschwister blieben stumm. Ihre Blicke wanderten ängstlich zu dem mächtigen Alpha, und sie klammerten sich noch enger an Mingi.
„Sie brauchen Zeit," sagte Mingi leise zu Seonghwa, der verstehend nickte.
Yunho wartete bereits in ihren Gemächern auf sie, und als er die beiden in Mingi's Armen sah, breitete sich ein warmes Lächeln auf seinem Gesicht aus.
„Wie war die Schule?" fragte Yunho sanft.
Wooyoung murmelte etwas von „älteren Schülern," doch diesmal schienen seine Augen mehr Vertrauen auszustrahlen. Mingi wusste, dass es ein langer Weg sein würde, aber dieser Tag hatte gezeigt, dass die Geschwister bereit waren, ihre Stimmen zu finden – und er würde alles tun, um sicherzustellen, dass diese niemals wieder verstummten.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top