9.Kapitel Wie Sonnenstrahlen auf deiner Haut


You are loved.

Die Übungen werden zu Routine. Jeden Abend vor dem Schlafengehen meditieren. Auch wenn es dabei nicht selten spät wird. Der Schlafmangel ist gar nicht so schlimm, aber das Wochenende sehen ich dennoch herbei, denn das heißt, dass ich endlich mal ausschlafen kann. Ja, es steht zwar das Hogsmeadwochenende bevor, aber das hält mich nicht davon ab so lange wie möglich in meinem Bett zu bleiben und zu schlafen. Dachte ich jedenfalls. Ich habe jedoch nicht mit Marl und Juliet gerechnet, die meinen, mich voller Elan aufwecken zu müssen. Grummelnd drehe ich mich auf die andre Seite, als Juliet mit meinem Federkiel in meinem Gesicht herumfuchtelt.

„Fuck off", murmle ich schlaftrunken und presse meine Augenlider noch fester zusammen. Mein Bett ist viel zu weich und viel zu warm, um es zurückzulassen. Und es ist viel zu früh.

„Yang, steh auf!", trällert Marl in mein Ohr.

„Nein", maule ich verzweifelt und verstecke meinen Kopf unter meiner Decke, „will nicht."

„Tja, du musst aber."

„Nein. Wochenende."

„Ja, aber Hogsmeeeead."

Ich grummle nur tiefer in meinen Polster hinein.

„Bücher und Süßigkeiten", schwärmt sie mir vor, „und warmer Kakao in den drei Besen."

„Mhm", mache ich und lecke mir meine Lippen, „omnom-„

„-nom, ja genau, deswegen, schwing deinen Popsch aus den Federn." Mit einem Ruck ist meine Decke weg.

„Neein", jammere ich und blinzle müde. Mit finsterem Blick starre ich meine Freundin an, die mit einem triumphierenden Ausdruck im Gesicht zu mir hinunter grinst.

„Na endlich." Ich kann Juliet neben mir lachen hören.

„Das Leben ist grausam", murmle ich und krabble an den beiden vorbei, um auf meinen Schrank zu zu tapsen. Ich spüre die verwunderten Augen der zwei Mädchen auf mir. „Was denn? Jetzt zieh ich mich auch an, wenn ihr mich schon um diese Herrgottsfrühe aufweckt."

„Emmi, es ist zehn."

„Sag ich ja."

Zehn Minuten später habe ich es geschafft das Höhlenmonster, das ich zuvor noch gewesen bin, ein halbwegs passables Menschenwesen zu verwandeln. Die Haare sind gebürstet und fallen in einem Pferdeschwanz über meine Schultern, meine Zähne sind geputzt und meine Augen nicht mehr halb zugekniffen. Frühstück werde ich mir wohl in Hogsmead genehmigen müssen, da ich nicht mal mehr zur Großen Halle gehen darf, sondern von Marl und Juliet in die Mitte genommen werde und ins Dorf hinunter eskortiert werde. Der kühle Wind, der über die Hügel tanzt, veranlasst mich dazu, mich noch weiter in meinem weichen Schal zu verstecken, aber wenigstens bewirkt er, dass ich jetzt wirklich wach bin. Die Blätter fallen stetig von den Bäumen, als seien die Äste zu müde ihre bunte Pracht zu tragen. Das bereits am Boden liegende Laub raschelt unter unseren Füßen. Es hat in den letzten zwei Tagen nicht geregnet, was für schottische Wetterverhältnisse sehr erstaunlich ist, aber ich kann mich nicht beklagen. Die Strahlen der Sonne, die sich zwischen der lichten Wolkendecke hindurchschummeln, versuchen ihr Bestes meine Wangen zu wärmen, auch wenn sie schon fast zu schwach dafür sind. Vereinzelt flattern Vögel über uns hinweg und Eulen gleiten majestätisch über die Dächer und Rauchfänge der Häuser. Ich kann den Honigtopf schon in der Ferne sehen, die schillernden Farben seiner Bonbons leuchten in der Auslage und ich meine bereits den zuckrigen Duft von sahnigen Fudges auf meiner Zunge zu schmecken. Clarie'S Eissalon hat geschlossen, was im Oktober nicht wirklich verwunderlich ist, dennoch sehe ich bedauernd zu dem Geschäft hinüber. Schokoeis...

