44. Suga [Vergangenheit]
Mit zittrigen Knien landete ich in dem Vorraum des Thronsaals. Ich hatte ausführlich über die Worte des roten Drachen nachgedacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass ich wirklich mit Jimin reden musste.
Es war mittlerweile über ein Jahr her, dass ich Jimin das letzte Mal gesehen hatte. Ich hatte zuerst gedacht durch den Abstand könnte ich über meine Gefühle hinweg kommen, aber falsch gedacht. Mit jedem Tag hatte meine Sehnsucht nach dem Kleinen zugenommen und ich vermisste ihn immer mehr.
Und so stand ich wie ein Feigling nach einem Jahr wieder im Vorraum, um mit ihm zu reden. Es war eine Entscheidung, die ich schmerzlich unter Tränen getroffen hatte. Und genau so sah ich auch aus.
Ich hatte gefühlt ewig nicht mehr geschlafen und meine Augen waren komplett verquollen. Vermutlich wollte er mich nicht einmal sehen.
"Verlaubt mir eine Bemerkung, aber Ihr seht nicht gerade frisch aus.", tönte es von dem Tor her.
"Danke...", murmelte ich leise und sah auf den Boden. Ein Quietschen ertönte von dem Tor, das als Seufzen durchgehen konnte.
"Was ist mit Euch geschehen, dass Ihr so fertig ausseht?", fragte es sich selbst.
"Ist... ist Jimin... ich meine, ist der König gerade... frei?", fragte ich leise und unsicher.
Ich musste dieses Gespräch führen. Er hatte es verdient zu wissen, warum ich ihn mied. Auch wenn die Schuld einzig und alleine an mir lag. Wieder ein quietschendes Seufzen.
"Gerade ist noch seine Mutter bei ihm und redet mit ihm."
Überraschend sah ich auf. Es kam nur sehr selten vor, dass einer von uns Besuch von seinen Elternteilen bekam. Vor allem, wenn es das weibliche Elternteil war.
"Dauert es noch lange? Ich will sie nicht unterbrechen." Kurz war es still.
"Ich kann leider nicht hören worüber sie reden. Dafür sind sie zu weit weg. Es könnte aber noch eine Weile dauern. Ihr könntet aber hier bleiben und mir...", plötzlich stockte das Tor.
Fragend sah ich es an, doch dann schien es zu explodieren.
"Ihr bleibt definitiv nicht hier! Ihr geht SOFORT darein und unterbindet, was auch immer da gerade passiert!"
Mit einem Schlag flog das Tor auf und gab den Weg vor den Thron frei. Etwas irritiert trat ich durch das Tor hindurch in den Saal, fror aber sofort ein, als ich einen schrecklichen schmerzerfüllten Schrei vernahm. Das war doch Jimin?!
So schnell ich konnte rannte ich auf den Thron zu, von dem der Schrei herkam. Kaum stand ich vor dem Thron stolperte ich und starrte entsetzt auf das Bild, welches sich mit darbot.
Jimin kniete oberkörperfrei vor dem Thron. Aus seinem Rücken ragten zwei schneeweiße Flügel. An für sich wäre dieser Anblick auch ganz schön gewesen, wenn nicht ein irres Weib hinter ihm gestanden hätte, Jimin an Ort und Stelle hielt und ihm gewaltsam die weißen Federn von den Flügeln riss.
Sein einstmals weißes Federkleid, war schon von seinem Blut rotgesprenkelt und die Flügel färbten sich immer mehr in diesem dunklen Rotton. Sein Gesicht und seine Schreie zeugten von seiner Qual und seinen Schmerzen, was mein Herz bluten ließ.
Doch das Weib achtete nicht weiter auf ihn, sondern riss ihm immer mehr Federn aus.
"DU WIEDERLICHES DING! ICH HÄTTE DICH NIE BEHALTEN SOLLEN! ICH WOLLTE EINE TOCHTER! EINE TOCHTER!!! ALSO HAST DU AUCH EIN MÄDCHEN ZU SEIN!!! ICH HATTE DIR GESAGT DU SOLLTEST DICH ALS FRAU GEBEN! DU BIST EINE FRAU! KEIN DRECKIGER KERL!! DU WAGST ES DICH EINFACH GEGEN MICH, DEINE MUTTER ZU STELLEN!! WIE KANNST DU NUR! DU DRECKIGES BALG!! STIRB DOCH EINFACH!!! DU BIST ES NICHT WÜRDIG AUF DIESEM THRON ZU SITZEN! VIELMEHR SOLLTE..."
Endlich schaffte ich es mich aus meiner Schockstarre zu befreien und zu handeln. Wut und Hass, wie ich ihn noch nie verspürt hatte, kroch in mir hoch.
