Die Bar der Alphas

Die warme, leicht gedämpfte Beleuchtung der Bar tauchte die polierten Holzoberflächen in goldenes Licht, und die leise Musik im Hintergrund mischte sich mit dem tiefen Summen der Gespräche. Es war ein gewöhnlicher Abend in der "Mondlicht-Oase", der einzigen Bar weit und breit, die ausschließlich Werwölfen vorbehalten war. Park Seonghwa, hochgewachsen mit einer Ausstrahlung, die Autorität und Charisma vereinte, bewegte sich mit Eleganz durch den Raum, Tablett in der Hand, während sein bester Freund Choi San hinter dem Tresen stand und Getränke mixte.

Seonghwa lächelte höflich, als er einem Beta an Tisch drei das bestellte Bier servierte. „Hier, dein Mondbräu. Lass mich wissen, wenn du etwas anderes brauchst." Der Beta nickte dankend, wagte aber nicht, den intensiven Blick des Alphas lange zu halten. Seonghwa hatte diese Wirkung auf andere – nicht, weil er es beabsichtigte, sondern weil er es einfach war: der König der Werwölfe, auch wenn er diesen Titel selten erwähnte.

Die Idee, eine Bar zu eröffnen, war aus einer spontanen Eingebung entstanden, als er und San achtzehn Jahre alt waren. Sie hatten damals in den Ruinen eines alten Hauses gesessen, das später die Grundlage für die Bar werden sollte, und davon geträumt, einen Ort zu schaffen, an dem Wölfe einfach nur Wölfe sein konnten. Sie wollten etwas anderes als die üblichen, von Rang und Hierarchie geprägten Treffpunkte. Mit harter Arbeit und einem unerschütterlichen Willen hatten sie ihren Traum in die Realität umgesetzt. Sie waren jetzt fünfundzwanzig, und die Mondlicht-Oase war seit sieben Jahren ein Zuhause für viele ihrer Gäste.

„Seonghwa, noch zwei Bloody Moon für Tisch fünf!" San rief ihm über den Tresen zu, seine Hände flink, während er ein weiteres Getränk mixte. Seonghwa nickte, notierte die Bestellung gedanklich und drehte sich zu einem anderen Tisch, an dem ein Paar Deltas saß, die offensichtlich etwas zu tief ins Glas geschaut hatten.

„Noch eine Runde?" fragte er mit einem neutralen Lächeln, aber die Deltas schüttelten nur grinsend den Kopf. Sie wussten, dass es besser war, sich nicht mit einem Alpha anzulegen, besonders nicht mit Seonghwa.

Während er zurück zur Bar ging, blieb sein Blick kurz an einem der Gäste hängen, einem Gamma, der versuchte, seine Aufmerksamkeit mit einem flirtenden Lächeln zu erregen. Seonghwa ignorierte ihn. Es war nicht das erste Mal, dass jemand versuchte, sein Interesse zu wecken, und er wusste, es würde auch nicht das letzte Mal sein. Doch weder Alphas noch Betas, Deltas oder Gammas konnten jemals sein Herz erobern. Er und San teilten denselben Geschmack – sie begehrten Omegare.

Aber Omegare waren selten. Ihr Leben war hart, oft geprägt von Unterdrückung und Leid. Viele von ihnen wurden gejagt, versklavt oder gar getötet. Es gab kaum einen Ort, an dem sie in Sicherheit leben konnten, und das machte die Suche nach einem Mate umso schwieriger.

„Hey, Seonghwa." San lehnte sich leicht über den Tresen, seine markanten Gesichtszüge erhellt von einem amüsierten Grinsen. „Der Gamma da drüben starrt dich an, als wärst du der Mond selbst. Soll ich ihm sagen, dass er keine Chance hat?"

Seonghwa schnaubte leise und schüttelte den Kopf. „Lass ihn. Er wird es früh genug merken."

San lachte leise und widmete sich wieder seinen Getränken. Es war diese Vertrautheit, die ihre Bar so erfolgreich machte. Die beiden Alphas arbeiteten wie ein eingespieltes Team, ohne Worte zu benötigen. Doch auch in dieser Harmonie spürte Seonghwa die Sehnsucht. Nicht nach Macht, die hatte er zur Genüge. Nicht nach Anerkennung, die ihm ohnehin zuflog. Es war eine tiefere Leere, die nur ein Mate füllen konnte – ein Omega, der sein Herz und seine Seele berührte.

Die Nacht schritt voran, und die Bar wurde allmählich ruhiger. Die letzten Gäste begaben sich auf den Heimweg, und Seonghwa begann, die Tische abzuwischen. San schloss die Kasse ab, seine Bewegungen routiniert, aber seine Augen leuchteten vor Freude.

„Nicht schlecht für einen Donnerstagabend," bemerkte San und streckte sich. „Ich schätze, wir haben genug für die neue Lieferung Wein zusammen."

Seonghwa nickte, doch etwas ließ ihn innehalten. Ein leises Gefühl, ein Kribbeln im Nacken, als ob der Wind ihm ein Flüstern gebracht hätte, das nur er hören konnte. Er sah zu San, der ihn mit einem fragenden Blick ansah.

„Hast du das gehört?" fragte Seonghwa leise.

San schüttelte den Kopf, aber seine Haltung veränderte sich. Beide Alphas waren sofort wachsam, ihre Sinne geschärft. Es war, als ob die Nacht plötzlich eine neue Schwere bekommen hätte.

„Lass uns aufbrechen," sagte Seonghwa schließlich. „Etwas fühlt sich... anders an."

Gemeinsam verließen sie die Bar und machten sich auf den Weg zum Schloss. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln, und der kalte Wind biss in ihre Gesichter. Doch als sie den Waldrand erreichten, hielten beide abrupt inne.

Dort, im leuchtenden Weiß des Schnees, lagen zwei kleine Gestalten. Sie waren kaum mehr als Schatten, ihre Körper eng umschlungen, als ob sie sich gegenseitig vor der bitteren Kälte schützen wollten. Seonghwa und San eilten herbei, ihre Herzen schwer vor Vorahnung.

Als sie die beiden Kinder in die Arme nahmen, spürte Seonghwa eine seltsame Wärme, die durch ihn hindurchging – ein Gefühl, das er nicht in Worte fassen konnte. Die eingestickten Namen auf den zerlumpten Mänteln verrieten ihre Identität: Hongjoong und Wooyoung.

„Wir müssen sie ins Schloss bringen," sagte San, seine Stimme angespannt.

Seonghwa nickte, aber tief in seinem Inneren wusste er, dass dieser Moment ihr Leben für immer verändern würde.

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