„Ich glaub, ich geh zuerst mal in die Drei Besen, ich brauch wirklich was zu essen."

Ich meine ein Schmunzeln auf Yins Gesicht huschen zu sehen, als sie antwortet: „Ok, ist gut. Juliet, Honigtopf?"

„Oh mein Merlin, ja!", quiekt diese begeistert, „Der ist so super."

Ich grinse amüsiert. „Gut, ich seh euch später, Leute."

„Ok, bis dann, Emmi!" Mit diesen Worten sind die beiden auch schon losgeeilt und wenig später im Honigtopf verschwunden. Wer weiß, ob sie da jemals wieder daraus auftauchen. Ich ziehe meinen Mantel fester um mich, als die Sonne von den Wolken verschluckt wird und der Wind sich verstärkt. Ein Schauer läuft meinen Rücken hinab, weswegen ich die gepflasterte Straße entlang zu den Drei Besen haste, um endlich ins Warme zu kommen. Auch wenn es noch nicht mal elf ist, strömt mir der Geruch von Butterbier entgegen. Eine wohlige Wärme empfängt mich und hüllt mich ein wie eine weiche Decke vor dem Kamin. Ich seufze zufrieden und lasse mich auf einen der Tische in der Nische fallen. Madam Rosmerta sieht von der Theke auf, lächelt mir zu und hält im Putzen ihrer Gläser inne. Sie stellt den Bierkrug ab, kommt hinter dem Tresen hervor und auf mich zu.

„Hallo, meine Liebe", begrüßt sie mich freundlich, „Ich weiß, das ist einer der besten Plätze hier, aber da ist jemand hinten, der auf dich wartet."

Das Blut gefriert in meinen Adern. Meine Hand zuckt automatisch zu meinem Zauberstab und ich fühle wie alle Farbe aus meinem Gesicht weicht.

„Oh", mache ich und versuche Haltung zu bewahren. Ihr Gesichtsausdruck ist so herzlich. Was ist, wenn sie -? Ich mustere ihre Züge, sie scheinen ehrlich zu wirken, nicht regungslos und wie eine Maske, als erläge sie einem Imperiusfluch. Diese Tatsache entspannt mich kaum merklich, aber es ist ein Anfang.

„Ja, gleich hinten", lächelt sie und deutet hinter den Tresen.

„Oki, danke", erwidere ich und erhebe mich mit wackligen Beinen. Meine Finger tasten vorsichtig nach dem Griff meines Zauberstabs in meiner Tasche. Wachsam lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Zwei alte Männer sitzen an der Bar bei einem Bier und unterhalten sich lautstark. In der Ecke ein Pärchen. Eine Gruppe von Schülern, lachend. Ich atme tief durch und mit festem Schritt und angespannten Muskeln gehe ich um den Tresen herum. An einem Tisch sitzt ein Junge. Helles Haar. Er sieht auf, sieht mich und beginnt zu grinsen. Benj. Mein Herz setzt für einen Moment aus, dann rast es in meiner Brust. Unwillkürlich wandern meine Mundwinkel nach oben und auch wenn ich am liebsten auf ihn zu gelaufen und ihm in die Arme gefallen wäre, halte ich mich zurück. Hat er nicht Dienst? Ich durchquere schnell den Raum und lasse mich gegenüber von ihm sinken. Mit zusammengekniffenen Augen starre ich ihn an, untersuche seinen Ausdruck. Ist es der, den ich auch kenne? Ist das der Mensch, den ich so gerne in meinen Armen halt und liebe oder jemand anderes? Sein Strahlen verblasst zu Besorgnis.

