8. Die Strafe
Zwei kristallklare blaue Augen starren mich in der Dunkelheit an. Egal, in welche Richtung ich schaue, ich kann diesem Blick nicht entkommen. Ich versinke in diesen Augen.
Schreie. Was geschieht hier? Ich versuche, mich auf diese Augen zu konzentrieren. Ein weiterer Schrei. Woher kommt diese Stimme? Ich schaue weiter geradeaus. Warum verblassen die blauen Augen in der Dunkelheit?
Stefan.
Ich reiße meine Augen auf, als ich plötzlich mehrere Hände auf meinem Körper spüre. Stück für Stück werde ich mir meiner aktuellen Umgebung bewusst. Die beiden Monster, die ich gestern gesehen habe, sind jetzt in meinem Zimmer. Stefan, der gestern bei mir geblieben ist, beginnt laut und verzweifelt zu schreien.
Die beiden packen mich an den Armen, ich versuche, mich zu wehren, versuche, sie wegzutreten, aber es hilft nichts. Sie schaffen es, mich zu halten und aus dem Bett zu heben.
,,Loslassen! Lass los! Stefan hilf mir!"; schreie ich verzweifelt, während ich versuche die beiden zu treten. Sie zerren mich aus dem Bett und wollen mich aus dem Zimmer schleifen.
Ich sehe Stefan an. Er rollt sich in der Ecke zusammen, schließt die Augen und wippt hin und her. Ich weiß, dass ich von ihm keine Hilfe bekommen werde.
,,Bitte nehmt mich nicht mit. Nicht mich, bitte. Nehmt nicht mich, nehmt sie, bitte."
Bittere Enttäuschung. Ich beiße mir auf die Lippe und schaue wieder weg. Ich spüre einen Stich in meinem Herzen. Es fühlt sich an wie Betrug, aber das trifft nicht ganz auf diese Situation zu. Ich habe gesehen, was sie gestern mit Stefan gemacht haben. Aber ich habe ein wenig gehofft, dass Stefan mir helfen würde, mir Mut zusprechen würde. Er hat nichts davon getan.
,,Bitte, wo bringen Sie mich hin?" frage ich und lasse mich einfach fallen. Sie ziehen mich durch den Flur, die Treppe hinunter und an der Küche vorbei. Sie wollen mich an ein anderen Ort bringen!
Ich sehe die Blicke der Kunden, voller Freude schauen sie mir nach. Manche lachen, manche sagen etwas, das ich nicht verstehe. Ich winde mich wieder, stoße ein paar Stühle um und versuche, wenigstens einen Arm frei zu bekommen, aber es klappt nicht. Sie halten mich fest und ziehen mich aus dem Restaurant. Verdammte Mistkerle!
Zum ersten Mal seit meiner Ankunft spüre ich die Sonnenstrahlen auf meiner Haut, die kühle Luft von draußen und die Geräusche dieser Stadt. Es ist ganz anders als in meinem Zimmer oder hinter dem Tresen. Es fühlt sich ziemlich gut an die Wärme zu spüren. Leider kann ich diesen Zustand nicht genießen, da diese Monster etwas schreckliches mit mir tun werden.
Sie schieben mich durch die überfüllten Straße. Plötzlich kommt meine Chance. Ein anderer Passant stößt gegen das Monster neben mir, was dazu führt, dass das Monster einen Moment lang von mir ablässt. Das andere Monster bemerkt es nicht und als ich ihn trete und am Arm ziehe, kann ich mich befreien.
Ich falle auf den nassen Boden, versuche schnell aufzustehen und renne dann in die entgegengesetzte Richtung. Ich renne, wie ich noch nie gerannt bin, und versuche, den Monstern auszuweichen, die mich verfolgen. Die beiden Killer scheinen die Situation zu spät erkannt zu haben und sind sehr weit von mir entfernt. Die ganze Zeit über renne ich in verschiedene Richtungen, damit sie mich nicht finden können.
Irgendwann tragen mich meine zitternden Beine nicht mehr und ich schaffe es, mich hinter einer Mülltonne an einer Gasse zu verstecken. Meine Beine schaffen es nicht mehr, einen weiteren Schritt zu machen.