Instinktiv zeigte ich meine Reapergestalt, rannte auf das irre Ding zu und riss sie von Jimin herunter.
"WEG VON IHM!", knurrte ich sie an und schubste sie weg. Erschrocken kreischte sie auf und fiel auf den Boden.
"Hy... hyung?", schluchzte die schwache Stimme des Silberhaarigen. Sofort war ich neben ihm auf dem Boden und strich ihm die Tränen von der Wange.
"Alles gut. Ich bin bei dir...", flüsterte ich mit einen dicken Kloß im Hals.
Er wimmerte und ich wollte ihn gerade in meine Arme ziehen, als mich das Biest davon abhielt.
"Was tust du da?!", schrie sie mich an und baute sich vor mir auf. Wütend stand ich auf und baute mich schützend vor dem Kleinen auf.
"Ich schütze das, was mir wichtig ist!", fauchte ich zurück, was sie nur lachen ließ.
"Als ob einem Reaper irgendetwas wichtiger wäre, als sein eigenes Wohlergehen! Lass mich zu der Missgeburt in Form meiner TOCHTER!", zischte sie.
Wütend kniff ich meine Augen zusammen. "Jimin ist keine Frau. Er ist ein Mann!"
Humorlos lachte sie auf. "Sie ist meine TOCHTER! Und jetzt lass mich durch!"
Sie wollte mich beiseite stoßen, was ich nicht zu ließ. Ich wusste nicht genau, was ich tat, aber auf einmal hing sie in der Luft, als würde sie von einem unsichtbaren Seil gehalten werden. Ich musste irgendetwas tun, was den Kleinen auch in Zukunft schützen sollte.
"HADES!!", rief ich einfach laut nach Jimins Vater.
Ich hatte keine Ahnung, ob das funktionieren würde, aber als ein Rauschen ertönte und ein genervtes: "Was gibt es, Min Yoongi?", aus der nächsten Feuerschale vernahm war mir klar, dass es geklappt hatte.
"Ich habe eine kleine Gesetzesänderung vorzuschlagen. Eines das von nun an an erster Stelle stehen soll: Allein der Wille der herrschenden Familie Leid zuzufügen, wird mit dem absoluten Tod bestraft."
Kurz war es still und der Herrscher über die Unterwelt schien nachzudenken.
"Meinetwegen. Scheint so zu sein, als wenn das einen triftigen Grund hätte. Einen Moment..."
Eine brennende Papierrolle flog wenige Sekunden später durch das Feuer vor meine Füße.
"Bitte sehr, das neue Gesetz mit Siegel und dem anderen nötigen Kram. Bis demnächst. Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn mein Sohn das auch alleine kann." Dann war er wieder verschwunden.
Grinsend hob ich das Papyrus auf und rollte es aus. Böse grinste ich die fliegende Irre an, die mich panisch ansah, aber keinen Ton herausbrachte.
"Laut dem neuen Gesetz verurteile ich dich hiermit zu Tode!", zischte ich, fuhr meine Sense aus und schlug ihr den Kopf ab.
Als seien nun die Fäden durchgeschnitten, fiel sie auf den Boden und blieb dort leblos liegen.
Emotionslos sah ich zu, wie sie sich langsam auflöste. Das Enthaupten war fast noch zu harmlos gewesen. Ich hoffte sie brannte wenigstens in der Hölle dafür, was sie Jimin angetan hatte.
Ein herzzerreißendes Schluchzen zog mich wieder in die Realität.
"Oh mein Gott, Jimin!" Ich ließ meine Sense auf den Boden fallen und rannte zu Jimin, um ihn direkt in meine Arme zu ziehen. Mir kamen selber die Tränen, als er sich weinend an mich krallte.
"Es... es tut so weh...", heulte er in mein Gewand und schien sich nicht zu beruhigen.
Ich wusste nicht wie lange wir so da saßen, aber sein Weinen und Schluchzen wurde einfach nicht weniger. Ich wusste nicht mehr weiter. Wie sollte ich ihn dazubringen aufzuhören? Konnte ich ihn irgendwie ablenken?
Ich versuchte es mit Worten, beruhigendem Streicheln über seinen Rücken, aber nichts schien zu helfen. Schon längst liefen mir ebenfalls Tränen über mein Gesicht. Es tat weh ihn so kaputt zu sehen. Meinen kleinen Engel.
Verzweifelt tat ich also das Letzte was mir noch in den Sinn kam.
Verzweifelt nahm ich sein Gesicht in meine beiden Hände, hob es etwas hoch und presste meine Lippen auf seine.
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