„Emmi, ist alles-", ich unterbreche ihn mit einer Bewegung meiner Hand und lehne mich nach vorne um seine Reaktion besser beobachten zu können. Mein Herz pocht hart gegen meinen Brustkorb.

„Wer saß auf deinem Schoß, als wir uns das erste Mal getroffen haben?"

„Was zum Teufel?", murmelt er verdutzt. Seine Augenbrauen ziehen sich verwirrt zusammen, die grauen Augen suchen nach Antworten.

„Antworte mir", meine Stimme wird scharf. Abermals flackert sein Blick über mein Gesicht, suchend. Dann werden seine Züge weich und sein Mund formt sich zu einem verstehenden „Oh".

Nach einer kleinen Pause antwortet er, seine Augen fixieren die meinen. Sie sind so ... vertraut. „Marlene, denke ich. Zumindest saß sie so halb auf mir, weil in der Kutsche kein Platz mehr war. Emmi, ich bin's, okay?" Sein Blick bittet mich ihm zu glauben. „Ich bin kein Todesser, ich will dir nicht weh tun, kein Imperiusfluch. Es ist alles okay." Seine Stimme ist sanft, als spräche er mit einem kleinen, verletzten Hundewelpen. Die Zahnräder in meinem Hirn klackern unermüdlich. Das geht doch gar nicht. Er kann nicht hier sein.

„Aber, du hast doch heute..."

„Dienst? Nein, ich wollte nur, dass du keinen Verdacht schöpfst", ein entschuldigendes Lächeln, „Tut mir leid, ich hätte es besser wissen sollen." Oh. Die Zahnräder halten inne. Es macht Sinn. Es scheint die Wahrheit zu sein, nein, es istdie Wahrheit. Es muss stimmen. Er ist zu sehr... zu sehr er, als dass er es nicht sein könnte.

„Nein", ich winke ab, verwirrt, aber dennoch erleichtert, „Nein, es passt schon, es ist nur... ich bin lieber...", ich zögere, weil ich nicht weiß, was ich sagen will, „vorsichtig."

„Es ist mir auch lieber, dass du das bist." Er mustert mich für einen Moment, bevor er aufsteht und sich zu mir auf die Bank setzt. Er scheint auf ein Zeichen der Abwehr zu warten, als er innehält, doch dann schlingen sich seine Arme um mich und ich schmiege mich enger an ihn, als ich seinen Geruch vernehme. Mein gesamter Körper scheint in die Umarmung zu schmelzen. Endlich. Endlich ist er da. Ich klammere mich enger an ihn und fühle, wie er sanfte Küsse auf meinen Hals drückt. „Überraschung gelungen?", murmelt er in mein Ohr.

Ich nicke mit einem leichten Lachen. „Definitiv."

„Bin ich froh, dass es dir Marlene nicht verraten hat."

„Sie wusste davon?", langsam löse ich mich von ihm. Merlin, hab ich ihn vermisst.

„Jup", er lächelt mich sanft an, sein Daumen streichelt sanft meine Wange. Ich lehne mich zufrieden in seine Handfläche. Sie ist rau, voller Schwielen und die Kuppen fest von Hornhaut überzogen. Deswegen hat sie die ganze Zeit so genervt.

„Da hast du Glück, dass sie es geschafft hat, mich aus dem Bett zu kriegen."

„Mhm, hab ich in der Tat", erwidert er leise, bevor er sich zu mir lehnt und sanft seine Lippen auf meine legt. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht auf, als ich den Kuss erwidere. Ineinander verschmolzen bleibt für einen Moment die Zeit stehen und mein Herz entspannt sich in einem leichten Prickeln, als zum ersten Mal in mehr als einem Monat der Druck von ihm genommen wird. Ich atme seinen Geruch ein. Er riecht nach Herbst und Laub und nach dem Shampoo, das er immer verwendet. Als wir uns lösen, vergrabe ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Die Wärme seines Körpers hüllt mich ein.

„Ich hab dich so vermisst", murmle ich.

