Library (22)
Er hatte einen Plan.
In der Bibliothek müsste es Bücher geben. Uralte Bücher, die ihm seine Theorie, welche nach dem Gespräch mit dem Geist der zweigesichtigen Göttin aufgekommen war, bestätigen würden.
Er war so in Gedanken versunken, dass er seinen Namen erst beim zweiten Rufen von Jungkook hörte. Überraschung stand in allen, die anwesend waren, geschrieben. Sie hatten bestimmt nicht gedacht, dass Jimin aufstehen würde. Allein.
Bevor der Orangehaarige etwas sagen konnte, zog der Alpha ihn auf seinen Schoß.
"Essen", forderte er und die Elite sah ihn abschätzig an.
"Aber ich muss was erledigen."
"Erst isst du was", mischte sich Jin mit ein. Das Gesicht des Orangehaarigen war nicht mehr so füllig und seine Augenringe sprachen für einen unausgeglichen Schlafrhythmus.
Vor Jimin stand eine dampfende Schlüssel mit Suppe. Hungrig war er nicht wirklich, aber er schaffte die Hälfte zu essen und noch etwas Wasser zu trinken.
Dann durfte er gehen. Er war überrascht, dass Jungkook ihn nicht bei sich behalten wollte, ihn bewachen wollte, wie ein Bodyguard. Doch er war froh drüber. Jimin musste augenblicklich an den Kuss zurückdenken und versuchte die Gedanken daraufhin abzuschütteln. Die Schüler auf dem Gang dachten bestimmt er war bescheuert.
Zwischen all den Büchern verlor der Orangehaarige das Zeitgefühl und bemerkte erst ziemlich spät, dass Jungkook neben ihm stand. Jeweils einen Schokopudding mit Löffeln dabei.
"Iss", forderte er wieder und setzte sich neben ihn. "Wir müssen dich wieder auf Fordermann bringen."
Bei dem schiefen Grinsen des Schwarzhaarigen, dass er dem Kleineren zuwarf, musste Jimin lachen.
Er war schon süß. Und attraktiv.
Schweigend saßen die beiden zwischen den Bücherregalen und aßen ihren Pudding. Jimin musste sagen, er schmeckte vorzüglich.
"Erzähl's mir. Erzähl mir, was in dir rumort", verlangte Jungkook, während er an die Decke des Saals starrte.
Jimin blickte auf die Buchseite, welche er in seiner Hand hielt.
"Ich finde-", er brach ab, um nochmal neu anzufangen.
"Manchmal helfen Worte nicht. Manchmal sind sie nicht genug, um diese Schlucht in einem zu schließen. Und manchmal schafft man es nur allein."
Er nahm Jungkooks Hand und zeichnete Kreise auf seinem Handrücken.
"Es, es ist schwierig sich okay zu fühlen, nachdem man sich so lange schlecht fühlt. Nachdem die wispernden dunklen Stimmen ihren Dienst angeboten haben, ist es schwer sie wieder loszuwerden", flüsterte der Orangehaarige und er wusste, dass Jungkook ihn verstand.
"Ich frage mich, ob es in Ordnung ist, dass ich weiterlebe, dass ich essen darf, dass ich lachen und sprechen kann. Und Jihyun und meine Eltern und meine Verwandte es nicht mehr können."
Tränen rannen seine Wangen hinuter, tropften unaufhörlich auf die Buchseite und verwischte die Tinte.
"Ich weiß nicht, ob es mir erlaubt ist glücklich zu sein."
Und in diesem Moment war das Loch in seinem Herzen so weit gerissen, dass er dachte die Welt würde ihn ertränken, für all das, was er getan hatte.
Jungkook rutschte näher zu ihm herüber und schloss ihn in seine muskulösen Arme.
"Lebe", war das Einzige, was er sagte.
"-mit mir an dieser Schule, mit Tae und Baekhyun und den anderen. Mit den Zwillingen. Lass dich von diesen Stimmen nicht leiten. Du bist bisher noch vor keinem Kampf zurückgeschreckt, also kämpfe. Kämpfe für Jihyun, für deine Eltern und für all die, die es nicht mehr können, denn du bist ein Licht. Ein Licht, in dieser unsagbar kalten, trostlosen Welt. Ein Licht, dass den Weg zurück zu seiner Freiheit finden muss."
Jimin wischte sich die Tränen weg.
Jungkook hatte recht.
Er war Jimin.
Und er würde nicht aufgeben!
Er würde gegen diese Dunkelheit kämpfen, bis sie nur ein leises Flüstern in einer entfernten Welt war.
Unter diesem Dach mit den Erinnerungen aus längst vergangener Zeit versprach er Jihyun, dass seine Bitte nicht unerfüllt bleiben würde.
Für den morgigen Tag und all jene die kommen, würde er kämpfen.
Für eine freiere Welt.
"Und jetzt erklär mir, was du hier suchst."
Jimin begann auf seiner Lippe zu kauen. Ein Angewohnheit, die immer auftrat, wenn er überlegte, das wusste Jungkook.
Sollte er es ihm erzählen?