Der kalte, nasse Boden kühlt meinen erhitzten Körper. Langsam spüre ich den stechenden Schmerz, den mir diese Monster zugefügt haben. Ich atme tief ein und aus. Mein Herz rast wie verrückt. Ich habe es wirklich geschafft, mich von ihnen zu entfernen. Ich höre keine Stimmen, alle anderen scheinen mich gar nicht bemerkt zu haben. Ich ziehe meine Beine an, schlinge die Arme um sie und senke den Kopf. Ich muss unbemerkt bleiben, ansonsten sterbe ich. Gleichzeitig wird mir klar, dass ich auf diese Gewalt nicht vorbereitet gewesen bin. Was ist vorhin geschehen?
Plötzlich erscheinen feste Arme in meinem Blickfeld, ziehen mich nach hinten, bis mein Rücken den warmen Oberkörper eines Wesens spürt. Die Arme halten mich fest und lassen mich nicht los. Der Atem des Unbekannten streift meinen Hals. Die Panik steigt. Mein Herz klopft heftig gegen meine Brust. Ich habe das Gefühl, dass ich keine Luft bekomme.
,,Du bist sehr mutig und die erste, die sich das getraut hat. Leider hast du mich enttäuscht", flüstert mir mein Chef ins Ohr. Ich erkenne diese Stimme überall.
Dann wirft er mich über seine Schulter und kehrt zur Hauptstraße zurück. Ich will mich wehren, aber er hat mich wieder unter Kontrolle. Meine Augen schließen sich automatisch, mein Körper ist völlig starr. Ich werde ohnmächtig.
Als ich meine Augen wieder öffnen kann, sehe ich wieder in sein Gesicht. Er steht vor mir. Der Raum ist dunkel. Ein anderes Monster ist hier und schaut mich mit offenem Mund an.
,,Du hast mich enttäuscht. Du hattest nur eine Aufgabe, und du musstest mich verraten", flüstert er und sieht mich mit diesen kalten Augen an. Alles, was ich sehe, ist ein tiefer, dunkler Abgrund, der mich so sehr einsaugt. Seine Gesichtszüge zeigen keine Emotionen.
,,Regeln müssen eingehalten werden. Und wenn man gegen Regeln verstößt, muss man bestraft werden. Das verstehst du doch, oder?"
Ich schüttle den Kopf. Nein, was soll das? Ich schaue mich um. Ich sitze auf einem Stuhl in der Mitte eines Raumes. Meine Arme sind an den Stuhl gefesselt. Ich kann mich nicht befreien.
,,Ich habe nichts getan", erwidere ich, aber er reagiert nicht.
,,Bitte, ich will nicht sterben. Bitte...", schreie ich, während mir die Tränen über mein Gesicht laufen. Ich bin völlig in Panik. Was habe ich getan, um das zu verdienen? Ich zittere am ganzen Körper.
Mein Chef hebt die Hand und sagt leise: ,,Ich glaube dir kein einziges Wort. Heute wirst du sterben". Mein Herzschlag setzt für einen Schlag aus. Nein, nein, nein...
,,Ich will nicht sterben. Ich will nicht sterben. Ich will nicht sterben!", schreie ich verzweifelt.
Das Monster neben meinem Chef bewegt sich in meine Richtung und hebt dann seine Hand. Im nächsten Moment spüre ich einen pochenden Schmerz auf meiner Wange. Meine Augen weiten sich. Er hat mich geschlagen. Er hat mich gerade geohrfeigt. Die nächste Ohrfeige folgt. Mein Chef beobachtet alles.
,,Du musst gehorchen!", höre ich ihn sagen.
Ich versuche, die nächsten Schläge auszuweichen. Manchmal klappt es gut, manchmal nicht so. Ich schreie und spüre die nächsten Schläge auf meinen Kopf. Mir wird fast schwarz vor Augen.
Ich kann das nicht. Ich kann das nicht. Ich weine.
Sei stark. Kämpfe. Gib nicht auf.
Ich bekomme eine Gänsehaut am ganzen Körper. Eine große Träne fließt über mein Gesicht.
,,Stopp, bitte...", flehe ich, und plötzlich spüre ich keine Schläge mehr.
,,Ich habe niemanden verraten! Ich gehorche!"
Ich höre eine tiefe Stimme, aber mein Kopf ignoriert die Worte. Meine Arme sind taub, mein Körper fühlt sich hart an und mein Schädel scheint zu platzen.
Ich gehorche.
Schließlich spüre ich die Müdigkeit und meine Augen fallen mir zu. Da ist wieder die Dunkelheit.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top