„Ich dich auch", flüstert er zurück, „so sehr, das glaubst du mir gar nicht. Ich hatte gar niemanden, der mich nerven konnte."

„Hey!", mit einem gespielt empörten Blick löse ich mich von ihm, „Was soll das wieder heißen?"

Ein Lachen entfährt ihm. „Ich ärger dich nur", grinst er, „ich werd lieber von dir genervt als von irgendwem anderen."

Schmollend schiebe ich meine Unterlippe hervor und verschränke die Arme vor der Brust, „ich bin nicht so nervig."

Er muss erneut anfangen zu lachen. „Eh nicht", er drückt mir einen Kuss auf die Nasenspitze, „Also, was willst du jetzt essen?"

Ich beginne zu strahlen. Essen. Endlich.

Dampfende Teller stehen überladen vor uns, während der Duft von Würstchen, Eierspeise und gebratenen Tomaten, der meine Nase füllt, mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

„Mahlzeit", grinse ich ihm zu. Das Lächeln auf seinen Lippen lässt mich immer noch ganz weich werden. Ich verkneife mir ein Seufzen. Warum hab ich nur so einen feschen Freund?

„Guten Appetit", erwidert er und gleichzeitig beginnen wir, das köstliche Frühstück, das Rosmertas Koch zaubert, zu... ich würde ja essen sagen, aber es wirkt eher so, als würden wir es in uns hineinschaufeln. Ich habe einfach solchen Hunger und das Ei auf einem Bagel ist Poesie für meine Geschmacksknospen. Ich weiß, man sollte sowas genießen, aber mein Magen ist einfach zu hungrig. Für eine Weile ist nur das Geklapper von Besteck und das Geplapper und Geklirre um uns herum zu vernehmen, doch als wir fertig damit sind, den letzten Rest von unseren Tellern mit Brot aufzutunken (und nachdem ich all seine Paradeiser gegessen habe), entkommt mir ein wohliges Seufzen, dass das Schweigen zwischen uns bricht. Benj entfährt ein Giggeln.

„Da ist wohl jemand zufrieden", merkt er mit einem Zwinkern an.

„Mhm", mache ich und streiche über mein Foodbaby, „Das tat gut."

„Ich weiß, was uns noch gut tun würde", ein Schmunzeln umspielt seine Mundwinkel, doch ich kann auch Lust in seinen Augen glitzern sehen. Ich fühle ein Ziehen in meinem Bauch.

„Soso", lächle ich, „weißt du das."

„Jap. Es wäre fantastisch." Er beugt sich ein Stück vor und ich tue es ihm gleich.

„Oh, vielen Dank." Ein leises Lachen entfährt ihm. Meine Nackenhaare stellen sich auf, als ein wohliger Schauer meinen Rücken hinabläuft. Seine Hand greift nach der meinen und er beginnt mit meinen Fingern zu spielen. Sein Blick haftet für einen Moment auf ihnen, betrachtet sie, als gäbe es nichts Interessanteres. Als er ihn wieder hebt und meine Augen die seinen treffen, schimmert Liebe und flackert Verlangen in ihnen.

„Willst du?", murmelt er leise. Der Hauch eines Drängens in ihr. Mein Magen zieht sich aufgeregt zusammen. Ich zögere.

„Schon, aber wo?", gebe ich zurück. Es wirkt wie ein Ding der Unmöglichkeit für mich. Es sind überall Schüler und ich will es nicht wirklich auf irgendeiner Toilette treiben, nur damit es getan ist.

„Merlin, deswegen liebe ich dich so sehr", gluckst er.

„Was? Nur weil ich nicht nein zu Sex sage?", flüstere ich mit einem Schmunzeln. Er schüttelt nur grinsend den Kopf.

„Nein, da gibt's noch hundert andere Gründe, aber ja, das ist einer davon." Ein Necken liegt in seiner Stimme. Ich lache auf.