Der Schwarzhaarige hingegen starrte nur auf die Lippen des Orangehaarigen. Solch göttlich plumpe Lippen. Er zwang sich wegzusehen und blickte stattdessen auf das Buch, welches der Kleinere auf seinem Schoß hatte. Jetzt war keine gute Idee über ihn herzufallen.
"Ich suche nur was für den Unterricht. Etwas über die Geschichte der Wölfe."
Er musste Jungkook nicht mit seiner unnötigen Theorie behelligen, die vielleicht gar nicht stimmte, also ließ er den Teil mit der Göttin weg.
Ehe der Alpha antworten konnte, waren Schreie zu hören.
"Juuuuungkoooook!!!"
Die Zwillinge kamen mit einem Affenzahn um die Ecke geschossen und wären fast über die verstreuten Bücher gefallen. Außer Atem kamen sie neben den beiden Wölfen zum Stehen.
"Mama sucht dich. Es scheint wichtig zu sein", sagte Nari oder war es doch Lia?
Jimin wusste es nicht.
Der Schwarzhaarige stand mit einem Ächzen auf und wandte sich dem Orangehaarigen zu.
"Wir sehen uns später. Ihr passt auf ihn auf, klar? Und macht keinen Unsinn!"
Warum sollten die Zwillinge auf ihn aufpassen und er nicht auf sie? Machmal fragte sich Jimin, was bei dem Größeren im Kopf vorging.
"Was suchst du?", fragte eine der beiden und sah ihn mit großen Augen an.
"Ich suche nach der Geschichte der Wölfe. Aber es scheint, als würde ich hier nicht fündig werden", entgegnete er und klappte den Wälzer, der auf seinem Schoß lag, zu.
"Hast du mal in dem verborgenen Teil nachgesehen?"
Jimin schüttelte den Kopf. Davon hatte ihm die alte Bibliothekarin nichts verraten.
Die Mädchen waren sofort Feuer und Flamme und boten ihm an, es zu zeigen. Wenn das mal nicht schief geht, dachte der Orangehaarige und folgte den beiden. Die Bücherregale waren wie ein Oval aufgestellt und als sie zur hintersten Ecke kamen, war schon kaum mehr Licht vorhanden. Je weiter sie sich fortbewegten, desto staubiger und älter und ruhiger wurde es. Unheimlich ruhig. An einer Steinmauer blieben sie stehen.
"Dieser Teil der Bibliothek war schon vor dem Umbau da, man hat ihn einfach vergessen", erläuterte Nari.
Lia betätigte den Griff eines alten Kerzenständers und eine Tür öffnete sich. Wie Sterne flogen die Staubkörnchen in die Luft. Es sah aus wie der Nachthimmel. Feuchte Luft drang in Jimins Ohren und Nase. Dunkelheit schlug ihnen entgegen und beide Mädchen schalteten ihre Handytaschenlappen ein. Sie standen in einer Gruft. Aus grauer Vorzeit mit verstaubten Regalen, in dem scheinbar Riten durchgeführt wurden. Der Altar im Mittelpunkt wies auf die Hexenkunst zurück. Die Bücher in den Regalen waren dick und mit einer Schicht Staub bedeckt. Sie blickten stumm umher, niemand war da, doch Jimin hätte schwören können, jemand hätte ihn angehaucht. Er tat es als Einbildung ab und begann sich durch die Bücher zu stöbern.
"Das ist ja alles voll alt. Ich frage mich, ob Mama davon weiß."
"Woher wisst ihr es denn?", fragte Jimin verdutzt.
"Von einem alten Tier, dass hier schon lange lebt."
Das fand der Orangehaarige merkwürdig. Zwei Neunjährige, die mit Tieren sprechen konnten? Ehe er zum Nachfragen kam, meldete sich eine der beiden zu Wort.
"Ich habs", rief Lia und tippte auf den Rücken eines verstaubten Wälzers.
Der Name war kaum noch zu entschlüsseln, und trotzdem war sich Jimin sicher, dass Lia sich nicht irren würde.
Kurzerhand zog er es heraus und bereute es keine Sekunde später.
Die Wände fingen an zu Beben, was sie alle drei zum Schreien brachten. Der Altar brach in der Mitte auf, ohne das Jimin oder die Zwillinge etwas getan hatten und dann schoss ein grauer langer Arm empor. Schwarzer Dunst schlängelte sich um ihre Beine und mit einem Mal, war die Luft nicht mehr feucht, sondern eiskalt.
Oh Göttin, Oh Göttin. Was ist das?
Er starrte auf das verschlossene Buch in seiner Hand, als ihm klar wurde, dass er einen Mechanismus ausgelöst haben musste. Sein Herzschlag nahm ein Tempo an, dass ihn glauben ließ, gleich einen Infarkt zu erleiden. Sein Mund wurde trocken und er schluckte mehrfach.
"Lauft", brüllte er den Mädchen zu.
"Ich halte es auf."
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Einen schönen guten Abend, liebe Leser und Leserinnen!
Es geht wieder weiter und jetzt kommt die Geschichte mal ins Rollen xd
Feel free to comment!
Erin🌸
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