#1 Wolkenreich
So viele Menschen träumten davon, auf Wolke sieben zu schweben. Das hatte ich nun schon mein ganzes Leben lang getan - inmitten von weißen und rosa Wolken war ich Zuhause. Trotzdem kam mir immer wieder der Gedanke, was es eigentlich mit der Sieben auf sich hatte. Von hier oben hatte ich leider keinen Einblick auf die Menschen. Die Wolken waren zu dicht, als dass ich etwas erkennen könnte.
Ich würde sie sehr gerne beobachten und mehr über ihr Leben erfahren. Bisher kannte ich sie schließlich nur aus Büchern. Es gab eine umfangreiche Bibliothek, die voller solcher Bücher war. Woher sie stammten, konnte ich leider nicht sagen. Nur meine Eltern durften sich in meiner Nähe aufhalten, und sie hielten ihre Informationen geheim, weshalb ich niemanden sonst um Auskunft fragen konnte.
Das Risiko, verletzt zu werden, war zu hoch. Allerdings war meine Aufgabe von entscheidender Bedeutung, um sie aufs Spiel zu setzen. Zudem hatte ich keine Geschwister, die sich im Falle eines Falles nach mir kümmern konnten. Es gab niemanden, mit dem ich mich austauschen oder etwas unternehmen konnte. Andererseits frage ich mich, was ich auch wirklich zu erzählen gehabt hätte und was ich hier ganz alleine schon machen könnte.
Ich lag entspannt auf meinem Bett in meinem Zimmer. Der Boden war kaum zu erkennen, da sich überall verstreute weiße und rosafarbene Wolken befanden. Moon war bei mir. In meinen Händen hielt ich ein Buch, als meine Mutter hereinkam. Sie teilte mir mit, dass wir heute ein Essen veranstalten würden. Ich setzte mich auf, denn ein solches Ereignis hatten wir bislang noch nie gehabt. Dann informierte sie mich darüber, dass ich heute meinen zukünftigen Mann kennenlernen würde.
Sofort stellte sich mir die Frage, was geschehen würde, wenn ich keine positive Empfindung für ihn hegen würde. Daraufhin stellte ich meiner Mutter diese Frage. »Es ist von großer Bedeutung, einen männlichen Thronfolger zu haben. Du benötigst einen Mann an deiner Seite, denn alleine kannst du nicht regieren. Es ist an der Zeit, dass du uns in deinen Aufgaben nachfolgst. Moon war ohnehin seit deiner Geburt stets an deiner Seite.«
»Ich habe keineswegs den Wunsch, hier zu herrschen. Und an einem Mann bin ich erst recht nicht interessiert, insbesondere, da ich ihn nicht einmal kenne. Wie könnte ich da einen Thronfolger zeugen? Das ist nicht mein Wunsch. Warum habt ihr nicht für weiteren Nachwuchs gesorgt?«, äußerte ich mit Entsetzen. Meine Mutter blieb ruhig und nahm Platz neben mir.
»Wir hatten das Glück, dich in unserer Familie willkommen heißen zu dürfen. In den vergangenen Generationen wurde es für uns zunehmend schwieriger, ein Kind zu bekommen. Früher gab es in unserem Reich viele Kinder, doch deren Zahl ist stetig gesunken. Es hat Jahre gedauert, bis wir endlich dich in unser Leben aufnehmen konnten«, äußerte sie mit Bedauern. Als ich sie nach dem Grund fragte, hatte auch sie keine Antwort.
»Unsere Aufgabe ist von höchster Bedeutung. Wir dürfen nicht selbstsüchtig handeln. Es ist unerlässlich, dass wir für einen Thronfolger sorgen, denn wir sind bereits in einem fortgeschrittenen Alter.« Ich nickte nur, denn mir fiel nichts ein, was ich noch hätte hinzufügen können. »Es handelt sich um den Stern Sabik. Denn schon immer war ein Stern ein Teil unseres Schicksals. Er hat dich all die Jahre beobachtet, während du dich den Sternen offenbart hast.«
Luna und Sabik!? Unsere Namen harmonierten einfach nicht miteinander. »Er ist bereits hier. Uns bleibt keine Zeit. Zieh dich um und komm dann in den Ballsaal. Du wirst sehen, er wird ein guter Mann für dich sein.« Mit diesen Worten verließ sie mich und ließ mich allein zurück. Ein Ballsaal für vier Personen. Völlig überflüssig. Alles hier schien überflüssig. So viel Raum. Wozu sollte das gut sein?
Ich kleidete mich in ein elegantes, weißes Kleid. Weiße Kleider waren die einzige Option für mich, ganz wie es auch für meine Mutter und meinen Vater galt. Abweichungen davon waren uns nicht gestattet, denn unser Leben lang trugen wir ausschließlich Weiß. Diese Regel war eine Tradition, die ich oft hörte und die mir äußerst missfiel. Warum die Dinge so waren, wie sie waren, konnte mir niemand schlüssig erklären. Ich musste es immer wieder akzeptieren, was mich mit jedem Tag stärker frustrierte.
Ich begab mich in Richtung des Ballsaals und warf einen Blick auf Moon. Er war stets an meiner Seite, der einzige, mit dem ich sprechen konnte. Doch leider erhielt ich nie eine Antwort. »Wenn du mir doch nur helfen könntest. Ich möchte wirklich keinen Fremden heiraten.« Plötzlich sah ich eine neue Tür vor mir, die sich wie von selbst öffnete, und dahinter führte eine Treppe nach unten. »Warst du das etwa? Soll ich hindurch gehen?« Moon schritt durch die Tür, und mir wurde klar, was ich zu tun hatte.
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