„So ist das also." Ich kann das Vibrieren seines Amüsements spüren, als er unsere Lippen erneut zu einem Kuss versiegelt. Ich seufze zufrieden und ich kann spüren wie er lächeln muss. Seine Hand liebkost meine Wange, zieht mich enger zu ihm. Hitze steigt in mir auf. Ich will ihn näher bei mir haben. Blöder Tisch. Als ich den Kuss vertiefen will, löst er sich leicht atemlos von mir.

„Ich geh zahlen und regle das mal", murmelt er heiser, bevor er einen weiteren kurzen Kuss auf meine Lippen drückt, „lauf nicht weg."

Ich kichere. „Ich bleib da, keine Sorge." Er zwinkert mir zu, bevor er den Sessel zurückschiebt und zu Rosmerta zur Bar eilt. Ich atme tief aus und fahre über mein heißes Gesicht. Ich kann nicht glauben, dass er da ist. Er ist da bei mir. Und vielleicht später in mir. Oh Merlin, mein Hirn ist auch schon durchgekocht. Zu nichts mehr zu gebrauchen. Ich sehe zu ihm hinüber, wie er mit der vollbusigen Frau tratscht. Er nickt einige Male verstehend, dann sagt er etwas, sie beginnt zu lachen, sieht an ihm vorbei zu mir und zwinkert mir zu. Ich spüre wie Röte in mein Gesicht schießt. Oh, wow. Sehr subtil. Ich wende meinen Blick ab. Wenig später lässt Benj sich wieder auf den Sessel vor mir fallen. Mit einem triumphierenden Grinsen hält er einen Schlüssel ein Stück hoch.

„Was?", fragend sehe ich ihn an. Hat er extra ein Zimmer reserviert?

„Jup", er schmunzelt, „Ein Zimmer ganz für uns alleine." Allein der Unterton in seiner Stimme lässt meine Beine weich werden. Ich lächle ihn an.

„Nice. Aber, darf ich wenigstens was zah-"

„Nein, du darfst nicht zahlen, Emmi, ich hab mich schon gefragt, wann das von dir kommt. Heute geht auf mich, du starke, unabhängige Frau", amüsiert schüttelt er den Kopf. Ich rolle mit den Augen.

„Na meinetwegen."

Er nimmt meine Hand. „Gehen wir?" Ich nicke und erhebe mich. Hand in Hand bahnen wir uns den Weg durch den immer voller werdenden Raum zum hinteren Teil des Pubs. Als wir hinter der Tür verschwinden und gemeinsam das enge Stiegenhaus hinaufhasten, sodass die hölzernen Stufen knarren, fühle ich mich wie in einer Liebesgeschichte, in der sich die Protagonisten wegschleichen müssen, um nicht erwischt zu werden und schlussendlich gemeinsam durchbrennen. Ich muss glucksen.

„Na was?", will Benj atemlos wissen. Ein liebevolles Lächeln auf seinen Lippen.

„Nichts", antworte ich, „wie weit müssen wir noch?"

Prüfend sieht er hinauf. „Ein Stockwerk noch." Die letzte Treppe ist schnell überwunden. Als wir oben ankommen, drückt mir Benj einen weiteren Kuss auf die Lippen, zieht mich an sich, ich vergesse wie atmen geht, bevor er sich von mir löst und sich dem Türschloss zu wendet. Ich kann ein Lächeln nicht verbergen. Mein Körper steht unter Strom und ich will nichts anderes, als endlich nah bei ihm zu sein. Ihn zu spüren. Das Kribbeln in der unteren Hälfte meines Bauches wird stärker. Meine Hände streichen über seinen Rücken, als er endlich den Schlüssel im Schloss umdreht und ich an ihm vorbei ins Zimmer husche. Es ist klein, hell, warm. Am Ende des Ganges steht die Tür offen, sodass ich das Bett darin schon sehen kann.

Die Tür schließt sich und mit einem Knirschen verschließt der Schlüssel die Tür. Adrenalin schießt mit einem Mal durch meine Adern. Das angenehme Kribbeln wird von einem panischen Brennen ersetzt. Ich wirble herum, mein Herz wieder am Rasen. Benj sieht mich mit gerunzelter Stirn an. „Hey." Seine Stimme hallt weich durch den Raum, „alles okay?"

