Kapitel 20

Ehe ich auch nur mit der Wimper zucken konnte, hatte Stiles seine Arme um mich geschlungen und vergrub seinen Kopf in meiner Schulter.

Ich bildete mir ein, dass er leicht zitterte, ehe ich ihn auch umarmte.

Still strich ich ihm durch die dunklen Haare, während ich lächelnd zur Decke starrte. Ich konnte nicht fassen, dass der Biss dafür gesorgt hatte, dass ich mich so sicher und endlich zuhause fühlte.

Stiles streifte meinen Nacken zufällig, als er meine Haare zur Seite strich und seine Finger zuckte zurück. ,,Layla, was ist das?", flüsterte er und stützte sich auf seinen Ellenbogen, damit er mich ansehen konnte.

,,Eine Narbe", wisperte ich und biss mir auf die Lippe. Ich hatte gedacht, dass ich Stiles noch länger die Wahrheit vorenthalten konnte.

,,Eine Narbe? An deinem Nacken? Was ist passiert? Der Biss hätte dafür sorgen sollen, dass sie verheilt", murmelte er.

Ich schüttelte den Kopf. ,,Der Biss hat auch nicht dafür gesorgt, dass Scott's Narbe im Gesicht, oder Isaac's Narbe auf dem Handgelenk verschwindet. Das liegt daran, dass sie bei uns allen im Kindesalter geschaffen wurden. Meine Narben bleiben, egal, was man versucht zu unternehmen."

Stumm sah Stiles mich an, ehe er nach meiner Hand griff.

,,Holly ist nicht meine richtige Mum, sie ist meine Stiefmum, weißt du?", erzählte ich gedämpft und schluckte den Knoten, der sich in meinem Hals gebildet hatte, runter.

Zuerst verstand Stiles nicht, was hinter dieser Aussage stand, aber als er es tat, umarmte er mich so fest, dass nichteinmal ein Blatt Papier zwischen uns gepasst hätte.

,,Du musst es mir nicht erzählen", murmelte er in mein Ohr und sorgte dafür, dass mein ganzer Körper innerlich schrie 》Erzähl's ihm nicht! Erzähl's ihm nicht! Er wird dich bemitleiden!《

Ich atmete tief durch und setzte mich auf, sodass ich mich an die Wand lehnen konnte.

,,Meine Mutter war liebevoll. Sie war ein Wirbelwind, hat immer alle Türen zuknallen lassen, war immer im Garten um sich um ihre Rosen zu kümmern, während sie total schrill ein Lied vor sich hingeträllert hat. Sie hat gern gebacken, viel mit uns unternommen und ist oft im Matsch mit uns rumgelaufen. Mom war der reinste Sonnenschein."

Stiles setzte sich stumm neben mich und verschränkte unsere Hände wieder miteinander. Ich lächelte kurz.

,,Irgendwann war es anders. Plötzlich war sie eine andere Person. Sie erfreute sich an den Schmerzen von mir, und nachher auch an denen von Alec. Dad war nie da, weißt du? Er war immer unterwegs. Wie auch heute, hat er damals schon für Miller&Warner gearbeitet, was bedeutet, dass er sehr viele Geschäftsreisen gemacht hat, und wenn er mal da war, war er im Büro. Ich hatte nur Mom. Ich habe ihm erzählt, was sie mit uns getan hat, aber er hat ihr geglaubt, nicht seinen Kindern. Sie wurde zu einem Monster, Stiles. Sie hat mich geschlagen bis ich bewusstlos war. Sie hat sogar ein paar Mal ein Messer nach mir geworfen." Ich deutete auf meine Schulter, meinen Oberarm und meine Schenkel.

,,Egal was sie in die Hände bekam; es wurde zur Waffe. Ich habe die Schläge für Alec einkassier; er war noch so klein. Gerade mal zwei. Mom hat uns oft wo eingesperrt. Im Keller, vorzugsweise, manchmal aber auch in der Gartenhütte. Besonders wenn es kalt war. Alec hat sie einmal den ganzen Tag in eine Kiste gesperrt. Ich habe ihn stundenlang gesucht. Mom hatte diese Anfälle. Sie saß am Tisch und hat einfach nur gelacht, während sie mit sich selbst geredet hat. Es war gruselig. Immer schrecklichere Sachen fielen ihr ein", während ich erzählte, spielte ich mit Stiles' Fingern, damit er nicht bemerkte, wie sehr ich zitterte.

,,Einmal kam ich von der Schule nach Hause. Alec stand in der Tür, mit blutiger Lippe, blauen Flecken über dem ganzen Gesicht. Mom hat gedroht, dass sie ihn umbringt, wenn-", ein Schluchzer verließ meine Lippen und in Sekundenschnelle hatte Stiles mich auf seinen Schoß gezogen.

,,Du musst es mir nicht erzählen, Layla", versicherte er mir nocheinmal.

Ich schüttelte den Kopf. ,,Du bist der Erste, dem ich es erzähle. Ich vertraue dir und deshalb sollst du es wissen. Ich will nur nicht, dass du wegläufst, nachdem du mich kennst."

Er schluckte schwer und legte den Kopf auf meinen. ,,Alleine dass du soetwas denkst, ist weit hergeholt. Ich werde nie weglaufen, versprochen. Naja, weglaufen werde ich schon, aber nicht ohne dich."

Ich lachte leicht und blieb für ein paar Sekunden still. Über die Sache zu reden machte sie noch realer. ,,Sie hat gedroht, ihn umzubringen, wenn ich nicht das tat, was sie wollte."

,,Was wollte sie?"

,,Sie sah Dinge. Sie nannte mich Hexe, Verrückte. Sie dachte, ich hätte magische, übernatürliche Kräfte. Darum sollte ich gehängt werden, wie es für eine Hexe üblich war. Darum die Narbe am Hals, denn ich habe mich befreien können, die Narbe aber hatte ich da schon."

Ich bemerkte nicht, dass Stiles weinte, bevor er zitternd ausatmete.

,,Wie bist du da raus gekommen?", murmelte er gegen meinen Hals.

,,Mom wollte sich mit uns ertränken. Sie hat uns im Schlaf in die Badewanne gesetzt. Sie war längst bewusstlos als ich aufwachte. Laut den Ärzten hatte sie Schlaftabletten genommen, und uns auch welche gegeben. Ich zog Alec aus der Wanne, trug ihn raus und stellte mich auf die Straße, wo ich dem nächsten Auto nicht auswich. Das war Holly."

,,Wo ist deine Mom jetzt?"

,,Im Eichenhaus."

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[920 Wörter]

Ein dunkleres Kapitel, indem ihr von Layla's Leben erfahrt!  Ein paar von euch haben schon gute Vermutungen, was Layla und ihre Familie betrifft, aber auf die Lösung dürft ihr noch warten. Ich wünsche euch schöne, fröhliche Weihnachten!

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