Mein Blick flackert durch das Zimmer, zur Tür, zum Fenster. Ich beginne zu zittern. Es gibt keine Bedrohung. Ich versuche den Satz zu verinnerlichen. Es gibt keine Bedrohung es ist alles gut. Ich bin sicher. Langsam kommt Benj auf mich zu, die Hände vor seinen Körper gehoben. „Hey. Ich bin ich, okay? Niemand anderes. Ich bin noch derselbe, der mit dir auf die große Halle geklettert ist."

„Ich weiß. Nur... anxiety. Weiß nicht warum", krächze ich.

Er nickt und schließt mich vorsichtig in seine Arme. „Alles gut, ich bin da", murmelt er in mein Ohr, „Konzentrier dich einfach nur auf mich und darauf, dass du ruhig atmest, okay?"

Ich atme tief seinen Geruch ein, spüre seine Wärme, die Geborgenheit, die er ausstrahlt. Seine Arme umgeben mich wie ein schützendes Schild. Ich vergrabe mein Gesicht im Stoff seines Umhangs und atme. Und warte. Benjs Daumen malen Kreise auf meine Schultern. Nach einer unendlich lang erscheinenden Weile murmle ich: „Tut mir leid."

„Warum?"

„Weiß nicht. Hab die Stimmung kaputt gemacht und so", murmle ich. Ein Kloß hängt in meiner Kehle fest.

„Du bist so ein Trottel", flüstert er und drückt mir einen Kuss auf die Schläfe, „hast du nicht. Es ist ja nicht deine Schuld."

Ich brumme nur als Antwort.

„Ins Bett?" Ich nicke und löse mich von ihm. Ich drücke einen Kuss auf seine Lippen. „Glaub ja nicht, dass ich wegen sowas je wütend auf dich sein könnte oder dir Vorwürfe machen würde, okay?" er sieht mich eindringlich an.

Ich kann nicht anders als zu nicken. Er zieht mich mit sich ins Zimmer. Schuhe und Umhang werden abgelegt und wir kuscheln uns in den weichen Laken zusammen, um einfach nur da zu liegen und die Gegenwart des anderen zu genießen. Als sich mein Körper schließlich genug entspannt hat, um zu verstehen, dass alles gut ist, lege ich den Kopf in den Nacken, um in Benjs Gesicht sehen zu können.

„Steht das Angebot jetzt noch?", frage ich schmunzelnd.

„", erwidert er zwinkernd und ich kann nicht anders als zu lachen. Ich recke meinen Hals, um ihn zu küssen. Sanft spielen seine Lippen mit den meinen, Wärme durchfließt meinen Körper wie der Strom einer warmen Quelle. Ich schmiege mich enger an ihn. Seine Hände fahren an meiner Seite entlang und ziehen mich näher zu ihm. Ich seufze wohlig in seinen Mund und ich kann ihn leise stöhnen hören.

„", murmelt er in mein Ohr, als er sich von mir löst und beginnt meine Wange, meine Narben und schließlich meinen Hals mit Küssen zu übersähen. Schauer laufen meinen Körper entlang, ich dränge mich näher an ihn. Ich will ihn nur spüren. Meine Finger fahren zittrig durch seine Haare, als das Kribbeln in meinen Lenden wieder entflammt. Seine Hand fährt zu meinem Po, drückt ihn und somit mich noch näher zu sich. Ich kann seine Erregung hart an meiner Hüfte spüren und instinktiv reibe ich mich an ihm.
„Emmi", keucht er.

„Mhm", mache ich leise und drücke ebenfalls einen Kuss nach dem anderen auf seinen Nacken, seine Wangen und verschließe schließlich wieder unsere Lippen. Gewand wird abgestreift und landet in einem Haufen auf dem Boden, mehr und mehr Haut berührt, liebkost einander. Ich bin Butter in seinen Händen, aber ich habe das Gefühl, dass es ihm genauso geht. Es ist schön zu wissen, dass ich ihn genauso fühlen lassen kann, wie er mich. Die Küsse werden leidenschaftlicher, hungriger und bald verschwimmt alles in einem Schleier aus Hitze, Stöhnen und Extase.

Dicht an ihn geschmiegt und in die weichen Laken eingewickelt fahre ich über Benjs Brust. Sein Kopf ruht zufrieden neben dem meinen. Die Sonne hat sich endgültig durch die Wolken gekämpft, scheint zum Fenster hinein und lässt das Zimmer im warmen Licht leuchten. Seine Hand ruht auf meiner Taille, die andere unter dem Polster. Er brummt leise.

„Hm?", mache ich und sehe zu ihm auf.

„Nichts", lächelt er, „es ist nur..."

Ich halte in meiner Bewegung inne und sehe auf in die grauen Augen, deren blaue und grüne Nuancen im Licht schimmern.

„Was denn?"

Er seufzt leise und blickt mich an, bevor er seine Hand zu meinem Gesicht hebt und eine Strähne zur Seite streicht. Ich ziehe nachdenklich die Augenbrauen zusammen.

„Ich liebe dich", flüstert er. Mein Herz zieht sich zusammen, überwältigt vom Gefühl der Geborgenheit.

„Ich liebe dich", erwidere ich sanft. Das kleine Lächeln auf seinen Lippen wird etwas größer, als er mich noch dichter an sich zieht.

„Find ich gut", murmelt er. Ich kichere leise.

„Ich auch."

Schließlich ziehen wir uns wieder an und geben Rosmerta den Schlüssel zurück. Ich verstecke meine roten Wangen hinter meinen Haaren, als sie uns ein wissendes Lächeln schenkt. Als wir die Drei Besen verlassen, empfängt uns die laue Herbstluft, die von der Sonne gewärmt wird. Benjs Finger verflechten sich mit meinen, als wir das Kopfsteinpflaster entlang spazieren.

„Wo willst du hin?", fragt er mich. Ich zucke mit den Schultern.

„Mir ist es egal, du bist nicht so oft da." Er grinst und drückt mir einen Kuss auf die Lippen.

„Du weißt wohin." Ich nicke lachend. Wir schlendern also an Clarie'S Eissalon vorbei. Ich kann Lilys roten Haarschopf ausmachen, der auf den Buchladen zusteuert. Eine große Gestalt begleitet sie, die aussieht wie... James? Ist er das? Sie haben das Geschäft erreicht und der junge Mann hält ihr die Türe auf, bevor er ihr selbst ins Innere folgt. Meine Vision kommt mir wieder in Erinnerung... oh shit. Das geht wirklich. Es funktioniert!

„Warte, waren das James und Lily?", fragt Benj auf einmal ungläubig und reißt mich aus meinen kreisenden Gedanken, „wie viel hab ich bitte verpasst in den anderthalb Monaten, wo ich weg war?"

Ich schmunzle: „Ja, die verstehen sich in letzter Zeit sogar."

„Okay, und sonst noch was?" Er klingt schlichtweg schockiert.

„Marl und Lukas haben sich getrennt."

„Moment mal, was??" Abrupt bleibt er stehen. „Wieso... warte, was? Wieso hör ich das gerade zum ersten Mal?" Oh, shit. Hoppala.

„Ich weiß nicht, hab's vermutlich vergessen, sorry", sage ich und beiße mir auf die Unterlippe.

„Das find ich kacke", grummelt er, „ich hab die geshippt, okay?" Ich seufze.

„Ja, ich auch."

„Wie geht's ihnen damit?" Wir setzen uns wieder in Bewegung.

„Mena sogar ganz gut denke ich, ja sie ist hier und da mal down, aber es geht, aber ich glaube Lukas vermisst sie wirklich sehr."

„Das kann ich verstehen", murmelt er, „aber naja. Die werden das schon regeln. Halt, sie werden sich schon zu rechtfinden, weißt du, was ich mein."

„Jup, weiß ich." Der Honigtopf kommt endlich in Sicht.

„Oh Merlin", stöhnt Benj, „erst Sex mit dir und jetzt der Honigtopf? Das ist der beste Tag meines Lebens." Ich kichere.

„Das freut zu hören."

Der Duft von karamellisiertem Zucker und bitterem Kakao hängt in der Luft, als wir die Tür öffnen und ins Warme treten. Mein Magen meldet sich hoffnungsvoll zu Wort, doch das Grummeln geht im Geplapper der Schüler im Raum unter. Ich bin wie so oft komplett überfordert, wenn ich hier drinnen bin, Benj jedoch hat meine Hand schon losgelassen und begonnen Zuckermäuse und zischende Wisbees in ein Sackerl zu stopfen. Ich muss grinsen. Ich glaube, er kommt gut allein zurecht. Ich schlendere also die Regale entlang, wobei ich mich immer wieder durch die aufgeregten Menschen drängen muss, und wäge ab, was ich essen will. Schließlich landen hüpfende Mangospiralen, Honigfudges und Zuckerwattewölkchen in meinem Säckchen, gefolgt von einigen Lakritzschnecken und -schnapper. Der Honigtopf ist einfach toll. Egal welche Köstlichkeit dir vorschwebt, du wirst sie hier finden. Reihen von Schokoladenarten und in Kakaoglasuren getauchte Früchte, kandierte Früchte in den Formen sämtlicher Drachenarten, Niffler aus dunkler Schokolade, die goldene Karamelltaler aus ihrer Beuteltasche schütteln können, schwirrende Schnatze und Gummibasilisken. Natürlich gibt es auch die klassischen Dinge wie Schokofrösche, Bertie Botts Bohnen oder Kürbispasteten, aber auch Blutschlecker, getrocknete Kakerlaken oder krabbelnde Lakritzspinnen. Willkommen in der Halloween Vorsaison. Mit meinen Süßigkeiten dränge ich mich durch die Schüler zu Benj.

„Hast du alles?", will ich wissen. Er dreht sich überrascht um. Ich kann nicht anders als zu kichern. Vier randvollgefüllte Tüten stapeln sich in seinen Armen und er blickt mich aus großen, runden Augen an.

„Aber", beginnt er. Ich muss lachen.

„Benj, love, dir ist schon klar, dass ich dir immer wieder Nachschub schicken kann, oder?"

Er sieht auf seine Süßigkeiten hinab und dann wieder zu mir, bevor er seufzt: „Ich... na gut. Du hast ja recht. Ich hab alles, denke ich."

Glucksend nehme ich ihm zwei der Säckchen ab, damit ihm nichts runterfällt und sein Blick folgt mir, wie der einer Drachenmutter, sollte sich jemand ihren Eiern nähern. Die Hexe an der Kassa schmunzelt wissend, als sie die Ausbeute abwiegt. An den Wochenenden muss sie so ein Geschäft mit den ganzen Schülern hier machen. Oder den großen kleinen Kindern wie meinem Freund.

Später setzen wir uns erneut in die drei Besen, wo sich schon mein ganzer Schlafsaal und die Rumtreiber zusammengefunden haben und reden und lachen, bis die Sonne sich langsam dem Horizont nähert und die Dämmerung ihre Flügel über dem Dorf ausbreitet und es Zeit wird, zurück zum Schloss zu kommen. Das heißt auch, dass ich Benj wieder verabschieden muss, also liegen wir uns schließlich in den Armen, fest aneinander gekuschelt und verharren einfach in dieser Position.

„Ich will nicht, dass du gehst", nuschle ich in seinen Umhang.

„." Er ruht sein Kinn auf meinem Kopf. „Ich muss zurück in die Ausbildung."

„Hrmpf", mache ich nur und drücke ihn noch fester an mich.

„Ich liebe dich, mein Schrumpfkopf", gluckst er.

„Ich dich auch, Blödian", meine Stimme wird durch den Stoff seines Mantels gedämpft, doch auch so kann man das Lachen heraushören.  

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top